"Sommer ohne Plan": Eine Geschichte über Vorurteile, Hilfsbereitschaft und Liebe
Die schwedische Journalistin und Podcasterin Johanna Swanberg ist in Deutschland bislang kaum bekannt. Mit ihrem, jetzt auf Deutsch erschienenen, Roman "Sommer ohne Plan" könnte sich das ändern. In ihrer Heimat war das Buch jedenfalls ein Bestseller.
Der Winter war lang und grau und es wird Zeit für ein Sommerbuch. Johanna Swanbergs Roman "Sommer ohne Plan" kommt da wie gerufen und trägt die ersehnte Jahreszeit zur Sicherheit gleich im Titel. Aber wer jetzt denkt, es ginge um Sonnenuntergänge, Ausflüge zum See und literweise Aperol Spritz, der irrt. Obwohl, Alkohol spielt schon eine Rolle - davon konsumiert die Protagonistin Cassi eindeutig zu viel.
Es ist Samstagmorgen, halb fünf, der gestrige Wein ist noch in ihrem Blut, und das Glas steht immer noch neben dem Bett, also beginnt Cassi den Tag, auch diesen, wie gewohnt: Sie kippt den Rest herunter. So als hätte sie noch, ganz fürsorglich, ein kleines Frühstück für sich vorbereitet, ehe sie wenige Stunden zuvor wie betäubt in die Kissen gesunken ist. Leseprobe
Ein Hauskauf im Delirium
Cassi war nicht immer so ein runtergerocktes Wrack. Noch vor einem Jahr hat sie als Chefin in einem angesagten Restaurant in Oslo gearbeitet, hatte eine schöne Wohnung, einen erfolgreichen Freund. Warum das alles dann so spektakulär in die Grütze ging, wird erst nach und nach erzählt. Momentan jedenfalls leidet Cassi unter Burn-out, kämpft mit Depressionen und dem Alkohol - und der lässt sie eines Nachts etwas überreagieren:
Mit anderen Worten war Cassi also sturzbesoffen, als die Werbealgorithmen ihr ein baufälliges Häuschen auf Facebook servierten und sie es likte. Und als sie am nächsten Morgen aufwachte und eine ziemlich verzweifelt klingende Nachricht eines Provinzmaklers wegen einer Hausbesichtigung vorfand, war sie sicherlich immer noch besoffen. Leseprobe
Vom Gerücht zur Guru-Rolle
Spaßeshalber und aus Mangel an Alternativen für diesen Tag, fährt Cassi tatsächlich zur Besichtigung und kauft die Waldhütte kurzerhand. Dabei lässt sie ein paar unbedachte Bemerkungen fallen, die noch von großer Bedeutung sein werden:
Stellen Sie sich hier ein Panoramafenster vor, mit Blick auf den Wald, und einen hochwertigen Fußboden. Es könnte ein Ort der Inspiration sein. Eine leere Fläche, mit der man neu anfangen kann, neue Energie tanken. Leseprobe
Schnell verbreitet sich daraufhin das Gerücht, Cassi wäre eine Art Selbsthilfe-Guru. Aber statt das Missverständnis aufzuklären, geht sie ganz in ihrer neuen Rolle auf und beginnt die Dorfbewohnerinnen mit obskuren und sehr lustigen Methoden zu behandeln.
Männer als Grund aller Probleme?
Johanna Swanberg erzählt hier eine unterhaltsame Geschichte, die leider im Mittelteil ein paar Längen hat. Aber ihr Personal ist so kurios und lebendig, dass das kaum ins Gewicht fällt. Die Leserinnen und Leser erfahren viel über die Statik einer Dorfgemeinschaft, über Vorurteile, Hilfsbereitschaft und Liebe. Und über die Heilkraft von menschlichen Begegnungen:
Cassi fühlt sich einfach wohl. Fast jeden Tag wendet sich jemand an sie, der sie zum Reden braucht oder nach einer Art "Heilung" fragt. Sie erfindet etwas mit dem Namen Atemtherapie und bescheinigt ihren Klienten "einen großen Durchbruch", wenn ihnen dabei schwummrig wird. Leseprobe
Klar ist allerdings auch, dass Cassis Lügen irgendwann auffliegen müssen. "Sommer ohne Plan" ist lustig und tiefgründig und berührend. Eine Kritik muss dennoch sein: Im Laufe der Geschichte erfahren wir, warum es Cassi so schlecht ging. Hauptgrund: ein schwer verlogener Mann. Wäre es nicht verrückt, wenn Frauen in Büchern auch mal ganz ohne Männer aus dem Tritt geraten könnten? Nur so eine Idee!
Sommer ohne Plan
- Seitenzahl:
- 416 Seiten
- Genre:
- Roman
- Zusatzinfo:
- Übersetzt von Nina Hoyer
- Verlag:
- Hoffmann & Campe
- Veröffentlichungsdatum:
- 18. Februar 2025
- Bestellnummer:
- 978-3-455-01928-5
- Preis:
- 25 €
Schlagwörter zu diesem Artikel
Romane
