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Lebensmittel-Unverträglichkeiten erkennen und behandeln

Stand: 20.01.2023 16:35 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Bei kombinierten Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten rebelliert die Verdauung gegen so viele Lebensmittel, dass Betroffene kaum noch etwas essen können. Darmfasten kann helfen.

Im Bauch rumort es, nach dem Essen kommen quälende Blähungen oder Krämpfe, wenn nicht gar heftige Durchfälle: Mindestens jeder fünfte Deutsche reagiert empfindlich auf bestimmte Lebensmittel-Inhaltsstoffe. Relativ häufig ist hierzulande eine Milchzucker- oder Fruchtzucker-Unverträglichkeit. Einige Menschen vertragen sogar diverse unterschiedliche Stoffe nicht, sie leiden unter mehreren Unverträglichkeiten gleichzeitig (Multi-Intoleranzen). Wer etwa eine kombinierte Laktose-, Fruktose- und Sorbit-Intoleranz hat, dessen Verdauung rebelliert bei zahlreichen Obst- und Gemüsesorten ebenso wie bei Milch- und den meisten Fertigprodukten. Betroffene schränken ihren Speiseplan immer weiter ein, um die Beschwerden zu umgehen - doch ist es mit steigender Zahl der Intoleranzen immer schwieriger, beim Essen die Klippen zu umschiffen.

Unverträglichkeits-Symptome nach dem Verzehr

Typischerweise kurz nach dem Verzehr unverträglicher Lebensmittel treten Verdauungsbeschwerden auf:

  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit
  • Bauchgeräusche
  • Bauchschmerzen, Unterbauchkrämpfe
  • Druck- oder Völlegefühl
  • Blähungen
  • Durchfälle.

Konzentrationsstörungen, Schwindelgefühl, extreme Müdigkeit und Schlafstörungen kommen ebenfalls vor. Nicht selten leiden Betroffene auch unter psychischen Veränderungen wie Antriebslosigkeit oder Depression. Bei einer Histaminintoleranz können zusätzlich allergieartige Symptome auftreten wie Hautrötung, Ausschlag, Juckreiz, Herz-Kreislauf- oder Atemwegsbeschwerden.

Diagnose vieler Unverträglichkeiten durch Atemtests

Zucker-Unverträglichkeiten (etwa gegen Fruktose, Laktose, Saccharose oder Zuckeralkohole wie Sorbit, Xylit) werden in aller Regel mit Atemtests diagnostiziert. Der Testvorgang ist bei all diesen vermuteten Intoleranzen derselbe, nur der eingenommene Zucker unterscheidet sich. Nach eintägigem Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel, Getränke und Rauchen trinken Betroffene den zu testenden Zucker in einem Glas Wasser aufgelöst. Anschließend notieren sie über drei Stunden hinweg alle 20 Minuten ihre Symptome und atmen in ein Messröhrchen. Die Diagnose basiert auf dem Symptomindex (welche traten auf und wie stark?) sowie der Konzentration bestimmter Gase in den Atemproben.

Im Dickdarm wird unverdauter Zucker von Bakterien zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut, dabei entstehen - auch abhängig von den in der Darmflora heimischen Bakterienarten - vor allem Wasserstoff und zum Teil Methan oder Kohlendioxid. Eine über den spezifischen Grenzwert hinaus erhöhte Gaskonzentration lässt darauf schließen, dass zu viel des untersuchten Zuckers bei den Bakterien im Dickdarm landet.

Schwieriger: Diagnostik einer Histaminintoleranz

Für die Histaminintoleranz gibt es keinen Trinktest, auch keinen sicheren Marker im Blut. Sind andere Krankheiten ausgeschlossen, die ähnliche Symptome hervorrufen (etwa Colitis ulcerosa, Zöliakie), erfolgt die eigentliche Diagnostik durch systematisches Weglassen bestimmter Nahrungsmittel über mehrere Wochen und anschließende "Symptom-Provokation" durch gezielten Verzehr dieser Nahrungsmittel. Reagiert der Körper mit Beschwerden, steht die Diagnose fest.

