Mann hält sich Hüfte, darüber liegt 3D-Grafik des Hüftknochens (Bild: colourbox.de/Tharakorn arunothai) © colourbox.de Foto: Tharakorn arunothai

Hüftschmerzen: Ursachen erkennen - effektiv behandeln

Stand: 20.08.2024 08:00 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Hüftschmerzen treten meist einseitig an Hüfte oder Leiste auf und strahlen in Rücken, Po, Oberschenkel aus. Sie können viele Ursachen haben. Um die Schmerzen loszuwerden, braucht es die genaue Diagnose.

von Ursula Stamm

Sie gehören zu den häufigsten Gelenkschmerzen überhaupt: Hüftschmerzen. Das Hüftgelenk ist nach dem Knie das zweitgrößte Gelenk des Körpers und ein sogenanntes Kugelgelenk. Es besteht aus zwei knöchernen Teilen: der Hüftgelenkpfanne und dem runden Oberschenkelkopf. Falsche Bewegungen oder eine zu starke Belastung des Hüftgelenks - beispielsweise durch körperlich harte Arbeit, eine Schonhaltung oder auch intensiven Sport - können zu Schmerzen in Leiste und Hüfte führen.

Meist sind Hüftschmerzen einseitig und strahlen nach unten oder oben aus in Rücken, Po oder Oberschenkel. Außerdem treten Hüftschmerzen auch im Ruhezustand auf, gerade beim Liegen.

Auslöser von Hüftschmerzen liegen oft nicht im Hüftgelenk

In rund der Hälfte der Fälle liegt die Ursache für Hüftschmerzen gar nicht im Hüftgelenk selbst, sondern in den Muskeln, Sehnen und Bändern, die die Hüfte umgeben. Schmerzen in anderen Regionen des Körpers, etwa der Lendenwirbelsäule oder dem Kniegelenk, können in die Hüfte ausstrahlen. Um die richtige Behandlung gegen die Hüftschmerzen zu finden, muss man den Ursachen auf den Grund gehen.

Art der Hüftschmerzen gibt Hinweise auf Ursache

Die Art der Schmerzen - zum Beispiel der sogenannte morgendliche Anlaufschmerz - können auf bestimmte Ursachen der Hüftschmerzen hinweisen. Manchmal treten die Beschwerden nach oder bei starker Beanspruchung beim Sport oder der Arbeit auf, manchmal aber auch in Ruhe, beim Liegen. Häufig gehen Hüftschmerzen mit Bewegungseinschränkungen, Steifheit und einem unsicheren Gang einher. Man unterscheidet zwischen akuten (und wieder verschwindenden) Schmerzen und chronischen Schmerzen, die länger als drei Monate andauern.

Die häufigsten Ursachen für Hüftschmerzen sind:

Wenn Rücken und Becken Hüftschmerzen auslösen

Auch Schmerzen aus dem Rücken und Becken können ausstrahlen und wie Hüftschmerzen wahrgenommen werden, meist einseitig. Häufige Ursachen für solche ausstrahlenden Schmerzen im Rücken und dem Becken sind:

Einseitige oder beidseitige Hüftschmerzen?

Meist kommt es nur auf einer Seite zu Hüftschmerzen, beziehungsweise die rechte oder linke Hüfte schmerzt stärker. Der beidseitige Hüftschmerz ist dagegen typisch für bestimmte Erkrankungen: Häufig sind das Stoffwechselerkrankungen wie Gicht oder entzündliche Autoimmunerkrankungen wie Rheuma. Auch Polyneuropathien (stoffwechselbedingte Nervenerkrankungen) durch Diabetes mellitus oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pVAK) können beidseitige Hüftschmerzen auslösen. Die Therapie besteht dann in der Behandlung der Grunderkrankung.

Hüftarthrose als Ursache für Hüftschmerzen

Bei Hüftarthrose kommt es zu einer Abnahme der schützenden Knorpelschicht zwischen Gelenkkopf und Gelenkpfanne. Ursachen sind einseitige Überlastungen des Hüftgelenks, aber auch eine genetische Veranlagung. Häufig wird von einer "altersbedingten Abnutzung" gesprochen - die muss aber nicht automatisch eintreten. Ein gesundes Maß an Bewegung sorgt dafür, dass der Gelenkknorpel, der keine eigene Blutversorgung hat, gut "ernährt" wird.

So treten Hüftschmerzen bei Arthrose auf

Eine Hüftarthrose zeigt sich zu Beginn vor allem durch Schmerzen nach dem morgendlichen Aufstehen (Anlaufschmerz), die aber mit zunehmender Bewegung wieder verschwinden. In späteren Stadien treten Schmerzen auch nach Belastung auf. Typisch sind dann Schmerzen in Hüfte oder Leiste beim Treppensteigen, Laufen und eine abnehmende Belastbarkeit über den Tag hinweg. Auch in Ruhe und nachts kann die Hüfte schmerzen.

