Chat-Protokoll: Adipositas, Colitis ulcerosa, Schuppenflechte
Essen als Medizin: Wie packe ich selbst eine Ernährungsumstellung an? Was kann ich bei Adipositas (krankhaftes Übergewicht) tun - und was muss ich bei Colitis ulcerosa beachten? Wie sollte ich mich mit Schuppenflechte-Rheuma und Histamin- und Fruktose-Intoleranz ernähren? Um diese Themen ging es in Folge 59 der Ernährungs-Docs.
Im Anschluss an die Sendung war Dr. Matthias Riedl live im Chat. Der erfahrene Ernährungsmediziner hat Fragen beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:
Thermi: Meine Mutter hatte vor vier Wochen eine akute mesenteriale Darm-Ischämie mit Nekrose des Dickdarms. Sie hat etwa acht bis neun Kilogramm abgenommen und soll jetzt langsamen Kostaufbau betreiben. Können Sie mir helfen bei der Frage, was sie essen darf? Eventuell Rezepte vorschlagen? Wir sind da etwas überfordert.
Dr. Matthias Riedl: Die Ernährungstherapie ist immer individuell. Daher rate ich zu einer professionellen Beratung in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin (www.bdem.de). Grundsätzlich aber sollte hier mit einer Schonkost begonnen werden. Abhängig vom Körperzustand (fehlende Muskulatur) dann eventuell später eiweißbetont. Alles hängt aber sehr vom Einzelfall ab. Milchprodukte erst mal meiden. Sie können Durchfall fördern.
Ella: Ich leide seit vielen Jahren unter Rheuma und Histaminintoleranz, zurzeit in einem sehr heftigen Schub. Ich bin oft mit meiner Ernährung überfordert. Wo kann ich meinen Omega-3- beziehungsweise Omega-6-Wert testen lassen?
Riedl: Der Omega-3-Index kann in jeder Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin bestimmt werden.
Tina: Bereits ein Mal haben mein Mann und ich Hafertage gemacht. Mir fallen sie sehr schwer, da 75 Gramm Haferflocken pro Mahlzeit für mich zu viel sind. Müssen es für Frauen auch zwingend 75 Gramm pro Mahlzeit sein?
Riedl: Nein, es können auch weniger sein. Bitte ausprobieren! Die Mengenangaben sind ungefähr. Kleine Frauen dürfen weniger essen.
Steffi: Ich mache zurzeit eine FODMAP-Diät mit einer Ernährungsberaterin, weil bei mir SIBO/IMO (Dünndarmfehlbesiedlung) diagnostiziert wurde. Jetzt habe ich aber erfahren, dass ich seit letztem Jahr auch eine lymphozytäre Kolitis habe. Sollte ich hier möglichst fettarm essen? Was muss ich bei der Ernährung beachten? Oder hilft die FODMAP-Diät hier auch weitgehend, obwohl die FODMAP-Diät nur zeitlich begrenzt ist?
Riedl: Die FODMAP ist sehr schwierig durchzuführen und braucht professionelle Hilfe. Sie ist bei Ihnen aber nicht indiziert. Sie brauchen eine antientzündliche Ernährung. Bitte wenden Sie sich an eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin (www.bdem.de).
Bibi: Ich habe genau dieses Problem, mich an meinen Plan mit gesunder Ernährung zu halten - wie der junge Mann vorhin in der Sendung. Oft genug lasse ich das gesunde Essen im Kühlschrank und esse wirklich nichts Gutes. Ist da eine Verhaltenstherapie die einzig sinnvolle Möglichkeit anzusetzen?
Riedl: Nicht unbedingt. Eine erfahrene Ernährungsberaterin mit Kassenzulassung kann Ihnen da auch schon helfen oder eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Eventuell ist dort auch ein Psychotherapeut vorhanden. Lassen Sie nicht locker. Es geht darum, die Gründe für Ihr Verhalten herauszubekommen und dieses Verhalten zu ersetzen. Allein ist das schwierig.
