Ernährungs-Doc Dr. Viola Andresen. © NDR Foto: Claudia Timmann
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AUDIO: (41) Ernährung und Schilddrüse - Dr. Viola Andresen beantwortet Eure Fragen (55 Min)

E-Docs Podcast #41: Gesund essen für die Schilddrüse

Stand: 09.10.2024 08:00 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Was hilft bei einer Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion? Was ist ein Kropf? Dr. Viola Andresen hat im Podcast Fragen zur Ernährungsumstellung beantwortet - hier zum Nachlesen.

Julia Demann: Heute geht es um eure Fragen, und zwar zum Thema Schilddrüse. Dazu begrüße ich herzlich Dr. Viola Andresen, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin. Hallo Viola, schön, dass du da bist!

Dr. Viola Andresen: Hallo Julia!

Julia Demann: Viola, die Schilddrüse ist ja so ein Ding vorn im Halsbereich und sieht ein bisschen aus wie ein Schmetterling. Sie hat eine enorme Macht: Sie steuert unseren Stoffwechsel, unser Körpergewicht, unseren Grundumsatz und auch die Herzfrequenz.Ich habe mal gelesen, Schilddrüsenhormone sind so was wie die Energielieferanten für viele unserer Körperzellen. Kann man das so sagen?

Dr. Viola Andresen: Die Schilddrüsenhormone liefern nicht direkt die Energie, aber sie regulieren den Energiehaushalt im Körper. Und die Schilddrüsenhormone, die Jod enthalten, die sind überall entscheidend beteiligt. An der Nierenfunktion, an der Fettstoffwechselfunktion, Haut, Haare, Herzrhythmus ... alles wird reguliert durch diese Hormone. Wir kennen die beiden wichtigen Hormone T3 und T4. Das sind die beiden Schilddrüsenhormone, die man bei uns auch im Blut messen kann. Die unterscheiden sich an der Anzahl der Jodatome. Das T3 ist dabei das aktiv wirksame Hormon. Das haben wir immer nur ganz kurz im Blut. Das T4 ist das Speicherhormon. Hier wird das Jod auch gespeichert und im Körper das Reservoir für die aktiven Hormone gebildet. Wenn die Hormone aus dem Takt sind, haben wir eine Schilddrüsenüber- oder -Unterfunktion - und das kann enorme körperliche Probleme mit sich bringen.

Julia Demann: Ja, und sowohl diese als auch andere Schilddrüsenprobleme kennen viele von euch. Ihr wolltet wissen: Was kann ich denn da mit der Ernährung machen? Auch zu Widersprüchen und Unsicherheiten habt ihr uns geschrieben, zum Beispiel Jod, Gluten, Meeresfrüchte und Soja betreffend. Da wollen wir jetzt Ordnung hinein bringen. Ich sage mal: Legen wir los, oder?

Dr. Viola Andresen: Ja, unbedingt!

Die Schilddrüse braucht Jod

Julia Demann: Du hast ja eben schon mal gesagt, dass die Schilddrüsenhormone Jod enthalten. Zu dem Thema haben wir einige Fragen bekommen. Von Lena kommt die erste Frage:

Ich lebe fast vegan bzw. esse kein Fleisch und Fisch, aber Milchprodukte und viel Gemüse und vollwertige Getreideprodukte. Ist das fehlende Jod durch den Verzicht auf Fisch schlecht für die Schilddrüse?

Dr. Viola Andresen: Jod ist in pflanzlichen Produkten leider nur minimal enthalten. Das heißt, die Hauptquelle für Jod - wenn wir rein auf natürliche Lebensmittel zurückgreifen - sind Seefische. Selbst von Milchprodukten muss man, glaube ich, ein halbes Kilo Käse essen, um auf einen sinnvollen Jodgehalt zu kommen. Wir haben ja Jodersatz oder Jodzusatz, zum Beispiel im Salz. Andererseits wollen wir auch nicht, dass wir kiloweise Salz essen, das empfehlen wir aus anderen Gründen nicht. Das heißt, wenn man vegan lebt, empfiehlt es sich, Jod zuzusetzen. Die allgemeine Empfehlung für einen Erwachsenen sind 200 Mikrogramm Jod pro Tag.

Julia Demann: Kann man sich denn auch überversorgen, wenn man zum Beispiel relativ viel Fisch und Meeresfrüchte isst?

Dr. Viola Andresen: Ausschließlich durch die Ernährung sich überzuversorgen ist gar nicht so einfach. Man müsste täglich kiloweise Fisch essen. Auch Algen enthalten viel Jod. Aber zu einer Überversorgung mit Jod kommt es meist durch Medikamente oder Kontrastmittel. Da bekommt man akut viel Jod, und das ist oft ein Problem. Mit der normalen Ernährung ist es gar nicht so hinzubekommen - es sei denn, man schluckt Supplemente, die man eigentlich gar nicht benötigt.

Schilddrüsenknoten: Was tun?

Julia Demann: Uns haben auch sehr viele Fragen zum Thema Schilddrüsenknoten erreicht. Kannst du einmal kurz erklären, was das ist?

Dr. Viola Andresen: Eine Hauptursache von Schilddrüsenknoten ist ein Jodmangel. Dadurch haben wir einen Mangel an Schilddrüsenhormonen. Die Schilddrüse versucht, dagegen anzugehen, indem sie einfach ihre Zellen anregt, mehr zu wachsen und größer zu werden. Und das führt zu diesem klassischen Knoten oder Struma oder Kropf. Das ist besonders in Regionen, wo wir einen Jodmangel in der Ernährung haben, eine Gegenregulation der Schilddrüse, die versucht, über ein Wachstum der Zellen mehr Schilddrüsenhormone zu produzieren. Und das kann sich so entwickeln, dass sich manche von diesen Regionen der Schilddrüse komplett loskoppeln von den normalen Hormonregelkreisen. Und diese Knoten produzieren dann völlig eigenhändig Schilddrüsenhormone. Richtig viel und intensiv, ohne dass wir sie brauchen oder dass das in den Regulationskreis eingebunden ist. Das sieht man in diesen sogenannten Szintigrafien, das heißt, da sind radioaktiv markierte Marker, die sich in der Schilddrüse anreichern - und die Areale in der Schilddrüse, die besonders viele Hormone produzieren, die reichern sich dann stark an mit der Radioaktivität und leuchten in den Aufnahmen rot. Das sind dann die sogenannten heißen Knoten. Regionen, in denen überhaupt kein Hormon gebildet wird, das gibt es auch. Das kann zum Beispiel auch eine Fehlentwicklung dieser Zellen sein, dass sie gar keine Hormone mehr produzieren können, oder auch Zysten oder im schlimmsten Fall sogar Tumorbildung in den Schilddrüsenteilen, wo keine Hormone produziert werden. Die haben keine Aktivität - und in der Szintigrafie erscheinen sie dann bläulich. Die nennen wir kalte Knoten.

Schilddrüsenhormone und der Regelkreis

Der sogenannte thyreotrope Regelkreis zwischen der Hypophyse und der Schilddrüse reguliert die Konzentration an Schilddrüsenhormonen im Blutplasma. Die Hypophyse schüttet das Steuerhormon Thyreotropin (TSH) aus, das in der Schilddrüse die Ausschüttung von Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) anregt. Umgekehrt hemmen T3 und T4 die Produktion und Ausschüttung von TSH, sodass normalerweise der Spiegel dieser Schilddrüsenhormone im Blut im Gleichgewicht ist.
Den Sollwert des thyreotropen Regelkreises gibt die Hirnanhangdrüse (Hypothalamus) vor: Sie produziert das Hormon TRH, das wiederum die TSH-Produktion steuert.

Julia Demann: Wie bei einem Wasserhahn. Rot ist heiß und blau ist kalt.

Dr. Viola Andresen: Genau. Aber das ist keine echte Temperatur, sondern das ist einfach die bildliche Darstellung in der Szintigrafie.

Julia Demann: Zu diesem Thema haben uns einige Fragen erreicht. Astrid fragt:

Ich habe heiße Knoten, bislang aber weder eine Über- noch eine Unterfunktion. Muss ich trotzdem auf Jod verzichten?

Dr. Viola Andresen: Diese heißen Knoten sind oft eine sogenannte autonome Produktion von Schilddrüsenhormonen. Das kann, weil vielleicht der Rest der Schilddrüse noch zu schwach ist, im Moment noch eine normale Schilddrüsenfunktion im Körper darstellen. Aber im Prinzip ist dieser Knoten schon außer Rand und Band. Die Jodzufuhr sollte zumindest angeguckt werden. Wenn man nicht kiloweise Seefisch isst oder Jodsalz, dann ist das kein Problem. Aber hier muss man darauf achten, insbesondere auch wieder, wenn Kontrastmittel oder Medikamente drohen. Grundsätzlich muss man in so einer Situation auf jeden Fall die Schilddrüsenwerte regelmäßig kontrollieren und eine Behandlung frühzeitig starten, damit dieser Knoten nicht mehr außer Rand und Band gerät.