Manchmal kommt es zu einer entzündlich aktivierten Arthrose an den Knochen des Hüftgelenks: Das Gelenk schwillt an und wird warm; Symptome sind stechenden Schmerzen und starke Bewegungseinschränkung. Eine solche aktivierte Arthrose muss unbedingt ärztlich behandelt werden, da sie sonst schnell den Knorpel im Hüftgelenk zerstören kann.

Behandlung bei Hüftarthrose

Wichtig ist, trotz der Hüftschmerzen weiter in Bewegung zu bleiben. Dabei helfen Therapien wie Physiotherapie, Rehasport oder Funktionstraining mit Fokus auf Übungen für den Oberschenkel und die Hüftmuskulatur. Gut dämpfendes Schuhwerk und gegebenenfalls orthopädische Einlagen entlasten die Hüfte und dämpfen Druck auf Knochen und Gelenk.

Bei akuten Schmerzen kann es sinnvoll sein, schmerzlindernde und antientzündliche Medikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) einzunehmen. Dazu gehören die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Diclofenac und COX-2-Hemmer. So vermeidet man durch Schmerzen verursachte Schonhaltung, die wiederum weitere Schmerzen im Bewegungsapparat hervorrufen kann. Weitere Maßnahmen sind (kurzfristig) Kortisonspritzen, Hyaluron-Spritzen und die sogenannte Radiosynoviorthese (RSO), bei der eine radioaktive Substanz ins Gelenk gespritzt wird, um die Entzündung zu lindern.

Ist der Gelenkverschleiß schon stark fortgeschritten und die Lebensqualität durch die Schmerzen stark eingeschränkt, kann eine OP als Therapie helfen. Zu den OP-Verfahren gehören die Hüftarthroskopie, die Korrektur von Gelenkfehlstellungen oder der teilweise oder komplette Ersatz des Hüftgelenks (Totalendoprothese, kurz: TEP).

(Unentdeckter) Oberschenkelhalsbruch als Ursache für Hüftschmerzen

Nicht immer kommt es beim Oberschenkelhalsbruch zu starken Schmerzen: Das Bein kann auch "nur" verdreht und schmerzhaft überanstrengt erscheinen, weil starke Bänder und Muskeln der Hüfte die Bruchstellen noch zusammenhalten. Manchmal spielen ältere Menschen Beschwerden auch herunter, aus Angst, ins Krankenhaus zu müssen. Eine ärztliche Untersuchung ist aber entscheidend, denn besteht ein Oberschenkelhalsbruch und eine OP ist nötig, sollte sie innerhalb von 24 Stunden erfolgen.

In der Regel ist der Bruch des Oberschenkelhalses aber tatsächlich mit sehr starken Schmerzen im Bereich von Hüfte und Leiste verbunden; die Schmerzen können auch ins Bein oder Becken ausstrahlen. Betroffene können das entsprechende Bein oft nicht anheben oder belasten. Weitere mögliche Symptome eines Oberschenkelhalsbruches sind:

  • verkürztes Bein: Betroffenes Bein verschiebt sich gen Hüfte nach oben
  • unnatürlich nach außen verdrehtes Bein
  • Blutergüsse und Schwellungen im Bereich des Hüftkopfes

Hüftschmerzen durch muskuläre Dysbalance

Das Hüftgelenk ist eingebettet in eine ganze Reihe von Muskeln, Sehnen und Bändern. Verspannen oder verkürzen diese sich, kann das Hüftschmerzen verursachen, obwohl das Gelenk selbst gesund ist. Eine häufige Ursache von Hüftschmerzen ist die Verspannung des Psoas-Muskels, des großen Hüftbeugers. Psoas besteht aus fünf Muskelsträngen, die entlang der Wirbelsäule entspringen und an einem Knochenvorsprung des Oberschenkelknochens enden. Ist dieser Muskelstrang verspannt, entsteht durch die Verhärtung ein großer Zug an diesem Punkt, was starke Hüftschmerzen verursachen kann.

Um die richtigen Muskeln und Gegenmuskeln zu stärken und wieder eine Balance herzustellen, braucht es eine genaue Diagnose, gezieltes Training mit professioneller Anleitung und auch effektives Dehnen, um verhärtete Muskelgruppen wieder aufzulockern, gerade nach starker Beanspruchung.