Katharina: Ist kollagene Kolitis durch Ernährung beeinflussbar? Ich nehme zurzeit Budenofalk. Mutaflor hatte die Durchfälle nur verschlimmert.
Riedl: Unbedingt, es ist ein Kunstfehler, es nicht zu versuchen. Suchen Sie eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin auf.
Irina: Ist Pylera die einzige Möglichkeit, Helicobacter zu bekämpfen? Muss es unbedingt bekämpft werden (da erhöhtes Krebsrisiko)? Ich habe Angst, die Darmflora nachhaltig zu schädigen und größere Mengen Titandioxid dadurch zu mir zu nehmen.
Riedl: Das Krebsrisiko ist höher als das potenzielle Risiko einer Schädigung der Darmflora. Die kann sich später wieder erholen, wenn Sie sich gut ernähren mit viel Ballaststoffen.
Irina: Müssen alle im Haushalt die Therapie durchmachen? Habe auch eine 12 Jahre alte Tochter.
Riedl: Es besteht die Gefahr, dass auch andere Familienmitglieder betroffen sind. Eine Antibiotikatherapie darf aber nur bei direktem Nachweis durchgeführt werden. Fragen Sie Ihren Darmspezialisten.
Carla: Ich bin irritiert, nicht erst seit dieser Sendung: Einerseits wird immer betont, wie empfindlich Omega-3 ist. So heißt es ständig, auf keinem Fall mit diesen Ölen braten oder nur für die kalte Küche. Dann wird der Omega-3-reiche Fisch in der Pfanne gebrutzelt oder das Brot mit den gesunden Nüssen und Körnern im heißen Ofen gebacken? Da muss doch alles gesunde Omega-3 kaputtgehen?
Riedl: Sie haben recht, deshalb wird der Fisch nur schonend erhitzt. Besser gekocht. Hohe Temperaturen sind zu vermeiden.
Unbekannt: Mir geht es ähnlich wie dem Busfahrer. Ich bin in der Altenpflege und habe Tag- und Nachtdienst. Wie kann ich da ein regelmäßiges Essen bewerkstelligen?
Riedl: Sie brauchen feste Pausenzeiten, die sie mit Ihrer Schichtleitung besprechen. Vorbereitete Mahlzeiten, wie in unseren Büchern oder im Beitrag beschrieben, können Ihnen dabei helfen. Sie brauchen zusätzlich neue Essideen dazu. Wenn Sie es nicht allein schaffen, zögern Sie nicht, eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin aufzusuchen.
Susanne: Ich habe den Verdacht, dass ich an MCAS (Mastzellaktivierungssyndrom) leide. Ich habe seit Jahren eine Histaminintoleranz, Laktose-, Fruktose- und Glutensensivität. Habe den Fragebogen MCAS der Uniklinik Bonn ausgefüllt. Das Ergebnis ohne Hausarzt sind 37 Punkte. Bei über 14 Punkten, heißt es, kann man von MCAS ausgehen. Welche Diagnostik müsste mein Hausarzt noch durchführen, um die Diagnose zu sichern?
Riedl: Die Diagnose ist sehr wahrscheinlich. Jetzt geht es eher darum, wie es behandelt wird. Dazu unbedingt eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin aufsuchen. Damit wäre Ihr Hausarzt überfordert.
Heidi: Ich habe meine Ernährung vor etwa drei Jahren umgestellt, da man bei mir erhöhte Zuckerwerte im Bereich von 7,5 festgestellt hat. Ich wollte keine Medikamente nehmen und habe mich für eine Umstellung meiner Ernährung entschieden. Bisher habe ich damit meine Werte super im Griff - auf fast gleichbleibend 6. Ich komme damit sehr gut klar und würde gerne wissen, was ich vielleicht noch besser machen könnte. Ich lasse Zucker so weit als möglich weg, auch Fett lasse ich weg. Schweinefleisch kommt nicht auf den Teller, auch nur leichter Käse und gelegentlich mache ich mir mit Süßungsmitteln Marmelade, wobei ich weiß, dass das auch nicht gut ist. Auch verarbeitete Lebensmittel lasse ich weg, ebenso Weizenprodukte. Was können Sie mir noch weiter raten? Auch versuche ich mich jeden Tag zu bewegen und mindestens einmal in der Woche Nordic Walking zu betreiben.
