Kulturgut kehrt heim: Weitere Benin-Bronzen zurück in Nigeria
Annalena Baerbock und Claudia Roth haben weitere 20 Bronze-Skulpturen aus dem ehemaligen Königreich Benin persönlich an Nigeria übergeben.
Vor über 125 Jahren raubten britische Streitkräfte wertvolle Kunstschätze aus den Palästen des Königreichs Benin, das im heutigen Afrika liegt, die sogenannten Benin-Bronzen. Über Umwege landeten davon auch welche in Deutschland. Über 1.100 Stück waren in deutschen Museen ausgestellt. Nach einer langen Diskussion, wie man mit der Raubkunst umgehen sollte, überschrieb die Bundesrepublik die Eigentumsrechte an den Benin-Bronzen an Nigeria. Nun übergaben Bundesaußenministerin Baerbock und Kulturstaatsministerin Roth 20 der Bronzen persönlich. Zwei weitere hatte die Bundesregierung schon im Sommer in Berlin übergeben. Viele im Publikum, das sich im Außenministerium in der Stadt Abuja versammelt hat, sind gerührt, weder die nigerianische noch die deutsche Seite kommt aus dem Schwärmen heraus.
Büsten, Schnitzereien und Schmuck: Rückgabe als Aufarbeitung von Kolonialgeschichte
"Es ist ein guter Tag, wenn jemand, der lange vermisst wurde, wieder zu einem zurückkehrt, wo er hingehört. Es ist ein Tag der Freude für Sie und für uns", sagte Claudia Roth im Rahmen der feierlichen Übergabe. Unter den wertvollen Artefakten finden sich Büsten aus Messing, Elfenbein, Holzschnitzereien und Schmuck. Und Außenministerin Baerbock fasst zusammen: "Heute geben wir die Benin-Bronzen denen zurück, denen sie gehören: den Menschen in Nigeria." Baerbock sagt weiter, die Rückgabe der Bronzen sei ein entscheidender Schritt, um die europäische Kolonialgeschichte kritisch aufzuarbeiten: "Wir haben in den vergangenen Jahren von Ihnen gelernt, dass das, was wir nun zurückgeben, ein Teil ihrer Geschichte, ein Teil von Ihnen ist."
Geoffrey Onyeama erfreut über Rückgabe der Kunstschätze
Im 19. Jahrhundert griffen britische Streitkräfte das Königreich Benin an, das im heutigen Nigeria liegt. Sie plünderten auch die Paläste. Die geraubten Kunstwerke wurden weltweit verkauft - auch nach Deutschland. Am 1. Juni überschrieb die Bundesrepublik die Eigentumsrechte für mehr als 1100 Kunstschätze, die in deutschen Museen ausgestellt waren, an Nigeria. Nun sind die ersten zurück. Nigerias Außenminister Geoffrey Onyeama: "Wir sind hocherfreut darüber, dass die deutsche Regierung diese Artefakte zurückgibt." Dass Deutschland die Raubkunst zurückgibt, wurde nicht ganz unkritisch gesehen. Einige befürchteten, die Bronzen seien in Nigeria nicht sicher oder würden schlecht aufbewahrt werden. Von einer nigerianischen Journalistin auf die Kritik angesprochen, sagt Außenminister Onyeama, die Kunstschätze seien doch schon hier gewesen, bis sie vor 125 Jahren gestohlen wurden: "Und damals waren sie in einem exzellenten Zustand, bevor sie aus diesem Land gebracht wurden. Es ist also nicht so, als würden sie zum ersten Mal nach Nigeria kommen. Diese Stücke haben wir jahrhundertelang aufbewahrt."
Kultur als Teil der Weltpolitik
Etwa ein Drittel der Artefakte bleiben leihweise weiter in Deutschland ausgestellt. Die Bundesrepublik beteiligt sich außerdem am Bau eines Pavillons in Benin-City im Süden Nigerias, wo alle zurückgebrachten Bronzen bestaunt werden können. Das deutsche Engagement ist nicht ganz uneigennützig: Nigeria ist ein wichtiger strategischer Partner: Es vermittelt in Krisenregionen wie Äthiopien und Mali. Und es war eines der afrikanischen Länder, die den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilten. Die Bundesregierung hofft, die größte Volkswirtschaft Afrikas mit riesigen Rohstoffreserven näher an sich zu binden. Annalena Baerbock ordnet die Situation so ein: "Afrika und gerade auch Nigeria haben ein großes Potenzial für erneuerbare Energien, für grünen Wasserstoff. Und diesen Weg gemeinsam zu gehen im Rahmen von Energiepartnerschaften im Sinne nicht nur des Klimaschutzes, sondern auch der Wirtschaft vor Ort, ist für uns gemeinsam wichtig." Hört man dem nigerianischen Außenminister zu, kommt das Engagement Deutschlands sehr gut an. Deutschland sei, so Onyeama, einer der wichtigsten Partner.