Ursache von Lebensmittel-Intoleranzen

Eine Theorie geht davon aus, dass bei kombinierten Unverträglichkeiten der Darm komplett irritiert ist. Zusatzstoffe in der Nahrung, eine längere Antibiotika-Einnahme oder schwere Magen-Darm-Infekte können die Darmflora durcheinanderbringen. Dadurch kann sich die Darmschleimhaut verändern, was die Darmfunktion beeinträchtigt:

  • Einerseits wird der Darm durchlässiger für Nährstoffe und Bakterien, die eigentlich nicht durch die Darmwand in die Blutbahn geraten sollten ("Leaky Gut").
  • Andererseits kann er nicht mehr alle für die Verdauung notwendigen Stoffe (etwa Proteine oder Enzyme) herstellen. Ein solcher Mangel kann zum Beispiel den Transport von Fruchtzucker durch die Dünndarmwand hin zur Leber behindern, sodass die Fruktose in den Dickdarm gelangt, wo sie gasbildenden Bakterien als Nahrung dient. Bildet der Darm das Verdauungsenzym Laktase nicht mehr, dann wird Milchzucker (Laktose) nicht mehr aufgespalten und landet unverdaut im Dickdarm. Dort bindet er Wasser und wird auch teilweise von den Darmbakterien abgebaut - so entstehen Blähungen und Durchfälle.

Intoleranzen: Therapie läuft in zwei Phasen ab

Das Ziel der Ernährungsstrategie bei Zucker-Unverträglichkeiten ist, den Darm zu beruhigen und Selbstheilungskräfte zu aktivieren, um langfristig wieder eine ausgewogene Kost beschwerdefrei essen zu können. Je nach Schwere der Erkrankung kann das wenige Monate oder auch ein Jahr dauern. Die Therapie erfolgt in zwei Schritten:

  • Schon- bzw. Karenzphase: Beim sogenannten Darmfasten sind nur wenige, reizarme Lebensmittel erlaubt: keine Lebensmittel mit Zusatzstoffen, keine Milchprodukte, kein Obst, anfangs kein Gemüse - nur glutenfreie Getreideprodukte, Kartoffeln, Reis, Fisch und qualitativ hochwertige Fette. Ab dem zehnten Tag können fruktosearme Gemüsesuppen eingeführt werden. Die Karenzphase sollte mindestens 4 Wochen eingehalten werden. So kann sich der Darm erholen, die Symptome lassen nach.
  • Aufbauphase: Schritt für Schritt werden nach individueller Verträglichkeit Gemüse und andere Lebensmittel wieder eingeführt, dabei ein Ernährungstagebuch geführt, um Lebensmittel und eventuelle Symptome zu notieren. Auch weiterhin sollte die Ernährung reizarm sein: kaum Obst, keine Rohkost, vor allen Dingen nicht abends. Tabu bleiben Schweinefleisch, Würstchen, Kekse, Schokolade, Fertigprodukte.

Wichtig: Diese Diät nur mit Unterstützung durch eine Ernährungsfachkraft durchführen - es fehlen dabei wichtige Nährstoffe, Mangelernährung droht.

Unterstützend gegen Durchfälle kann eine probiotische Trinkkur auf der Basis von Floh-, Fenchel- und Leinsamen plus probiotischen Darmbakterien wirken. Sanfte Bauchmassagen aktivieren die Durchblutung im Bauchraum und fördern die Bewegung des Darms. Was tut dem Darm gut, was nicht? Das Ernährungstagebuch hilft bei der Selbsteinschätzung und der Zuordnung von Beschwerden. Oft vergisst man schon kurz nach einer Mahlzeit, was und wie viel man wirklich gegessen hat. Es ist außerdem wertvoll, um festzuhalten, welche in der Aufbauphase eingeführten Lebensmittel verträglich sind.

Ganzheitliche Strategie bei Lebensmittel-Unverträglichkeiten

Die beste Ernährungsmedizin kann nicht fruchten, wenn die Seele gestresst ist. Der Volksmund benennt die enge Verbindung von Psyche und Verdauung treffend mit Redensarten wie "Das ist mir auf dem Magen geschlagen", "Ich brauche noch etwas, um die Nachricht zu verdauen" oder "Die Sache liegt mir schwer im Magen".

Betroffene sollten daher nicht nur auf ihr Essen achten, sondern auch auf Ihre sonstigen Bedürfnisse. Ruhe und Aktivität sollten individuell richtig ausbalanciert sein. Tägliches Yoga, autogenes Training, Spaziergänge oder Sport leisten einen Beitrag zur Entspannung. Auch Atemübungen oder Singen lockern Anspannungen. Probieren Sie aus, welche Entspannungsmethoden für Sie passen, und holen Sie sich Unterstützung in Belastungssituationen.

Weitere Informationen
Holzwegweiser mit den Aufschriften "vielleicht", "falsch", "richtig" und "kommt drauf an". © Chris_pl/fotolia Foto: Chris_pl

Histamin- und Fruktoseintoleranz: Tipps und Lebensmittel-Liste (PDF)

Bei kombinierter Unverträglichkeit muss man viele Lebensmittel eine Zeit lang meiden, um den Darm zu beruhigen. Download (109 KB)

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Die Ernährungs-Docs | 23.01.2023 | 21:00 Uhr

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