Kohlenhydrate: Welche sind gesund, welche lieber meiden?
Kohlenhydrate liefern Energie, gelten aber auch als Dickmacher. Zum Abnehmen setzen viele auf "Low Carb". Was sind gute, was schlechte Kohlenhydrate? Welche lassen den Blutzuckerspiegel stark steigen?
Kohlenhydrate zählen mit Fetten und Eiweißen zu den drei Grundnährstoffen. Sie gelten als prima Energielieferanten, stehen jedoch auch als Dickmacher in Verruf. Viele, die auf ihr Gewicht achten, wollen sich daher "low carb", also kohlenhydratarm ernähren oder sogar auf Kohlenhydrate verzichten. Aber ist das gesünder? Häufig ist auch die Rede von "guten und schlechten" oder "einfachen und komplexen" Kohlenhydraten: Wie sind sie zu unterscheiden?
Kohlenhydrate lassen den Blutzuckerspiegel steigen
Kohlenhydrate findet man in sämtlichen pflanzlichen Nahrungsmitteln und in allem, was mit Zucker und/oder Getreide gemacht ist. Grundsätzlich ist der menschliche Körper auf den Konsum von Kohlenhydraten eingestellt: Sie spielen die Hauptrolle im Zuckerstoffwechsel. Denn ganz gleich ob Pasta, Puderzucker, Maisstärke oder Dinkelmehl: Kohlenhydrate bestehen - vereinfacht gesagt - aus mehr oder weniger langen Ketten von Zuckerbausteinen. Deshalb sprechen Chemiker bei Kohlenhydraten auch von Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzuckern (Mono-, Di- und Oligosaccharide).
Unser Körper spaltet die unterschiedlich großen Gebilde bei der Verdauung auf: Wann immer wir Kohlenhydrate verzehren - zum Beispiel in Form von Fruchtsaft, Bier, Obst, Getreideprodukten oder Kartoffeln -, werden sie im Magen-Darm-Trakt durch unsere Verdauungsenzyme in kleinere (Zucker-)Bausteine zerlegt.
Glukose ist gleich Traubenzucker, Blutzucker, Dextrose
Wichtigster kleiner Kohlenhydrat-Baustein für unseren Körper ist die Glukose. Sie ist der Hauptbrennstoff unserer Zellen. Allein unser Gehirn verbraucht am Tag rund 140 Gramm davon, um seine Arbeit zu verrichten. Muskelzellen verbrennen je nach Aktivität mehr oder weniger Glukose. Glukose hat noch weitere Namen: Mediziner kennen sie auch als Blutzucker, Sportler als Dextrose-Täfelchen oder Traubenzucker-Drinks für den schnellen Energie-Kick. Hinter all diesen Bezeichnungen steckt aber ein und dieselbe Substanz.
Kohlenhydrate, Insulin und der Zuckerstoffwechsel
Der kleine Kohlenhydrat-Baustein Glukose ist der Dreh- und Angelpunkt im Zuckerstoffwechsel. Er wird mithilfe von Insulin, das unsere Bauchspeicheldrüse bei Bedarf ausschüttet, in die energiehungrigen Zellen geschleust. Das Insulin wirkt hier als Schlüssel, der die Zellen für die Glukose aufschließt: Ohne Insulin kommt der Zucker nicht dahin, wo er verbrannt werden soll. Überschüssige Glukose - also Energie, die gerade nicht gebraucht wird - wandelt der Körper in Speicherzucker (Glykogen) und Fette (Triglyzeride) um. Auch die Herstellung von Speicherzucker und Fetten wird vom Insulin angeregt. Darüber hinaus blockiert Insulin den Fettabbau. Diese Mehrfachwirkung des Insulins ist ein maßgeblicher Grund dafür, warum zu viele Kohlenhydrate dick machen - und krank. Und sie erklärt, warum lange Pausen zwischen den Mahlzeiten wie etwa beim Intervallfasten dabei helfen, Gewicht zu reduzieren oder zu halten.
Zu viele Kohlenhydrate können Diabetes Typ 2 fördern
Bei manchen Menschen hat der Körper Schwierigkeiten, den Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht (Glukosehomöostase) zu halten: Entweder reicht bei ihnen die von der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulinmenge nicht aus - oder der Zucker bleibt im Blut, weil die Körperzellen auf den "Schlüssel" Insulin einfach nicht mehr reagieren (Insulinresistenz). Letzteres kann bei anhaltend hohem Kohlenhydrat-Konsum passieren. Ist dauerhaft zu viel Glukose im Blut, diagnostizieren Mediziner Prädiabetes oder Diabetes. Ein krankhaft gestörter Zuckerstoffwechsel kann auf die Dauer lebensgefährliche Folgen haben.
