Nahrungsergänzungsmittel: Gefahr durch Überdosierung

Stand: 16.01.2024 22:00 Uhr

Vitamine und Mineralstoffe sind wichtig für ein gesundes Leben. Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate sollen deshalb vor einem Mangel schützen. Doch zu viel davon kann schädlich für den Körper werden.

von Rieke Sprotte

Mit Gesundheitsversprechen, sogenannten Health Claims, werben viele Hersteller von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Viele Verbraucher glauben, dass zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe eine positive Wirkung haben. Doch nach Ansicht von Ernährungsexperten droht bei einigen Substanzen eine schädliche Überdosierung. Auch Kombi-Präparate sehen viele Mediziner kritisch. Oftmals sind die einzelnen Vitamine und Mineralstoffe zu hoch dosiert und können dem Körper nachhaltig schaden.

Was unterscheidet Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel?

Trotz ihrer äußerlichen Ähnlichkeit gibt es große Unterschiede: Für ein Arzneimittel müssen im Zulassungsverfahren klinische Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit vorgelegt werden. Die Dosierungen aller Inhaltsstoffe werden geprüft und exakt festgelegt. Ein Nahrungsergänzungsmittel dagegen gilt offiziell als Lebensmittel. Es muss deshalb nur vom Hersteller bei der zuständigen Behörde angemeldet werden. Der Hersteller ist allein für die Sicherheit verantwortlich. Nahrungsergänzungsmittel dürfen auch nicht wie ein Arzneimittel mit krankheitsbezogenen Aussagen beworben werden.

Höchstmengen für die Inhaltstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln gibt es bislang nicht: Zwar existiert bereits seit dem Jahr 2002 eine EU-Richtlinie, die genau das regeln soll, doch bislang konnten sich die Mitgliedstaaten nicht auf einheitliche Höchstmengen einigen.

Nahrungsergänzungsmittel werden häufig online oder per Telefon verkauft

Längst erhält man Nahrungsergänzungsmittel nicht mehr nur in Drogerien: Vielfach werden sie auch im Internet, in den sozialen Medien oder am Telefon verkauft. Werbeanrufe ohne Einwilligung sind zwar unzulässig, aber der Kauf am Telefon ist grundsätzlich genauso gültig wie im Geschäft. Die Verbraucherzentralen warnen vor Geschäften übers Telefon: Oft verstecken sich hinter vermeintlichen Schnäppchen langfristige Pillen-Abos.

Vorsicht vor Fake-Shops und "Multi-Level-Marketing"

Auch beim Kauf im Internet gibt es einige wichtige Details zu beachten: Hinter manchen Seiten können sich Fake-Shops verbergen. Viele Anbieter wollen durch den direkten, persönlichen Kontakt über soziale Medien für ihre Produkte werben und sie auch verkaufen. Eine Unterform des Direktvertriebs ist das Multi-Level-Marketing: Hier geht es neben dem klassischen Verkauf von Produkten auch um das Anwerben von neuen Mitgliedern, die dann ebenfalls die Produkte verkaufen.

Gerade bei dieser Vertriebsform wird laut den Verbraucherzentralen immer wieder von unzulässigen krankheitsbezogenen Aussagen berichtet. Diese mündlichen Werbeaussagen sind von den Behörden nicht überprüfbar. Die Verbraucherzentralen halten insbesondere den Direktvertrieb im Freundes-, Verwandten- oder Kollegenkreis für problematisch. Denn das Vertrauensverhältnis zu Menschen, die man kennt, macht die Entscheidung gegen einen Kauf schwerer.

So bedenklich ist eine Überdosierung

In einigen Fällen können Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein. Doch eine Überdosierung kann Folgen haben:

  • Vitamin A (Betacarotin): Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt bei diesem Zusatzstoff Zurückhaltung. Einer Studie zufolge steigt bei Rauchern ab 20 Milligramm täglich das Risiko für Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Eine dauerhafte Überdosierung schade dem Knochenbau.

  • Vitamin D: Eine übermäßig hohe Einnahme von Vitamin D kann in schweren Fällen zu Nierenschädigung, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und laut dem Robert-Koch-Institut sogar zum Tod führen. Auch eine schleichende Überdosierung ist möglich, da Vitamin D fettlöslich ist und sich im Körper anreichert.

  • Vitamin E: Sehr hohe Vitamin-E-Gaben können laut dem BfR das Risiko für Prostatakrebs erhöhen. Das BfR verweist zudem auf Studien, die einen Zusammenhang mit einer erhöhten vorzeitigen Sterblichkeit sehen.

  • Kalium: Bei sehr hohen Dosierungen kann es zu einer Hyperkaliämie kommen. Mögliche Folgen laut dem BfR: Muskellähmungen oder im schlimmsten Fall Herzrhythmusstörungen.

  • Omega-3-Präparate (DHA, EPA): Das BfR empfahl 2009 in einer Stellungnahme für gesunde Verbraucher eine Höchstmenge von durchschnittlich 1,5 Gramm EPA/DHA pro Tag. Inzwischen hat eine Metaanalyse ergeben, dass bereits mehr als 1 Gramm Omega-3 mariner Herkunft (Algenöl oder Fischöl-Kapseln) bei Menschen mit einer bestehenden oder drohenden Herzerkrankung offenbar das Risiko für Vorhofflimmern erhöht

Problematisch: Spezielle Nahrungsergänzungsmittel für Kinder

In einem aktuellen Marktcheck haben sich die Verbraucherzentralen 33 Mittel speziell für Kinder angeschaut. Das Ergebnis: Die meisten sind zu hoch dosiert, die Verpackungen sind so gestaltet, dass sie Kindern gefallen und die Vitamine werden als Gummibärchen und Brausebonbons angeboten. Anbieter würden Nahrungsergänzungsmittel damit verharmlosen, so die Kritik.

Vitamin D für Kinder - zu viel kann schaden

Kinder brauchen viel Vitamin D - vor allem in den ersten beiden Lebensjahren. Die Dosierung sollte dabei stets mit dem Kinderarzt abgestimmt werden. Denn zu viel Vitamin D kann schwere Folgen für die Gesundheit haben. Kinderarzt und Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Wolfgang Rascher warnt: "Zu viel Vitamin D kann zu einer Verkalkung der Niere und dem Verlust von wichtigen Elektrolyten führen." Betroffenen Kindern gehe es dann sehr schlecht und es dauere lange, bis sich ihr Gesundheitszustand wieder normalisiere.

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Dieses Thema im Programm:

Markt | 09.10.2023 | 20:15 Uhr

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