Julia Demann: Kann sich so ein Knoten auch zurückbilden?

Dr. Viola Andresen: Wenn die Knoten schon komplett autonom geworden sind, dann bilden die sich in der Regel nicht zurück. Die kann man aber behandeln mit Medikamenten, die erst mal die Funktion drosseln - und am Ende werden sie entweder zerstört durch eine solide Radiotherapie - das ist ein radioaktiv markiertes Jod, was sich nur dort in dem Gewebe anreichert, wo diese Überfunktion ist und dort das Gewebe zerstören kann, ganz selektiv, ohne dass sonst ein Schaden im Körper entsteht. Oder teilweise wird auch operiert, wenn die Knoten noch nicht autonom sind. Es gibt die Frühphase dieser Struma, wenn es schon knotige Vergrößerungen gibt, aber noch keinen Ausstieg aus dem Regelkreis. Dann kann noch die Möglichkeit bestehen, dass man mit Jodzufuhr und gleichzeitig der Gabe von Schilddrüsenhormonen die Knoten wieder reduzieren kann. Das Jod muss man natürlich ersetzen, weil es ursprünglich der Mangel war. Und das Schilddrüsenhormon sorgt dafür, dass das wachstumsstimulierende Hormon TSH runtergeht und deswegen diese Knoten nicht weiter wachsen, sondern sich wieder zurückbilden. Es ist sehr kompliziert.

Wenn die Schilddrüse entfernt wurde

Julia Demann: Conny hat auch eine sehr spezielle Frage. Ihr wurde die linke Schilddrüse entfernt, weil sie drei Knoten hatte. Es war gutartig. Jetzt nimmt sie L-Thyroxin und Jod. Sie hat aber im Internet gelesen, dass man mit Milchprodukten und Haferflocken vorsichtig sein sollte. Deshalb macht sie sich jetzt kein Müsli mehr, was ihr eigentlich für sehr gesund haltet. Sie fragt:

Wie sieht es denn aus mit meinem Müsli und auch mit Jodsalz und Fisch?

Dr. Viola Andresen: L-Thyroxin ist ein tolles Medikament, das ist das Schilddrüsenhormon [T4]. Es hat aber den großen Nachteil, dass es eine sehr enge therapeutische Breite hat. Das heißt wie man die Spiegel erzielt, ist sehr davon abhängig, wann und wie man das einnimmt. Deswegen muss man es auch immer zur selben Uhrzeit einnehmen. Und es gibt ganz, ganz viele Dinge, unter anderem auch Lebensmittel, und dazu gehört auch die aufgezählte Milch beispielsweise, die dafür sorgen, dass das Medikament nicht gut genug aufgenommen wird. Man soll das Medikament nüchtern einnehmen und mindestens 30 Minuten vor einer Mahlzeit. Man kann aber natürlich einfach den Abstand noch vergrößern. Dann ist auch das Müsli kein Problem. Es muss nur ein ausreichender Abstand zur Einnahme des Medikamentes bestehen. Die meisten nehmen das Medikament morgens. Es gibt aber die Möglichkeit, dass man es zu einer anderen Tageszeit nimmt. Entscheidend ist, dass man es immer zur selben Tageszeit nimmt, auch weil die Hormone einen speziellen Spiegel haben. Aber die meisten nehmen es tatsächlich morgens direkt nach dem Aufstehen nur mit einem Glas Wasser. Und dann sollte man mindestens 30 Minuten, besser noch länger warten, bis man irgendetwas anderes isst oder trinkt, um immer eine gleiche Situation für die Aufnahme des Medikaments zu haben.

Julia Demann: Es ist nicht so einfach, wenn man so ein Medikament nehmen muss - aber es ist durchaus machbar. Conny wurde eine Hälfte der Schilddrüse entfernt. Es gibt aber auch Leute, die uns geschrieben haben, die gar keine Schilddrüse mehr haben. Jutta zum Beispiel. Sie fragt:

Mir wurde L-Thyroxin, Kalzium und Vitamin D verschrieben. Gibt es außerdem ernährungstechnisch etwas zu beachten?

Dr. Viola Andresen: Eigentlich nicht. Der Jodgehalt der Ernährung ist in dem Fall egal, weil die Schilddrüse nicht mehr da ist, das ursprüngliche Organ. Ansonsten empfehlen wir einfach eine ganz gesunde, ausgewogene Ernährung, wie in jedem anderen Fall auch. Eine Besonderheit ist vielleicht noch, dass an der Schilddrüse auch noch die sogenannten Nebenschilddrüsen sitzen. Das sind erbsengroße Extradrüsen, die für den Kalziumstoffwechsel zuständig sind. Und manchmal passiert es, dass man bei dieser Operation auch die Nebenschilddrüsen mit erwischt. Und da kann es besonders wichtig sein, dass man den ganzen Kalziumhaushalt anschließend gut kontrolliert und entsprechend behandelt.

Wie ist das, wenn man dazu noch hormonelle Schwankungen hat plus oder durch Menopause dazu?

Julia Demann: Das fragt Jazzy.

Dr Viola Andresen: Die Schilddrüse muss durch die Schilddrüsenhormonbehandlung kontrolliert werden. Das macht man regelmäßig, um den individuellen Bedarf abzuschätzen. Und die Menopausenhormonschwankungen dazu. Das sind unterschiedliche Dinge, wo es keine besonderen Extramaßnahmen gibt.

Julia Demann: Aber kann man da ernährungstechnisch etwas machen, dass sich das besser aushalten lässt?

Dr. Viola Andresen: Das wäre ja das ganze Thema Hormonschwankungen der Wechseljahre. Aber das ist unabhängig von der Schilddrüse, das meine ich. Die Schilddrüse, die wird mit den Hormonen reguliert. Und ansonsten gilt natürlich wie immer: eine ausgewogene Ernährung.

Zu große Schilddrüse: Jodmangelstruma

Julia Demann: Es gibt natürlich auch Leute, die einfach eine zu große Schilddrüse haben. Ich glaube, das hattest du eben schon mal angesprochen, das Struma. Dazu schreibt uns Rainer:

Meine Schilddrüse ist ungewöhnlich groß. Habe laut Untersuchungen keine Fehlfunktion. Kann sie durch lange schlechte Ernährung so groß geworden sein?

Dr. Viola Andresen: Ja, das ist der klassische Fall, wahrscheinlich eine Jodmangelstruma. Langjähriger Jodmangel führt dazu, dass die Schilddrüse versucht, durch Wachstum einfach trotzdem genug Hormone zu produzieren. Und solange noch keine Fehlfunktion besteht, ist das zu einem gewissen Grad rückbildungsfähig - wenn man Jod ergänzt und idealerweise noch Schilddrüsenhormone, um diesen Wachstumsreiz zu hemmen. Letztendlich haben wir in Deutschland ein Jodmangelgebiet, das ist bekannt, insbesondere in Süddeutschland, wo man nicht so viel Seefisch hat. Heutzutage wird viel ergänzt, durch Jodsalz beispielsweise. Man kann natürlich auch Jod als Supplement nehmen, dann kommt man schon in aller Regel ganz gut über die Runden. Aber wenn man die Zahlen liest, wo wie viel Jod enthalten ist, sind wir immer noch eher so im unteren Bereich.

Julia Demann: Aber man muss natürlich bei den Nahrungsergänzungsmitteln aufpassen, dass es dann nicht zu viel wird.

Dr. Viola Andresen: Ja, aber in anderen Ländern, zum Beispiel in der Schweiz, hat man schon vor vielen Jahren angefangen, Jod auch dem Trinkwasser zuzusetzen, weil man wusste, in der Schweiz ist kein Meer in der Nähe und kein Seefisch. Und in Deutschland hat man jahrelang gar nichts gemacht und hat immer zugeguckt, wie die Menschen ihre Struma bekommen. Das ist insbesondere in den Regionen Bayern und Baden Württemberg noch besonders ausgeprägt. Das Jodsalz haben wir auch noch gar nicht so lange im Handel. Insofern ist es gut, ein Bewusstsein dafür zu haben, dass man auf die Jodzufuhr achtet.

