Weniger Geld für Klassik und Nischen? Was die GEMA jetzt plant
Die GEMA will ihre Ausschüttungen reformieren - und darüber gibt es Streit, denn es sieht nicht gut aus für die E-Musik und wenig bekannte Künstler. Eine Übersicht, was die Streitpunkte sind und wie die bisherige Praxis ist.
Endlich mehr Gerechtigkeit? Oder "Angriff auf das Musikland", wie die FAZ getitelt hat? An der geplanten Reform der GEMA, über die im Mai entschieden wird, scheiden sich die Geister. Aber worum geht es eigentlich? Um das zu verstehen, muss man ein bisschen weiter ausholen. Die GEMA, mit vollem Namen "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte", ist eine Verwertungsgesellschaft für Werke der Musik. Das heißt, sie kassiert Gebühren, wenn urheberrechtlich geschützte Stücke öffentlich genutzt, gespielt und aufgeführt werden - etwa bei Konzerten, aber auch bei Messen und Sportveranstaltungen, in der Gastronomie oder im Internet.
Erträge von 1,3 Milliarden in 2024: Wer kriegt wieviel vom Kuchen?
Diese Einnahmen, die die GEMA sammelt, werden dann zum großen Teil an ihre Mitglieder ausgeschüttet. Das sind zum Beispiel Komponistinnen und Komponisten, aber auch Texterinnen und Texter. Sinn der Sache ist, dass die Menschen, die die Werke erschaffen haben, auch angemessen für ihr geistiges Eigentum bezahlt werden. Oder, wie es der Vorstandsvorsitzende der GEMA, Tobias Holzmüller, im aktuellen Geschäftsbericht formuliert: "Menschen sollen vom Komponieren und Songtexten leben können."
Für das Geschäftsjahr 2024 hat die GEMA Gesamterträge von 1,3 Milliarden Euro gemeldet. Das ist ein neuer Rekord, erreicht auch durch Großveranstaltungen wie etwa die Fußball-Europameisterschaft der Männer. Die GEMA kann also weit über eine Milliarde Euro an ihre rund 98.000 Mitglieder und zwei Millionen Rechteinhaber auszahlen. Dabei bekommen aber nicht alle gleich viel. Nach welchem Schlüssel und nach welchen Kriterien die Einnahmen in Zukunft berechnet und verteilt werden: Das ist ein zentraler Streitpunkt bei der geplanten Reform.
Förderung unterstützte bisher auch weniger bekannte E-Musik-Komponisten
Bisher ist es so, dass die so genannte E-Musik zwar sehr viel weniger erwirtschaftet als die Sparte der U-Musik, nämlich nur knapp über ein Prozent vom Gesamtumsatz, dass sie aber aus einem speziellen Fördertopf einen relativ großen Anteil erhält. Dieser Fördertopf reserviert insgesamt zehn Prozent der GEMA-Einnahmen "für kulturelle und soziale Zwecke", wie es heißt - und von diesen zur Förderung abgezweigten zehn Prozent bekommt die E-Musik wiederum einen Anteil von 30 Prozent.
Grund dafür ist die Idee einer Solidarität mit der E-Musik, die kommerziell einfach nicht so viele Möglichkeiten hat, die aber auf der anderen Seite oft besonders aufwendig und langwierig komponiert wird. Ein dreiminütiger Popsong schreibt sich in den meisten Fällen wohl schneller als eine Sinfonie, er wird viel öfter gespielt und erzielt mehr Einnahmen. Deshalb, so der Gedanke, bekommt die E-Musik mehr Geld aus dem Fördertopf. Auch weniger bekannte Komponistinnen und Komponisten haben so die Chance auf ein faires Honorar.
Wer hat, dem wird (noch mehr) gegeben
Doch genau dieses Prinzip stellt die geplante Reform der GEMA in Frage. Mit ihr wolle man die Grundlage einer Kulturförderung schaffen, "die musikalische Vielfalt und Chancengleichheit verbindet", heißt es in einer Pressemitteilung der GEMA vom 8. April. Und weiter: "Die historisch gewachsene Bevorzugung der so genannten "ernsten Musik" soll durch ein genreunabhängiges, gerechteres Modell abgelöst werden."
Die Bereiche, die bisher getrennt als E- und U-Musik behandelt wurden, sollen jetzt gleichgestellt werden. Und zwar nach dem Inkasso-Prinzip, also nach Bewertungsmaßstäben für kommerzielle Musik. Das heißt, wieviele Tantiemen einem Urheber oder der Urheberin zustehen, soll in Zukunft nicht mehr danach berechnet werden, wie komplex oder aufwendig ein Werk ist, sondern zum Beispiel danach, wie hoch die Eintrittspreise eines Konzerts waren, und wie viel Publikum gekommen ist. Damit würden diejenigen gefördert, die sowieso schon kommerziell erfolgreich sind und große Hallen füllen. Wer hingegen in kleineren Konzertsälen, in regionalen Kirchen oder auch Clubs auftritt, bekommt viel kleinere Punktwerte und damit auch weniger Geld.
Für weniger bekannte Musik und ihre Interpreten scheint es im geplanten Bewertungssystem der GEMA also ziemlich düster auszusehen - und zwar unabhängig davon, ob es sich um E- oder U-Musik handelt.