VIDEO: Hüftschmerzen: Muskelverhärtung bekämpfen (13 Min)

Hüftkopfnekrose (Absterben von Knochengewebe am Oberschenkelkopf)

Eine Hüftkopfnekrose entsteht durch Minderdurchblutung des Knochengewebes im Hüftgelenk. Das Knochengewebe wird nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt und verliert seine Stabilität. In der Anfangsphase kommt es zu Wassereinlagerungen im Oberschenkelknochen, die im MRT sichtbar gemacht werden können. Betroffene spüren bei Belastung Schmerzen in der Leiste; in späteren Stadien treten auch Schmerzen in Ruhe auf.

Risikofaktoren für eine Hüftkopfnekrose bei Erwachsenen sind Rauchen, hohe Cholesterinwerte, übermäßiger Alkoholkonsum und hochdosierte Kortisontherapie. Die Erkrankung trifft vor allem Männer zwischen 35 und 45 Jahren. Meist tritt die Erkrankung einseitig auf, selten an beiden Hüftgelenken. Wird nicht rechtzeitig behandelt, kann es zur Arthrose im Hüftgelenk kommen, obwohl der Knorpel des Hüftgelenks nicht direkt von der Durchblutungsstörung betroffen ist.

Therapie der Hüftkopfnekrose

Ist die Erkrankung noch nicht so weit fortgeschritten, kann mit Medikamenten behandelt werden, die auch bei Osteoporose (Knochenschwund) eingesetzt werden, wie etwa Bisphosphonate. Wichtig ist auch die Entlastung des Hüftgelenks mittels Unterarmgehstützen. OP-Verfahren sind eine Anbohrung des Knochens zum Auslösen einer Heilungsreaktion sowie eine Umstellung des Hüftkopfes (Osteotomie).

Impingement der Hüfte

Bei einem Impingement-Syndrom besteht eine Enge zwischen dem Hüftkopf und der Hüftgelenkspfanne bedingt etwa durch "Anbauten" am Knochen oder eine fehlgebildete Hüftpfanne, aber auch durch muskuläre Dysbalancen. Stoßen die Knochen durch diese Enge bei starker Beugung aneinander, können gelenknahe Strukturen wie der Gelenkknorpel oder die sogenannte Gelenklippe eingeklemmt und verletzt werden. Das führt zu tiefliegenden Schmerzen in der Leistengegend oder seitlich an der Hüfte. Häufig beginnen Schmerzen bei Hüftimpingement nach langem Sitzen oder intensiver körperlicher Aktivität, verschwinden aber in Ruhe wieder. Mit der Zeit kann sich ein dumpfer oder stechender Dauerschmerz entwickeln. Allerdings können die Schmerzen auch ins Gesäß, den Rücken, den Oberschenkel oder ins Knie ausstrahlen, was eine Diagnose erschwert. Langfristig trägt das Impingement-Syndrom zu einem vorzeitigen Knorpelverschleiß bei, also zur Hüftarthrose.

Hüftschmerzen nachts, in Ruhe oder im Liegen

Hüftschmerzen im Liegen treten einerseits häufig bei langwierigen Hüftproblemen (Arthrose in der Hüfte) auf, aber beispielsweise auch bei:

Hüftschmerzen durch Sitzen

Hüftschmerzen, die nach längerem Sitzen entstehen, werden häufig durch den Gesäßmuskel (Musculus piriformis) ausgelöst, der vom Kreuzbein zum Knochenvorsprung (Trochanter major) an der Außenseite des Oberschenkelknochens führt. Durch seine Nähe zum Ischiasnerv, der vom Rücken in die Beine zieht, kann es an dieser Stelle zu Beschwerden kommen. Drückt der Gesäßmuskel auf den Ischiasnerv, kommt es zu Hüftschmerzen und Taubheitsgefühlen in der Hüfte oder den Beinen, vor allem nach längeren Sitzen. Auch Erkrankungen wie ein Hüft-Impingement oder eine Hüftarthrose können Schmerzen nach längerem Sitzen verursachen.

Hüftschmerzen in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft kommt es häufiger zu Hüftschmerzen, weil sich das Bindegewebe und das Muskelgewebe im Bereich des Beckens durch die hormonellen Veränderungen lockert. So verändert sich die Statik des Beckens, was Beckenschmerzen, aber auch Schmerzen in Rücken und Hüfte verursachen kann. Hinzu kommt die schwangerschaftsbedingte Gewichtszunahme - Gelenke werden zusätzlich belastet. Während der Schwangerschaft kann es auch zu einer Einengung eines Hautnervs außen am Oberschenkel kommen (Nervus cutaneus femoris lateralis) - auch das kann sich wie Schmerzen im Hüftbereich anfühlen. Ursache dafür ist Gewichtszunahme.

