Ernährung in der Schwangerschaft: Was ist erlaubt, was eher nicht?
Neben Vorsorgeuntersuchungen und Planungen für die Zeit nach der Geburt treibt viele Schwangere besonders eine Frage um: Was darf ich noch essen und worauf sollte besser verzichtet werden?
Eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung ist grundsätzlich für alle Menschen wichtig. Für Schwangere gilt dies in besonderem Maße, da sie beispielsweise einen erhöhten Bedarf an Vitaminen und Spurenelementen haben, um die gesunde Entwicklung des Babys zu unterstützen.
Mythos: Für zwei essen
Der erhöhte Vitamin- und Mineralstoffbedarf während der Schwangerschaft muss nicht durch doppelte Essensmengen gedeckt werden. Vielmehr geht es um die Qualität der Nahrung, nicht um die Quantität. Bereits 300 Kilokalorien am Tag nach der 20. Schwangerschaftswoche sind ausreichend, um den erhöhten Verbrauch zu decken (das ist zum Beispiel eine belegte Scheibe Brot und ein Glas Milch). Eine ausgewogene Ernährung in der Schwangerschaft besteht aus einer Kombination aus Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Eiweißquellen und gesunden Fetten. Anstelle von drei großen Hauptmahlzeiten sollten werdende Mütter über den Tag verteilt mehrere kleine Portionen essen. Das hat mehrere Vorteile:
- der Blutzuckerspiegel sinkt nicht so stark ab,
- mehrere kleine Mahlzeiten können besonders im ersten Trimester gegen Übelkeit oder Sodbrennen helfen,
- die Nahrung ist besser verdaulich, vor allem wenn gegen Ende der Schwangerschaft das Baby viel Platz im Bauch beansprucht.
Wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in der Schwangerschaft
Neben Vitamin B12, Kalzium, Eisen und Folsäure gibt es weitere essenzielle Nährstoffe, die wichtig sind für Schwangere. In der Regel werden diese ausreichend über die Ernährung aufgenommen. Bei Bedarf können Ergänzungsprodukte eingenommen werden. Ob jedoch tatsächlich ein Mangel besteht, kann grundsätzlich nur durch ärztliche Abklärung herausgefunden werden. Eine Eigentherapie kann unter Umständen sogar gefährlich werden für Mutter und Kind.
- Folat (Folsäure) ist ein B-Vitamin und schon zu Beginn der Schwangerschaft enorm wichtig. Der Embryo benötigt es für die Zellteilung und Blutbildung sowie für Wachstumsprozesse. Ein Folsäure-Mangel könnte beim Kind zu einer Fehlbildung des Rückenmarks und des Gehirns führen. Enthalten ist Folsäure beispielsweise in Nüssen, Spinat, Mangold, Grünkohl, Brokkoli, Linsen, Hülsenfrüchten, rote Bete, Gouda oder Butterkäse. Allen Schwangeren wird empfohlenen, täglich 400 Mikrogramm Folsäure zu ergänzen.
- Omega-3-Fettsäuren sind essenziell für eine gesunde Hirnentwicklung des Kindes. Man findet sie in Leinöl und Leinsamen, fetten Kaltwasserfischen wie Lachs und Makrele, außerdem in Nüssen und Hanfsamen. Viele Menschen in Deutschland haben einen ungünstigen Omega-Index, meist durch den Konsum von zu viel Fertigprodukten und Fleisch, zu wenig Fisch. Um eine gute Omega-Balance zu erreichen, kann es nötig sein, Algenöl einzunehmen - im Zweifel den Omega-Index ärztlich bestimmen lassen.
- Jod benötigt der Körper vor allem für die ausreichende Produktion von Hormonen in der Schilddrüse. Ab etwa der zehnten bis zwölften Schwangerschaftswoche produziert auch ein Fötus Schilddrüsenhormone, was ohne Jod nicht möglich ist. Neben jodiertem Speisesalz ist das Spurenelement unter anderem in Seelachs, Thunfisch oder Kabeljau sowie in Champignons enthalten.
