Ballaststoffe: Gut für Darmflora und Herz
Viele Menschen nehmen zu wenige Ballaststoffe zu sich. Dabei lässt sich ein Mangel recht einfach verhindern. Wofür brauchen wir Ballaststoffe, und worin stecken sie?
Viele denken bei gesunder Ernährung vor allem an Vitamine und Mineralien, selten aber an Ballaststoffe. Dabei zeigen Studien, dass ein Mangel an Ballaststoffen ein Risikofaktor für Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt und andere Beschwerden ist. Die Verdauung leidet, Hämorrhoiden und Verstopfung können die Folge sein. Viele Erkrankungen ließen sich mit ausreichend Ballaststoffen kurieren oder würden gar nicht erst entstehen.
Ballaststoffmangel weit verbreitet
Empfohlen werden für Erwachsene mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag, besser sogar 40 Gramm. Der durchschnittliche Verzehr in Deutschland liegt bei unter 22 Gramm, viele erreichen nicht mal das. Dabei wäre es einfach, genügend davon aufzunehmen: Sie stecken in vielen Grundnahrungsmitteln.
Ballaststoffe stecken in allen Pflanzen
Ballaststoffe sind pflanzliche Faser- und Quellstoffe. Sie sind weitgehend unverdaulich und enthalten praktisch keine Kalorien - früher hielt man sie deshalb für Ballast. Inzwischen weiß man: Ballaststoffe sind für unsere Gesundheit unverzichtbar.
Warum Ballaststoffe so gesund sind
Ballaststoffe sorgen für ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl, dadurch wirken sie Übergewicht entgegen. Außerdem stimulieren sie die Darmtätigkeit. Sie stärken so die körpereigenen Abwehrkräfte, denn der Darm ist unser wichtigstes Immunorgan. Entscheidend dafür, dass es funktionieren kann, sind die Vielfalt der im Dickdarm lebenden Bakterien (Darmflora) und eine intakte Darmschleimhaut. Zu viel Zucker ist Gift für ein gesundes Darmmilieu. Ballaststoffe dagegen unterstützen den Darm bei seinen Aufgaben.
Lösliche und unlösliche Ballaststoffe wirken unterschiedlich
Man unterscheidet unlösliche Ballaststoffe (vor allem in Vollkornprodukten, Pilzen und Hülsenfrüchten) und lösliche (insbesondere in Obst und Gemüse).
Unlösliche Ballaststoffe (wie Cellulose, Lignin) sind Quellmaterial und sorgen für "Masse". In Kombination mit ausreichend Flüssigkeit quellen sie im Magen auf und machen dadurch gut satt. Zudem beschleunigen sie die Darmpassage und lockern den Stuhlgang. Sie "putzen" den Darm wie ein Schwamm. Das beugt zum Beispiel Divertikulitis, Verstopfung und Hämorrhoiden vor.
Lösliche Ballaststoffe (beispielsweise Pektin, auch Inulin, Oligofruktose und andere sogenannte Präbiotika) sind "Bakterienfutter": Sie ernähren unsere Darmflora. Diese Mikroorganismen - etwa Bifidobakterien - sind lebenswichtig. Sie helfen uns bei der Nahrungsverwertung und produzieren die gesunden kurzkettigen Fettsäuren.
Lösliche Ballaststoffe wirken positiv auf
- den Zuckerstoffwechsel
- den Fettstoffwechsel
- die Regulation der Immunabwehr
- das Nervensystem.
Besonders gut für Diabetiker sind Beta-Glukane, lösliche Ballaststoffe in Hafer und Gerste: Sie können Blutzuckerspitzen abfangen und wirken der Insulinresistenz entgegen. Mit einer Haferkur lässt sich der Blutzuckerspiegel effektiv regulieren.
Wer genügend Ballaststoffe verzehrt, verbessert außerdem seine Cholesterinwerte, reduziert entzündliche Prozesse und senkt sein Risiko für Herzinfarkt, für Arteriosklerose und Darmkrebs. Außerdem senkt eine darmgesunde Ernährung mit genügend Ballaststoffen das Risiko für eine Störung der Darmbarriere und daraus folgende Autoimmunreaktionen wie etwa rheumatische Gelenkbeschwerden.
Ballaststoffe senken Diabetes-Risiko
Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung hat mit der sogenannten OptiFit-Studie den Einfluss von Ballaststoffen auf das Diabetes-Risiko untersucht: Dafür erhielten 180 Teilnehmer mit einer Diabetes-Vorstufe zwei Jahre lang zwei Mal täglich ein spezielles Getränk. Die Hälfte der Teilnehmer hatte in ihrem Getränk einen hohen Anteil unlöslicher Ballaststoffe, die andere Hälfte nur ein gleich aussehendes Placebo. Das Ergebnis: Während in der Placebo-Gruppe der Langzeitblutzuckerwert und damit die Diabetes-Gefahr kontinuierlich stiegen, konnte die Ballaststoffgruppe ihren Langzeitblutzuckerwert halten.
