Papst Benedikt XVI.: Der Gelehrtenpapst ist tot
Papst Benedikt XVI. ist am 31. Dezember 2022 im Alter von 95 Jahren gestorben. Sein Pontifikat wird als konservativ in die Geschichte eingehen. Der gebürtige Bayer und einstige Kardinal Joseph Ratzinger war der 265. Papst der katholischen Kirche.
Schon vor seiner Wahl zum Papst galt Kardinal Joseph Ratzinger als einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Der gebürtige Bayer war Präfekt der Glaubenskongregation und stand dem Konklave vor, das ihn schließlich zum 265. Papst der katholischen Kirche wählte. Nun ist Benedikt XVI., wie er sich seitdem nannte, im Alter von 95 Jahren gestorben. Er lebte seit seinem Rücktritt 2013 zurückgezogen auf dem Vatikangelände.
2005: Joseph Ratzinger wird zum Papst gewählt
Ein Deutscher auf dem Papststuhl - das hatte es seit fast 500 Jahren nicht mehr gegeben. Entsprechend groß war die Überraschung, als Kardinalprotodiakon Jorge Arturo Medina Estévez den Namen des neuen Kirchenoberhauptes verkündete: Joseph Ratzinger.
Benedikt XVI. - rhetorisch geschliffener Gelehrtenpapst
Benedikt XVI. war ein Gelehrtenpapst, feinsinnig, belesen, rhetorisch geschliffen. Das Leitmotiv seines Pontifikats war, die Tradition des katholischen Glaubens in der Welt von heute intellektuell zu begründen.
"Eine Vernunft, die dem göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen." Benedikt XVI.
Doch mit dem Dialog tat sich der Papst schwer. Sein Pontifikat war von Skandalen überschattet, darunter das Bekanntwerden des Missbrauchsskandals 2010, die Affäre um den Holocaust-Leugner Richard Williamson, dessen Exkommunikation Benedikt der XVI. aufgehoben hatte und die Regensburger Rede, die das Verhältnis zum Islam zeitweise stark belastete.
Der deutsche Papst zitierte 2006 in einer Vorlesung einen byzantinischen Kaiser, der sich in einem Streitgespräch an einen persischen Gelehrten wendet: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst Du, so sagt er, nur Schlechtes und Inhumanes finden, wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten".
"Jesus-Trilogie" Benedikts XVI. wurde ein Bestseller
Bewundert wurde Benedikt XVI. dagegen für seine theologischen Schriften, in denen er auch schriftstellerische Qualitäten bewies. Seine Jesus-Trilogie wurde ein Bestseller. Die erste Enzyklika „Deus caritas est“ erfuhr Lob auch in den Feuilletons. Die machtbewusste Kurie in Rom bekam Benedikt XVI. dagegen nie in den Griff. Ein Beleg dafür: Der VatiLeaks-Skandal um verschwundene und veröffentlichte Dokumente vom päpstlichen Schreibtisch. Schließlich wurde es dem Papst zu viel.
Historischer Rücktritt am 11. Februar 2013
Am 11. Februar 2013, kündigt er seinen Rücktritt an, der am Monatsende amtlich wurde.
„Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.“ Benedikt XVI.
Der letzte Amtsverzicht eines Papstes lag fast 600 Jahre zurück. Für Kirchenhistoriker wie den Münsteraner Hubert Wolf war es daher ein historischer Schritt : "Denn es kann sein, dass dadurch das Amt entmystifiziert wird - es gibt eben immer nur einen Papst."
Zwei Päpste: Franziskus und der Papa emeritus
Doch nun gab es zwei Päpste. Einen amtierenden, Franziskus, und einen Papa emeritus, der sich nur noch gelegentlich zu Wort meldete - unter anderem mit der verstörenden These, der liberale Zeitgeist der 68er-Bewegung sei der entscheidende Grund für die sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche gewesen. Massive Kritik erfuhr er jüngst nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens, das ihm, dem ehemaligen Erzbischof, deutliche Fehlverhalten im Umgang mit vier Missbrauchstätern attestierte.
Zuletzt lebte Benedikt XVI. zurückgezogen in einem ehemaligen Kloster auf dem Vatikangelände, vertieft in seine Studien. Einmal noch besuchte er im Juni 2020 seine alte Heimat, um sich in Regensburg von seinem todkranken Bruder Georg zu verabschieden. Sein Pontifikat wird als konservativ in die Geschichte eingehen - als Gelehrter hat er das Papstamt dennoch revolutioniert.