Biopic "Maria": Tiefe Verbeugung vor der großen Sopranistin Maria Callas
Pablo Larraín gilt als Spezialist für ungewöhnliche Biopics. Sein Porträt über die Operndiva Maria Callas spielt in der letzten Woche vor ihrem Tod. In der Hauptrolle der göttlichen Diva ist eine Diva unserer Zeit zu sehen: Angelina Jolie.
September 1977. Seit vier Jahren lebt Maria Callas zurückgezogen in einem feudalen Pariser Apartment. Ihr Alltag besteht aus vielen Tabletten, die Realität und Einbildung verschwimmen lassen. Nachts erscheint ihr der verflossene Geliebte Aristoteles Onassis. Tagsüber gibt sie einem imaginären Fernsehreporter Auskunft über ihr Leben. Ihr Familienersatz sind zwei treu ergebene Hausangestellte. Diese sind hauptsächlich damit beschäftigt, ihre Chefin vor einer Medikamentenvergiftung zu bewahren und den Flügel in der Wohnung hin- und herzurollen. Denn die Diva ist selbstverständlich schwierig.
Gefangen in der Vergangenheit
Angelina Jolie spielt Maria Callas unterkühlt und doch mit jeder Faser ihres Körpers als überlebensgroße Schmerzensfrau, die ganz in der Vergangenheit gefangen ist. Der Film konzentriert sich auf die letzte Lebenswoche der Sängerin. In dieser Zeit laufen die größten Erfolge und Traumata noch einmal vor ihrem inneren Auge ab. Und sie trauert um das, was sie verloren hat: ihre große Liebe, den Platz im Rampenlicht, die Anbetung des Publikums und natürlich ihre einzigartige Stimme. Mithilfe eines Pianisten versucht sie verzweifelt, die Kontrolle über ihre Stimme wiederzuerlangen und damit auch die über ihr Leben.
Callas' und Jolies Stimmen digital vermischt
Die quälenden Gesangsproben blendet Regisseur Pablo Larraín immer wieder über in Nachinszenierungen von Callas‘ ikonischen Bühnenauftritten als Norma, Anna Bolena oder Tosca. Zu hören ist in diesen Szenen ihre eigene Stimme, allerdings digital gemischt mit der von Angelina Jolie. Angesichts des Legendenstatus von Maria Callas ein mutiger Ansatz, der Puristen befremden mag, innerhalb des Films aber gut funktioniert. Je weiter sich der Gesundheitszustand der Callas verschlechtert, desto größer wird die Beimischung von Jolies Stimmanteilen, sodass ihre zunehmende Fragilität auch akustisch nachvollziehbar wird. Manchmal beschließt die kapriziöse Film-Callas aber auch, gar nicht zu singen.
Bilder von berauschender Schönheit
"Maria" lässt sich von seinem Best-of-Opera-Score tragen, zerfließt förmlich in den Arien und entwirft dazu Bilder von berauschender Schönheit, die sich auch vor Kitsch nicht fürchten. Larraín scheint geradezu verliebt in seine erlesene Ästhetik zu sein, in die sepiafarbenen Bilder des Pariser Herbstes, das stilvolle Kostüm- und Setdesign und natürlich die makellose Hauptdarstellerin. War Larraíns letztes Biopic "Spencer" über Lady Di ein frischer, gegen den Strich gebürsteter Blick auf eine zu Tode fotografierte Ikone, steht "Maria" seiner Hauptfigur sehr viel ehrfürchtiger gegenüber. Der Film ist eine tiefe Verbeugung vor der vielleicht größten Sopranistin der Geschichte und eine Huldigung an die Oper. Imagination, Erinnerungen und Realität verwebt der Regisseur zu einem kunstvollen Erzählgeflecht über die Sängerin und die Kunstfigur der Callas. Der Mensch Maria bleibt allerdings ein Enigma.
Maria
- Genre:
- Biopic
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Deutschland, Italien, USA
- Zusatzinfo:
- Mit Angelina Jolie, Pierfrancesco Favino, Alba Rohrwacher und anderen
- Regie:
- Pablo Larraín
- Länge:
- 123 Minuten
- FSK:
- ab 6 Jahren
- Kinostart:
- 6. Februar 2024