Sitkovetsky Trio: "Beethoven überrascht immer wieder"

Stand: 27.03.2025 15:34 Uhr

Das Klaviertrio des russischen Geigers Alexander Sitkovetsky hat sich international einen hervorragenden Ruf erspielt und einen dreiteiligen Zyklus mit allen Klaviertrios von Ludwig van Beethoven veröffentlicht.

von Friederike Westerhaus

In den vergangenen zehn Jahren hat das Sitkovetsky Trio zahlreiche Alben eingespielt mit Kammermusik verschiedener Komponisten. Die Spanne reicht von Smetana und Dvořák über Mendelssohn bis zu Saint-Saëns und Ravel. Zudem hat das Ensemble unlängst seinen dreiteiligen Zyklus mit allen Klaviertrios Ludwig van Beethovens fertiggestellt. Zahlreiche Preise, ausverkaufte Konzerte in den großen Konzertsälen des internationalen Klassikbetriebs und begeisterte Kritiken zeigen: Alexander Sitkovetsky (Violine), Isang Enders (Violoncello) und Wu Qian (Klavier) gehören zweifellos zur Topliga ihrer Branche. Bei so vielen Verpflichtungen in aller Welt ist es besonders schön, dass sich das Trio Zeit nimmt für ein Konzert bei NDR Kultur EXTRA. Auf dem Programm stehen Werke von Mendelssohn, Schostakowitsch, Ravel, Chaminade und natürlich Beethoven.

Ihr scheint richtig Spaß daran zu haben, die Kontraste bei Ludwig von Beethoven rauszukitzeln, oder?

Isang Enders: Ich glaube, diese Musik ist so was von stringent und hat insgesamt schon ihre engen Grenzen. Beethoven hat so radikal komponiert. Dann gibt es diese extremen Kontraste von Forte und Subito Piano. Subito heißt sofort und überraschend. Diese Effekte sind die Kernmarke von Beethovens Musik und Schreiben. Man kann sich eigentlich auf gar nichts verlassen, sondern wird bei ihm immer überrascht. Jeden Tag kann etwas Neues passieren, was man vorher noch nie gehört hat.

Bei Beethoven sind es nicht nur dynamische Kontraste, es sind auch Kontraste im Ausdruck - das wechselt die ganze Zeit. Das ist eine große Herausforderung in Beethovens Musik, oder?

Wu Qian: Gerade in diesem Satz (1. Satz "Geistertrio") ist das eine große Herausforderung. Diese Kontraste sind auch typisch für diesen Satz.

Zwei Frauen, eine in einem lilafarbenen und die andere in einem blauen Hosenanzug stehen lächelnd zwischen zwei Männern in dunklen Anzügen. © Ekaterina Shurygina / NDR Foto: Ekaterina Shurygina / NDR
AUDIO: In aller Welt gefragt: Sitkovetsky Trio (54 Min)

Was ist in euren Augen das Spezielle an den Beethoven-Trios?

Alexander (Sasha) Sitkovetsky: Es ist wirklich toll mit diesen Trios von Beethoven, weil sie in drei sehr unterschiedlichen Lebenszeiten des Komponisten entstanden sind. Alle sechs Trios sind sehr unterschiedlich. Opus 1 war das erste Trio, was er geschrieben hat und mit dem er sich der Öffentlichkeit präsentiert hat. In der mittleren Periode gab es dann das Geistertrio. Ich denke, in dem kann man ein durchaus symphonisches, wenn auch sehr kompaktes Gefühl wahrnehmen. In der späten Phase von Beethoven folgte das Erzherzog-Trio. Bei seiner Musik merkt man ganz stark den symphonischen Geist. Es ist wirklich faszinierend, Beethovens Leben in gewisser Weise durch diese sechs Trios nachzuvollziehen. Im Gegensatz zu den Streichquartetten scheint sich hier ein langer Lebensabschnitt abzubilden. Das ist für uns sehr interessant.

Ihr habt euch 2007 gegründet, seit 2017 ist Isang mit dabei. Es ist eine besondere Konstellation für eine Klaviertrio-Besetzung. Was braucht es da vor allem, damit man gut zusammenspielen kann?

Wu Qian: Ich glaube, das ist wie mit jeder freundschaftlichen Beziehung. Ich kenne Sasha schon extrem lange. Wir haben uns auf der Menuhin School kennengelernt, damals war ich erst 13 Jahre alt. Ich kenne ihn also in- und auswendig. Unsere musikalischen Ideen sind häufig ähnlich. Manchmal ist es deshalb gut, dass Isang mit dabei ist, damit er unsere Ideen auch in Frage stellen kann und neue Impulse gibt. Es ist wichtig, dass jemand von außen mit einer anderen Perspektive reinkommt.

Sasha und Qian sind ein Paar. Wie ist das denn für dich, gemeinsam mit einem Pärchen so intensiv Musik zu machen?

Isang Enders: Ich finde es unglaublich komfortabel, weil solche familiären Strukturen auch den Vorteil haben, dass ich mich als dritte Person auch mal rausnehmen kann. Ich darf mich zurückziehen und wir sind auf eine gewisse Art und Weise nicht einander verpflichtet. Dadurch ist es sehr komfortabel. Die haben ihr eigenes Universum und ich habe meinen Mikrokosmos. Das funktioniert und gibt auch eine gute Fusion. Das finde ich sehr angenehm in dieser Art. Es gibt einfach diese Atmosphäre, dass alle Meinungen und alle Ideen ihren Stellenwert haben. Das ist natürlich eine sehr gute Atmosphäre auf Augenhöhe.

Das Gespräch führte Friederike Westerhaus.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur EXTRA | 26.03.2025 | 13:00 Uhr

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