Weitere Ursachen von Hüftschmerzen

  • Nervenschmerzen (Neuralgien) verschiedener Hautnerven führen zu brennenden Schmerzen außen an der Hüfte. Mögliche Auslöser: Druck, zu enge Kleidung ("Jeans-Krankheit"), Übergewicht, Polyneuropathie bei Diabetes mellitus, Schwangerschaft.
  • Entzündungen der Hüfte mit Bakterien (septische Coxitis): Symptome sind einseitige, rasch stärker werdende Hüftschmerzen, begleitet von hohem Fieber und starkem Krankheitsgefühl.
  • Entzündungen der Hüfte ohne Bakterien: sogenannter Hüftschnupfen bei Kindern. Er ist verbunden mit plötzlichen Beinschmerzen und Hüftschmerzen in der Leistengegend; die Kinder hinken und wollen nicht mehr laufen.
  • Hüftdysplasie: Eine Fehlbildung des Hüftgelenks.
  • Beinlängendifferenz, etwa zwei Drittel der Bevölkerung haben unterschiedlich lange Beine. Bei geringfügiger Differenz kommt es selten zu Schmerzen. Größere Unterschiede der Beinlängen führen zum Hinken und damit verbundenen Wirbelsäulenschmerzen und Hüftschmerzen. Weil das Hüftgelenk des längeren Beins stärker belastet wird, nutzt es sich stärker ab und entwickelt schneller eine Hüftarthrose.
  • Ausrenken / Auskugeln des Hüftgelenks (Hüftluxation), dabei tritt der Oberschenkelkopf aus der Gelenkpfanne aus, wofür eine gewaltige Krafteinwirkung (zum Beispiel durch Unfall) notwendig ist. Nach der Hüft-Ausrenkung hat der Betroffene sofort starke Hüftschmerzen, das Bein ist verkürzt, Auftreten ist kaum noch möglich.

Wann zum Arzt bei Hüftschmerzen?

Hüftschmerzen sind oft harmlos und verschwinden nach ein paar Tagen von ganz allein wieder. Zu Arzt oder Ärztin gehen sollte man, wenn …

  • Hüftschmerzen nach einem Unfall oder einer Verletzung auftreten,
  • das Hüftgelenk äußerlich sichtbar verformt ist und anschwillt,
  • wenn so starke Schmerzen bestehen, dass kein Auftreten möglich ist,
  • wenn Hüfte oder Bein nicht mehr bewegt werden können,
  • Hüftschmerzen über einen längeren Zeitraum nachts bestehen,
  • Begleitsymptome wie Fieber, Schwellungen, Kribbeln oder Taubheitsgefühlen auftreten.

Weitere Informationen
Anatomische Darstellung einer Hüfte © fotolia.com Foto: Sebastian Kaulitzki

Selbsttest zu Hüft-Beschwerden

Mit diesem Fragebogen können Sie ermitteln, wie stark Ihre Hüft-Beschwerden wirklich sind. Er orientiert sich am medizinischen Lequesne-Fragebogen. Quiz

Selbsthilfe: Was tun gegen Hüftschmerzen?

Entzündungshemmende Medikamente aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) können eine erste Hilfe sein. Da diese Mittel auf den Magen schlagen können, sollten Menschen, die diesbezüglich empfindlich sind, solche Schmerzmittel direkt als Salbe oder Gel auf das Hüftgelenk auftragen.

Ist das Hüftgelenk entzündet, können Kälteanwendungen sinnvoll sein; Wärme hilft dagegen, wenn verspannte Muskeln die Ursache der Hüftschmerzen sind. Bewegung ohne starke Belastung ist ebenfalls gut für die Hüfte. Hier sind vor allem Schwimmen und Radfahren eine gute Möglichkeit, das Hüftgelenk zu bewegen, ohne das Gelenk zu belasten. Menschen, die ein neues Hüftgelenk eingesetzt bekommen haben, sollten damit allerdings frühestens sechs bis acht Wochen nach der OP wieder beginnen; im Zweifelsfall den behandelnden Arzt oder die Ärztin fragen. Auch Übungen zur sanften Hüftbewegung und Dehnübungen helfen gut gegen Hüftschmerzen. Wer unter Übergewicht leidet, sollte abnehmen, um das Hüftgelenk zu entlasten.

Weitere Informationen
3D-Grafik eines Hüftgelenks auf Bild eines Mannes in Sportshorts (Bild: colourbox.de/Peopleimages.com) © colourbox.de/Peopleimages.com Foto: Peopleimages.com

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen I Visite I 30.07.2024 I 20:15 Uhr

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