IMF: Alan Gilbert dirigiert Alban Bergs "Wozzeck"
Ein Blick in den "Abgrund Mensch": 100 Jahre nach der Uraufführung dirigiert Alan Gilbert die Oper "Wozzeck" von Alban Berg beim Internationalen Musikfest Hamburg. Am 23. und 25. Mai in der Elbphilharmonie.
Die Elphi als Opernbühne
Die Elbphilharmonie ist nicht "nur" ein weltweit renommierter Konzertsaal, sondern auch eine bedeutende Teilzeit-Opernbühne. Sie war bereits Schauplatz vieler aufregender Musiktheaterproduktionen auch des NDR Elbphilharmonie Orchesters, von Dvořáks "Rusalka" über Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" und Strauß’ "Fledermaus" bis zu György Ligetis "Le Grand Macabre". Beim Internationalen Musikfest Hamburg unter dem Motto "Zukunft" knüpft Alan Gilbert an diese Tradition an: mit einer konzertanten Aufführung von Alban Bergs Schlüsseloper der Moderne "Wozzeck".
Das Elend der Armut
Dieser "Wozzeck" erlebte 1925 in Berlin seine Premiere. Angeregt von Georg Büchners Schauspielfragment "Woyzeck" über einen mittellosen Soldaten, der von seinen Vorgesetzten gedemütigt und misshandelt wird, komponierte Alban Berg ein erschütterndes Drama. "Der Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt Einem, wenn man hinunterschaut...", singt Wozzeck in der Mitte des zweiten Akts - und formuliert damit die zentrale Botschaft des Stücks, das mit dem Schicksal seiner Hauptfigur vom Elend und der Ausweglosigkeit der Armut erzählt. Ein Arzt nutzt den jungen Mann als Studienobjekt für medizinische Experimente; ein schicker Offizier verführt Wozzecks Geliebte Marie, mit der er ein uneheliches Kind hat. Ihre Untreue ist der seelische Kipppunkt in die Verzweiflung. Am Ende ersticht Wozzeck seine Marie und ertrinkt beim Versuch, sich das Blut in einem Teich abzuwaschen.
Tradition und Moderne
Alban Berg hat dieses Drama in einer ausdrucksvollen, atonalen Klangsprache vertont. Sie vereint traditionelle musikalische Formen, wie Sonatensatz, Fuge oder Chaconne, mit Techniken der Moderne. Die Vokalpartien verlangen von den Sängerinnen und Sängern eine große Flexibilität; sie umfassen verschiedene Abstufungen von gesungenem und gesprochenem Wort. Darunter die "rhythmische Deklamation", bei der Tonhöhe und -dauer genau notiert sind. Der Bariton Matthias Goerne beherrscht dieses Miteinander von textnaher Deklamation, großen Bögen und emotionaler Hingabe wie nur wenige. Er hat den Wozzeck bereits unter anderem bei den Salzburger Festspielen und an der New Yorker Met verkörpert und singt die Titelpartie der Oper auch in der konzertanten Aufführung beim Internationalen Musikfest, an der Seite von Kolleginnen und Kollegen wie Christine Goerke als Marie und Falk Struckmann als Hauptmann.