Ernährung bei Schilddrüsenüberfunktion

Julia Demann: Es gibt ja Überfunktion und Unterfunktion. Fangen wir mal mit der Überfunktion an: Das kann Beschwerden machen wie Herzrhythmusstörungen, hohen Blutdruck, man kann sich nervös fühlen, schwitzt viel, kann auch Gewicht verlieren bis hin ins Untergewicht, Haarausfall, Durchfall, weil einfach der ganze Stoffwechsel ja wirklich erhöht ist. Frauen können Zyklusstörungen haben, Stimmungsschwankungen sind auch nicht selten, Erschöpfung und Schlafstörungen. Das sind alles die Symptome - und das kennt auch Nathalie. Gerade diese Schlafstörungen.

Womit kann ich meine Schlafprobleme positiv beeinflussen? Magnesium, bestimmte Tees, zum Beispiel Frauenmantel? Wie oft und wann sollte ich das dann zu mir nehmen?

Dr. Viola Andresen: Wenn diese Schlafstörungen aufgrund einer Schilddrüsenüberfunktion bestehen, dann ist der erste und wichtigste Schritt, dass man diese Schilddrüsenüberfunktion behandelt. Das kann man machen, indem man Medikamente gibt, die die Schilddrüsenfunktion hemmen und dadurch die Hormone wieder ins Gleichgewicht kommen. Ich glaube, das ist die Basis von allem. Natürlich kann man dann ergänzend noch Dinge tun, die dem Schlaf förderlich sind. Da gibt es tatsächlich diesen alten Klassiker, heiße Milch mit Honig, der helfen soll. Milch hat Tryptophananteile als Vorstufe des Serotonins, was wichtig ist für die Schlafregulation beispielsweise. Das ist in Studien gezeigt, dass das helfen kann. Ansonsten gibt es natürlich die typischen Kräutertees, die helfen können: Baldrian, Lavendel, Melisse abends zu trinken. Und dann gibt es natürlich unendlich viele andere Tipps - Schlafrituale, Yogaübungen, Entspannung, abends nicht mehr vom Bildschirm sitzen, lieber mal ein Buch lesen - die auch helfen können bei Schlafstörungen.

Julia Demann: Okay. Maggi schreibt uns, sie hat eine latente Hyperthyreose, Fachbegriff für Überfunktion. Die ist gerade bei ihr festgestellt worden beim Kardiologen, weil sie ab und zu so Druck unterm Brustbein hat und Hitzewallungen. Was kann sie damit Ernährung tun?

Dr. Viola Andresen: Erst mal hier einen Schritt zurückgehen. Was ist der Grund für diese Überfunktion? Muss man erst mal klären. Studien zeigen tatsächlich, dass einer der häufigsten Gründe durchaus eine Fehleinstellung mit Schilddrüsenhormonen ist. Das muss man auch immer gucken: Hat jemand schon eine Hormontherapie und ist die vielleicht überdosiert? Ansonsten muss das auch unbedingt behandelt werden, weil natürlich eine Überfunktion auch gravierendere Folgen haben kann. Neben einem Hitzegefühl können auch Herzrhythmusstörungen entstehen. Das heißt, das sollte man auf jeden Fall auch medikamentös angehen. Mit Ernährung kann man natürlich auch unterstützend tätig werden, aber die reine Überfunktion kriegt man mit der Ernährung nicht behandelt.

Empfehlungen bei Morbus Basedow

Julia Demann: Das ist eine wichtige Information. Gesunde Ernährung ist sowieso wichtig, aber da muss man dann halt doch Medikamente nehmen.

Wenn die Schilddrüse mehr produziert, als sie soll, dann kann auch manchmal eine Autoimmunerkrankung dahinter stecken. Zum Beispiel Morbus Basedow. Der Körper bildet Antikörper gegen bestimmte Teile der Schilddrüse. Und das regt dann die Schilddrüse dazu an, dass sie mehr Hormone produziert, und sorgt auch dafür, dass sie größer wird. Daraus folgt dann eine Schilddrüsenüberfunktion, die häufig eine Struma mit sich bringt. Und gut die Hälfte der Menschen, die an Basedow leiden, entwickeln auch eine hormonbedingte Augenhöhlenerkrankung, oder?

Dr. Viola Andresen: Morbus Basedow ist eine fiese Erkrankung. Im Grunde bildet der Körper Antikörper, die genau an der Stelle andocken, wo normalerweise das Wachstumsstimulationshormon TSH andockt. Und deswegen produziert die Schilddrüse mehr Hormone, sie wächst. Aber die gleichen Antikörper können auch in anderen Körpergeweben andocken und dort zu einem Wachstum führen. Und das ist diese berühmte Orbitopathie, diese Augenhöhlenerkrankung, da kommt es zu einer Gewebevermehrung. Die Augen treten heraus, werden richtig prall, und die Patienten haben auch Schmerzen. Das ist unangenehm - und das ist völlig unabhängig von der eigentlichen Schilddrüsenfunktion, sondern es liegt nur an diesen Antikörpern.

Julia Demann: Martina hat uns zu Morbus Basedow gefragt:

Wie ist das denn, wenn man für die ganze Familie kocht? Ist es für gesunde Kinder okay, wenn man Salz ohne Jod nimmt? Oder soll man die Gerichte separat kochen? Soll man Fleisch meiden, wenn man Morbus Basedow hat?

Dr. Viola Andresen: Grundsätzlich ist es so, dass natürlich ein Jodüberschuss bei Basedow ein Problem sein könnte. In der normalen Ernährung ist meistens gar nicht so viel Jod drin, das hatten wir ja schon. Wir haben ja einen Jodmangel in der Ernährung, so dass das oftmals kein Problem ist. Man würde empfehlen, nicht noch zusätzlich Jod zuzusetzen, also normales Salz zu nehmen und kein Jodsalz - und die Kinder vielleicht anders mit Jod zu versorgen. Oder man salzt einfach getrennt. Das ist am allereinfachsten, jeweils sein eigenes Gericht. Da würde man schon drauf achten. Man kann deswegen trotzdem Fleisch essen. Das ist sicherlich nicht der Faktor. Hier auch wieder der große Hinweis: Aufpassen auf Medikamente, die Jod enthalten, oder auf Kontrastmittelgabe, das kann auch bei Basedow ein Riesenproblem sein.

Julia Demann: Wir hatten das jetzt gerade schon mal mit dem Fleisch. Dazu fragt Sabine auch, ob es sinnvoll ist,

... sich vegan zu ernähren und auch glutenfrei. Und welche Supplements, also welche Nahrungsergänzungsmittel man zusätzlich noch nehmen sollte. Selen, Magnesium - und wie sieht es mit Nachtschattengewächsen aus?

Dr. Viola Andresen: Ich glaube, man muss da unterscheiden. Die Frage beinhaltet sozusagen mehrere Ziele. Selen als Nahrungsergänzungsmittel wird tatsächlich empfohlen, insbesondere auch zur Behandlung dieser Augenhöhlenerkrankung. Da ist in Studien gezeigt, dass das hilfreich ist. Also, Selen zu ergänzen ist sinnvoll, zumal wir auch nicht besonders viel Selen in unserer Ernährung haben. Es gibt Nahrungsmittel, die selenreich sind, Nüsse, Avocado, aber auch da - um auf die ausreichende Menge zu kommen, empfehlen wir Supplemente. Die anderen Dinge, die sie angesprochen hat, mit der Frage glutenfrei, vegan ... Da muss man ganz klar sagen, gibt es eigentlich keine Daten. Es gibt natürlich diese Konzepte, dass Autoimmunerkrankungen getriggert werden könnten durch bestimmte Dinge, etwa durch Darmbarrierestörungen, wo Gluten eine Rolle spielen kann. Aber das ist, wenn die Erkrankung schon ausgebrochen ist, auch nicht klar, ob Verzicht jetzt wirklich was bringt. Insofern kann man selbst individuell gucken: Hat man Unverträglichkeiten? Es ist auf gar keinen Fall ein Muss für jedermann mit Basedow, diese Dinge alle wegzulassen.

Julia Demann: Ist Morbus Basedow grundsätzlich heilbar?

Dr. Viola Andresen: Morbus Basedow behandelt man typischerweise mit Medikamenten. Man hat ja eine Überfunktion. Man muss die Schilddrüse quasi bremsen durch Thyreostatika. Das macht man für eine ganze Weile. Und es gibt Menschen, da kann sich das wieder verlieren nach einigen Jahren, so dass keine Schilddrüsenüberfunktion mehr besteht. Und wenn das nicht der Fall ist, dann muss man das tatsächlich auch endgültig behandeln mit der sogenannten Radiojodbehandlung: dass das Schilddrüsengewebe so zerstört wird, dass die Überfunktion dauerhaft behandelt ist. Aber ja, es gibt auch Menschen, wo sich das wieder zurückbilden kann.

