Was ist uns die Kultur wert?
"Kultur trotz klammer Kassen: Was würden Sie noch fördern?" Darum ging es Montagabend in der Sendung "Mitreden! Deutschland diskutiert" auf vielen ARD-Info-Wellen, auch bei NDR Info. Was ist uns die Kultur wert?
Hauptgeldgeber für die Kultur sind häufig die Städte und Gemeinden. Doch die öffentlichen Kassen sind leer, und auch für die Kultur kann der Staat nicht mehr so viel ausgeben. Hörer Jörg Jakobs hält das für völlig falsch und rechnet vor: "Wenn wir wissen, dass im letzten Jahr 114 Millionen Menschen Museen besucht haben - das ist übrigens zehnmal so viel wie pro Jahr im Bundesligastadion sind - dann bin ich der Meinung, dass diese kulturellen Dinge unbedingt gefördert werden müssen."
Kulturförderung reicht nicht aus
Aber nicht immer reicht die Förderung aus, weshalb Daniel Morgenroth, Intendant des Theater in Görlitz und Zittau, versuchte einen Namenssponsor für sein Theater zu finden. Bisher ist es nach dem Nobelpreisträger Gerhard Hauptmann benannt. Doch es fand sich kein zahlungskräftiger Interessent. Dafür hatte Intendant Morgenroth plötzlich viele Feinde. "Irgendwie hängt unsere Kunst, auch wenn es lange dekonstruiert ist, doch immer noch dieser Idee an, dass wir auf der Suche nach dem Schönen, dem Guten und dem Wahren sind. Doch es muss irgendwie bezahlt werden. Das beißt sich. Wenn wir jetzt Coca-Cola-Theater hießen, hätte das nichts mit dem Literaturnobelpreis zu tun."
"Menschen brauchen Kultur"
Zuerst einmal müssen die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt sein, bevor es um Kulturförderung gehen kann, sagt Rudolf Knehlen aus Memmingen. "Dieses Land fährt derzeit mit der Wirtschaftspolitik der letzten Jahre gegen die Wand, und es bröckelt an allen Ecken und Enden. Ich meine, dass in Dresden eine Brücke zusammenkracht, ist ein Zustand von einem Entwicklungsland. Was wollen Sie denn da noch fördern? Ich finde es abfällig von der Wirklichkeit abgehobene Diskussion."
"Es ist schon richtig, dass Menschen Essen und Trinken brauchen", hält Monika Hanft aus Redwitz an der Rodach entgegen, "aber sie brauchen auch Kultur, das darf man nicht gegeneinander ausspielen. Diese ganze Kulturlandschaft hat so viele Arbeitsplätze, das kann man sich als Laie gar nicht vorstellen. Im Hintergrund sind da so viele Menschen."
Marlies Resch kann von staatlicher Förderung nur träumen. Sie ist Musikerin und betreibt einen Club in Passau, der trägt sich gerade mal so selbst. Gerecht ist es nicht, sagt Resch. "Ein Club ist ein sozialer Ort. Wir holen die ganzen jungen Leute ab. Ein Club ist wichtig für Innenstädte, weil eine Innenstadt braucht die Kultur, sonst stirbt die Innenstadt aus."
Staatliche Kulturförderung anders denken
Der Soziologe Dieter Haselbach will die staatliche Kulturförderung, wie sie bei uns Tradition hat, seit Jahren umbauen. "Förderung findet nicht danach statt, was in der Gesellschaft Relevant ist, sondern Förderung findet danach statt, welche Institutionen schon immer gefördert wurden, die werden auch weiter gefördert." Kürzungen machen Haselbach keine Angst. Schließlich mache geförderte Kultur nur einen kleinen Teil dessen aus, was kulturell bei uns im Lande passiert.