Intendantin Sonja Anders geht mit Freude harte Themen an

Stand: 11.04.2025 20:46 Uhr

Sonja Anders ist die neue Intendantin am Thalia Theater Hamburg. Sie steht für einen klaren Ton, flache Hierarchien, für Dialog und für feministisches, diverses Theater. Ein Porträt der 60 Jahre alten gebürtigen Hamburgerin.

Sonja Anders im Porträt © NDR.de Foto: Franziska Dieckmann
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von Katja Weise

Am Freitagvormittag hat Sonja Anders die Pläne für ihre erste Spielzeit am Hamburger Thalia Theater vorgestellt. Zeit zu planen hatte sie genug: Schon vor gut zwei Jahren wurde bekannt, dass sie in diesem Sommer Joachim Lux nach dann 16 Jahren als Intendantin ablösen wird. Bis dahin leitet sie noch das Schauspiel Hannover.

Einmal die Woche Pendeln zwischen Hamburg und Hannover

Sonja Anders im Porträt © NDR.de Foto: Franziska Dieckmann
AUDIO: Was plant die neue Intendantin am Hamburger Thalia Theater? (5 Min)
Eine Frau mit Brille, kurzen Haaren und dunkler Jacke schaut seitlich und hebt beim Sprechen die beringten Hände mit rot lackierten Nägeln (Intendantin Sonja Anders) © NDR Screenshot
Sie ist gebürtige Hamburgerin und hat bereits in den 2000er-Jahren am Thalia Theater gewirkt: Sonja Anders.

Es sind anstrengende Tage, doch Sonja Anders versucht, nur einmal pro Woche zwischen Hamburg und Hannover zu pendeln, schließlich läuft der Betrieb dort ganz normal weiter. Doch der am Thalia Theater beginnt auch, ganz praktisch: Erste Bühnenbilder sind entworfen und müssen nun gebaut werden: "Wir hatten eine Bauprobe. Wenn ich in diesem Zuschauerraum sitze, mit all diesen Arbeitenden, die sich mit Licht, Ton, Bühne, Malerei auskennen, merke ich, wie ich entspanne und denke, 'ja, deshalb bin ich da.'"

Weil hier in Teamarbeit etwas entsteht. Viele am Thalia Theater kennen Sonja Anders noch aus ihrer Zeit als Dramaturgin. Neun Jahre hat sie Anfang der 2000er-Jahre mit Ulrich Khuon gearbeitet. "Damals habe ich immer das Gefühl gehabt, bin ich immer im Schatten von Uli oder hinter Uli hergezottelt. Jetzt geht man rein und kann so seine Vorstellungen oder die Vorstellungen des Teams umsetzen."

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Flache Hierarchien - und viele Begegnungen

Am Schauspiel Hannover hat Anders gezeigt, wie gut sie ein Haus managen kann, freundlich, aber klar im Ton, mit flachen Hierarchien. Begegnungen liegen ihr am Herzen: Sie will mit Menschen sprechen und Menschen ins Gespräch bringen. "Wir müssen reden", heißt eine Gesprächsreihe, die sie Hannover eingeführt hat: "Ich habe selten so viele positive und gute Rückmeldungen bekommen, wie für diese Reihe, weil die Menschen reden wollen." Sie wollten sich auseinandersetzen mit den Themen dieser Zeit, sich gleichzeitig aber auch miteinander auseinandersetzen, so die Intendantin.

Sonja Anders im Porträt © NDR.de Foto: Franziska Dieckmann
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Anders steht für feministisches, diverses Theater

Gleichzeitig steht sie für ein feministisches, diverses Theater, auch am Thalia werden in Zukunft wohl deutlich mehr Regisseurinnen inszenieren als bisher, dürfte das Ensemble "bunter" werden, die Stoffauswahl eine andere. Wichtig ist der Intendantin, gerade in diesen schwierigen Zeiten außerdem, den Krisen positiv zu begegnen.

Die Intendantin des Staatstheaters Hannover Sonja Anders sitzt in einer Reihe leerer Sitze. © picture alliance/dpa Foto: Christophe Gateau
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Sie meint: "Ich bin ein totaler Fan davon, dass man sich auch wieder Utopien traut. Wir sind so sehr beschäftigt mit Dystopien, mit düsteren Szenarien. Man kann sich manchmal nicht vorstellen, dass Dinge gut ausgehen."

Spitzname "Sunny" - "Bin meiner Mutter ganz dankbar"

In Hannover nennen sie manche "Sunny". Sie habe einfach viele Glücksgefühle im Leben, sagt Anders - woraus die sich speisen? "Ich würde mal sagen, man hat viel von den Eltern grundsätzlich mitgegeben bekommen. Ich bin aber meiner Mutter ganz dankbar." Ansonsten finde sie, von diesen Glücksgefühlen fehlten so viel: "Das macht mich ganz traurig, dass ich das Gefühl habe, dass diese ganze Wut, die sich da in Deutschland, in der ganzen Welt kanalisiert, dass die auch damit zu tun, dass einem etwas fehlt."

Plädoyer für kulturelle Bildung

Nicht zuletzt deshalb plädiert sie für kulturelle Bildung, hier dürfe nicht gespart, die müsse viel mehr gefördert werden. Wäre doch toll, findet Anders, wenn die neue Regierung Kultur als Staatsziel definieren würde: "Aber es sieht nicht so aus, sondern es wird so weiterlaufen wie bisher. Das ist dann vielleicht auch nichts für Carsten Brosda (der Hamburger Kultursenator der SPD, Anm. d. Red.) und so können wir alle froh sein hier in Hamburg."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Morgen | 11.04.2025 | 07:20 Uhr

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