Empfehlungen bei Schilddrüsenunterfunktion

Julia Demann: Jetzt haben wir ja viel über Überfunktion gesprochen, aber es gibt auch das Gegenteil, die Unterfunktion. Und dazu haben uns auch sehr viele Fragen erreicht. In Deutschland ist das eine der häufigsten hormonell bedingten Erkrankungen, die sich auch oft erst im Laufe des Lebens herausbildet. Frauen sind davon viel häufiger betroffen als Männer. Warum ist das so?

Dr. Viola Andresen: Weil die häufigste Ursache für die Unterfunktion die sogenannte Hashimoto-Thyreoditis ist. Das ist eine Autoimmunerkrankung, Und diese Erkrankung ist, wie eigentlich alle Autoimmunerkrankungen, häufiger bei Frauen. Es ist nicht geklärt, warum das so ist. Wahrscheinlich haben Frauen einfach ein aktiveres Immunsystem. Es wird diskutiert, dass es an dem doppelten X-Chromosom liegt - dass einfach mehr Gene vorhanden sind, die im Immunsystem tätig sind, und deswegen eine Überaktivierung des Immunsystems bei Frauen häufiger ist als bei Männern.

Julia Demann: Melanie beschreibt ihre Geschichte.

Als Teenager wurde bei einer Routineuntersuchung eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt. Ich wurde zum Facharzt geschickt und bekam ein Medikament, L-Thyroxin, sowie den Hinweis, mit jodhaltigem Salz zu kochen, an die Hand. Weitere Informationen gab es auch bei den Folgeuntersuchungen nicht. Stimmten die Blutwerte, gab es Medikamenten-Rezept für ein weiteres Jahr. Mich würde daher interessieren, worauf ich bei der Ernährung achten soll.

Dr. Viola Andresen: Man weiß natürlich nicht, ob der Arzt noch mehr Werte bestimmt hat. Das, was sie schildert, wäre das, was wir schon besprochen haben - diese berühmte Jodmangelstruma. Das heißt, man hat eine Unterfunktion. Die Schilddrüse hat aber auch vielleicht schon eine Vergrößerung. Man hat die Kombination aus Jod plus Schilddrüsenhormon, um die Schilddrüse wieder ins Lot zu bringen. Aber natürlich muss man auch gucken, ob eventuell eine Hashimoto-Erkrankung dahintersteckt, und dazu muss man die speziellen Antikörper untersuchen lassen, sogenannten TPO-Antikörper, die eben genau diese Hashimoto-Erkrankungen diagnostizieren können. Um einfach zu wissen: Wie ist überhaupt langfristig die Perspektive mit der Schilddrüsenfunktion? Wenn es eine Hashimoto-Thyreoditis ist, haben wir natürlich schon das Konzept. Es ist eine Autoimmunerkrankung, und hier empfehlen wir auf jeden Fall eine antientzündliche Ernährung. Da haben wir ja viele Informationen, auch auf der auf der Homepage der Ernährungs-Docs, zu Autoimmun, zu antientzündlich, Hashimoto auch im Speziellen sind viele Ernährungstipps. Dazu gehört das Meiden von Schweinefleisch, Weißmehlprodukten, Zucker, vor allen Dingen auch Meiden von Zusatzstoffen. Das sind alles die Dinge, die haben wir auch schon oft als Thema im Podcast gehabt, die man unterstützend auf jeden Fall machen kann.

Julia Demann: Kleeblatt hat uns geschrieben ...

... ob es möglich ist, Schilddrüsentabletten / L-Thyroxin bei einer klassischen Unterfunktion durch gezielte Ernährung auch komplett weglassen zu können?

Julia Demann: Weil sie eher viele Nachteile gehört hat.

Dr. Viola Andresen: Man kann die Schilddrüsentabletten nicht durch Jod ersetzen. Die Hormone enthalten Jod, aber Jod ist kein Schilddrüsenhormon, insofern kriegt man das mit der Ernährung allein nicht hin. Die Tabletten sind eigentlich ein Segen, aber sie sind, wie ich schon ansprach, manchmal schwer zu steuern. Das heißt, man muss bei jedem Menschen die ideale Dosis finden: Man muss am Anfang Medikamente geben, regelmäßig Blutwerte kontrollieren, bis man die ideale Einstellung gefunden hat - und im Laufe des Lebens immer weiter regelmäßig kontrollieren. Weil sich auch der Bedarf der Hormone ändern kann, die Restfunktion der Schilddrüse ändert sich. Das heißt, man muss das immer im Blick behalten. Das ist nicht so nach dem Motto: Einmal eine Tablette bekommen und dann guckt nie wieder einer nach. Das ist schon eine Dauerbetreuung. Aber man kriegt das alleine durch Ernährung nicht hin.

Julia Demann: Ja, ist schade, aber das muss man an dieser Stelle einfach auch mal so deutlich sagen. Prünn hat uns geschrieben, er oder sie hat auch eine Unterfunktion, nimmt ein bestimmtes Medikament in einer bestimmten Dosierung und hat aber durch - und da mal wieder ein kleines Lob an euch - durch eure wunderbaren Tipps zehn Kilo abgenommen und hat jetzt das Schilddrüsenmedikament auf die Hälfte reduziert. Und jetzt wollte sie wissen, ob das ratsam ist, das zu reduzieren. Sie fühlt sich wohl und wird jetzt aber demnächst auch die Schilddrüsenwerte noch mal kontrollieren lassen. Und ob sie da ernährungstechnisch noch irgendwas machen kann.

Dr. Viola Andresen: Also, ganz wichtig: Man sollte die Medikamente nicht eigenhändig absetzen, ohne dass man eine Kontrolle der Werte vorher hat! Also nicht erst absetzen und dann irgendwann mal kontrollieren. Das ist, glaube ich, eine wichtige Botschaft, denn man kann schon wieder in eine Unterfunktion rutschen, wenn sie das einfach eigenhändig macht. Und manchmal kommt das subjektive Empfinden der Unterfunktion auch etwas verzögert. Das heißt, man hat schon eine Unterfunktion und merkt das am Anfang vielleicht noch gar nicht, weil es auch so unspezifisch ist. Ein bisschen Müdigkeit zum Beispiel. Da würde ich auf jeden Fall sagen: immer regelmäßig kontrollieren! Und ernährungstechnisch unterstützen - im Grunde genommen eine allgemein gesunde Ernährung.

Julia Demann: Vielleicht noch mal so ganz kurz allgemein: Was sind die Basics für eine gesunde Ernährung?

Dr. Viola Andresen: Auf jeden Fall haben wir immer wieder das Thema Gemüse, Gemüse, Gemüse, Ballaststoffe, gesunde Ernährung fürs Darmmikrobiom, wenig Fleisch, idealerweise weißes Fleisch, regelmäßig in Maßen auch etwas Fisch, Meiden von Zucker, Meiden von Zusatzstoffen, Meiden von hoch industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln. Also am besten selber frisch kochen. Das sind, glaube ich, wichtige Dinge. Meiden von Alkohol, das ist, glaube ich, etwas, was auch immer wieder mal betont werden muss. Viele Menschen trinken eigentlich viel zu viel Alkohol, idealerweise trinkt man gar keinen. Und insgesamt genug trinken, am besten Wasser oder Tee. Das sind so Dinge, glaube ich, die allgemein für alle gelten können.

Julia Demann: Vor allem bunt und vielfältig essen.

Dr. Viola Andresen: Genau.

Julia Demann: Marie aus Hamburg schreibt uns. Sie ist um die 40, hat zwei Schwangerschaften hinter sich und bei ihrem Gesundheits-Checkup wurde festgestellt, dass der TSH-Wert bei 17 liegt. Das ist, glaube ich, relativ hoch.

Dr. Viola Andresen: Ja, auf jeden Fall.

Julia Demann: Sie hat aber keine besonderen Symptome außer Müdigkeit, wo sie sagt, das sei aber auch normal mit zwei Kindern und Vollzeitjob. Das, glaube ich, kann man auf jeden Fall nachempfinden. Sie hat aber auch Schwierigkeiten abzunehmen, obwohl sie dreimal die Woche laufen geht. Wie kann sie die Ernährung optimieren, um die Funktion der Schilddrüse zu unterstützen? Und sie fragt : Muss es behandelt werden - oder kann sie das vermeiden?

