Charles Dickens' "Weihnachts-Geschichte" - für Ihre Festtage
Die Dickens-Weihnachtsgeschichte um Muffel Scrooge ist legendär. Das Göttinger ThOP hat sie im Jahr 2018 in Laut- und Deutscher Gebärdensprache aufgeführt. Für Sie in der Weihnachtszeit an dieser Stelle zu sehen.
"Pah, Humbug", ruft der alte Ebenezer Scrooge. Er hält nichts vom Weihnachtsfest. Überhaupt begeistert sich der wohlhabende, verbitterte Londoner Geschäftsmann für nichts, was mit dem Herzen zu tun hat. Beisammensein? Hilfe für Bedürftige? Liebe? "Pah, Humbug."
Gemeinsam mit hörenden und gehörlosen Darstellern
Auf der Bühne im Theater im OP (ThOP) ist Scrooges allgemeine Verachtung für die Welt eine zackige Bewegung, von oben nach unten - wie ein Zerschmettern aller positiven Dinge. Doch Scrooge wandelt sich im Laufe des Stücks "Die Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens bekanntermaßen zu einem großzügigen Mann. Wie es dazu kommt, wie vier Geister Scrooge auf den richtigen Weg zurückbringen, hat das Ensemble des ThOP inszeniert - gemeinsam mit hörenden und gehörlosen Darstellern. NDR.de hat die Aufführung im Jahr 2018 begleitet.
Zweites Stück in Gebärdensprache
Die Idee, die "Weihnachtsgeschichte" auch in Deutscher Gebärdensprache umzusetzen, war 2018 allerdings nicht ganz neu. Denn bereits zwei Jahre zuvor hatte das Theater im ehemaligen Schauoperationssaal das Stück "Mal wieder Grimm" auch Gehörlosen und Schwerhörigen zugänglich gemacht. "Wir wollten aber nicht, dass es bei diesem einen Stück bleibt", erzählt Studentin Miriam Feix, die gemeinsam mit Franziska Karger bei der "Weihnachtsgeschichte" Regie geführt hat.
Dickens oder Ende?
Nachdem zunächst der Aufführungszeitraum feststand, hatten die beiden die Auswahl zwischen Michael Endes "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" oder eben Dickens. Die Wahl fiel auf den englischen Autoren, "weil das Stück in den beiden Sprachen leichter umzusetzen ist", sagt Franziska Karger. "Außerdem wollten wir ein Stück, das sich Familien zur Weihnachtszeit gemeinsam anschauen können", fügt sie hinzu.
"Gebärdensprache nimmt Raum im Raum ein"
Laut- und Gebärdensprache seien zwei Sprachen, "die gut nebeneinander funktionieren", sagt Miriam Feix. "Die Gebärdensprache nimmt dabei Raum im Raum ein und sieht auf der Bühne sehr schön aus." Bei der Inszenierung sei beiden immer wichtig gewesen, dass die Gebärdensprache gut zu sehen und zu verstehen sei, gerade weil sie so viele Variationen habe, sagt Feix.
Arbeiten im gemischten Ensemble
Wie auch beim ersten Projekt arbeiteten die beiden Studentinnen bei der "Weihnachtsgeschichte" mit einem gemischten Ensemble zusammen. Also mit Hörenden und Gehörlosen. Es seien viele dabei gewesen, die keine Erfahrung mit der Deutschen Gebärdensprache gehabt hätten, sagt Karger. Am Ende waren es insgesamt 31 Darsteller, davon zwei gehörlose Darsteller und zwei schwerhörige Darstellerinnen. "Wir hätten uns schon ein ausgewogeneres Verhältnis gewünscht, haben es aber nicht bekommen. Wir haben es aber ganz gut gemeistert", sagt sie. Wichtig sei immer gewesen, dass alle Spaß und Leidenschaft auf der Bühne entwickelten und voneinander lernten.
Nicht einfach übersetzen
Unterstützt wurden die Regisseurinnen von einer gehörlosen Frau, die schon 2016 mitgewirkt hatte. "Sie hat uns ganz viel bei den Proben geholfen", sagt Karger. Zudem habe sie auch Videos, auf denen die Gebärden-Übersetzung des Dickens Textes in Berliner Dialekt zu sehen waren, an den Göttinger Dialekt angepasst.
Auf der Bühne wurden dann manche Rollen doppelt besetzt, gerade die Charaktere, die viel sprechen. Wichtig sei Feix und Karger auch gewesen, dass das Stück nicht einfach in Gebärdensprache übersetzt wird. Es sollte eine Kommunikation und Interaktion zwischen den Darstellern stattfinden.
Traumwelten und eine knarzende Drehbühne
Viel abverlangt hat dem Team die Inszenierung im alten Operationssaal. "Dadurch, dass die Tribünen sich gegenüberstehen, brauchten wir eine Guckkastenbühne", erklärt Karger. Die Szenen wie Scrooges Alltag oder seine Traumwelt teilten die Regisseurinnen auf verschiedenen Bühnenebenen auf. Das Herzstück war die selbst gebaute Drehbühne. Sie ermöglichte das schnelle Wechseln der Schauplätze. Und das auf wirklich engem Raum. Eine Idee, die aufging, auch wenn fast jeder Schritt auf der charmant knarzenden Bühne zu hören war.
Auch nach der Produktion erinnern sich Feix und Karger noch immer gerne an die Zeit vor und während der Aufführungen. An die liebevoll gefertigten und detailreichen Kostüme und an die Lichtprobe, die schon ziemlich lange gedauert hat und "doch etwas Magisches hatte" in diesem besonderen Theater.