Riedl: Das hört sich schon sehr gut an. Ich rate zu einer Analyse der Ernährung bei Profis in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Dort können weitere Fehler gefunden werden. Oder sie machen diese Analyse selbst mit unserem Ernährungstagebuch und der Anleitung zur Auswertung.
Besorgt: Meine Mutter hat seit Jahren Rheuma, Schuppenflechte, Arthritis und etliche andere Leiden. Mir stellt sich immer die Frage, was Huhn und was Ei ist. Kann man feststellen, ob die Schuppenflechte Auslöser der ganzen Krankheiten ist? Tests, wie sie bei den Ernährungs-Docs häufig gemacht werden, sind bei ihr leider noch nie durchgeführt worden. Wo anfangen, wenn der Arzt nicht wirklich nachforscht und der Leidensdruck immer größer wird?
Riedl: Diese Behandlung wie bei den Ernährungs-Docs finden Sie nur in einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Zögern Sie nicht, eine aufzusuchen. Mittlerweile ist es ein Kunstfehler, die Ernährung bei Rheuma und Schuppenflechte außen vor zu lassen.
Anna: Welche Tipps haben Sie, um von Süßigkeiten langfristig wegzukommen?
Riedl: Wichtig ist, sich bei den Hauptmahlzeiten mit Eiweiß und Gemüse richtig satt zu essen. Dann hält man länger durch. Außerdem viel trinken. Bei Süßhunger helfen auch Bittertropfen aus der Apotheke oder der Biss in eine Zitrone. Weg ist der Süßhunger.
Monika: Kann auch ein Lipödem, das wesentlich die Adipositas mitbestimmt, durch Ernährung reduziert werden?
Riedl: Ja, es hilft die Beschwerden zu vermindern.
Nora B.: Fördert Dinkelmehl - genauso wie Weizenmehl - Entzündungen im Körper? Oder ist es ratsam, auf diese Sorten zu wechseln?
Riedl: Dinkelmehl ist allgemein verträglicher. Ich würde es ausprobieren. Dinkel ist auch gesünder.
Phil: Meine Füße sehen ebenfalls so aus wie bei der Patientin mit Psoriasis aus der Sendung. Ich habe (noch) keine rheumatischen Erscheinungen. Gilt für mich dennoch die gleiche Ernährungsberatung?
Riedl: Ja, genau, die gleiche Vorgehensweise.
Andreas: Bringen in Kapselform eingenommene Omega-3-Öle, wie Fischöl oder Algenöl, wirklich so viel, wie dies behauptet wird? Etwa, dass sich Blutwerte zum Positiven ändern? Oder freuen sich da nur die Hersteller? Ich beobachte immer wieder einen Hype um solche Öle. Wäre der gesundheitliche Nutzen nicht um vieles besser, wenn man diese Öle in ihrer "normalen Ausgangsform" isst, da diese dann viel besser vom Körper aufgenommen werden könnten - insbesondere beim Lachs?
Riedl: Diese Kapseln haben ihre Berechtigung. Ich würde sie aber nur nach Bestimmung des Omega-3-Indexes nehmen. Zudem muss der Erfolg kontrolliert werden, um die richtige Dosis zu bestimmen. Bei vielen reicht die normale Ernährung nicht aus. Aber das muss gemessen werden!
Conny: Ich leide auch an Colitis ulcerosa, zurzeit in Remission. Ich habe aber seit meinem letzten Schub häufig mit Magenproblemen zu kämpfen (Sodbrennen etc.). Was kann ich dagegen tun?
Riedl: Sodbrennen kann durch Zucker, Gebäck, Alkohol, Rauchen oder Koffein verschlimmert werden. Meiden Sie späte Mahlzeiten, stellen Sie das Kopfteil etwas höher. Wenn das alles nicht hilft, suchen Sie eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin auf.
