Namensrechte am Theater Görlitz: "Glaube nicht, dass wir Sponsor finden"
Im September hatte der Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters Görlitz-Zittau, Daniel Morgenroth, angekündigt, dass er die Namensrechte seines Hauses zum Kauf anbietet. Im Interview erzählt er, was aus dieser Idee geworden ist.
Es ist eine Finanzierungsidee, die es bislang noch an keinem öffentlichen Theater in Deutschland gibt. Statt nach dem Literaturnobelpreisträger Hauptmann soll das Theater dann nach einem Sponsor benannt sein. Doch die Suche gestaltet sich schwierig, räumt Intendant Morgenroth im Interview ein.
Herr Morgenroth, wie sieht es inzwischen aus, gibt es schon einen Sponsor?
Daniel Morgenroth: Wir haben zwei Interessenten für die Namensrechte am Theater vorliegen: eine Privatperson und eine Organisation. Die sind aber beide nicht in dem Rahmen, den wir uns vorstellen.
Gehört es dazu, dass der Name des Theaters mit dem Sponsor verknüpft werden sollte?
Morgenroth: Genau. Das war ja die Idee, dass wir gesagt haben, wir verkaufen die Namensrechte an unserem Haus - wie es auch bei Sportarenen üblich ist.
Was sagen die Theaterbesucherinnen und -besucher dazu?
Morgenroth: Die Meinungen sind natürlich sehr gemischt. Wir haben von großem Lob bis sehr heftiger Kritik alles bekommen. Hier wird auch sehr genau offenbar, dass wir als Theater kein Geld haben. Alle sächsischen Theater und Orchester sind gerade chronisch unterfinanziert, müssen also immer wieder Geld reinbringen. Und auf der anderen Seite machen wir hier etwas, was eigentlich der ökonomischen Sphäre entzogen ist: Wir machen hier Kunst, die groß, schön, heilig oder sonst wie ist, und das geht nicht zusammen. Das kommt auch in den Kommentaren immer wieder zutage. Wir haben Zuspruch wie auch ganz heftige Ablehnung erfahren.
Die, die dagegen sind, möchten nicht, dass ein hochgeistiges Theater einen profanen Namen hat, den man vielleicht im Supermarktregal oder sonstwo auch liest, richtig?
Morgenroth: Genau. Man hat quasi Angst vor dem "Coca-Cola-Theater", weil das irgendwie billig und kommerziell wirkt. Irgendwie schleppt das Theater - auch wenn das schon hundertmal dekonstruiert wurde - immer noch diesen Impetus mit sich, dass wir das Schöne, Gute und Wahre auf der Bühne zeigen, und das kollidiert mit fast schon ordinären ökonomischen Realitäten. Das kann ich natürlich auch verstehen.
Auf der anderen Seite muss man sagen, dass wir doch in allen Bereichen immer wieder Sponsoring sehen: Gucken Sie mal, wie viele Festivals, wie viele Sommertheater von diesem Bankhaus oder jener Supermarktkette gesponsert wurden. Der Name - in unserem Fall Gerhart Hauptmann - ist so ein letztes Sacrum, das man nicht anfassen darf, aber eigentlich ist doch die ökonomische Logik schon überall da.
Und ein möglicher Sponsor hätte keinen Einfluss auf künstlerische Entscheidungen, oder?
Morgenroth: Nein. Das haben wir von vornherein ausgeschlossen. Ähnlich wie Rheinmetall bei BVB nicht mitbestimmt, wer da aufläuft. Das wäre auch hier der Fall: Den Spielplan gestalten wir und nicht der Sponsor.
Inwieweit wäre das dann sichtbar? Oder ist es Verhandlungssache, ob etwa der Opernchor auf dem Hemdkragen auch den Sponsor stehen hat?
Morgenroth: Das wäre ein bisschen Verhandlungssache, was künstlerisch geschmackvoll möglich ist. Wir haben gesagt, dass der Kragen des Opernchores bei Konzerten nicht den Kunstgenuss unterminiert. Dass alle nicht in knalligen magentafarbenen Telekom-Outfits herumlaufen, ist etwas anderes. Aber das müsste man dann im Einzelnen sehen.
Es gibt auch etwas sehr Erfreuliches, denn Sie wurden für den Deutschen Theaterpreis Der Faust nominiert. Aber die wirtschaftliche Situation beeinflusst so eine künstlerische Auszeichnung, wenn sie denn kommen sollte, nicht, oder?
Morgenroth: Leider nein, denn Der Faust ist ein undotierter Preis. Ruhm und Ehre gehen damit einher, aber nicht Geld - und schon gar nicht in den Dimensionen, die unser Haus bräuchte. Ich habe es vorhin schon angerissen: Alle kommunal getragenen Theater und Orchester von Freiberg-Döbeln, Plauen-Zwickau, Bautzen, Chemnitz bis zu uns stehen nächstes Jahr vor der drohenden Insolvenz. Da ist ein großer Finanzbedarf, den wir versuchen zu schließen.
Auf die Faust-Nominierung sind wir wahnsinnig stolz. Das ist zum ersten Mal bei unserem Haus der Fall, und das ist ein Kompliment an die Leistungsfähigkeit. Die Kollegen der sächsischen Bläserphilharmonie in Bad Lausick beispielsweise wurden dieses Jahr mit dem Echo Klassik ausgezeichnet, was für so ein kleines Orchester sehr ungewöhnlich ist und auch zeigt, was da für eine tolle Arbeit läuft. An diesen beiden Beispielen sehen Sie aber wieder die Diskrepanz zwischen einer wirklich hervorragenden künstlerischen Arbeit - Plauen-Zwickau ist auch mit einer Inszenierung für den Faust nominiert - und fehlenden Mitteln. Das geht nicht zusammen.
Wie groß ist Ihre Hoffnung, tatsächlich noch einen Sponsor für das Haus zu finden?
Morgenroth: Die Aktion lief jetzt einige Monate, und wir haben sehr viel deutschlandweite Aufmerksamkeit dafür bekommen. Bisher hat sich keiner getraut. Wir haben auch aktiv versucht, mit verschiedenen Unternehmen in Kontakt zu treten. Wir hatten da auch Gespräche, aber das hat immer nicht geklappt. Mein Fazit ist: Ich glaube nicht, dass wir einen Sponsor finden, der die Finanzlücke, die besteht, schließt. Ich glaube immer mehr, es ist Aufgabe der öffentlichen Hand, die Theater und Orchester zu finanzieren. Weil das, was wir in den Städten und Kommunen leisten als ein Kommunikationspunkt, als ein Ort der Kunst, aber auch für die ganzen theaterpädagogischen Angebote in Schulen, das ist so viel wert, dass es von der öffentlichen Hand finanziert werden muss.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.