Hand mit schmerzendenden Fingern © colourbox.com Foto: Tharakorn arunothai

Arthrose-Schmerzen: Was bringen OPs und invasive Verfahren?

Stand: 18.03.2025 16:41 Uhr | vom Bayerischer Rundfunk-Logo

Helfen bei Arthrose und Gelenkschmerzen konservative Therapien nicht, können invasive Verfahren wie Embolisation, RSO oder HTO-Operationen Schmerzen lindern.  

von Bernd Thomas

Gelenkschmerzen, medizinisch Arthralgien genannt, sind in Deutschland Volkskrankheit. Mit mehr als 12 Millionen betroffenen Menschen ist Arthrose die mit Abstand häufigste Erkrankung. Im Laufe der Zeit gehen bei dieser degenerativen Erkrankung die Knorpel in den Gelenken teilweise oder völlig verloren. Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, Anlauf-, Belastungs-, Ruhe- und Nachtschmerzen sind die Folgen des fortschreitenden Gelenkverschleißes. Heilbar ist Arthrose nicht. Besonders häufig betroffen sind Knie, Hände oder die Hüfte.  

Schmerzen in den Gelenken sind auch Folge anderer chronischer und chronisch entzündlicher Erkrankungen. Dazu gehören zum Beispiel rheumatische Erkrankungen, Reizungen und Entzündungen der Sehnen - wie beim Tennisarm oder Erkrankungen wie die Frozen Shoulder.  

Schmerzen in den Gelenken entstehen vor allem durch Reizzustände der Gelenkinnenhaut, der Synovialis. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: das Alter, die Lebensweise in Bezug auf Gewicht, Bewegung und Ernährung, Immun- und Autoimmunreaktionen, Grunderkrankungen wie zum Beispiel Diabetes, Übergewicht, Unfälle und Verletzungen, genetische Veranlagung und anatomische Anomalien. 

Schmerzende Gelenke: Zu Beginn konservative Therapien 

Besteht kein akutes mechanisches Problem, wie beispielsweise eine Gelenkblockade, werden schmerzende Gelenke zunächst konservativ behandelt. Die Therapie besteht aus unterschiedlichen Bausteinen, individuell angepasst an die Symptome des Patienten. Invasive Therapien und Operationen können häufig hinausgezögert werden. Lassen sich Schmerzen mit konservativen Therapien jedoch nicht mehr adäquat behandeln, gibt es eine Reihe invasiver Eingriffe, die helfen können.   

Gelenkerhaltende und gelenkersetzende Eingriffe 

Grundsätzlich gibt es gelenkersetzende und gelenkerhaltende Eingriffe. Viele gelenkerhaltende Operationen lassen sich heute minimalinvasiv durchführen. Das bedeutet, dass die Operationswerkzeuge durch wenige kleine Schnitte in den Körper eingeführt werden. Operiert wird unter Röntgen- oder Kamerabeobachtung.  

Invasive Verfahren und OPs: Differenzierte Wahl des Eingriffs  

Entscheidend für den Erfolg eines Eingriffs, so Orthopäde Dr. Georg Siebenbürger vom Muskuloskelettalen Universitätszentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist eine differenzierte Vorgehensweise und Abwägung. Ziel ist ein individualisiertes Vorgehen, abhängig von Beschwerden, Erwartungen und Begleiterkrankungen des Patienten. Hierfür sollten die behandelnden Medizinerinnen und Mediziner in der Lage sein, dem Patienten die gesamte Bandbreite konservativer sowie gelenkerhaltender und gelenkersetzender Maßnahmen anbieten zu können.   

TAPE: Minimalinvasive Schmerzbehandlung durch Gefäßverschluss  

Eine noch junge Technik ist das minimalinvasive TAPE-Verfahren, die Transarterielle Periartikuläre Embolisation. Grundlage ist die Erkenntnis, dass Schmerzen der Gelenke durch krankhaft neugebildete Blutgefäße verursacht werden können. Denn mit den Gefäßen entstehen auch neue Nervenbahnen und Schmerzrezeptoren.

