Stand: 29.10.2024 12:00 Uhr

Chat-Protokoll: Adipositas, Bluthochdruck, Morbus Bechterew

Porträt von Ernährungs-Doc Jörn Klasen © ZS Verlag Foto: Claudia Timmann
Jörn Klasen ist Internist, Arzt für anthroposophische Medizin und Heilpädagoge. Er praktiziert am Klinikum Stephansplatz in Hamburg.

Essen als Medizin: Wie packe ich selbst eine Ernährungsumstellung an? Worauf muss ich bei Morbus Bechterew achten? Was hilft bei der Kombination aus krankhaftem Übergewicht und zu hohem Bluthochdruck? Um diese Themen ging es in Folge 77 bei den Ernährungs-Docs. Nach der Sendung hat Dr. Jörn Klasen Zuschauerfragen zu den Themen der Sendung im Chat beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:

Freundin: Wie bekommt man Bauchfett weg? Ich bin 65 Jahre alt, 1,70 Meter groß, Bauchumfang 110 Zentimeter. Ich habe das Problem nur am Bauch.

Dr. Jörn Klasen: Einerseits durch die Kombination von Ausdauer und Krafttraining und andererseits durch die deutliche Einschränkung von Zucker, Fleisch und Weißmehl.

Anna: Sind reine Gemüsesäfte ohne Zucker- oder Süßstoffzusatz bei egal welcher Erkrankung zu empfehlen oder ist eher davon abzuraten?

Klasen: Diese Art von Gemüsesäften ist immer gut.

Vanessa: Ich habe eine Frage zum Bluthochdruck. Ich bin 39 Jahre alt und habe in beiden Schwangerschaften einen Bluthochdruck entwickelt. In der Zweiten kam auch ein Diabetes hinzu. Nach der zweiten Schwangerschaft bildete sich der Bluthochdruck nicht zurück. Ich habe einen BMI [Body Mass Index] von 24,3 und somit kein Übergewicht. Kann es dennoch sein, dass es am Gewicht liegt?

Klasen: Am Gewicht liegt es sehr wahrscheinlich nicht. Sie sollten sowohl die Niere als auch die Schilddrüse untersuchen lassen.

Diana: Gibt es für das Raynaud-Syndrom, welches ebenfalls zu den rheumatischen Krankheiten zählt, einen ernährungstherapeutischen Ansatz?

Klasen: Ja, auch hier ist die antientzündliche Ernährungsform hilfreich.

Lisa: Gilt die Ernährungsform für alle rheumatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel bei der Takayasu-Arteriitis?

Klasen: Gerade bei einer Takayasu-Arteriitis ist die antientzündliche Ernährungsform sehr hilfreich.

Klumpenbaerle: Sehr geehrter Herr Doktor, wirkt es sich beim Intervallfasten negativ aus, wenn man ab und zu über die 16 Stunden kommt, also erst nach 17 oder 18 Stunden wieder isst?

Klasen: Nein. Es ist kein Problem, wenn das Intervall mal eine Stunde kürzer oder länger ist.

Klumpenbaerle: Sehr geehrter Herr Doktor, wie kann ich mit dem Intervallfasten weitermachen, ohne weiter Gewicht abzunehmen? Ich habe bereits circa acht Kilogramm abgenommen, mehr wünsche ich nicht.

Klasen: Sie sollten dann in der Zeit, in der Sie essen, also innerhalb von acht Stunden, immer wieder auch mal drei Mahlzeiten essen.

Eva: Ist eine vegane Ernährung mit ein- bis zweimal Fisch pro Woche antientzündlich wirksamer als eine vegetarische Ernährung mit viel Gemüse, aber auch Milchprodukten?

Klasen: Ja, weil die Milchprodukte, gerade wenn sie im Übermaß genossen werden, Entzündungen fördern können.

Melli: Fördert höheres Gewicht beziehungsweise Adipositas Tic-Störungen bei Kindern?

Klasen: Das ist möglich.

