Spenden in Niedersachsen: Wer gibt wem, wird jemand vergessen?
Spendenaktionen gehören zur Adventszeit. Schon von Januar bis September 2022 haben die Deutschen eine Rekordsumme von 3,8 Milliarden Euro gespendet. Eine Reportage zur Spendenbereitschaft in Niedersachsen.
Laut Deutschem Spendenrat gehen rund drei Viertel der Spenden in die humanitäre Hilfe, unter anderem wegen des Ukraine-Kriegs. Aber wer spendet eigentlich in Norddeutschland wem und fällt jemand durchs Raster?
NDR Reporter Michael Brandt hat in Wolfenbüttel und Braunschweig zwei Projekte besucht, die durch Spenden finanziert werden: eine Weihnachtsgeschenke-Aktion und eine Suppenküche. Beide Projekte werden durch Spenden finanziert.
Ehrenamtliche Suppenküche in Wolfenbüttel: Hier geht es um Gemeinschaft
Heute gibt es Gemüsesuppe bei der "Ökumenischen Suppenküche" in Wolfenbüttel bei Braunschweig. Dazu Kaffee und eine eingepackte Stulle für den Abend. Jeden Tag kochen Seniorinnen und Senioren frisch, sechs Mal pro Woche. Alles ehrenamtlich, finanziert wird das Projekt vor allem mit Spenden von Firmen und Privatleuten, sagt Leiterin Anja Kröger. Aber zusätzlich noch selbst einen symbolischen Betrag dazuzugeben, sei den bedürftigen Menschen wichtig: "Es wird ein Euro bezahlt so nach dem Motto: wir sind keine Bittsteller. Wir bezahlen dafür. Das ist auch ein Ding für die eigene Anerkennung. Also ich bezahle dafür und bekomme etwas zu essen." so Anja Kröger.
Manche müssten zum Monatsende auch anschreiben - aber zahlten die Rückstände dann gleich nach. Es geht bei der ökumenischen Suppenküche auch um Gemeinschaft: So grüßt ein kleines Mädchen einen älteren Herren mit Namen - er lächelt.
Wohnungslose, Suchtkranke, aber auch Rentnerinnen und Rentner oder Familien, bei denen das Geld einfach nicht ausreicht. Sie alle treffen beim Mittagessen zusammen, darunter auch ein 53-Jähriger Witwer: "Der eine bezahlt mal für wen anders hier, auch wenn's kein großer Obolus ist - oder achtet drauf, dass ein Angebot mal weitergegeben wird." Oder bringe einen Pullover mit, mal dies, mal jenes wie Schuhe oder ein Hemd, erzählt er. "Da tauschen wir uns ja auch untereinander aus. Deswegen ist das von so besonderer Bedeutung, hier zu sein und mit den Menschen sprechen zu können. Ohne ein Mittagessen oder ohne ein Stück Kuchen fällt einem das schwer, einfach zusammenzukommen."
Rentnerinnen kommen wegen der hohen Energiepreise
Wegen der hohen Energiepreise und der Inflation müssten momentan auch wieder Rentnerinnen kommen, die eigentlich bereits auf das Angebot verzichten konnten, berichtet Kröger. Derzeit kommen durchschnittlich 40 Leute zur Suppenküche, es würden stetig mehr: "Man muss sich immer mal wieder in Erinnerung rufen, dass man sagt: 'Hier bei uns gibt es auch Elend.' Ich habe schon festgestellt, wenn man sagt: '"Wir wollen in Deutschland spenden oder hier in die Stadt' - das kommt bei den Leuten schon gut an." erklärt Leiterin Anja Kröger.
2022: Menschen spenden vor Weihnachten durchschnittlich 41 Euro
Trotzdem sei die Spendenbereitschaft bei den Privatleuten zwischenzeitlich etwas zurückgegangen. Nun vor Weihnachten werde es aber wieder besser. Das passt auch zur Statistik und Prognose des Deutschen Spendenrates: Demnach sei ein Anstieg zu Weihnachten zu erwarten. Und: Es spenden zwar weniger Menschen, aber dafür höhere Beträge: durchschnittlich 41 Euro. Nicht erfasst sind Großspenden über 2.500 Euro. Aber auf die komme es bei vielen Projekten wie der Suppenküche an - als Mischung aus privaten und Firmen- und Vereinsspenden.
Projekt "Weihnachten für alle": Spendenprojekt in Braunschweig
Ebenso gehen die meisten Gelder in die Not-und Katastrophenhilfe, zum Beispiel für die Ukraine. Aber damit auch in Niedersachsen niemand durchs Raster fällt, gibt es Projekte wie "Weihnachten für alle" in Braunschweig. "Ich habe als Rentner den Energiezuschuss bekommen. Den brauche ich aber nicht und deshalb werde ich ihn hier lassen. Das heißt, sie dürfen in ihre Kasse da jetzt 300 Euro eintippen," erklärt ein älterer Mann. Er ist ein weiterer Spender für die Aktion Studierender in Braunschweig.
Dabei geht es darum, Wohnungslosen und Bedürftigen Weihnachtswünsche zu erfüllen - vom Bahnticket für einen Besuch am Grab der Tochter bis hin zum Fernseher. Im Spendenbüro arbeiten junge Menschen, die soziale Arbeit studieren, ehrenamtlich.
Generation 70-Plus berappt fast 50 Prozent aller Spenden
Dabei geben junge Menschen selbst deutlich seltener Hilfsgelder, als über 60-Jährige. Studentin Ricarda Bucher erklärt das so: "Ich glaube, da geht es gar nicht so um das gesparte Geld, sondern eher darum, ob da auch wieder etwas reinkommt. Also bei mir persönlich ist das auch so. Es gibt viele, die im BAföG -Bezug sind und da fällt das natürlich schwer, vor allem größere Summen zu spenden. Aber wir haben auch durchaus einige junge Menschen, die auch studieren und trotzdem hierherkommen."
Auch laut Spendenrat sei die Zahl junger Geber im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Trotzdem mache die Generation 70-Plus fast die Hälfte aller Spender aus.