Durch einen Katheter, der über ein größeres Gefäß eingeführt und in der Nähe des betroffenen Gelenks positioniert wird, werden neugebildete Gefäße vor Ort gezielt temporär oder permanent verschlossen (Embolisation). Mit der Behandlung lässt sich die Beweglichkeit der Gelenke kurzfristig nicht verbessern. Doch Nerven, die Schmerzreize senden, können reduziert, Entzündungsprozesse teilweise eingedämmt und Schmerzen gelindert werden.

Das Verfahren eignet sich für Frühstadien von Arthrose an vielen Gelenken wie Schulter, Knie oder auch dem Daumengrundgelenk. Es hilft außerdem bei anderen Krankheitsbildern wie zum Beispiel der Frozen Shoulder, dem Tennis- oder Golferellenbogen. Das TAPE-Verfahren kann ambulant durchgeführt werden, erfordert keine Nachbehandlung und wird in der Regel von den Krankenkassen übernommen.   

RSO: Minimalinvasive Strahlentherapie    

Schon seit mehreren Jahrzehnten gibt es die Technik der Radiosynoviorthese, kurz RSO. Sie ist eine auf die Gelenkschleimhaut des betroffenen Gelenks wirkende Strahlentherapie, die umliegendes Gewebe und Strukturen schont. Eingesetzt wird die RSO hauptsächlich als ergänzender Therapiebaustein bei rheumatischen Gelenkhautentzündungen und speziellen Gelenkerkrankungen, aber auch bei aktivierter Arthrose. Das sind Phasen der Erkrankung mit akuten Schwellungen und Gelenkergüssen.    

Nach einer örtlichen Betäubung wird, je nach Gelenkgröße und Schwere der Beschwerden, ein radioaktives Isotop direkt in das Gelenk injiziert. Die nur wenige Millimeter wirksame radioaktive Strahlung führt zu einer Verödung der Gelenkschleimhaut. Entzündungen können damit bekämpft, Ergüsse und Schwellungen im Optimalfall für längere Zeit oder dauerhaft beseitigt, das Gelenk beweglicher gemacht und Schmerzen reduziert werden.  

Allerdings muss das betreffende Gelenk nach der Behandlung für zwei Tage ruhiggestellt werden und es kann Tage, Wochen oder sogar Monate dauern, bis sich ein Behandlungserfolg einstellt. Die Technik wird ambulant durchgeführt und kann bei Bedarf wiederholt werden. Sie wird von den Krankenkassen bezahlt. Die RSO-Therapie kann bei kleinen und großen Gelenken eingesetzt werden - vom Knie bis zu Finger- und Daumengelenken.  

Arthroskopie: Minimalinvasive Diagnostik und Behandlung

Die Arthroskopie oder Gelenkspiegelung ist ein minimalinvasives Operationsverfahren. Mit ihr kann man direkt in das Gelenk schauen und es behandeln. Arthroskopische Eingriffe werden heute vor allem zur diagnostischen Abklärung und Behandlung akuter Gelenkbeschwerden genutzt - weniger bei degenerativen Veränderungen. So werden zum Beispiel Kalkablagerungen im Schulterbereich behandelt, bei Knieverletzungen vor allem akute Meniskus-, Band- oder Knorpelschäden. Die sogenannte Gelenktoilette, bei der Spülungen und Knorpelglättungen vor allem zur Behandlung von Arthrose durchgeführt werden, spielen heute keine therapeutische Rolle mehr, da keine langfristigen, positiven Wirkungen nachgewiesen sind.     

Knorpelersatztherapie nach Unfall oder Verletzung  

Nach kleineren Knorpelschäden durch Unfälle oder Sportverletzungen kann eine Knorpeltransplantation besonders jüngeren Patientinnen und Patienten helfen, Arthrose gegebenenfalls zu verzögern. Die autologe Knorpelzelltransplantation ist eines der Verfahren. Autologe, also körpereigene, gesunde Knorpelzellen werden arthroskopisch gewonnen, vermehrt und anschließend in einem zweiten Eingriff in das Kniegelenk transplantiert. 