- Vitamin D fördert im Verdauungstrakt die Aufnahme von Kalzium. Das Zusammenspiel von Vitamin D und Kalzium ist beispielsweise wichtig für das Aushärten der Knochen. Der Körper stellt Vitamin D hauptsächlich durch Sonneneinstrahlung über die Haut her, was in hiesigen Breiten allerdings im Winter nicht ausreichend geschehen kann. Pilze, Eigelb und fettreiche Fischsorten wie Hering, Lachs und Makrele oder Margarine dienen zusätzlich als Vitamin-D-Quelle. Zunehmend wird die Vitamin-D-Supplementation im Winterhalbjahr empfohlen, dies am besten individuell ärztlich abklären.
- Vitamin B12 (Cobalamin) ist wichtig für den Eiweiß- und Nervenstoffwechsel und - ebenso wie Eisen - für die Blutbildung. Enthalten ist beides in Rind oder Lammfleisch, Seelachs, Sardinen und Forellen, Milchprodukten und Eiern. Die ausreichende Aufnahme von Vitamin B12 kann bei ausschließlich vegetarischer oder veganer Ernährung zur Herausforderung werden, da es vor allem in tierischen Produkten enthalten ist.
- Auch das Vitamin B6 (Pyridoxin) ist an der Blutbildung beteiligt und in diesen Nahrungsmitteln enthalten: Fisch, Fleisch, Kartoffeln, Avocado, Vollkornprodukten.
- Vitamin C stärkt das Immunsystem und ist wichtig für den Aufbau des Bindegewebes. Zusätzlich verbessert es die Aufnahme von Eisen. Der in der Schwangerschaft erhöhte Vitamin-C-Bedarf kann über frisches Obst, insbesondere Zitrusfrüchte und Beeren, und Gemüse wie Paprika sowie Kartoffeln und Petersilie gedeckt werden.
- Kalzium benötigt das ungeborene Kind unter anderem für den Aufbau von Knochen und Zähnen. Im letzten Schwangerschaftsdrittel steigt der Bedarf besonders an. Wichtige Kalzium-Lieferanten sind: Milchprodukte, Käse, Hülsenfrüchte, Linsen, Mandeln, Chiasamen, Feigen, Rhabarber, Tofu und Sardinen.
- Magnesium sorgt für das Wachstum der Gebärmutter und ist wichtig für die Zellteilung und Reifung des Embryos sowie für den Knochenaufbau. Vollkornprodukte, Weizenkleie, Nüsse und Sonnenblumenkerne sind gute Lieferanten dieses Mineralstoffes.
- Zink spielt eine entscheidende Rolle beim Wachstum von Zellen und deren Differenzierung sowie bei Stoffwechselprozessen. Zinkhaltige Lebensmittel sind beispielsweise Fleisch, Milchprodukte, Eier, Erbsen, Linsen und Sonnenblumenkerne.
- Vorsicht bei Vitamin A: Dieses Vitamin ist wichtig für die Entwicklung der Lungen des Babys. In der Schwangerschaft ist der Vitamin-A-Bedarf nur geringfügig erhöht. Kürbis, Karotten, Spinat oder Aprikosen sind reich an Vitamin A. Darüber hinaus ist der Körper in der Lage, Vitamin A zu speichern. Sehr hohe Dosen - beispielsweise durch eine Überdosierung von Ergänzungspräparaten - können fruchtschädigend sein und zu Fehlbildungen führen.
Welche Lebensmittel während der Schwangerschaft vermeiden?
