Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl. © NDR Foto: Claudia Timmann
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AUDIO: (39) Gesundes für Mutter und Kind - Dr. Matthias Riedl über Schwangerschaft (43 Min)

Gewichtszunahme in der Schwangerschaft: Gesunde Pfunde

Stand: 10.09.2024 14:18 Uhr

In der Schwangerschaft an Gewicht zuzunehmen ist normal und wichtig für die Gesundheit von Mutter und Kind. Viele Frauen fragen sich dennoch: Was ist zu wenig und wie viele Kilos sind zu viel?

von Christina Maciejewski

Viele werdende Mütter machen sich Gedanken über die zusätzlichen Pfunde, die die Schwangerschaft mit sich bringt. Die Sorge: zu viel oder auch zu wenig zuzunehmen. Welche Werte liegen im Normbereich? Was hilft, wenn dies nicht der Fall ist und wie kann man nach der Geburt wieder abnehmen?

Was die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft beeinflusst

Während einer Schwangerschaft verändert sich der weibliche Körper, um das Baby im Bauch optimal zu versorgen. In den letzten Schwangerschaftsmonaten nimmt eine Frau mehr zu, als zu Beginn, denn zum einen wird das Kind schwerer. Zum anderen lagert der Körper Wasser ein, weil es für den Kreislauf des Kindes und weitere Prozesse benötigt wird.

"Man muss immer bedenken, dass am Ende der Schwangerschaft ein Kind etwa dreieinhalb Kilogramm wiegt, dazu kommen jeweils rund ein Kilogramm für Mutterkuchen, Fruchtwasser und vergrößerte Gebärmutter. Das sind bereits sechseinhalb Kilogramm für die Entwicklung des Kindes," erläutert Dr. Manuela Tavares, Pränataldiagnostikern und Expertin im Podcast Tatsächlich schwanger - Alles, was ihr jetzt wissen müsst. Zusätzlich haben Schwangere ein höheres Blutvolumen (zwei Kilogramm) und die Brust vergrößert sich (eineinhalb Kilogramm).

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Die Hosts des Podcasts "Tatsächlich schwanger" Lucie Kluth und Tim Winterscheid mit Dr. Manuela Tavares. © NDR/N-JOY

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Im Podcast "Tatsächlich schwanger - Alles, was ihr jetzt wissen müsst" gibt es Infos rund um Schwangerschaft, Geburt und erste Zeit mit Baby. extern

Eine ausgewogene Ernährung ist eine wesentliche Grundlage für die optimale Entwicklung des ungeborenen Kindes. In der Schwangerschaft isst man also tatsächlich für zwei - allerdings nur was die Nährstoffe betrifft. Hier lohnt es sich, auf gesunde Lebensmittel zu setzen. Bei der Menge jedoch muss keine Frau für zwei essen. Die meisten können einfach auf ihren Appetit vertrauen, sie können essen, was sie mögen und gut vertragen. Dabei dürfen auch mal ungesunde Sachen dabei sein, wie Süßigkeiten oder eine Tiefkühlpizza, so lange dies eher die Ausnahme als die Regel ist.

Bei Gewichtsproblemen kann eine Ernährungsberatung helfen

Frau steht auf einer Waage und hält einen Doughnut und einen Apfel in den Händen © Fotolia.com Foto: Maksymiv Iurii
Eine nährstoffreiche und ausgewogene Ernährung ist während der Schwangerschaft besonders wichtig.

Manche Frauen starten mit einem starken Unter- oder Übergewicht in die Schwangerschaft, nehmen sehr schnell an Gewicht zu oder leiden an einer Schwangerschaftsdiabetes. Für sie kann es sinnvoll sein, ihre Ernährung umzustellen. Eine Beratung bei einer Diätassistentin oder einem -assistenten kann dabei helfen. Bei einer sehr starken Gewichtszunahme können auch vermehrte Wassereinlagerungen eine Rolle spielen. Dies sollte immer medizinisch abgeklärt werden.

Welche Werte liegen im Normbereich?

Wenn eine Frau mit einem Gewicht im Normbereich in die Schwangerschaft startet, muss sie in den ersten Wochen nicht zunehmen. Das ist eine gute Nachricht für alle, die zu Beginn der Schwangerschaft unter Übelkeit leiden und nur wenig essen können.

"Eine Gewichtszunahme ist erst im zweiten und dritten Trimester von Bedeutung. Etwa 0,5 Kilogramm wird pro Woche als normale Gewichtszunahme angegeben. Das sind etwa 300 Kilokalorien (kcal) mehr am Tag, die eine schwangere Person zu sich nehmen sollte - ein zusätzliches Sandwich und ein Glas Milch ist zum Beispiel ausreichend." Dr. Manuela Tavares

Bei Übergewicht sollten in dieser Zeit sogar nur 0,2 Kilogramm pro Woche zugenommen werden. Dann reicht bereits ein Glas Milch oder etwas mit einer vergleichbaren Kilokalorienzahl zusätzlich zur üblichen Ernährung.

Illustration einer schwangeren Frau in meditativer Sitzhaltung © NDR / Rosanna Staus Foto: Rosanna Staus
AUDIO: Tatsächlich schwanger - Podcast #04: Was verändert sich im Körper? (37 Min)

Bodymaßindex nur als grobe Orientierung

Um das individuelle Gewicht einzuordnen, wird oft der Bodymaßindex (BMI) zu Hilfe genommen. Der BMI kann als Ersteinschätzung hilfreich sein. Ob wirklich ein Unter- oder Übergewicht vorliegt, sollte aber im individuellen Fall - und besonders in der Schwangerschaft - immer ärztlich abgeklärt werden, damit weitere Eckdaten wie etwa das Alter, die Fettverteilung und die Muskelmasse einbezogen werden können.

