Frauen mit Umhängeschildern auf denen für Teilhabe demonstriert wird. © picture alliance Foto: Carsten Koall
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AUDIO: Kultur für alle? Teilhabe und Inklusion in den Parteiprogrammen (4 Min)

Kultur für alle? Teilhabe und Inklusion in den Parteiprogrammen

Stand: 11.02.2025 07:00 Uhr

In der NDR Kultur-Serie "Wahlprogramme im Kultur-Check" geht es diesmal um Teilhabe und Inklusion. Wie ermöglicht man möglichst vielen Menschen das Lesen, den Besuch von Konzerten, Theater, Museum oder Kino?

von Jens Büchsenmann

Partizipation ist das Zauberwort. Die Sozialwissenschaften definieren gesellschaftliche Teilhabe als Grundvoraussetzung für Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Auch die Teilhabe an Kultur erfüllt diesen hohen Anspruch, und zwar auf beiden Seiten: auf der Seite der Künstler und Kreativen wie auch auf der des Publikums.

"Alle Ebenen der Inklusion" einnehmen

Die Partei Bündnis 90/Die Grünen will, so sagt es deren Sprecher Erhard Grundl, "alle Ebenen der Inklusion" einnehmen und macht Anleihen beim Vokabular der Konkurrenz: "Es gilt der alte sozialdemokratische Slogan, das muss ich leider so sagen, 'Kultur für Alle'. Weil wir die Leute nicht nur als Publikum brauchen, sondern auch als Akteur*innen. Sie können uns genau das liefern, was Kultur und Kunst so spannend macht - nämlich, dass sie uns Rätsel aufgibt, dass sie wie eine Triebfeder ist, Dinge fortzuentwickeln, um nicht im Status quo zu verharren, der spätestens nach drei Tagen öde wird." 

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"Kultur für alle" steht so tatsächlich auf Seite 50 im aktuellen Wahlprogramm der SPD, versehen mit dem Zusatz: "unser Kernversprechen". Auch die Partei Die Linke will "Kultur für alle zugänglich machen" und fordert in ihrem Wahlprogramm ausreichend finanzielle Unterstützung der Länder und Kommunen durch den Bund.

Kulturpass: Nur ein Drittel der 18-Jährigen erreicht 

Aber was bedeutet das konkret für die, die ins Theater wollen, ins Museum oder in Clubs und Konzerte? Seit Juni 2023 gibt es den Kulturpass. Damit können die, die in dem Jahr 18 Jahre alt geworden sind, auf Staatskosten für 100 Euro Bücher, Konzerttickets oder Kinokarten kaufen. Im Prinzip eine gute Sache - aber nur ein Drittel der jungen Erwachsenen wurden überhaupt erreicht. Das Anmeldeverfahren ist vielen zu kompliziert. Profitiert haben vor allem die Buchbranche und Konzertveranstalter.

Besucher gehen unter einer Werbung für den Kulturpass über die Leipziger Buchmesse. © picture alliance/dpa | Jan Woitas
Werbung für den Kulturpass auf der Leipziger Buchmesse: 100 Euro für Bücher, Konzerttickets oder Kinokarten

"Ich glaube, es ist eine gute Kosten-Nutzen-Bilanz, die man da ziehen kann", meint Grünen-Sprecher Grundl. "Ich würde das definitiv weiterverfolgen." Zwar hätte man bei weitem noch nicht alle 18-Jährigen mit dem Kulturpass erreicht. "Aber wir haben einen guten Grundstock, auf dem sich aufbauen lässt - es ist ein absolut positives Instrument." 

Ideen für die Zukunft des Kulturpasses 

Wie die Grünen will auch Helge Lindh von der SPD unbedingt an dem Pass festhalten - aber unter Bedingungen. "Es stellt sich die Frage: Will man es nur für diejenigen, die 18 werden, oder sollte man das Programm auf andere Gruppen erweitern? Dann muss auch die Finanzierung gesichert sein." Die Erfahrungen mit dem Kulturpass zeigten, an welchen Stellschrauben noch zu drehen sei, um das Programm zu verbessern. "Es sollte unbedingt mit den Kultureinrichtungen vor Ort weiterentwickelt und verbessert werden", so Lindh.  

Ob der Kulturpass für 18-Jährige auch in diesem Jahr für die, die im Jahr 2007 geboren sind, beantragt werden kann, darüber muss die künftige Bundesregierung entscheiden. 

Inklusion: Gute Absichten, aber wenige Konkretes 

Komplizierter wird es im Fall von Inklusion. In ihrem Wahlprogramm fordert die FDP "Inklusion für alle in der Kultur" und will "Kultur inklusiv denken". Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) geht noch weiter und fordert, dass Kunst und Kultur sowie kulturelle Teilhabe "Pflichtaufgabe des Staates" sein sollten. Für die AfD ist Inklusion, so ihr Sprecher Götz Frömming  "selbstverständlich (…), gerade für ältere Menschen".

Bei der CDU möchte Christiane Schenderlein den barrierefreien Zugang noch weiter gefasst sehen. "Das hilft ganz vielen Familien mit kleinen Kindern und Kinderwagen ebenso wie Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder vielleicht auch ein bisschen älter sind. Da gibt es im pädagogischen Bereich ganz tolle Ansätze und das gilt es weiter zu unterstützen." Teilhabe sei der CDU ein großes Anliegen.

Unterm Strich: viele gute Absichten, aber wenig Konkretes. Zumal die bauliche Umsetzung von Teilhabe und Inklusion im Kulturbereich in der Regel ohnehin nicht vom Bund bezahlt wird.

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