Eine Frau fasst sich vor Schmerzen an den Kiefer © Coloubox Foto: -

CMD: Symptome und Behandlung bei craniomandibulärer Dysfunktion

Stand: 03.02.2025 12:59 Uhr | vom Bayerischer Rundfunk-Logo

Die craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist eine Funktionsstörung des Kauapparates. Symptome wie Schmerzen, Migräne, Tinnitus oder Schwindel können darauf zurückzuführen sein.

von Kathrin Wiewe

Immer mehr Leute knirschen mit den Zähnen und haben Verspannungen im Kiefer. Die Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA) schätzt sogar, dass rund 20 Prozent der Bevölkerung unter einem Symptom der craniomandibulären Dysfunktion leiden, das behandlungsdürftig ist. Bis der Kiefer als Ursache erkannt wird, haben viele Betroffene eine lange Leidensgeschichte mit zahlreichen Arztbesuchen hinter sich. 

Was ist CMD und was sind die Ursachen? 

CMD steht für die craniomandibuläre Dysfunktion, eine funktionelle Störung des Kausystems, die häufig zu Schmerzen im Kiefergelenk führt. Das Kiefergelenk ist ein ausgeklügeltes System aus Knochen, Muskulatur und Sehnen. Beim Essen oder Sprechen muss es rotieren, sich auf und ab, vor und zurück bewegen. Bei einer CMD stimmt entweder der Biss nicht, Ober- und Unterkiefer passen nicht richtig zusammen. Oder die Muskeln im Kieferbereich sind verhärtet, überlastet, verkürzt oder gedehnt.

Ein falsch sitzendes Implantat oder eine misslungene Kiefer-Operation können diese Krankheit beispielsweise auslösen. Probleme treten aber oft dann erst auf, wenn die Betroffenen zusätzlich Druck auf das nicht optimal stehende Gelenk geben, zum Beispiel durch nächtliches Zähneknirschen aufgrund von Stress oder einer anderen psychischen Belastung. Denn CMD ist häufig eine Stresskrankheit. Nervliche Anspannung kann Symptome wie Verspannungen massiv verstärken. 

Symptome: So äußert sich eine CMD 

Wenn Ober- und Unterkiefer nicht optimal aufeinandertreffen, kann das Schmerzen zur Folge haben, die bis in andere Körperbereiche ausstrahlen. Rücken-, Schulter-, Nackenschmerzen, Schluckbeschwerden, Migräne, Tinnitus und Schwindel können Symptome einer craniomandibulären Dysfunktion sein. 

Besonders aufmerksam sollte man bei Kiefergelenksgeräuschen, Blockaden bei der Mundöffnung und Schmerzen in der Kiefer- und Kaumuskulatur werden. Auch ein Selbsttest kann einen Hinweis auf eine CMD geben: Normalerweise passen mindestens drei Finger in die Mundöffnung. Geht der Mund nicht weit genug auf, kann das ein Zeichen sein. 

Diagnose einer CMD beim Kieferorthopäden 

Um Kieferproblemen auf den Grund zu gehen, prüfen Kieferorthopäden, wo und warum der Kau- und Schließmechanismus gestört ist. Abgenutzter Kiefergelenksknorpel oder ständiger Druck durch nächtliches Zähneknirschen, aber auch Fehlhaltungen, zum Beispiel durch eine falsche Brille, zu hohe Zahnfüllungen oder Schwellungen der Kaumuskulatur können zu einem Fehlbiss führen: Die Zahnreihen schließen nicht mehr harmonisch und der Unterkiefer verschiebt sich in eine neue Position, um die Fehlstellung auszugleichen. Die Kaumuskulatur wird zu stark und falsch belastet.  

Spezialisten für Kieferbeschwerden sind Kieferorthopäden, fachlich weitergebildete Zahnärzte oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger ist es, das erkrankte Kiefergelenk zu behandeln, weil sich die Folgen im gesamten Körper verfestigen. So können zum Beispiel im Kindesalter gezogene Zähne den Kiefer so verschieben, dass Betroffene Jahre später unter Schwindelattacken leiden.

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Eine Frau fasst sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Kiefer. © IMAGO / YAY Images Foto: IMAGO / YAY Images

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Behandlung einer CMD: Schiene, Physiotherapie oder Osteopathie 

Etwa jeder zehnte Betroffene einer craniomandibulären Dysfunktion muss behandelt werden. Häufig verschreiben Mediziner eine individuell angepasste Aufbiss-Schiene, die normalerweise in der Nacht getragen wird. Diese Schienen sollen nicht die Zahnstellung optimieren, sondern die Muskulatur und die Kapselstrukturen im Kiefer entlasten. Die gesetzliche Krankenversicherung bezahlt die Schiene. 

Zusätzlich wird oft Physiotherapie oder Osteopathie verschrieben. Dort behandeln die Therapeuten gezielt das Kiefergelenk sowie die anschließende Gelenke: Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule oder die Rippengelenke. Zusätzlich bekommen die meisten Patienten zur Therapie Übungen für zu Hause gezeigt: Selbstmassagen und Lockerungstechniken für mehr Beweglichkeit des Kiefergelenks und zur Entspannung der Kaumuskeln. Auch die Physiotherapie ist eine Kassenleistung. 

Eine Wärmetherapie wie Fango oder Akupunktur kann ebenfalls helfen, Beschwerden zu lindern. Therapeuten empfehlen auch Sport, um Anspannung und Stress zu reduzieren. 

Wenn nichts hilft: Botox-Behandlung bei CMD 

Wenn konservative Maßnahmen wie Schienentherapie, Physiotherapie oder Medikamente nicht ausreichend wirken und Patienten immer noch unter starken Muskelverspannungen oder Überaktivität der Kaumuskulatur leiden, kann Botox helfen. Das Nervengift wird dabei gezielt in die überaktiven Kaumuskeln gespritzt, um deren Aktivität zu reduzieren und somit Schmerzen und Überlastung zu lindern. Zähneknirschen oder -pressen soll dadurch reduziert werden, ohne die Kaubewegung zu blockieren. 

Eine Botox-Behandlung findet ambulant statt und kann meist ohne Betäubung durchgeführt werden. Sie muss alle drei bis sechs Monate erneuert werden. Die Botox-Therapie ist noch keine Standardbehandlung und wird deshalb kaum von den Kassen erstattet. Der Preis liegt zwischen 300 und 800 Euro pro Behandlungstermin.

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