Dr. Viola Andresen: Also, der Wert von 17 ist ganz klar ein Anhalt für eine Schilddrüsenunterfunktion. Da wird man auf jeden Fall weitere Werte untersuchen müssen. TSH ist das Hormon, was die Schilddrüse antreibt, Hormone zu produzieren. Und wenn die Schilddrüse eine Unterfunktion hat, dann wird das TSH hochreguliert. Das heißt, hohe Werte sprechen für eine schwache Schilddrüsenfunktion. Wie ausgeprägt die ist, kann man aber im nächsten Schritt erst feststellen, wenn man auch noch mal die Hormone selber misst. Das T3 und T4, das wäre der nächste Schritt. Dann muss man gucken: Ist das hier eine Hashimoto-Unterfunktion oder eine andere Art von Unterfunktion? Das muss man auf jeden Fall behandeln, da wird man nicht drumrumkommen, auch Hormone zu ersetzen. Gerade bei den Beschwerden, die sie angibt - Müdigkeit, Schwierigkeiten, Gewicht abzunehmen -, das sind ganz klassische Ausprägungen einer Schilddrüsenunterfunktion. Wenn Hashimoto vorliegt, empfehlen wir die antientzündliche Ernährung. Bei Müdigkeit ist natürlich auch wichtig, dass man energiereiche und nährstoffreiche Ernährung hat. Viel Eiweiß, gutes Gemüse, wenig unnütze Kalorien wie Süßigkeiten, Chips und so was. Im Grunde, was wir für viele Erkrankungen empfehlen. Aber das ist hier auch ganz vordergründig wichtig.

Ernährung bei Hashimoto

Julia Demann: Wir haben Hashimoto schon sehr oft angesprochen, weil das häufig in eine Unterfunktion mündet. Jetzt geht es aber noch mal explizit um Hashimoto. Da haben uns auch wirklich mit Abstand die meisten Fragen zu erreicht. Wir haben auch schon gesagt, es ist eine Autoimmunerkrankung. Es ist eine chronische Schilddrüsenentzündung, oder?

Dr. Viola Andresen: Genau. Das Interessante, aber auch das Tückische ist: Es ist nicht nur eine Erkrankung der Schilddrüse, sondern es ist eine generalisierte Autoimmunerkrankung. Und deswegen haben wir einerseits das Problem, dass wir eine Schilddrüsenunterfunktion haben können bei Hashimoto, die auch für Symptome verantwortlich ist. Aber selbst bei einer gut eingestellten Schilddrüsenfunktion haben die Patienten mit Hashimoto häufig noch Restbeschwerden wie Müdigkeit, Erschöpfung, diesen Brainfog. Das ist oft auch getrennt zu betrachten und auch nicht immer so einfach zu behandeln.

Julia Demann: Und der Stoffwechsel ist verlangsamt. Das heißt, viele haben auch Probleme mit der Gewichtskontrolle oder nehmen zu oder haben Schwierigkeiten, abzunehmen. Gehen wir mal in die Fragen zu Hashimoto. Steffi schreibt.

Ich habe gehört, dass die dauerhafte Einnahme der L-Thyroxin-Hormone nicht gut sein soll. Stimmt das? Ist es ratsam, die Dosis nach und nach natürlich unter ärztlicher Aufsicht zu reduzieren und mit einer Ernährungstherapie auszugleichen? Kann man Hashimoto also alleine mit der Ernährung wieder in den Griff bekommen?

Dr. Viola Andresen: Hashimoto hat unterschiedliche Phasen. Das heißt, gerade am Anfang einer Hashimoto-Erkrankung kann es sogar eine Schilddrüsenüberfunktion geben durch die Entzündung und die Aktivität in der Schilddrüse. Und es gibt auch Hashimoto mit einer normalen Schilddrüsenfunktion. Und erst chronisch, weil nach und nach Schilddrüsengewebe zerstört wird, kommt es zu einer Unterfunktion.
Das Problem mit dem Übergewicht ist auch so ein bisschen ein Henne-Ei-Ding, weil wir wissen, dass Übergewicht auch das Risiko erhöht, Hashimoto überhaupt zu entwickeln. Das heißt, viele Menschen haben vorher schon Übergewicht und bekommen dann erst Hashimoto, es ist nicht so, dass immer Hashimoto schuld ist am Übergewicht. Da ist auch eine gewisse Beziehung zu sehen. Wenn man eine Unterfunktion der Schilddrüse hat, dann müssen wir Schilddrüsenhormone geben. Man kann getrennt davon noch versuchen, die Entzündung in der Schilddrüse durch eine antientzündliche Ernährung günstig zu beeinflussen. Aber das ersetzt nicht die Hormontherapie.

Julia Demann: Dazu hat uns auch noch eine weitere Frage erreicht. TH schreibt uns, sie nimmt L-Thyroxin, dieses Schilddrüsenhormon:

Wäre es sinnvoll, Jod als Nahrungsergänzung zu nehmen, um auf die Tablette verzichten zu können?

Dr. Viola Andresen: Bei Hashimoto ist die Jodversorgung gar nicht das Thema. Im Gegenteil, wir wissen, dass zu viel Jod sogar Hashimoto verschlimmern kann oder auslösen kann. Anders eine Schilddrüsenunterfunktion ohne Hashimoto, die auf Jodmangel basiert. Da ist die Ergänzung von Jod durchaus sinnvoll.

Julia Demann: Das heißt, jodiertes Speisesalz ist bei Hashimoto dann auch durchaus gut?

Dr. Viola Andresen: Also man muss es nicht da zusetzen, weil Hashimoto nicht durch Jodmangel induziert wird. Zu viel Jod kann sogar Hashimoto verschlimmern! Deswegen empfehlen wir bei Hashimoto speziell keine extra Jodzufuhr. Aber die normale Ernährung hat nicht so viel Jod, dass die problematisch wäre. Insofern kann man da relativ sorgenlos sein. Aber man sollte nicht extra überall Jodquellen suchen. Das wäre eher ein Fehler.

Julia Demann: Lotte fragt, ob sie ...

... bei Hashimoto bedenkenlos Sushi essen kann?

Dr. Viola Andresen: Das hängt von der Menge ab. Seefisch hat recht viel Jod und kann ein Problem sein. Wie gesagt, bei Hashimoto wollen wir nicht zu viel Jod haben, aber wenn man in normalen Maßen Fisch und Sushi isst, dann ist das wahrscheinlich unbedenklich. Was sicherlich ein Problem sein könnte, wäre sehr algenreiches Essen. Bei Algenölen, da sollte man auf die Herstellung achten. Die in Meerwasser gezüchteten Algen haben eher viel Jod. Aber haben sie spezielle Herstellungsverfahren, die jodarm sind? Das steht in der Regel auf der Packungsbeilage.

Hashimoto in Kombination mit anderen Erkrankungen

Julia Demann: Melanie hat offensichtlich Diabetes Typ 2 mit Hashimoto und fragt, ob man, wenn man über 50 ist, da durch eine Ernährungsumstellung das Ganze in den Griff bekommen kann. Und wenn die Familie mitziehen muss. Das Thema hatten wir auch schon mal, wie kriegt man das hin?

Dr. Viola Andresen: Das ist eine etwas komplexere Situation. Grundsätzlich sollte man abklären, wie die Schilddrüsenfunktion ist. Die ist bei Hashimoto ja auch durchaus mal normal. Da muss keine Unterfunktion sein. Wenn eine Unterfunktion besteht, sollte die auch behandelt werden, weil auch dadurch eine Gewichtsabnahme verbessert werden kann, die dann auch günstig ist für den Typ-2-Diabetes, der ja typischerweise assoziiert ist mit Übergewicht oder vermehrtem Bauchfett. Umgekehrt wird auch eine Gewichtsabnahme als günstig angesehen zur Behandlung der Hashimoto-Erkrankung. Da gibt es verschiedene Methoden. Intervallfasten ist eine der Methoden, die als besonders erfolgreich gilt.

Ja, wie man die Familie mitzieht, das ist sicherlich ein bisschen davon abhängig ... Grundsätzlich glaube ich, ist gesunde Ernährung etwas für jedermann ist, egal, ob man schon eine Erkrankung hat. Man kann eben auch vorbeugen, damit man keine Erkrankungen bekommt. Das heißt, Ernährungsumstellung lohnt sich eigentlich zu jedem Zeitpunkt im Leben. Schon bei Kindern kann man anfangen, es lohnt sich auf jeden Fall. Und notfalls sollte man eine Ernährungsberatung mit hinzuziehen. Es gibt sehr viele Bücher, wir haben sehr viele Tipps auf der Ernährungs-Docs-Homepage. Also auf jeden Fall angehen. Das ist eine tolle Motivation. Man kann mehrere Dinge auf einmal günstig beeinflussen.

Julia Demann: Wie man die Familie dazu motivieren kann, mitzumachen, dazu haben wir uns tatsächlich in einer unserer Community-Folgen auch sehr viele Fragen erreicht. Und zwar war das die Folge Nummer 23, Da kann man gerne auch noch mal reinhören. Da hat Silja sehr viele Tipps gegeben, wie es funktioniert, die Familie zu motivieren.