Stephani: Seit mehr als zehn Jahren habe ich massive Rückenprobleme, bekomme aber nie eine richtige Auskunft. Es sei höchstens altersbedingt, man könne nicht viel machen. Schmerztabletten, Massagen, das war es. Die Schmerzen werden immer schlimmer, der ganze Rücken krampft. Mein Gewicht bekomme ich nicht runter. Mein Stoffwechsel würde nicht funktionieren, das wäre erblich und nur mit Medikamenten in den Griff zu bekommen. Mittlerweile bekomme ich immer starke depressive Phasen. Ich weiß keinen Rat mehr.

Klasen: Sie sollten sich einen Ernährungsmediziner suchen. Das können Sie unter www.bdem.de.

Verena G.: Meine Mama hat Rheuma. Bei mir ist kein Rheuma festgestellt, ich habe aber dieselben Symptome. Was kann ich dagegen tun? Woher weiß ich, welches Essen gut ist und welches nicht? Ich habe dazu noch ADHS [Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung] und meine Finger sind dick wie Wasser. Ich weiß nicht mehr weiter, zehn verschiedene Ärzte wissen auch nicht, was los ist.

Klasen: Sie sollten unbedingt eine strikte antientzündliche Ernährung durchführen. Sie können sich auf den Internetseiten der Ernährungs-Docs darüber informieren.

Jochen: Ich stelle mir mein Müsli selbst zusammen: Bio-Haferflocken, Chia- und Hanfsamen, Kürbiskerne, Leinsamen, Amaranth, Quinoa-Puffer, Sonnenblumenkerne, Mandeln, Hasel- und Walnüsse, Pekannüsse - alles in einem vermischt. Dazu etwas Reissirup und zuckerfreie Bio-Mandelmilch. Ist das so sinnvoll oder zu viel des Guten? Danke vielmals!

Klasen: Es fehlt vor allen Dingen Obst und von den Nüssen und Samen nehmen Sie zu viel, auch könnten Sie sich immer mal wieder auf Haferflocken beschränken. Zusätzlich empfehle ich Ihnen ein bis zwei Esslöffel Lein - oder Rapsöl.

Marie: Ich habe Übergewicht, mache seit einiger Zeit Intervallfasten in der 16:8-Variante und esse zwei Mahlzeiten pro Tag. Sollte ich trotzdem auch Kalorien zählen?

Klasen: Das muss nicht unbedingt sein. Achten Sie aber darauf, dass Sie bei den Mahlzeiten nicht zu viel und das Richtige essen.

Angi: Welche Ernährung empfehlen Sie bei langwierigem Epstein-Barr-Virus mit häufigen Gliederschmerzen und Halsweh?

Klasen: Eindeutig eine antientzündliche Ernährung, das heißt: Zucker, Fleisch und Weißmehl sollten deutlich reduziert werden. Dafür viel Obst, Gemüse und gute Öle.

Tanja: Ich habe einen Reizdarm, Gastritis und eine Dünndarmfehlbesiedlung. Was kann ich essen, um meine täglichen Bauchschmerzen zu lindern?

Klasen: Sie sollten sich unter www.bdem.de einen Ernährungsmediziner suchen.

Bergziege: Kann man Symptome des PMS [Prämenstruelles Syndrom] durch Ernährung lindern? Welche Tipps haben Sie?

Klasen: Setzen Sie auf stark magnesiumhaltige Nahrungsmittel wie z.B. Brokkoli, Vollkornbrot, Hülsenfrüchte und Nüsse.

Martina: Ich habe nur eine Niere. Wie kann ich mit einer Niereninsuffizienz am besten abnehmen, da man ja nicht so viel Eiweiß essen darf. Auch beim Intervallfasten geht einfach nichts runter.

Klasen: Sie sollten vor allen Dingen den Verzehr von Zucker und Weißmehl einschränken.

Claudia: Ich habe früher viel synthetischen Süßstoff konsumiert. Jetzt nehme ich gar keinen Zucker oder Süßstoff mehr und ernähre mich vollkommen natürlich. Meine Freundin meint, dass etwas Süßstoff am Tag in Maßen keine Auswirkung auf den Darm hat. Sie habe ihren Ernährungsberater gefragt. Ist das so? Sind circa acht Süßstofftabletten täglich oder ein paar Tropfen nun schädlich oder schädlicher als Zucker? Wie lange benötigt der Darm, um sich von hohem Süßstoffkonsum zu erholen?