Entscheidend dafür, dass es funktionieren kann, ist die Vielfalt der im Dickdarm lebenden Bakterien (Darmflora) und eine intakte Darmschleimhaut. Ballaststoffe unterstützen den Darm bei seinen Aufgaben: Sie werden im Dickdarm durch Bakterien zersetzt. Dabei produzieren die Bakterien sogenannte kurzkettige Fettsäuren: Diese gelangen über die Darmzellen in die Blutbahn und schützen vor Arterienverkalkung und Herzkrankheiten - und sie stärken das Immunsystem.
Ballaststoffe schützen vor Bluthochdruck
Wer täglich eine erhöhte Menge von Ballaststoffen zu sich nimmt, kann dadurch seinen Blutdruck senken: Ballaststoffe regen die Bakterien im Darm dazu an, Propionsäure herzustellen. Diese wirkt beruhigend auf spezielle Immunzellen (T-Helfer-Zellen), die Entzündungen verstärken und den Blutdruck in die Höhe treiben können.
Woran man ballaststoffreiche Lebensmittel erkennt
Bei mehr als 5 Gramm Ballaststoffanteil pro 100 Gramm gilt ein Nahrungsmittel als ballaststoffreich. Auf abgepackten Lebensmitteln steht der Ballaststoffgehalt meist drauf. Einige Kalorienzähler-Apps fürs Smartphone listen auch die Ballaststoffe von Lebensmitteln auf und bieten die Möglichkeit, die verzehrten Ballaststoffe über den Tag zu summieren. Solche Apps kosten oft nur wenige Euro.
Faustregeln für ausreichende Ballaststoff-Versorgung
Wer seine Ballaststoffzufuhr optimieren möchte, ohne aufs Gramm schauen zu müssen, fährt gut mit ein paar Faustregeln:
- Bei Getreide möglichst immer die Vollkornvariante wählen - Vollkornmehl, Vollkornbrot, Vollkornpasta, Getreideschrot, Getreideflocken. Weizen- und Haferkleie sind besonders ballaststoffreich und machen sich gut im Müsli.
- Denken Sie an die Fünferregel: fünf Portionen (Handvoll) Gemüse oder Obst am Tag. Nicht alle Sorten enthalten viele Ballaststoffe - top sind Topinambur und Kohlsorten, Himbeeren und Kiwi, ebenso Trockenfrüchte wie Aprikosen oder Backpflaumen.
- Eine Handvoll Nüsse täglich liefert nicht nur Eiweiß und gute Fette, sondern zahlt auch gut ein auf das Ballaststoff-Konto.
- Und vergessen Sie nicht Pilze und Hülsenfrüchte auf Ihrem Speiseplan.
Unbedingt ausreichend trinken!
Da Ballaststoffe quellen, ist ausreichend Flüssigkeit ein Muss! Sonst gibt es ein Grummeln im Bauch, und statt guter Verdauung droht Verstopfung.
Ballaststoffe langsam steigern
Wichtig ist, den Darm nicht von heute auf morgen mit deutlich mehr Ballaststoffen zu überfordern. Der Körper muss sich schrittweise an die veränderte Nahrung gewöhnen, die Zusammensetzung der Darmflora muss sich erst anpassen. Denn einige Darmbakterien zersetzen die unverdaulichen Bestandteile im Dickdarm zu üblen Gasen - dies kann besonders anfangs zu unangenehmem Völlegefühl oder Blähungen führen. Gründliches Kauen, viel Trinken und Bewegung helfen bei anfänglichen Verdauungsproblemen.
Ballaststoff-Präparate meist nicht nötig
Isolierte Ballaststoffe wie Inulin, Pektin oder synbiotische Mischungen gibt es zum Beispiel als Pulver, Kautabletten oder Drinks im Handel. Sie können kurzfristig hilfreich sein, etwa bei Verstopfung. Überlegenswert ist der Einsatz, wenn Unverträglichkeiten gegen viele der ballaststoffreichen Lebensmittel bestehen. Wer kann, sollte Ballaststoffe aber besser so genießen, wie sie im natürlichen Lebensmittel vorkommen - im Verbund mit den vielen anderen gesunden Nährstoffen, die die Gewächse liefern. Meist ist das auch preislich deutlich günstiger.
Vorsicht mit Ballaststoffen bei der Einnahme von Medikamenten
Wer bestimmte Medikamente einnimmt, sollte bei der Ernährungsumstellung darauf achten, dass Ballaststoffe deren Aufnahme im Darm verzögern können. Das gilt zum Beispiel für Paracetamol, Cholesterinsenker und Herzglykoside (Digitalis), insbesondere aber für das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin. Zur Sicherheit sollte ein guter zeitlicher Abstand zwischen der Einnahme der Medikamente und der Mahlzeit eingehalten werden - das bedeutet: Einnahme frühestens zwei Stunden nach einer ballaststoffreichen Mahlzeit oder (insbesondere bei L-Thyroxin) am besten nüchterne Einnahme, eine halbe bis eine Stunde vor dem Frühstück. Betroffene sollten sich mit Blick auf ihre Mahlzeiten- und Einnahmegewohnheiten vom Arzt oder Apotheker beraten lassen.