"Source Code": Langatmige Autobiografie von Microsoft-Gründer Bill Gates
Mitte der 1970er-Jahre schreiben Bill Gates und sein Kumpel Paul Allen Tag und Nacht an den ersten Programmen für ihr junges Unternehmen Microsoft. Zu dieser Zeit kehrt Gates in seiner Autobiografie "Source Code" zurück.
"Source Code" - das bedeutet übersetzt "Quellcode", die Grundlage von Computerprogrammen. Und damit ist auch Gates' biografischer "source code" verbunden. Schon vor 20 Jahren sagte er im Beitrag einer ARD-Korrespondentin: "Solange ich mich erinnern kann, habe ich es geliebt zu lernen und Probleme zu lösen. Als ich das erste Mal am Computer saß, war ich sofort süchtig. Es war eine schwerfällige Maschine. Sie konnte fast gar nichts im Vergleich zu modernen Computern. Aber es hat mein Leben verändert."
Die frühen Jahre des Bill Gates
Der erste Computer - er steht irgendwo in Kalifornien. An der Lakeside-Privatschule in Seattle wählt sich der Achtklässler 1968 über einen Fernschreiber zum ersten Mal in den Rechner ein. Der Mathelehrer, Mr. Dougall, hat den Zugang zu der Maschine organisiert. Gates schreibt:
Der amüsante Aspekt an diesem Wunder ist, dass niemand eine Ahnung hatte, wie man das Ding nutzt. Mr. Dougall stieß binnen einer Woche an die Grenzen seiner Programmierkenntnisse. Trotzdem setzte die Schule - weil sie ahnte, dass dieses Terminal eine gute Sache war - darauf, dass jemand sich in die Thematik reinfuchsen würde. Leseprobe
Schulen dürfen also ruhig mal herumexperimentieren und die Zügel ein bisschen lockerlassen. Leider gibt Bill Gates‘ Autobiografie nicht allzu viele solcher Erkenntnisse her. Der Microsoft-Gründer schreibt sich weitgehend chronologisch durch seine prägenden frühen Jahre. Das ist manchmal berührend, aber oft sehr langatmig erzählt. Nur selten versucht Gates, seine Biografie in einen größeren Rahmen einzuordnen, wie in dieser Passage:
Oft werden Menschen in Erfolgsgeschichten auf Standardfiguren reduziert: der Wunderknabe, der geniale Ingenieur, der ikonoklastische Designer, der paradoxe Tycoon. In meinem Fall bin ich beeindruckt von einer Reihe einzigartiger Umstände - auf die ich größtenteils keinen Einfluss hatte -, die sowohl meinen Charakter als auch meine Karriere geprägt haben. Leseprobe
So kann Gates auf grundlegenden Entwicklungen in der Computerindustrie wie den Halbleiterchips aufbauen. Die machen einen "personal computer" für alle, auf dem eigenen Schreibtisch, erst möglich. In den Anfängen eine revolutionäre Utopie:
Günstige oder kostenlose Computer passten zum Hippie-Zeitgeist der 1960er- und frühen 1970er-Jahre. Sie repräsentierten einen Triumph der Massen gegen die Macht der Konzerne und die Kräfte des Establishments, die den Zugang zu Computern kontrollierten. Leseprobe
Gelungener Auftakt einer Trilogie mit Längen
Letztlich sollte Microsoft selbst ein übermächtiger Konzern werden. Überhaupt fällt es schwer, bei der Lektüre nicht immer auch an Gates' späteren kometenhaften Aufstieg zu denken. Erst versteckt, ganz am Ende des Buches, kündigt die Software-Legende zwei weitere Bände an, in denen es dann tatsächlich unter anderem um den Erfolg von Microsoft gehen soll. Der Auftakt mit "Source Code" ist Gates an einigen Stellen durchaus gelungen. Mit der Hälfte der Seiten, die das Buch jetzt hat, wäre es aber wahrscheinlich etwas spannender geworden.
Source Code. Meine Anfänge
- Seitenzahl:
- 384 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Aus dem Amerikanischen von Henning Dedekind, Ursula Held, Karsten Petersen, Hans-Peter Remmler, Sigrid Schmid
- Verlag:
- Piper Verlag
- Preis:
- 24 €