"Louise und die Schule der Freiheit": Unterricht im Kuhstall

Stand: 07.04.2025 06:00 Uhr

Vor 150 Jahren mangelte es insbesondere auf dem Land an Lehrkräften, Schulgebäuden und vor allem an Interesse für Bildung. Von dieser Zeit erzählt das Historiendrama "Louise und die Schule der Freiheit".

von Walli Müller

Frankreich 1886, die "Dritte Republik" ist 16 Jahre jung und entsendet frisch ausgebildete Lehrkräfte nun auch in die Provinz. So landet Louise Violet, gespielt von Alexandra Lamy, in einem Bauerndorf in den Bergen.

Bildungsideale treffen auf bäuerliche Realität

Enttäuschung Nummer eins: Es erwartet sie kein Schulhaus, sondern ein Kuhstall als Wohnstatt und Klassenzimmer. Enttäuschung Nummer zwei: Die neuerdings "schulpflichtigen" Kinder kommen einfach nicht. Sie werden nämlich auf den Höfen als Arbeitskräfte gebraucht. Politische Theorie trifft auf gelebte Praxis, der Traum vom Empowerment durch Bildung auf den harten Boden der bäuerlichen Realität.

"Das Verbot an Kinderarbeit mag ein Fortschritt für Fabrikarbeitersöhne sein, aber hier hat sich nichts geändert. Fortschritt und soziale Gerechtigkeit zu wollen, genügt nicht, solange die Menschen nicht davon überzeugt sind." Filmszene

Nur wie überzeugt man sie? Es ist schließlich Bürgermeister Joseph, der Louise den Weg bahnt. Auf Skiern soll sie ihm durchs tief verschneite Bergland zu den entlegenen Bauernhöfen seiner Gemeinde folgen. Den Respekt der Dorfbevölkerung gewinnt sie schließlich durch den spontanen Hebammeneinsatz auf einem der Höfe. Nun hat Louise tatsächlich bald einen Stall voller Kinder, und sie ist entschlossen, sie zu mündigen Staatsbürgern zu erziehen.

Unterhaltsamer Wohlfühlfilm mit einer Prise Humor

Regisseur Éric Besnard beschäftigt sich gerne mit Frankreichs Geschichte. Wäre er Amerikaner, er würde wahrscheinlich Westernfilme drehen, sagt er, um die eigenen Wurzeln zu erforschen. Er selbst hat in "À la carte" erzählt, wie zur Zeit der Französischen Revolution das erste Restaurant für Normalsterbliche eröffnet wurde. Den mürrischen Koch spielte Grégory Gadebois, der diesmal als mürrischer Bürgermeister zu sehen ist. Grummelköpfe liegen ihm einfach; er kann dann ganz langsam auftauen und zugänglicher werden.

Szene aus dem Film "Louise und die Schule der Freiheit" © Neue Visionen Filmverleih
Zuwachs für die Bildungsstätte: Louise Violet (Alexandra Lamy) versucht, den kleinen Jules (Ernest Mourier) für die Schule zu begeistern.

Da "Louise und die Schule der Freiheit" dem klassischen Muster des Wohl-, aber nicht Zu-Wohlfühlfilms folgt, bleiben Rückschläge nicht aus. Die Bauern müssen fürchten, dass die Lehrerin ihren Kindern Flausen in den Kopf setzt - von einer Zukunft anderswo.

Einerseits Landidylle, in wundervoll warmen Bildern eingefangen, andererseits dumpfe Bauernschädel, deren Horizont nicht über den heimischen Misthaufen hinausreicht - das ist die Spannweite des Films, der seiner Titelheldin eine schmerzliche Vorgeschichte mitgibt, überwiegend aber einen heiter-humorvollen Ton anschlägt.

Auf unterhaltsame Art wird hier die allgemeine Schulpflicht als große historische Errungenschaft gefeiert. Zweifelnde Schulkinder deshalb am besten mit ins Kino nehmen!

Louise und die Schule der Freiheit

Genre:
Tragikomödie
Produktionsjahr:
2024
Produktionsland:
Frankreich
Zusatzinfo:
mit Alexandra Lamy, Grégory Gadebois, Jérôme Kircher und anderen
Regie:
Éric Besnard
Länge:
108 Minuten
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
10. April 2025

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Kultur | 07.04.2025 | 06:20 Uhr

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