Die noch recht junge Methode Minced Cartilage - oder auch Knorpelchips-Implantation genannt - kommt mit einer einzigen Operation aus, die arthroskopisch oder offen möglich ist. Gesundes Knorpelmaterial wird aus dem Gelenk gewonnen, zerkleinert und mit Stoffen vermischt, die aus einer zuvor erfolgten Blutentnahme stammen. Die Masse wird durch Thrombin, das ebenfalls aus Patientenblut gewonnen wird, an den geschädigten Stellen fixiert. Durch das Zerkleinern der Knorpelmasse lösen sich Knorpelzellen in der Wunde und bilden neues Gewebe, das die eigentliche Funktion teilweise wieder übernehmen kann.      

Arthrose im Kniegelenk: Umstellungs- oder HTO-Operation 

Bei Patientinnen und Patienten, die umgangssprachlich O- oder X-Beine beziehungsweise Fehlstellungen haben, kann manchmal eine sogenannte Umstellungs- oder HTO-Operation der kniegelenksnahen Knochen helfen, um Schmerzen zu lindern und ein Entstehen oder Fortschreiten einer Arthrose zu verhindern. Dabei wird in einer offenen Operation durch gezielte Sägeschnitte und Fixierungen der Knochen so verändert, dass die Beinachse begradigt ist und es dadurch im besten Fall nur zu verzögertem weiterem Gelenkverschleiß kommt.

Gelenkersatz: Endoprothesen und Alternativen 

Die oft letzte Möglichkeit, Schmerzen in Gelenken nachhaltig zu behandeln, ist der Gelenkersatz durch den Einsatz unterschiedlicher Prothesen. Neben den sogenannten Total-Endoprothesen, kurz TEPs, von denen es wiederum, je nach Gelenk und Voraussetzungen, unterschiedliche Typen und Materialien gibt, sind zum Beispiel beim Kniegelenk auch Teilprothesen möglich. Ob eine Voll- oder eine Teilprothese verwendet wird, hängt von mehreren unterschiedlichen Faktoren ab. Mit einer Teilprothese lassen sich Knochen und intakte Strukturen des Gelenks oft erhalten.

Kommt es zu keinen Komplikationen, haben künstliche Gelenke eine lange Lebensdauer. Wichtige Faktoren dafür sind eine gesundheitsfördernde Lebensweise in Bezug auf Gewicht, Bewegung und Ernährung und regelmäßige medizinische Kontrollen. Selbst Kniegelenke, die besonders große Belastungen verkraften müssen, können so mehr als 20 Jahre halten, Hüftprothesen oft sogar noch länger.   

Eingriffe und OPs immer in Zentren 

Durchgeführt werden sollten invasive Eingriffe immer in spezialisierten Zentren. Die Zentren sind in der Lage, ein individualisiertes Therapiekonzept aufgrund ihres breiten Spektrums aus allen verfügbaren Therapiebausteinen anzubieten. Je höher die Behandlungszahlen sind, desto umfangreicher sind Wissen und Erfahrung der Ärztinnen und Ärzte, was die Wahl der passenden Versorgung und OP-Techniken betrifft. Das ist für einen nachhaltigen Erfolg entscheidend. Ein weiterer Vorteil größerer Zentren ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen vor Ort.

Auch wenn invasive Therapieverfahren und Operationstechniken oft sichere Routineeingriffe sind, birgt jeder Eingriff Risiken für mögliche Komplikationen. Selbst bei aufwendigen OPs ist ein dauerhafter Erfolg nicht immer garantiert und kann Nachbehandlungen oder weitere Operationen erfordern. Eine regelmäßige medizinische Anbindung ist hier empfohlen. 

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BR Fernsehen | Gesundheit! | 18.03.2025 | 19:00 Uhr

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