Um die Gefahr von Infektionen und andere Risiken zu verringern, sollten Schwangere auf einige Lebensmittel mit potenzieller Keimbelastung verzichten. Dazu gehören vor allem rohes oder ungekochtes Fleisch sowie roher Fisch und rohe Eier. Vor allem bei Käse, der wegen seines hohen Gehalts an Mineralstoffen und Eiweiß während der Schwangerschaft empfehlenswert ist, ist die Unsicherheit oft groß, welche Sorten für Schwangere und das ungeborene Kind ungefährlich sind. Es gilt zu unterscheiden zwischen Rohmilchprodukten und solchen, die aus pasteurisierter Milch hergestellt wurden. Zur Haltbarmachung wurde pasteurisierte Milch zuvor auf bis zu 100 Grad erhitzt, ultrahocherhitzte Milch sogar auf bis zu 150 Grad. Krankheitserreger wie die für Schwangere und Ungeborene gefährlichen Listerien oder Salmonellen werden bei diesen Temperaturen abgetötet.
Expertinnen und Experten raten Schwangeren außerdem vom Verzehr von Petersilienwurzeln ab, weil die Inhaltsstoffe, vor allem das Apiol, zusätzlich die Gebärmutter reizen beziehungsweise zu vorzeitiger Wehentätigkeit und zu Fehlgeburten führen können. Eine mögliche Keimbelastung besteht auch bei Sprossen und bei Tiefkühl-Beeren. Diese Produkte besser vor dem Verzehr durcherhitzen.
Hartkäsesorten sind unbedenklich
Grundsätzlich können Schwangere alle Hartkäsesorten essen - auch solche, die aus nicht pasteurisierter Milch hergestellt wurden. Grund dafür ist die lange Lagerung des Käses. Dadurch sind pH-Wert und Wassergehalt so gering, der Salzgehalt jedoch so hoch, dass Keime darin nicht überleben können. Zu den erlaubten Hartkäsesorten zählen unter anderem:
- Emmentaler
- Gruyère
- Manchego
- Parmesan
- harter Pecorino
- Butterkäse
- Cheddar
- Edamer
- Gouda
- Leerdamer
Da sich aber auch auf der Käserinde Keime ansiedeln können, sollte diese vor dem Verzehr immer abgeschnitten werden. Krankheitserreger können die Plazentaschranke (natürliche Barriere zwischen mütterlichem und kindlichem Blutkreislauf) überwinden und so das Baby infizieren.
Als unbedenklich gelten auch Backcamembert sowie Ofenkäse, Käsefondue oder Raclette. Zugreifen dürfen Schwangere auch bei industriell hergestelltem und verpacktem Frischkäse, Feta, Schafskäse, Hüttenkäse, Mascarpone, Ricotta oder Mozzarella.
Tabu in der Schwangerschaft: Rohmilchprodukte
Bei der Herstellung von Rohmilchkäse wird die Milch auf höchstens 40 Grad erhitzt. Keime wie Listerien, Salmonellen, E. coli oder Tuberkulosebakterien werden bei dieser Temperatur nicht abgetötet und können sich vermehren. Um Komplikationen infolge einer Infektion zu vermeiden, gehören Produkte aus Rohmilch nicht auf den Speiseplan von Schwangeren. Rohmilchprodukte müssen mit dem Hinweis "aus Rohmilch", "nicht pasteurisiert" oder "hergestellt aus nichtpasteurisierter Milch" gekennzeichnet sein. Im Zweifel sollte immer das Verkaufspersonal gefragt werden.
Auf diese Rohmilch-Käsesorten sollten Schwangere unter anderem verzichten:
- Brie
- Camembert
- Chevre
- Dänischblau
- Gorgonzola
- Limburger
- Harzer Roller
- Handkäse
- Mainzer Käse
- Münster
- Romadur
- Roquefort
- vorgefertigter Reibekäse
Auch vom Verzehr von offen angebotenem Frischkäse, Feta oder Mozzarella wird abgeraten. Wer unsicher ist, ob der Lieblingskäse bis zur Geburt vom Speiseplan gestrichen werden muss, sollte sich ärztlichen Rat holen.