Ernährungs-Doc Dr. Silja Schäfer © NDR Foto: Moritz Schwarz

(23) So klappt die Ernährungsumstellung - Dr. Silja Schäfer beantwortet Eure Fragen

Sendung: Die Ernährungs-Docs – Essen als Medizin | 03.01.2024 | 12:00 Uhr
55 Min | Verfügbar bis 02.01.2029

Zum Start ins neue Jahr nehmen wir uns oft einiges vor. "Gesündere Ernährung" oder "Abnehmen" rangiert regelmäßig mit in den Toplisten der guten Vorsätze. Aber in der Praxis gibt es allerhand Hürden. Wann, wie, womit fange ich überhaupt an - und wie halte ich durch? Wie kann es mit so einer Ernährungsumstellung nachhaltig klappen? Ernährungs-Doc Silja Schäfer beantwortet im Gespräch mit Julia Demann Eure Fragen.

Themen sind u. a.:

Wann und womit beginnen? (ab 02'32)
Was ein Ernährungsprotokoll bringt (ab 03'38)
Was tun bei mehreren Krankheiten? (ab 06'22)
Portionsgrößen und Sattwerden (ab 10'55)
Rückfall in alte Muster (ab 13'21)
Cheat-Days (ab 17'16)
Heißhungerattacken (ab 18'56)
Zuckerersatz und Lightprodukte (ab 28'28)
Wie kochen, wenn jede/r im Haushalt was Unterschiedliches braucht? (ab 30'39)
Keine Zeit zu kochen (ab 39'29)?
Was tun, wenn der Erfolg ausbleibt? (ab 43'41)?
Nährstoffversorgung (ab 50'32)

Links & Infos:

Alle Fragen und Antworten des Podcasts zum Nachlesen:
https://www.ndr.de/podcastskript100.html

Ernährungsprotokoll-Vorlage (PDF):
https://www.ndr.de/ernaehrungstagebuch102.pdf

Ernährungstagebuch - so nutzt man es:
https://www.ndr.de/ernaehrungstagebuch100.html

Ernährungsumstellung: Tipps und Fahrplan:
https://www.ndr.de/ernaehrungsumstellung100.html

Alle Ernährungslisten nach Krankheit A-Z
(auch zum Herunterladen im PDF-Format):
https://www.ndr.de/therapieindex100.html

Intervallfasten und Entlastungstage:
https://www.ndr.de/fasten224.html

Zuckerersatz: Wie gut sind Xylit, Stevia, Erythrit und Co.?
https://www.ndr.de/zuckerersatz108.html

Heißhunger: Wie man ihn erkennt und was man dagegen tun kann
https://www.ndr.de/heisshunger100.html

Bauchfett loswerden:
https://www.ndr.de/uebergewicht154.html

Die richtige Menge Eiweiß essen:
https://www.ndr.de/eiweiss102.html

Diese Informationen ersetzen keine individuelle ernährungsmedizinische Beratung.

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An dieser Ernährungs-Docs-Folge waren beteiligt:
Host: Julia Demann
Autorin: Britta Probol
Produktion: Dominik Wegmann, Philip Kettenmann
Redaktion: Anna Kohout, Claudia Gromer-Britz

Petra schreibt uns, sie hat sehr viele Probleme. Sie hat offensichtlich auch Hashimoto, hat Diabetes, der behandelt wird, erhöhte Hansäurewerte, allerdings noch keinen Gichtanfall, wiegt 84 Kilo bei 1,62 Meter - und sie weiß überhaupt gar nicht, was alles gut ist, weniger gut ist oder schlecht ist, außer Fleisch und Alkohol.

Dr. Viola Andresen: Da würde man sicherlich auch eine individuelle Ernährungsberatung empfehlen, um da alle Aspekte richtig in den Blick zu nehmen. Natürlich muss man gucken, wie ist die Schilddrüsenfunktion derzeit? Muss die behandelt werden? Denn bei der Harnsäure empfehlen wir immer, dass man eher langsam abnimmt und keine Radikaldiäten macht, um Gichtanfälle zu vermeiden. Natürlich haben wir diesen ganzen Aspekt kohlenhydratreduziert aufgrund des Prädiabetes, Metformin wird eingenommen, das heißt eine Insulinresistenz besteht, vermutlich eine vermehrte Bauchfettansammlung. Dass man da gezielt Ernährungsmaßnahmen ergreift, wie zum Beispiel Intervallfasten, Insulin-Trennkost, Dinge, die da ansetzen. Eher langsam abnehmen - und wie gesagt, ich glaube, da sollte man auf jeden Fall eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.

Julia Demann: Ja, das ist, glaube ich, häufig bei Leuten der Fall, die einfach viele verschiedene Dinge haben. Annette geht es auch so Sie hat zusätzlich zu Hashimoto, Depressionen, Fibromyalgie und Arthrose und fühlt sich häufig erschöpft, nicht leistungsfähig. Was kann ihr da helfen?

Dr. Viola Andresen: Diese Patientin schildert etwas, was wir häufig sehen. Hashimoto ist oft vergesellschaftet mit Begleitsymptomen wie eben Depressionen, Fibromyalgie, Arthrose, völlig unabhängig von der eigentlichen Schilddrüsenfunktion. Die können wir oft ins Lot bringen - und trotzdem bleiben andere Symptome zurück. Und da haben wir natürlich das Konzept unserer antientzündlichen, nährstoffreichen Ernährung. Was helfen kann, insbesondere bei Brainfog, ist Kohlenhydrate reduzieren, sodass man Blutzuckerspitzen vermeidet, den Insulinspiegel senkt. Das kann oft gerade bei Erschöpfungssituationen helfen. Und dass man gesunde, gute Nährstoffe zu sich nimmt. Also viel Gemüse, kein Zucker, keine Zusatzstoffe. Diese ganzen leeren Kalorien meidet, das kann unterstützen.

Schilddrüse und Intervallfasten

Julia Demann: Was ihr auch häufig ratet, wenn man Gewicht abnehmen möchte, ist Intervallfasten. In der Fernsehfolge 17 zum Beispiel hattet ihr das Tanja geraten, die Hashimoto hat. Jetzt schreibt uns aber Anne. Sie hat in einem Ratgeber für Hashimoto gelesen, dass man kein Intervallfasten machen soll, weil der Blutzuckerspiegel nicht so weit runtergehen darf, weil dadurch die Schilddrüse streiken würde. Und sie hat in zwei Jahren 20 Kilo zugenommen, durch Hashimoto und weil sie mit dem Rauchen aufgehört hat - an dieser Stelle: Das ist natürlich super! Aber wir wissen, dass das auch häufig dann zum Snacken verleitet. Das will sie natürlich gerne ändern. Wie ist das mit dem Intervallfasten denn?

Dr. Viola Andresen: Ich weiß nicht, auf welchen Ratgeber sie verweist. Die allgemeinen Empfehlungen sind, dass Intervallfasten günstig ist bei Hashimoto. Es gibt auch gute Studien dazu. Unterzuckerungen können ja gerade auch entstehen nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten bei Insulinresistenz, da kann man auch anschließend in Unterzuckerung rutschen. Das heißt, das Intervallfasten ist ja oft eine Gegenbewegung gegen Unterzuckerungen, weil man langanhaltende Kohlenhydrate isst und andere Nährstoffe, die den Blutzuckerspiegel stabil halten. Ich glaube nicht, dass das ein sehr guter Ratgeber ist.

Julia Demann: Ich glaube, damit haben wir jetzt auf jeden Fall sehr geholfen. Elke fragt, ob die Einnahme ihres Schilddrüsenmedikaments das Intervallfasten unterbricht und welcher Abstand dann zum Frühstück liegen darf.

Dr. Viola Andresen: Das ist natürlich keine Unterbrechung. Eine Unterbrechung des Fastens ist es nur, wenn Nährstoffe eingenommen werden. Man soll das Medikament zusammen mit Wasser einnehmen, das heißt, man hat dann keine Unterbrechung des Intervallfastens. Im Gegenteil, es ist sogar günstig. Es sollen mindestens 30 Minuten bis zur nächsten Mahlzeit sein. Es darf aber auch mehr sein. Aber auch hier würde man empfehlen, dass man das jeden Tag ähnlich macht, damit man einen festen Ablauf hat: Wie nimmt man das Hormon ein? Wann ist die nächste Mahlzeit? Welchen Blutspiegel erreiche ich mit dieser Vorgehensweise? Jede Form von Änderung kann dann wieder eine Änderung ins System bringen - und dann muss man wieder neu kontrollieren und neu einstellen.

