Faire Bezahlung von Kulturschaffenden: Was wollen die Parteien?
In unserer Serie "Wahlprogramme im Kultur-Check" geht es heute um die Bezahlung im Kulturbetrieb. Wie können Künstlerinnen und Künstler fair entlohnt werden? Wie gehen die Parteien dieses Thema an?
Weniger Bürokratie, höhere Budgets oder eine Anlehnung an Tarifverträge fordern manche Parteien. Andere legen beim Thema Bezahlung im Kulturbetrieb den Fokus auf die Bekämpfung der sogenannten Scheinselbstständigkeit. Auch in Bezug auf die Sozialversicherung verfolgen die Parteien in ihren Programmen unterschiedliche Ansätze.
FDP: Entlastung der Bürokratie
Die FDP möchte Kulturschaffende vor allem bei der Bürokratie entlasten. Solo-Selbstständige und Kleinunternehmen sollen die Möglichkeit bekommen, bei der Steuererklärung eine Pauschale für die Betriebsausgaben abzuziehen, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Thomas Hacker.
"Ich glaube, sehr viele ehrenamtliche Kulturschaffende, viele kleinere, regionale Initiativen leiden darunter, dass unsere Bürokratie die Kultur erdrückt - ob das das Gemeinnützigkeitsrecht beim Finanzamt ist oder andere Regeln wie Sicherheitsauflagen von den Kommunen", beschreibt Hacker die Situation.
Grüne: Honoraruntergrenzen erster Schritt
Die Grünen loben sich zuerst einmal selbst dafür, überhaupt Mindesthonorare für Künstler eingeführt zu haben. Da müsse man weiter "bohren", findet Erhard Grundl, seit 2017 für die Grünen im Bundestag: "Es ist ein dickes Brett, da darf man keine falschen Versprechungen machen. Aber ich glaube, wir haben mit Honoraruntergrenzen die erste Benchmark gesetzt."
SPD: Budgets müssen erhöht werden
Tatsächlich gelten seit vergangenem Juli für Kultur-Projekte, die mindestens zur Hälfte vom Bund gefördert werden, sogenannte Honoraruntergrenzen für Künstler. Diese wurden gemeinsamen mit Verbänden und Gewerkschaften erarbeitet. Auch die SPD freut sich darüber, erinnert aber daran, dass jetzt die Kosten steigen:
"Das kann am Ende nur ein Pyrrhussieg sein, wenn gleichzeitig Etats gleich bleiben oder schrumpfen. Denn bei gleichbleibenden oder schrumpfenden Etats bedeuten im Ergebnis höhere Mindesthonorare, dass dann auch weniger Förderung möglich ist. Deswegen brauchen wir letztlich sowohl Mindesthonorare als auch eine Anpassung der Budgets nach oben", so Helge Lindh von der SPD.
Die Linke: Honorare an Tarifvertrag anlehnen
Die Partei Die Linke möchte die Mindesthonorare direkt an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst anknüpfen. Jan Korte verweist hier auf die Gewerkschaft Verdi: "Ich finde den Vorschlag von Verdi gut. Der müsste in einem Bund-Länder-Gipfel diskutiert werden, dass man das Ganze an den TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) anlehnt", findet Korte.
CDU legt Fokus auf Scheinselbstständigkeit
Bei der Union äußert man sich bei Honorargrenzen zurückhaltend - bezeichnet sie bei der aktuellen Haushaltslage als "große Herausforderung". Die CDU konzentriert sich in ihrem Wahlprogramm eher auf das Thema "Scheinselbstständigkeit". Ein Problem, denn viele freie Kulturschaffende gelten zwar als selbstständig, befinden sich aber eigentlich in einer abhängigen Beschäftigung zu ihrem Auftraggeber. Der Solidargemeinschaft entgehen so Sozialversicherungsbeiträge. Deutlich wurde das kürzlich bei den Musikschulen, an denen viele Lehrkräfte auf Honorarbasis beschäftigt sind. Nach dem sogenannten "Herrenberg"-Urteil müssten sie eigentlich fest angestellt sein. Darauf bezieht sich auch die Union, die gegen Scheinselbstständigkeit vorgehen will, sagt Christiane Schenderlein, im Bundestag unter anderem Mitglied im Ausschuss Kultur und Medien:
"Dieses Urteil ist in der Sache für uns Kulturpolitiker ein richtiges Zeichen. Allerdings sehen wir sehr deutlich, wie schwer es uns fällt. Gerade dann, wenn es zum Beispiel um Musikschulen geht, um Musikschullehrerinnen und -lehrer, dies dann entsprechend auszufinanzieren, dass die Angebote nicht weniger werden und dass die Preise nicht so sehr steigen. Das ist wirklich ein großer Spagat, das zusammenzubringen", so die CDU-Politikerin.
Bedeutung der Künstlersozialkasse
Für freie Kulturschaffende gibt es eigentlich die Künstlersozialkasse. Diese hilft Künstlerinnen und Künstlern, ähnlich wie bei Angestellten kranken- und rentenversichert zu sein. SPD, Linke, Grüne und BSW wollen diese ausbauen.
Dieses Ziel verfolgt auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Stefan Seidler sagt dazu: "Viele Kulturleistende haben keinen dauerhaften Job, sondern machen das auf Zuruf. Da spielt die Künstlersozialkasse eine wichtige Rolle, damit man als Künstler planen kann und sich darauf verlassen kann, dass in Zeiten, in denen es nicht viele Aufträge gibt, ein Auffangbecken für die Menschen existiert." So sollen alle in die gesetzliche Rente einbezogen und Krankenkassenbeiträge nach tatsächlichem Einkommen bezahlt werden können. Gleichzeitig will man Selbstständigen einen Zugang zur Arbeitslosenversicherung eröffnen.
AfD: Hohe Hürden für Arbeitslosengeld
Die AfD möchte den Anspruch auf Arbeitslosengeld erst nach drei vollen Berufsjahren für sechs Monate gewährleisten. Für viele freie Kulturschaffende, die sich von Auftrag zu Auftrag hangeln und nicht durchgehend versichert sind, könnte das zu einem Problem werden.
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