Einfache Kohlenhydrate: Heißhunger-Auslöser und Dickmacher
Wie wirken nun verschiedene kohlenhydrathaltige Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel? Steil steigt er bei vielen kurzkettigen Kohlenhydraten - auch "schnelle" oder "einfache" Kohlenhydrate genannt. Denn aus denen holt sich unser Verdauungssystem die Glukose im Nullkommanichts. Bekannteste Quelle für schnelle Kohlenhydrate ist Zucker in all seinen Formen: Haushaltszucker (Sucrose, Saccharose), Milchzucker (Laktose), Puderzucker, Sirup. In Honig liegt Glukose mit Fruktose gemischt vor. Fruktose (Fruchtzucker) treibt zwar den Blutzuckerspiegel nicht hoch, belastet den Stoffwechsel aber auf andere Weise, da sie in der Leber direkt in Fett umgewandelt wird.
Einfache Kohlenhydrate finden sich zum Beispiel hier:
- Säfte, Softdrinks, Cocktails
- Cornflakes
- Müsliriegel, Frühstückscerealien (Fertigprodukte)
- Marmelade, süße Brotaufstriche
- Weißbrot, Toastbrot, helles Brot/Brötchen
- Laugengebäck
- Kuchen, Pfannkuchen
- Süßigkeiten, Knabberkram wie Chips
- Fast Food
- Tütensuppen
Glykämischer Index und Heißhunger
Eine grobe Faustregel lautet: "Je süßer ein Lebensmittel schmeckt, desto mehr schnelle Kohlenhydrate stecken darin." Einfache Kohlenhydrate haben in der Regel einen hohen glykämischen Index (GI). Der GI ist ein Maß für die Geschwindigkeit, mit der Glukose-Bausteine ins Blut aufgenommen werden. Ein hoher GI bedeutet: Das Nahrungsmittel liefert sehr schnell Energie und lässt den Blutzuckerspiegel steil ansteigen. Allerdings fällt er danach auch schnell wieder ab. Dieser rasche Blutzuckerabfall führt zur Ausschüttung von Stresshormonen und kann Heißhungerattacken auslösen. Bei manchen Menschen verursacht er sogar Kopfschmerzen oder Migräne.
Komplexe Kohlenhydrate sind Sattmacher
Langkettige Kohlenhydrate werden vom Körper etwas langsamer aufgespalten. Ein Beispiel dafür ist Stärke, etwa in Kartoffeln und Getreide. Die sogenannten Mehrfachzucker sättigen etwas länger. Noch viel besser ist die Sättigung aber, wenn zugleich Ballaststoffe im Lebensmittel vorhanden sind, wie zum Beispiel bei Vollkornprodukten. Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten lassen den Blutzucker langsamer steigen, sie haben einen mittleren bis niedrigen glykämischen Index.
Gute Quellen für komplexe Kohlenhydrate sind:
- Gemüse
- Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Bohnen)
- Nüsse, Mandeln
- Kerne und Samen (Leinsamen, Kürbiskerne etc.)
- Kartoffeln
- Vollkornbrot
- Haferflocken, Getreideflocken (naturell)
- Quinoa, Amarant
- Vollkornreis, Vollkornnudeln.
Ballaststoffe helfen, den Blutzuckeranstieg zu begrenzen
Ballaststoffe sind den Kohlenhydraten eng verwandt, werden aber ganz anders verdaut: Aus ihnen kann der Körper praktisch keine Energie gewinnen, sie passieren das Verdauungssystem nahezu unangetastet. Als Faser- und Quellstoffe verleihen sie aber dem Nahrungsbrei mehr Masse und stimulieren so die Darmtätigkeit, beugen also zum Beispiel Verstopfung vor. Bestimmte Ballaststoffe (Präbiotika) dienen den nützlichen Bakterien im Dickdarm als Futter, stärken damit die Darmflora und fördern so zusätzlich die Gesundheit. Manche Ballaststoffe, besonders Beta-Glucane aus Hafer und Gerste, helfen sogar, die Blutzucker- und Cholesterinwerte zu verbessern. So lässt sich besispielsweise mit einer Haferkur der Blutzuckerspiegel regulieren.
