Harry Rowohlt, Autor, Übersetzer und Schauspieler posiert bei einem Fototermin zur 1.000. Folge der Serie "Lindenstraße" 2005. © picture-alliance Foto: Horst Galuschka

Harry Rowohlt: Sprecher, Autor, Übersetzer und Serien-Star

Stand: 13.03.2025 17:45 Uhr

Harry Rowohlt gehörte zu den bekanntesten Stimmen der deutschen Literatur. Er übersetzte, las ein und schrieb. Bekannt war er auch als "Harry" in der "Lindenstraße". Am 27. März wäre er 80 Jahre alt geworden.

von Heide Soltau

"Ich habe über 150 Bücher übersetzt und ich weiß nicht wie viele geschrieben. Sehr viel weniger, aber die zähle ich nicht mit, weil sie nicht richtig Arbeit gemacht haben", sagte er. "Und dann habe ich auch noch ganz viele Hörbücher, beziehungsweise wie das früher hieß - Sprechplatten - vollgequatscht."

Und wie er sie vollgequatscht hat: "Pu der Bär", von Rowohlt auch neu übersetzt, verkaufte sich 250.000 Mal und brachte ihm im Jahr 2000 eine goldene Schallplatte ein. Aber man musste ihn live erleben. Harry Rowohlt drehte erst auf der Bühne richtig auf. Seit Ende der 80er-Jahre, seinem ersten öffentlichen Auftritt in Aachen, eilte ihm ein sagenhafter Ruf voraus. "Da war ich so gerührt und bestürzt, dass da richtig echte Menschen hingegangen sind, die Eintritt bezahlt haben, dass ich einfach nicht mehr aufgehört habe, zu lesen", erinnerte er sich.

Harry Rowohlt als "Harry" in der ARD-Serie Lindenstraße. (Archivbild von 2002) © picture-alliance/dpa Foto: WDR/Eckbert Reinhardt
AUDIO: Harry Rowohlt: Autor, Übersetzer und Schauspieler (15 Min)

Harry Rowohlt: "Schausaufen mit Betonung"

Harry Rowohlt, Autor, Übersetzer und Schauspieler, gießt sich während einer Lesung im Hamburger St. Pauli-Theater am 16.4.2003 ein Glas Bier ein. © picture-alliance Foto: DB Barbara Sax
Alkohol gehörte bei Rowohlts Lesungen auf der Bühne dazu.

Mehr als sechs Stunden dauerten die Veranstaltungen manchmal, während sich die ersten Becher füllen und Harrys Alkoholpegel steigt. "Schausaufen mit Betonung", nannte er das. Ursprünglich sollte und wollte Harry Verleger werden, und in das von seinem Vater Ernst Rowohlt gegründete Unternehmen einsteigen. Doch das anfängliche Interesse für den Verlag verwandelte sich schnell in eine Bürde: "Ich war da Volontär, aber ich hatte den großen Fehler begangen, vorher Lehrling beim Suhrkamp-Insel-Verlag gewesen zu sein. Und dadurch war ich dann für den Rowohlt-Verlag leider verdorben", erzählte er. Sein Stiefbruder Heinrich Maria Ledig-Rowohlt leitete damals den Verlag. Harry kehrte nie mehr dorthin zurück und verkaufte 1982 seine Anteile an die Holtzbrinck-Gruppe.

Unübersetzbarer Gangsterslang als Gesellenstück

Seine erste professionelle Übersetzung war ein Kinderbuch: "Die grüne Wolke", geschrieben von A. S. Neill, dem Vater der antiautoritären Erziehung. Harry Rowohlt hatte es in einer New Yorker Buchhandlung entdeckt. "Und da habe ich meinem Bruder geschrieben, ob es ihm wohl entgangen sein sollte, dass von Neill nicht nur Bücher über Gören, sondern auch eines für Gören erschienen ist. Und da schrieb er mir zurück, es sei nur leider unübersetzbar, weil amerikanischer 40er-Jahre-Gangsterslang drin vorkommt. Und da habe ich angefragt, ob ich das wohl mal dürfe", sagte er.

"Die grüne Wolke" wurde sein Gesellenstück. Harry Rowohlt gehörte bald zu den bekanntesten literarischen Übersetzern, der Bücher von Flann O'Brien und Frank McCourts Roman "Die Asche meiner Mutter" ins Deutsche übertragen hat.

Harry Rowohlt als Obdachloser in der "Lindenstraße"

Harry Rowohlt , aufgenommen am 17.10.2009 auf der 61. Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main. © picture-alliance Foto: Arno Burgi
Ursprünglich wollte Rowohlt Verleger werden. Doch ein Volontariat verdarb ihm die Lust.

Berühmt gemacht aber hat ihn erst das Fernsehen. 1995 bot man ihm eine Rolle in der "Lindenstraße" an: "Und da habe ich gesagt, in dem Fall bitte einen Penner, weil das die einzige Randgruppe ist, die bisher in der 'Lindenstraße' etwas stiefmütterlich behandelt wurde. Und außerdem brauche ich dafür nicht viel Maske."

Geboren wurde er am 27. März 1945 als Harry Rupp. Seine Mutter heiratete Harrys leiblichen Vater Ernst Rowohlt erst 1957. Ab 2007 litt er an der unheilbaren Nervenkrankheit Polyneuropathie und konnte nicht mehr laufen. "Die Polyneuropathie hat nichts damit zu tun", sagte er, "sondern nach der Operation bin ich zusammengebrochen und kann seitdem nicht mehr stehen und nicht mehr gehen und bin an den Rollstuhl gefesselt." Am 15. Juni 2015 verstarb Harry Rowohlt.

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NDR Info | ZeitZeichen | 27.03.2015 | 09:55 Uhr

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