Poster hängen in der Wanderausstellung "Jüdisches Leben in Deutschland" in Solingen. © Tim Fischer Foto: Tim Fischer
Poster hängen in der Wanderausstellung "Jüdisches Leben in Deutschland" in Solingen. © Tim Fischer Foto: Tim Fischer
Poster hängen in der Wanderausstellung "Jüdisches Leben in Deutschland" in Solingen. © Tim Fischer Foto: Tim Fischer
AUDIO: Ausstellung über Jüdische Geschichte in Göttingen (4 Min)

Ausstellung über jüdisches Leben eröffnet in Göttingen

Stand: 18.01.2023 07:30 Uhr

Ein jüdischer Rapper, ein Kabarett-Star, ein Rabbiner, der das liberale Judentum mitbegründete oder ein Kaufhausgründer: Insgesamt elf Porträtfotografien von Jüdinnen und Juden sind ab Freitag im Städtischen Museum in Göttingen zu sehen.

von Michael Brandt

Mit den etwa zwei Meter hohen Postern der Wanderausstellung "Gesichter und Geschichten - Jüdisches Leben in Deutschland" möchte die Schau auf jüdisches Leben heute aufmerksam machen. Zu den porträtierten jüdischen Persönlichkeiten gehören der Rabbiner und Dozent Leo Baeck (1873-1956), die in Auschwitz ermordete Schauspielerin Dora Gerson (1899-1943) und der Rapper Ben Salomo (Jahrgang 1977). In der Ausstellung ist auch ein Selbstporträt des Göttinger jüdischen Künstlers Hermann Hirsch (1861-1934) zu sehen.

Ausstellung zeigt Vielfalt jüdischen Lebens

"Die Ausstellung möchte die Vielfalt jüdischen Lebens zeigen. Viele Menschen kennen immer nur einen ganz kleinen Teil von jüdischer Geschichte und Kultur. Wir möchten, dass diese lange Geschichte bekannt wird, dass aber auch die Gegenwart bekannt wird. Außerdem möchten wir, dass die Menschen sehen, wie vielfältig diese Geschichte war - dass es grauenvolle Zeiten gab auch schon vor 1933 bis 1945, aber auch sehr gute Zeiten. Zeiten der Toleranz und des guten Zusammenlebens", sagt Christiane Twiehaus, eine der Kuratorinnen der Ausstellung.

17 Poster mit Porträts vom Rapper bis zum Rabbi

Eine Wanderausstellung, die vom MiQua, dem jüdischen Museum in Köln konzipiert wurde. Nun sind die insgesamt 17 Poster erstmals in Norddeutschland zu sehen. Auf ihnen abgebildet sind unter anderem Jüdinnen und Juden mit sehr unterschiedlichen Biografien. Einige Poster behandeln historische Entwicklungen wie die politische Gleichberechtigung, Gründungen von Institutionen wie den Sportverband Makkabi oder auch die Pestpogrome. 

Rapper Ben Salomo thematisiert jüdisches Leben

Ein Porträt widmet sich dem Rapper Ben Salomo - im Jahr 2021 hat er zum Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" den Song "Deduschka", zu Deutsch "Großvater", geschrieben:

"Deduschka, du hast ihnen vertraut, doch dein Vertrauen wurde mir geraubt. Trotz all‘ dem bin ich hier zuhaus‘ seit siebzehnhundert Jahren, ist das zu glauben." Ausschnitt aus Ben Salomos Song "Deduschka"

Die Schauspielerin und Kabarettistin Dora Gerson wurde in Auschwitz ermordet. Auch sie bezog sich in ihren Liedtexten auf die Situation der Juden in Deutschland. 1935 nahm sie im Keller einer Synagoge fünf Titel auf.

Jüdische Gemeinde lädt zum Gesprächsabend

Jaqueline Jürgenliemk, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Göttingen, sieht Nachholbedarf beim Austausch mit nichtjüdischen Menschen: "Wir stellen immer wieder fest, wie wenig die Menschen über das Judentum wissen. Die wenigsten Menschen haben direkte Kontakte mit Jüdinnen und Juden in ihrem Leben, die Kinder haben wenig Kontakte in den Schulen. Das ist natürlich anders in Städten wie Berlin oder Frankfurt, aber in Göttingen gibt es nur einzelne Schülerinnen und Schüler jüdischen Glaubens und es gibt nur wenig Berührungspunkte."

