"Animals" und "In absentia" berührende Doppelschau in Hannover
Die neue Doppelschau "Animals" und "In absentia" im Kunstverein Hannover zeigt aus zwei ganz unterschiedlichen Perspektiven, wie junge Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine den Krieg in ihrer Heimat verarbeiten.
Im Video "Explosions Near the Museum" ist eine langsame Kamerafahrt über zwei leere Sockel im Heimatmuseum von Cherson zu sehen. Ab und zu ertönt das dumpfe Geräusch von einschlagenden Granaten. Wo früher Exponate eine der ältesten Antikensammlung der Südukraine ausgestellt waren, gibt es jetzt nur noch kahle Räume, zerschlagene Vitrinen. Mit der Videoarbeit von 2023 thematisieren Roman Khimei und Yarema Malashchuk den Raub ihres Kulturgutes in der Ausstellung "In absentia" im Kunstverein Hannover .
Videos aus zerstörtem Museum in Cherson
"Es war ein strategischer Diebstahl. Leute mit weißen Handschuhen und Spezialeinheiten aus Russland sind gekommen, um diesen Raubüberfall zu arrangieren", erzählt Malashchuk. "Es war eine dreitägige Operation, die sehr sorgfältig durchgeführt wurde. Es wurde nicht viel an den Objekten beschädigt, es handelte sich nicht um einen Raubüberfall, der irgendwo auf der Welt bei Konflikten passiert. Das bedeutet im Grunde, dass sie unsere Geschichte gestohlen haben", so der Künstler weiter.
Unsichtbare Narben des Krieges im Video
Auch die nicht sichtbaren Narben des Krieges thematisieren die beiden zunächst als Kameramänner ausgebildeten Ukrainer, etwa in der Installation "You Shouldn't Have to See This" für die Venedig-Biennale 2024. Friedlich und hoch ästhetisch wirkt zunächst die blassrosafarbene Fläche, auf der Kuben mit Bildschirmen Bewegtbilder schlafender Kinder zeigen. Das ändert sich schlagartig, wenn man von ihren Traumata liest. "Es gibt eigentlich gar keinen Anspruch zu sagen, ich fühle jetzt für diese Kinder", sagt der Kurator Christoph Platz-Gallus. "Interessanterweise passiert das natürlich dann, wenn man die Geschichte erfährt, die nicht in Individualgeschichte hier erzählt ist, nämlich, dass diese Kinder verschleppt wurden und ehemals in russische Gefangenschaft geraten und wiedergekommen sind."
Grauen des Krieges in farbstarker Malerei
Auch in der Ausstellung "Animals" in der großformatigen, farbstarken Malerei der 1989 in Odessa geborenen Künstlerin Kateryna Lysovenko ist die Bedrohung des Krieges spürbar. Riesige rosa Spinnen in einem Geflecht, aus dem sie nicht zu entkommen scheinen, sind da zu sehen. Ein Raum ist mit dem Wort "Wartezimmer" überschrieben. Dort hängen Bilder von Kulturschaffenden, die einst von den Nationalsozialisten ermordet worden sind. Lysovenko hat sich vorgestellt, wie sie im Alter aussehen würden.
Ausstellung als Raum für Trauer
Daneben hängen Menschen als mythologische Figuren mit Hörnern und als Meerjungfrauen. Es ist auch eine Symbolisierung des Lebens getöteter Landsleute, sagt Lysovenko. "Natürlich haben sie kein Leben mehr. Aber es ist für mich sehr wichtig, Opfer nicht so konventionell zu zeigen wie Menschen im Blut oder so etwas. Ich denke, es ist wichtig, zu zeigen, dass diese Opfer ein gutes Leben hatten. Sie hatten Liebe und Freude und so weiter oder zum Beispiel Schwierigkeiten. Und ich wollte sie wie ein Subjekt malen, nicht nur wie ein Objekt, das jemand vergewaltigt hat." Das wirkt wie ein Raum, wo die Trauer hin kann. Was Zerstörung und Tod in der Ukraine auslösen können, macht diese Ausstellung eindringlich erfahrbar.
"Animals" und "In absentia" berührende Doppelschau in Hannover
Die Ausstellung im Kunstverein Hannover zeigt, wie junge Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine den Krieg verarbeiten.
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Kunstverein Hannover
Sophienstraße 2
30159 Hannover