Julia Demann: Übergewicht ist ein Problem bei Hashimoto. Dazu haben uns sehr viele Fragen erreicht, auch dazu, wie man den Stoffwechsel noch ankurbeln kann, zum Beispiel durch Zitronenwasser oder Apfelessig am Morgen.

Dr. Viola Andresen: Das soll die Blutzuckeranstiege verringern, indem die Kohlenhydrate einfach langsamer verstoffwechselt werden. Und dadurch wird die Blutzuckerspitze reduziert und das kann günstig sein, um die Insulinspiegel niedrig zu halten. Aber es gibt natürlich noch andere Dinge. Wir haben ja viele Konzepte: Leberfasten, Haferkuren ... also viele Dinge, die auch zusätzlich günstig sind, um den Insulinspiegel zu reduzieren und dadurch den Stoffwechsel zu verbessern.

Julia Demann: Da kann man auch noch mal auf den Seiten der NDR Ernährungs-Docs gucken. Es gibt aber nicht nur das Übergewicht als Problem bei Hashimoto, auch Untergewicht kann ein Problem sein. Dazu hat uns Silvie geschrieben.

Ich habe eine Unterfunktion, Hashimoto. Obwohl medikamentös eingestellt, fühle ich mich müde und schlapp. Vor allem mein Gewicht ...

Julia Demann: Sie wiegt - das ist echt sehr, sehr wenig - 49 Kilogramm bei 1,74 Meter, problematisch. Sie nimmt so gut wie nichts zu.

Was muss sich ändern, damit Nährstoffe und Kalorien hängen bleiben?

Dr. Viola Andresen: Das finde ich eine entscheidende, wichtige Frage von dieser Patientin, weil das darauf hindeutet, dass sie vielleicht noch eine zweite Erkrankung hat. Wir wissen, dass Hashimoto häufig assoziiert ist mit anderen Autoimmunerkrankungen, insbesondere mit dieser berühmten Glutenerkrankung, der Zöliakie. Die Zöliakie sorgt dafür, dass die Dünndarmschleimhaut in der Struktur zerstört wird und die Nährstoffe nicht ausreichend aufgenommen werden können. Das heißt, die Konstellation, die die Patientin schildert, lässt bei mir die Alarmglocken angehen, dass sie vielleicht eine Zöliakie haben könnte. Das sollte man unbedingt abklären, um zu sehen, ob sie die Nährstoffe, die sie zu sich nimmt, überhaupt ausreichend aufnehmen kann.

Ernährungs-Doc Dr. Viola Andresen. © NDR Foto: Moritz Schwarz

(28) Wer auf Gluten verzichten muss - Dr. Viola Andresen über Zöliakie

Sendung: Die Ernährungs-Docs – Essen als Medizin | 13.03.2024 | 08:00 Uhr
44 Min | Verfügbar bis 13.03.2029

Janne H. leidet an einer Getreideunverträglichkeit, der sogenannten Zöliakie: Schon kleinste Mengen vom Klebereiweiß Gluten lösen in ihrer Dünndarm-Schleimhaut schwere Entzündungen aus, dadurch bilden sich die wichtigen Darmzotten zurück. Sie muss deshalb konsequent auf Gluten verzichten. Dr. Viola Andresen weiß, worauf Janne noch achten sollte, um ihre Beschwerden in den Griff zu bekommen.

Links & Infos:

Rezept "Brownies ohne Backen":
https://www.ndr.de/rezept2300.html

Weitere Rezepte bei Zöliakie:
https://www.ndr.de/zoeliakie154.html

Quiz: Was wissen Sie über Gluten und Weizen?
https://www.ndr.de/quiz11964.html

Zöliakie erkennen und behandeln:
https://www.ndr.de/zoeliakie100.html

Glutenfreie Ernährung bei Zöliakie:
https://www.ndr.de/gluten112.html

Für wen sind Lebensmittel ohne Gluten sinnvoll?
https://www.ndr.de/gluten126.html

Weizen-Unverträglichkeit: Was steckt dahinter?
https://www.ndr.de/weizenunvertraeglichkeit100.html

Jannes Fall im TV:
https://www.ndr.de/ernaehrungsdocs342.html

Diese Informationen ersetzen keine ernährungsmedizinische Beratung!

Unser Streaming-Tipp "42 - Die Antwort auf fast alles" in der ARD Mediathek:
https://www.ardmediathek.de/sendung/42-die-antwort-auf-fast-alles/Y3JpZDovL25kci5kZS80ODcx

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An dieser Ernährungs-Docs-Folge waren beteiligt:

Host: Julia Demann
Autorin: Britta Probol
Produktion: Philip Kettenmann
Redaktion: Anna Kohout, Claudia Gromer-Britz

Julia Demann: Wir haben sehr viele Fragen von Frauen bekommen, weil die einfach sehr häufig oder häufiger an Hashimoto leiden. Aber es gibt auch Männer, die daran leiden, wie Jan zum Beispiel in Fernsehfolge 60, da könnt ihr auch gerne noch mal reingucken. Hendryk hat uns geschrieben:

Ich habe eine Unterfunktion, gekoppelt mit Hashimoto.

Er ist 32, er wiegt 82 Kilogramm, scheint relativ sportlich zu sein. Er nimmt eine hohe Dosis von L-Thyroxin, 225 Mikrogramm, und er möchte gerne wissen, wie er seine Ernährung hinsichtlich Entzündungsreaktion optimieren kann und die ihn auch fit für den Sport machen kann. Also: die körperliche Leistung maximieren und die Müdigkeit den Müdigkeitsphasen entgegenwirken. Und er fragt auch, woher diese hohe Dosis kommt.

Dr. Viola Andresen: Das ist ein Mann, der macht viel Sport, der hat ein bestimmtes Körpergewicht, der braucht einfach viele Schilddrüsenhormone, um seinen Stoffwechsel im Normalzustand zu halten. Man richtet ja die Dosis der Hormon-Substitution nach dem Bedarf, und das kann man ja an diesem berühmten TSH-Wert immer kontrollieren. Hat der Körper genug, oder braucht er mehr - oder weniger? Das heißt, er hat damit sicherlich den Bedarf, den er braucht, und den kann man auch nicht einfach so reduzieren. Im Gegenteil, er macht ja sehr viel Sport. Letztlich muss er einerseits für den Kraftsport auf jeden Fall noch Eiweißquellen an Bord haben. Da empfehlen wir ja immer mageres, weißes Fleisch, zum Beispiel Hühnchen, Magerquark sind sehr günstig, lang wirksame Kohlenhydrate. Aber natürlich braucht er auch als Sportler ab und zu schnelle Kohlenhydrate. Die werden ja auch wieder verbraucht und die können dann auch tatsächlich bei Müdigkeitsphasen in dem Fall mal hilfreich sein.

Verträglichkeit bestimmter Lebensmittel bei Hashimoto

Julia Demann: Ich glaube, damit haben wir ihm auch einige Tipps geben können. Es haben uns auch Fragen erreicht dazu, welche Lebensmittel man nicht essen sollte. Linda zum Beispiel schreibt: Sie hat auch vor Kurzem die Diagnose Hashimoto bekommen und ihr fällt es schwer, sich so zu ernähren. Die Ärztin hat ihr wohl empfohlen, keine Lektine zu sich zu nehmen, auf Gluten zu verzichten, auf Zucker und auf Milchprodukte. Ja, sie ist so ein bisschen ratlos, was sie denn jetzt überhaupt noch essen kann.

Dr. Viola Andresen: Ja, das ist immer so eine schwierige Geschichte. Wir empfehlen insgesamt ja eine antientzündliche Ernährung, wo bestimmte Strategien empfohlen werden. Ich finde es trotzdem etwas problematisch, wenn man von vornherein alle möglichen Lebensmittelgruppen komplett streicht. Es ist so: Wir haben eine wichtige Darmbarriere und es gibt Stoffe, die können die Darmbarriere bei manchen Menschen stören. Dazu gehören auch Lektine oder Gluten. Aber das ist längst nicht bei allen der Fall! Und wir wollen eine gute Darmbarriere haben, um die Entzündungsreaktion im Körper zu reduzieren. Ich denke, da muss man im Einzelfall gucken: Ist diesr Stoff für mich persönlich ein Problem oder nicht? Lektine sind zum Beispiel in Hülsenfrüchten drin, die sind sehr gesund. Und die Lektine darin kann man durch Erhitzen so verändern, dass sie eigentlich kein Problem für die Darmbarriere sein sollten. Zucker ist sicherlich eine Sache, auf die können wir immer verzichten. Zucker ist nicht sinnvoll. Ganz wichtig auch: Weglassen von allen Zusatzstoffen und hoch verarbeiteten Lebensmitteln. Das haben wir schon oft in den Folgen hier betont. Und Meiden von Schweinefleisch, das ist ja auch als Entzündungstrigger bekannt. Alles andere würde ich eher sagen: in Maßen. Also Getreide eher als Vollkorngetreide, nicht als Weißmehl. Aber da ist auch durchaus Gluten in Ordnung - es sei denn, man hat eine Zöliakie. Das muss man natürlich separat abklären! Genauso wie Milchprodukte. Auch das ist nicht pauschal immer zu verteufeln. In Maßen können sie auch gesundheitsfördernd sein. Ich glaube, da muss man individuell gucken, wie die Situation ist.