Klasen: Das Beste ist, Sie verzichten auf Süßstoff ganz und gar. Süßstoff schädigt nachweislich unser Mikrobiom.

Sternchen: Ich leide unter einer ausgeprägten Fettleber und einem atypischen Leberhämangiom (subkapsulär, drei Zentimeter groß), nehme aber trotz Ernährungsumstellung [b6] nur wenig ab. Was kann ich noch verbessern? Ich habe häufig starke Bauchschmerzen nach dem Essen und bin sehr schnell satt und aufgebläht.

Klasen: Sie brauchen die Zusammenarbeit mit einem Ernährungsmediziner. Den finden Sie unter www.bdem.de. In der Vorbereitung sollten Sie ein Ernährungsprotokoll über eine Woche führen.

gemini: [Bei Morbus Bechterew:] Wenn der Rücken schon komplett versteift ist, kann ich dann durch die Ernährung auch auf einen Finger-Boden-Abstand von null kommen? Zurzeit sind es 45 Zentimeter und es liegt auch noch eine Colitis Ulcerosa vor.

Klasen: Wenn die Wirbelsäule durch Knochenspangen komplett versteift ist, kann nicht mehr viel verbessert werden.

Daniela H.: Mir wurde vor vier Jahren Morbus Bechterew diagnostiziert. Es wurden leichte Entzündungen am Kreuzbein festgestellt, aber die typischen und starken Beschwerden hatte ich noch nicht. Es war eine Ausschlussdiagnose im Rahmen einer Abklärung zur Fibromyalgie. Macht es vor diesem Hintergrund Sinn, eigenständig auf eine entzündungshemmende Ernährung umzustellen?

Klasen: Ja! Das ergibt auf jeden Fall Sinn.

Klaus Jan_en: Ich leider seit Jahren an Spinalkanalstenosen. Im April diesen Jahres wurde ich deswegen operiert. Neben dem Öffnen der Wirbel wurden mir ein Coflex-Implantat eingesetzt. Leider gab es keine Besserung. Meine Frage hierzu wäre, ob es möglich ist, die Beschwerden durch Ernährung und Sport zu verbessern.

Klasen: Meist lässt sich eine Spinalkanalstenose durch Ernährung nicht verbessern.

Daniela H.: Ich habe Morbus Bechterew, seit ein paar Monaten fällt mir jegliche Bewegung zunehmend schwer. Ich nehme an, dass das mit der Krankheit zusammenhängt? Auch habe ich depressive Phasen, die zunehmen und schwerer werden. Wie stark ist der Zusammenhang zwischen den Beschwerden durch Morbus Bechterew und der psychischen Verfassung? Kann eine Reha in einer psychosomatischen Klinik helfen?

Klasen: Eine Reha in einer psychosomatischen Klinik, am besten mit einer speziellen Physiotherapie, wird sicherlich hilfreich sein.

Katharina: Ist das Trinken von Kaffee bei Rheuma schädlich? Ist das Zubereiten von Gemüse ausschlaggebend, beispielsweise nur zu dämpfen und nicht zu lange kochen?

Klasen: Auf jeden Fall ist zu empfehlen, Gemüse nur zu dämpfen. Zwei bis drei Tassen Kaffee am Tag sind sogar gut. Vorausgesetzt, der Kaffee wird schwarz getrunken, das heißt: Ohne Milch und Zucker.

Eva: Ich habe eine rheumatologische Frage. Ich bin 30 Jahre alt und habe axiale Spondyloarthritis. Mit konsequenter antientzündlicher Ernährung und Celecoxib komme ich gut zurecht und bin weitgehend schmerzfrei. Ist das akzeptabel oder sollte man besser auf ein Biologikum umstellen?

Klasen: Das Celecoxib sollte nicht auf Dauer genommen werden, insofern ist nach einer gewissen Zeit zu versuchen, ob Sie mit weniger Schmerzmitteln zurechtkommen. Sollte das nicht möglich sein, muss über ein Biologikum nachgedacht werden.

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Diätassistenten (VDD)

Der VDD ist der Verband der Diätassistenten in Deutschland. Auf seiner Website kann man nach Experten für eine Diättherapie oder Ernährungsberatung suchen. extern

Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 28.10.2024 | 21:00 Uhr

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Gesundheitsvorsorge

Ernährung

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