Tragisch, komisch, großartig: "Platonow" im Schauspielhaus Kiel
Ein Sommerfest zwischen Rausch und Crash: Anton Tschechow schrieb sein Stück über den ebenso geliebten wie gehassten Dorflehrer Platonow bereits mit 18. Am Freitag hat es Premiere in Kiel gefeiert. Ein Bericht von der Hauptprobe.
Ein Sommerfest auf dem Lande: Die Generalin Anna Petrowna, gespielt von Agnes Richter, lädt ein. Alle kommen, sitzen am großen Terrassen-Tisch mitten auf der Bühne. Es ist heiß, die Luft flirrt, alle schwitzen und trinken. Ein schönes Bild voller Harmonie, "aber so angelegt, dass ich so eine Bedrohung erwarte", findet Proben-Zuschauerin Gabi. Da zieht etwas herauf, kaum zu merken.
Daniel Karasek: "Da ist einer einfach direkt"
Ein gewisser Platonow provoziert hier fast jeden am Tisch. Marko Gebbert spielt ihn mit wirrem Haar, heruntergekommen und verwahrlost. Für Unternehmer und Geldgeber Abram Wengerowitsch, gespielt von Kammerschauspieler Imanuel Humm, ist Platonow "ein aufgeblasener Lackaffe, eine verkrachte Kreatur". Allmählich kippt die Stimmung draußen am großen Tisch.
Regie führt Theaterintendant Daniel Karasek. Für ihn ist Platonow ein Phänomen, das wir in unserer Welt zunehmend entdecken würden. "Wir sind so von Diplomatie und Rücksichten durchwachsen", so Karasek. "Und da ist einer einfach direkt - und dafür wird er auf eine absurde Weise geliebt, im Grund auch belohnt, aber gleichzeitig auch bestraft."
Das Gegenteil von lieb und nett
Geliebt? "Ja, er hat sehr viele Liebschaften, hochinteressant", findet Proben-Zuschauerin Sonja. Und Hanne bekennt: "Nach außen tut man immer so, dass man das Liebe und das Nette haben möchte. Aber im Grunde will man das Gegenteil, weil das genau der Reiz ist."
Leise und vorsichtig fragt Claudia Friebel als Maria Grekowa, ob Platonow sie denn liebe. Alle sind drinnen und essen, draußen am großen Tisch ist es jetzt leer.
"Liebst Du mich?"
"Absolut nicht, mein Liebes. Ich bin eine üble Kreatur."
"Ich bin froh, dass ich endlich erkannt habe, was für ein Vogel Sie sind!"
Ein Rüpel und Provokant, verstrickt in vier Liebesgeschichten
"Sex and Crime - also heute würde man sagen, das ist eigentlich eine Serie, die Tschechow geschrieben hat", meint Regisseur Karasek. Platonow, ein Rüpel und Provokant, verstrickt sich in vier Liebesgeschichten. Er wird angehimmelt - etwa von der Generalin oder von der Frau seines allerbesten Freundes. Es gibt ein Feuerwerk, auch der Gefühle, man feiert bis zum Morgen. Platonow prügelt sich, wobei Marius Borghoff und Marko Gebbert einen tollen Stunt liefern.
"Platonow" im Schauspielhaus Kiel ist ein großartig gespieltes Drama: Komisch, tragisch und reichlich gekürzt von Tschechow-Bewunderer Karasek und seinem Team. "Tschechow hat von Menschen etwas gewusst - das ist ihm aber auch aus dem Ärmel geflossen", erklärt Karasek. "Das hat er einfach gemacht, wie Mozart eigentlich."
Tragisch, komisch, großartig: "Platonow" im Schauspielhaus Kiel
Anton Tschechows Stück über einen Sommerabend zwischen Rausch und Crash hatte am Freitag Premiere.
- Art:
- Bühne
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- Ort:
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Schauspielhaus Kiel
Holtenauer Str. 103
24105 Kiel - Telefon:
- 0431 901901
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