Kultur in Parteiprogrammen - in welcher Form taucht sie auf?
Wie wird die Kultur in den Parteiprogrammen für die Bundestagswahl am 23. Februar behandelt? Kommt sie überhaupt darin vor? Wie wichtig ist sie den Parteien?
Wie unterschiedlich die Parteien auch sind: Demokratie und Freiheit beschwören fast alle von ihnen und siedeln die Bedeutung von Kultur ganz oben an, wie etwa Christiane Schenderlein von der CDU: "Kultur ist ein Wert, ganz unterschiedlich von wirtschaftlichen Komponenten oder anderen. Unser Land ist reich an Kultur, an Tradition, an Bräuchen, und genau so breit sehen wir unseren Kulturbegriff."
SPD und FDP haben weit gefassten Kulturblick
Für die SPD erklärt Helge Lindh Kultur zunächst sehr akademisch als "Selbstverständigungsmodus der Gesellschaft", wo Sinnstiftung, Identitätsstiftung und das Aushandeln von Differenzen stattfinden. Um es dann auf die knappe Formel zu bringen: Kultur ist im Prinzip "alles, oder doch "alles andere": "All das, was die menschliche Existenz über das Funktionale hinaus ausmacht." Weit gefasst ist der Kulturbegriff auch bei der FDP in den Worten von Thomas Hacker: "Überall, wo sich Menschen einbringen, wo Menschen kreativ sind, wo Menschen für andere Menschen etwas Neues schaffen, etwas performen, oder Räume der Begegnung schaffen, all das ist Kultur."
AfD: "Leitkultur statt Multikulturalismus"
Geradezu existenziell formuliert es Götz Frömming, Gründungsmitglied und parlamentarischer Geschäftsführer der AfD. "Kultur macht den Menschen aus, würde ich sagen, ohne Kultur wären wir letztlich keine Menschen. Kultur ist etwas, was auch noch dann da sein sollte, wenn alles andere nicht mehr da ist. Letztlich ist alles, was uns von Tieren unterscheidet, Kultur." "Leitkultur statt Multikulturalismus" heißt ein zentrales Kapitel im Wahlprogramm der AfD. Es geht unter anderem um die deutsche Sprache, für deren Erhalt sie das Gendern in öffentlichen Einrichtungen und staatlichen Stellen verbieten will.
Die Linke: Kultur ist von gesellschaftspolitischer Relevanz
Das sieht die Partei, die Linke anders. Die Kultur ist von gesellschaftspolitischer Relevanz, findet Jan Korte: "Es ist wichtig Räume zu schaffen, in denen man sich austauschen kann, in denen man kreativ und offen sprechen kann, zeigen kann, wo man anecken und provokativ sein kann und sich auch immer mit denen da oben anlegt und ein Sprachrohr für die ist, die sonst nicht gehört werden."
Konkrete Kulturangebote der Parteien
Kultur ist zwar Ländersache, aber in wichtigen Punkten habe der Bund eindeutig Vorrang. So formuliert es Erhard Grundl für das Bündnis 90/die Grünen. "Ich glaube, dass der Bund eine große Bedeutung in der Kulturförderung hat, zum Beispiel dass Kultur als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden soll." Das sieht die CDU anders. Sie möchte das Grundgesetz nicht mit weiteren Staatszielen erweitern, sondern "schmal halten", sagt Christiane Schenderlein (CDU), auch aus praktischen Gründen: "Wir haben das ein Stück weit kritischer betrachtet, weil aus einem Staatsziel Kultur per se nicht unbedingt eine größere Kulturförderung resultiert. Ich vermute, uns wird das Thema in der nächsten Wahlperiode begleiten, aber wir haben es jetzt nicht in unser Wahlprogramm aufgenommen."
Erinnerungskultur spielt zentrale Rolle
Geld braucht man ganz konkret, etwa für die Förderung der Erinnerungskultur. Sie spielt in den Programmen eine zentrale Rolle, sowohl was NS-Verbrechen und SED-Vergangenheit betrifft, als auch die Kolonialzeit. Da wird man bei den Grünen regelrecht metaphorisch. Erhard Grundl dazu: "Bei einem erstarkten Nationalismus oder - wie würde man sagen - Demokratiefeindlichkeit, ist die Kultur ein Kampffeld und die Erinnerungskultur steht voll im Feuer, mitten im Blauen der Flammen. Da dürfen wir die Aufmerksamkeit keine Sekunde wegdriften lassen."
SSW und BSW über die Kultur
Der SSW versteht sich nach eigener Angabe als "Kulturpartei" mit dem Ziel, vor allem die "kulturellen Impulse" der dänischen Minderheit in die Kulturlandschaft einzubringen, wie es im Wahlprogramm heißt. Das BSW behandelt Kulturthemen in seinem Wahlprogramm nur am Rande und hebt vor allem "kulturelle Teilhabe" als Pflichtaufgabe des Staates hervor.