Das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) empfiehlt für die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft folgende BMI-Werte zur Orientierung:

Gewichtszunahme in der Schwangerschaft: Tabelle nach Bodymaßindex (BMI)
BMIGewichtszunahme in Kilogramm
BMI unter 18,5
(Untergewicht)
+12,5 kg bis +18 kg
BMI 18,5-24,9
(Normalgewicht)
+11,5  kg bis +16 kg
BMI 25-29,9
(Übergewicht)
+7 kg bis +11,5 kg
BMI 30 und mehr
(adipös)
+5 kg bis +9 kg

"Inzwischen werden ab einem Bodymaßindex über 30 sogar eher null bis fünf Kilogramm Gewichtszunahme empfohlen, um Schwangerschaftskomplikationen zu vermeiden", erläutert Dr. Tavares.

Diese Zahlen sind natürlich nur Empfehlungen. Nimmt eine Frau etwas mehr oder etwas weniger zu, als empfohlen, ist das nicht gleich ein Grund zur Sorge. Bei Unsicherheiten sollte sie immer das Gespräch mit ihrer Frauenärztin oder ihrem -Arzt suchen und eine ärztliche Einschätzung einholen.

Gewichtszunahme zu vergleichen ist nicht sinnvoll

So wie viele Frauen den wachsenden Bauch mit schwangeren Freundinnen vergleichen, vergleichen viele auch die monatliche Gewichtszunahme. Sich beim Gewicht an anderen zu orientieren, ist jedoch nicht hilfreich, da der Körper sich sehr individuell an eine Schwangerschaft anpasst. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen wird das Gewicht vor allem deshalb überwacht, weil eine Abweichung von der Norm Hinweise auf mögliche Komplikationen liefern kann.

Zu viel oder zu wenig Gewichtszunahme, was nun?

Eine Frau steht auf einer Waage. © colourbox Foto: Aleksandr
Die Gewichtskontrolle hilft, Erkrankungen oder Probleme in der Schwangerschaft zu erkennen.

Ein deutlich zu geringes oder zu hohes Ausgangsgewicht der Mutter kann die Entwicklung des Kindes stören oder Komplikationen in der Schwangerschaft bis hin zu einer Frühgeburt verursachen. Es kann also sinnvoll sein, schon vor einer Schwangerschaft auf eine gesunde Ernährung zu achten und einen Bodymaßindex im Normbereich anzustreben.

Eine Gewichtszunahme von mehr als 20 Kilogramm ist meist einer übermäßigen oder falschen Ernährung geschuldet, so das Ratgeberportal Familienplanung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Nimmt eine Schwangere zu schnell an Gewicht zu (etwa ein Kilogramm pro Woche) könne dies außerdem ein Hinweis auf gesundheitliche Probleme, wie zum Beispiel eine Präeklampsie oder einen Schwangerschaftsdiabetes sein. Dies sollte immer ärztlich abgeklärt werden.

Besser keine Diät während der Schwangerschaft

Kalorienarme Diäten werden während der Schwangerschaft auch bei zu hohem Gewicht nicht empfohlen. Sinnvoller ist es, auf eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung zu achten. Eine Ernährungsberatung kann helfen, um seine Gewohnheiten zu ändern und ein Gefühl für die richtigen Lebensmittel in der passenden Menge zu bekommen.

Eine Gemüsepfanne. © fotolia Foto: Dani Vincek
Eine mediterrane Ernährungsweise gilt auch während der Schwangerschaft als gesund und besonders empfehlenswert.

Frauen, die unter einer Essstörung leiden, sollten das Thema offen mit Arzt, Ärztin oder Hebamme besprechen. Bei Bedarf kann es sinnvoll sein, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um sich und das ungeborene Kind zu schützen.

Wie wird man die Pfunde nach der Geburt wieder los?

Viele Frauen wollen nach der Geburt schnell zu ihrem Idealgewicht zurück. In den sozialen Medien wird suggeriert: alles eine Frage der Disziplin. Das baut enormen Druck auf und ist gleichzeitig schlicht falsch. Der Körper legt nicht umsonst während der Schwangerschaft Reserven an, denn Geburt, Stillen, Schlafmangel, Tragen und aus Zeitmangel verpasste Mahlzeiten verlangen ihm einiges ab. Dieses Pensum sorgt bei vielen Frauen dafür, dass die Pfunde nach und nach von ganz allein purzeln.

Das Wichtigste: Nicht unter Druck setzen

Eine Diät während der Stillzeit ist nicht zu empfehlen. Der Körper braucht viel Energie, um das Baby zu ernähren, Experten empfehlen sogar, täglich 400 bis 500 Kalorien mehr als üblich zu sich zu nehmen. Bekommt der Körper diese aufgrund einer strengen Diät nicht, geht er an die Fettreserven. Hier lagern sich allerdings auch Umweltgifte ab. Werden diese gelöst, gehen sie direkt in die Muttermilch und können das Baby belasten. 

Besser als gezielt abnehmen zu wollen ist eine ausgewogene Ernährung und moderate Bewegung. Die allgemeine Empfehlung lautet, frühestens sechs bis acht Wochen nach der Geburt mit leichter Rückbildungsgymnastik zu beginnen.

Vor allem sollten Mütter sich Zeit geben. Der Bauch ist neun Monate gekommen, und er braucht Zeit, um sich zu regenerieren. Bei der einen geht es schneller, bei der anderen dauert es länger, beides ist völlig normal und in Ordnung.

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Dieses Thema im Programm:

N-JOY | Die Ernährungs-Docs | 11.09.2024 | 08:00 Uhr

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