Julia Demann: Ja, vielleicht kann sie auch von einer Ernährungsberatung profitieren.

Dr. Viola Andresen: Ja, genau. Ich glaube, das ist auch etwas, wo man ein bisschen vorsichtig sein muss. So viele Menschen bekommen Listen, was sie alles nicht essen dürfen - und am Ende sind sie völlig verunsichert und ernähren sich nur noch von drei Lebensmitteln. Und wir wissen, dass das auf jeden Fall schlecht ist! Das verarmt das Darmmikrobiom, das kann im Verlauf zu allen möglichen Erkrankungen führen. Also, diese ungerichtete Elimination [Weglassen] von vielen, vielen Lebensmitteln ist nicht sinnvoll.

Julia Demann: Wie ist das mit Soja, dazu haben uns auch Fragen erreicht von Tanja und Anja. Tanja verträgt keine Kuhmilch, hat aber auch gehört, dass Soja die Entzündung fördert - und Anja fragt, ob Soja, wenn es fermentiert ist in Form von Tofu, trotzdem entzündungsfördernd ist?

Dr. Viola Andresen: Soja kann Entzündungen fördern - aber auch nicht in jedem Fall. Aber was Soja tatsächlich macht: Es hat Einfluss auf die Schilddrüsenfunktion. Es kann die Schilddrüsenfunktion etwas hemmen. Das heißt, wenn man eine Unterfunktion hat, ist viel Soja on top auch nicht so günstig. Also, da würde ich auch wieder sagen: allenfalls in Maßen.

Julia Demann: Dann lieber Hafermilch statt Sojamilch, wenn man Kuhmilch nicht verträgt. Kommen wir noch zu Nahrungsergänzungsmitteln. Wir haben eben schon mal kurz das Selen angesprochen. Yvonne schreibt:

Schilddrüse und Nahrungsergänzungsmittel

Ich habe Hashimoto und mein Arzt macht nur eine Blutprobe und sagt immer, es sei alles in Ordnung. Ich habe aber schon öfter was von Selen gehört, aber das juckt meinen Arzt nicht. Wie wichtig ist Selen?

Dr. Viola Andresen: Selen ist tatsächlich wichtig. Einerseits wir hatten es schon angesprochen, wenn man diese Basedow-Erkrankung hat, dann ist es günstig für die Augenerkrankung, aber Selen ist generell ein wichtiger Faktor. Bei Entzündungserkrankungen, also bei Autoimmunerkrankungen gilt es als antientzündlich. Wir haben Selenquellen in der Ernährung, aber da kann es auf gar keinen Fall schaden, wenn man zusätzlich auch noch Supplemente einnimmt. Man kann den Selen-Blutspiegel auch bestimmen, muss man aber nicht unbedingt. Man kann einfach von vornherein sagen: Ich versuche ein bisschen mehr Selen in die Ernährung einzubauen oder eventuell Supplemente zu nehmen. Genauso für Vitamin D und Magnesium. Auch das sind Dinge, die die Schilddrüsenfunktion verbessern. Das ist bekannt. Und Vitamin D ist ja sowieso so ein Problem. Das ist ja gar nicht so sehr ernährungsbedingt, sondern eher ein Mangel an Sonnenlicht. Oder dass wir uns auch einfach heute aus Hautschutzgründen mit Schutzfaktoren eincremen. Das heißt, an Vitamin D haben wir leider in den Wintermonaten ohnehin, aber selbst in den Sommermonaten mittlerweile oft einen Mangel. Da würden wir auch durchaus Supplemente empfehlen.

Julia Demann: Jetzt kommt noch eine, wie ich finde, sehr spannende Frage von Biggi. Sie sagt:

Ich habe Hashimoto, und bei meiner letzten Ultraschalluntersuchung sagte mir mein Arzt, dass ich keine Schilddrüse mehr habe. Das heißt, ich habe auch keine Entzündung mehr - beziehungsweise ist das Hashimoto weg? Ist es jetzt noch wichtiger, auf die Ernährung zu achten?

Dr. Viola Andresen: Na ja, also die Schilddrüse, die geht durch diese Entzündung im Laufe der Jahre zugrunde oder kann zugrunde gehen. Da wird wahrscheinlich jetzt noch ein Restgewebe sein, das offensichtlich keinerlei Aktivität mehr hat. Und das entspricht dem Zustand, als hätte man keine Schilddrüse mehr. Da muss man natürlich auf jeden Fall Schilddrüsenhormone ersetzen. Und die Entzündung in der Schilddrüse ist dann natürlich weg. Aber man hat ja generell immer noch dieses Autoimmun-Phänomen: Es kann durchaus sein, dass noch Begleitsymptome wie Müdigkeit, Erschöpfung und so bestehen bleiben. Wir hatten ja schon besprochen, das kann auch unabhängig von der eigentlichen Schilddrüsenfunktion einfach als Ausdruck des Autoimmungeschehens noch zurückbleiben. Aber das ist sehr individuell. Das schreibt die Dame jetzt nicht, ob es ihr gut geht oder nicht?

Juia Demann: Aber bei einer Autoimmunerkrankung empfehlt ihr auch eine antientzündliche Ernährung, oder?

Dr. Viola Andresen: Ja, genau.

Julia Demann: Dutti fragt, vielleicht kannst du ihm als Magendarmspezialistin eine Antwort auch geben:

Wie häufig kommt es bei Hashimoto zu einer Fettleber? Wie merkt man das? Was kann man dagegen tun?

Dr. Viola Andresen: Also, Hashimoto ist ja assoziiert mit Übergewicht, Übergewicht ist ein Risikofaktor für Hashimoto. Umgekehrt hat eine Schilddrüsenunterfunktion auch das Risiko, dass man Gewicht zunimmt. Das heißt, wir haben da durchaus häufiger die Situation, dass Menschen auch eine Fettleber entwickeln und das kann man messen, zum Beispiel durch Ultraschalluntersuchungen. Man kann auch messen, ob die Fettleber eine Entzündung hat durch Blutwerte oder durch spezielle Ultraschalluntersuchungen, die auch wirklich messen, ist der Entzündungsaktivität in der Leber und was man dagegen tun kann. Da haben wir schon sehr viele Folgen, sowohl in den in den TV Beiträgen als auch in dem Podcast glaube ich zu Fettleber. Es gibt so viele Methoden, wie man bei Fettleber vorgehen kann. Intervallfasten gerade bei Hashimoto würde sich hier perfekt eignen, aber auch so was wie Insulintrennkost, Leberfasten. Ganz viele Methoden, die man ansetzen kann, die auch für Hashimoto günstig sind.

Julia Demann: Eine letzte Frage noch für heute, liebe Viola. Und zwar kommt die von Milka. Es geht um Schilddrüsenkrebs. Er oder sie schreibt:

Ich bin 2018 an einem papillären Schilddrüsenkarzinom erkrankt. Im Mai 2024 wurde Rezidivgewebe festgestellt. Beide Male wurde eine Radiotherapie durchgeführt. Wie kann ich mit Ernährung und eventuell Nahrungsergänzungsmitteln unterstützen bzw ein weiteres Rezidiv verhindern?

Dr. Viola Andresen: Das ist eine sehr spezielle Frage. Es gibt keine Ernährungsempfehlungen speziell für Schilddrüsenkarzinome. Wir haben natürlich viele Empfehlungen allgemein bei Krebserkrankungen. Dazu gehören: ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung, Meiden von Zusatzstoffen, Meiden von Zucker. Das sind so die allgemeinen Empfehlungen, die wir auch bei anderen Krebserkrankungen empfehlen und gar nicht unbedingt gezielt jetzt für Schilddrüsenkarzinome aussprechen können.

Julia Demann: Vielen Dank, Viola. Da haben wir, glaube ich, sehr vielen Leuten sehr viele wichtige Tipps geben können.

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Dieses Thema im Programm:

ARD Gesund | Die Ernährungs-Docs | 09.10.2024 | 08:00 Uhr

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