Natalia: Meine Harnsäurewerte sind hart an der Grenze zum Kippen ins Ungesunde. Ich habe leichte Schmerzen in Handgelenken und Fingern. Mir tun die Arme weh, es fühlt sich an, als würde die Schicht zwischen Haut und Knochen wehtun. Ich mag sehr gerne Bohnen, Linsen, Kichererbsen oder Kidneybohnen und integriere die mehrmals die Woche in mein Essen. Sollte ich da etwas aufpassen? Ich habe über 40 Kilogramm Übergewicht und versuche es mit der Ernährungsumstellung. Die Hülsenfrüchte finde ich super lecker und könnte die jeden Tag essen.
Riedl: Die Hülsenfrüchte helfen beim Abnehmen, mit weniger Gewicht sinken die Harnsäurewerte. Wenn Sie aber so nicht abnehmen, brauchen Sie zusätzliche Hilfe. Eventuell muss auch Rheuma ausgeschlossen werden. Für die Beratung gehen Sie in eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin.
d: Welche Werte sollte ich bei Schuppenflechte beim Hausarzt untersuchen lassen?
Riedl: Der durchschnittliche Hausarzt ist damit überfordert. Sonst hätte er es ja schon gemacht. Sie müssen in die Behandlung einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. Dort können die Blutwerte auch richtig eingeordnet werden und die richtige Therapie gestartet werden.
Claudia: Ich bewundere immer das von Ihnen empfohlene Intervallfasten. Würden sie das auch bei einer Darmerkrankungen empfehlen? Reichen da 12 Stunden? Und empfehlen Sie lieber kleine Mahlzeiten, um den Darm zu schonen, oder lieber drei große Mahlzeiten? Ich wiege knapp 50 Kilogramm bei 1,70 Meter Größe . Es ist wichtig, dass ich auf die notwendige Energiedichte komme, um mein Gewicht zu halten.
Riedl: Menschen mit Neigung zum Untergewicht sollten eventuell auf Intervallfasten verzichten oder in der verbleibenden Zeit ruhig mehr als drei Mahlzeiten essen. Sie sollten dann drei große oder noch eine zusätzliche essen. Diese müssen Ihren Bedarf vollkommen decken. Wenn daran Zweifel besteht, bestimmen Sie ihre Eiweißaufnahme mit dem Tagebuch oder einer App, die Eiweißwerte anzeigt. Sie sollte 50 Gramm Eiweiß pro Tag nicht unterschreiten.
Lexchen: Nach 25 Kilogramm Gewichtsabnahme mit viel Ballaststoffen und unter Verzicht auf Zucker und Mehl und zwei Leberentlastungstagen und trotz täglich 10.000 Schritten seit zwei Monaten steht das Gewicht. Und das seit vier Monaten. Ist die Leber von Abnahmegift überlastet oder von gelegentlicher Süßstoffeinnahme? Was tun?
Riedl: Ihr Körper wehrt sich jetzt gegen eine weitere Abnahme, weil er meint, sie verhungern. Er spart jetzt Energie und meint es gut mit Ihnen. Jetzt kommt es darauf an, dass Sie unbedingt weitermachen. Wenn es weiterhin steht mit dem Gewicht, dann suchen Sie eine Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin auf. Dort wird man eine Feinanalyse machen und Ihnen weitere Tipps geben. Die Behandlung dort ist eine Kassenantragsleistung und wird überwiegend von den Kassen erstattet. Viel Erfolg.
Nicole: Ich schaue Ihre Sendung regelmäßig mit großem Interesse. Ich leide ebenfalls an Übergewicht, leichter Fettleber und zudem an erhöhten Blutfettwerten und möchte gerne Intervallfasten machen. Ich habe Ende November 2022 meine Galle samt Gallensteinen entfernt bekommen. Darf ich auch ohne Galle 16 Stunden fasten?
Riedl: Ja, das dürfen Sie. Intervallfasten sollten Menschen mit Migräne und Untergewicht nicht machen.