Um das zu ändern, laden Jaqueline Jürgenliemk und andere Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Göttingen im Rahmen der Ausstellung zu einem Gesprächsabend ein oder führen durch ihre Synagoge.

Historische Einschnitte: Die Pestpogrome

Poster hängen in der Wanderausstellung "Jüdisches Leben in Deutschland" in Solingen. © Tim Fischer Foto: Tim Fischer
Mit Biografien jüdischer Menschen beleuchtet die Ausstellung das Zusammenleben in Deutschland in unterschiedlichen Zeiten.

Es geht nicht ausschließlich um Biografien wie die des Rabbiners Leo Baeck oder die des Gründers von Galeria Kaufhof, Leonhard Tietz oder die der ersten ordinierten Rabbinerin Deutschlands, Regina Jonas. Für Kuratorin Christiane Twiehaus sind auch historische Einschnitte jüdischen Lebens im gesamten deutschsprachigen Gebiet wichtig:

"Nehmen wir zum Beispiel die Pestpogrome 1348 bis 1350. Das ist eine Sache, die sich wie in einer Welle quer über Europa ergossen hat. In den Städten wurden jüdische Gemeinden oft nahezu komplett ausgelöscht. Man warf ihnen vor, sie hätten die Brunnen vergiftet - so erklärte man die Pest. Irgendjemand musste schuld sein und deswegen kam es zu massiven Vernichtungen der jüdischen Gemeinde." In Göttingen sei das auch so gewesen.

"Superman"-Comic über Kampf gegen Hitler

Historisch waren aus Sicht der Ausstellungsmacherinnen aber auch die Gründung des jüdischen Sportverbands Makkabi, eines Karnevalvereins in Köln oder aber "Superman" - dessen Schöpfer in den USA die Söhne osteuropäischer Juden waren. "'Superman' kämpft zum Beispiel noch vor dem Zweiten Weltkrieg gegen Hitler und gegen die Nazis. Da gibt es schon Comics zu. Ich glaube, das wissen ganz viele noch gar nicht, dass es da die Verbindung gab", so Twiehaus.

Mehr Infos und Videos per QR-Code

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Wer solche bekannten und unbekannten Geschichten über jüdisches Leben über die kurzen Texte auf den Postern hinaus lesen möchte, der kann einen QR-Code scannen und gelangt zu weiteren Informationen, Videos und einem virtuellen 360-Grad-Rundgang zur Ausstellung im jüdischen Museum in Köln.

Jacqueline Jürgenliemk, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Göttingen, hofft mit der Ausstellung und dem Rahmenprogramm ein Gegengewicht zum zunehmenden Antisemitismus setzen zu können:

"Ich glaube, dass Fremdheit nach wie vor im Raum ist und es wichtig ist, sich dem, was unbekannt, was fremd ist, immer wieder neu anzunähern und zu gucken: Kann ich mir das vertrauter machen? Kann Judentum wieder eine Form von Selbstverständlichkeit in Deutschland haben in seiner ganzen Sichtbarkeit, in seiner ganzen Art und Weise? Können wir uns irgendwann ganz selbstverständlich 'Fröhliche Weihnachten' und dann auch 'Happy Chanukka' wünschen - das wäre dann so ein großer Erfolg", findet Jürgenliemk.

Die Ausstellung eröffnet am Donnerstag mit einem Vortrag über den Göttinger jüdischen Künstler Hermann Hirsch.

 

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Ausstellung über jüdisches Leben eröffnet in Göttingen

"Gesichter und Geschichten - Jüdisches Leben in Deutschland" im Städtischen Museum porträtiert elf jüdische Persönlichkeiten.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Städtisches Museum Göttingen
Ritterplan 7/8
37073  Göttingen
Telefon:
(0551) 400-2843
E-Mail:
museum@goettingen.de
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag von 10 - 17 Uhr
Samstag und Sonntag 11 - 17 Uhr
Jeden ersten Donnerstag im Monat bis 19 Uhr
Hinweis:
Der Eintritt ist frei.
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 18.01.2023 | 10:20 Uhr

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