Resistente Stärke: Kohlenhydrat und Ballaststoff
Stärke ist, wie oben beschrieben, ein Mehrfachzucker - sie kann aber auch ein Ballaststoff sein: und zwar in Form der sogenannten resistenten Stärke. Resistente Stärke entsteht, wenn man stärkehaltige Lebensmittel (wie Nudeln, Kartoffeln) erhitzt und anschließend vollständig abkühlen lässt. Dabei verändert sich zum Teil die Molekülstruktur in der Weise, dass die Verdauungsenzyme die Stärke nicht mehr in Zuckerbausteine aufspalten können. Auch Backwaren enthalten resistente Stärke. Grundsätzlich wandelt sich allerdings beim Abkühlen niemals die gesamte Stärke um: Maximal ein Zehntel davon wird zum Ballaststoff.
Kohlenhydratarm: "Gemüse ist das bessere Obst"
Ballaststoffe kommen wie Kohlenhydrate in allen pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Insbesondere Gemüse, Obst und Kräuter liefern dazu außerdem viele Vitamine, Mineralstoffe und entzündungshemmende sekundäre Pflanzenstoffe. Eine Grundregel der gesunden Ernährung lautet daher "Fünf am Tag": Gemeint sind fünf Portionen Obst und Gemüse täglich. Aus Sicht der Ernährungsmedizin sollte die Betonung dabei auf Gemüse liegen, denn in einigen Obstsorten (etwa Ananas, Bananen, Birnen, Mango oder Weintrauben) und in Mais ist der Zuckeranteil hoch, sodass sie sich für eine streng kohlenhydratarme Ernährung schlecht eignen. Ernährungsfachkräfte präzisieren die Regel daher gern so: "Mindestens drei Portionen Gemüse, ergänzt durch ein bis zwei Portionen zuckerarmes Obst - wie Beeren, Äpfel, Pfirsiche oder Orangen."
Kohlenhydrate sparen und abnehmen mit Low Carb?
Kohlenhydratarm zu essen ist unter dem Stichwort "Low Carb" populär. Das Prinzip dieser Ernährungsweise: Durch weitgehenden Verzicht auf Brot, Pasta und Co. soll der Blutzuckerspiegel möglichst konstant bleiben und die Insulinausschüttung niedrig. Ziel: Der Körper soll in die Lage kommen, Fett abzubauen. Während wir im Normalfal durchschnittlich etwa die Hälfte unserer Nahrungsenergie aus Kohlenhydraten beziehen, sollen nach den Regeln der Low-Carb-Diäten (wie Atkins, South Beach) vorwiegend eiweiß- und fettreiche Nahrungsmittel auf den Tisch kommen, sodass nur ein Fünftel der Nahrungsenergie aus Kohlenhydraten stammt.
Prinzipiell ist eine kohlenhydratreduzierte Ernährungsweise zum Abnehmen bestens geeignet, da der Körper ohne Insulinausschüttung gut in den Fettabbau-Modus kommen kann. Allerdings sollten nicht Fleisch, Eier und Milchprodukte den Hauptteil der Ernährung ausmachen, sondern Gemüse und zuckerarmes Obst - ergänzt durch gesunde Fette plus Eiweiß in gesundem Maß.
Flexi Carb: gesunde, ausgewogene Ernährung mit Kohlenhydraten
Um ein gesundes Gewicht auf Dauer zu halten, empfiehlt sich die Flexi-Carb-Methode: Sie zielt darauf ab, jeweils flexibel so viele Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, wie man an Energie verbraucht. Sportler und körperlich tätige Menschen dürfen sich demnach mehr Brot, Kartoffeln, Kuchen oder Pasta auf den Teller häufen als Bürobeschäftigte. Wer körperliche Hochleistungen schnell abrufen muss, kann mal zu einem zuckerhaltigen Energie-Kick greifen - sollte aber bedenken, dass der anschließende Blutzuckerabfall einen Konzentrations- und Leistungsknick bewirken kann. Im Normalfall sind Kohlenhydrate in ihrer komplexen Form besser geeignet für eine gesunde und nachhaltige Versorgung mit Energie: also zum Beispiel Vollkornbrot, Hafer-Porridge, eine Gemüsepfanne oder Linsensuppe.