Ernährungstipps gegen Übelkeit in der Schwangerschaft
Übelkeit in der Schwangerschaft, zumeist im ersten Trimester, ist weit verbreitet. Warum das so ist, ist noch nicht eindeutig geklärt. Vielmehr ist eine Kombination aus verschiedenen Einflüssen denkbar. Möglicherweise sind die Hormone Östrogen und Humanes Choriongonadotropin (HCG) die Ursache. Stress, Angst oder eine Störung der Schilddrüse kommen als Gründe ebenso infrage wie der geschärfte Geruchs- und Geschmackssinn. Ist die Übelkeit besonders stark, kann die Schwangere gar nichts essen oder nimmt stark ab, muss eine ärztliche Abklärung erfolgen. Eine schwere Schwangerschaftsübelkeit (Hyperemesis gravidarum), bei der die Schwangere bis zu fünfmal am Tag erbricht, kann gefährlich werden. Bei leichteren Übelkeiten können diese Maßnahmen helfen:
- Vor dem Aufstehen eine Kleinigkeit essen, zum Beispiel Zwieback oder Knäckebrot.
- Mindestens zwei Liter pro Tag trinken: am besten Wasser, ungesüßter Tee (Kamille, Fenchel, Anis, Pfefferminz) oder verdünnte Saftschorlen.
- Ingwertee oder -bonbons können gegen Übelkeit wirken. Am Ende der Schwangerschaft jedoch Vorsicht mit Ingwer: Er kann wehenfördernd wirken.
- Bitterstoffe, wie sie beispielsweise in Grapefruit, Zitrone, Rucola oder Artischocken enthalten sind, wirken gegen Übelkeit.
- Fette, frittierte, scharfe oder stark gewürzte Speisen meiden.
- Mehrere kleine Mahlzeiten mit vielen Ballaststoffen aus Obst, Gemüse und Vollkornprodukten zu sich nehmen.
- Starke Gerüche wie beispielsweise Parfüm, Kaffee oder Fleisch vermeiden.
- Falls nicht ärztlich verordnet auf Vitaminpräparate verzichten. Das Auflösen der Tabletten belastet den Magen.
- Ein zu niedriger Blutzuckerspiegel kann die Übelkeit verstärkt. Unterwegs daher immer eine Kleinigkeit dabei haben, beispielsweise trockene Kekse, Cracker, ungesalzene Nüsse, Cashewkerne, Mandeln oder Trockenobst.
Kein Alkohol in der Schwangerschaft
Durch die Planzentaschranke mischt sich das Blut von Mutter und Kind zwar nicht direkt, aber es werden Nährstoffe ausgetauscht. Auch die Moleküle des Alkohols können die Schranke passieren, sodass im Blut des Babys eine hohe Alkoholkonzentration vorliegen kann. Bei Erwachsenen ist die Leber für den Abbau von Giften wie Alkohol zuständig. Dem Ungeborenen fehlen für diesen Abbau die entsprechenden Enzyme, die sich erst nach der Geburt vollständig ausbilden. Bei ihm wird der Alkohol zwischen den Zellen gespeichert und wirkt dort zellschädigend. Das kann unter anderem zu Missbildungen und Fehlfunktionen verschiedenster Organe sowie des Gehirns führen. Schon ein einziges Glas Alkohol in der Schwangerschaft kann schwere Folgen für das Kind haben, wie beispielsweise das Fetale Alkoholsyndrom (FAS).
Bereits am Anfang der Schwangerschaft, innerhalb der ersten beiden Wochen, kann es durch Alkoholkonsum zu Fruchtschäden kommen. In einer aktuellen Studie der Radiologischen Gesellschaft Nordamerikas (RSNA) konnte mittels Magnetresonanztomografie (MRT) nachgewiesen werden, dass schon eine geringe bis mäßige Alkoholmenge während der Schwangerschaft die Gehirnstruktur des Ungeborenen verändern und die Gehirnentwicklung verzögern kann.