Ulrich Kühn © NDR Foto: Christian Spielmann

NachGedacht: Zölle, Börsen, Menschen - Gott-Spieler Trump

Stand: 11.04.2025 08:20 Uhr

Man hätte so gern, dass Trump einem egal sein kann. Geht nicht, weil er eine scheinbar harmlose Kulturtechnik pervertiert: Er spielt. Und zwar Gott.

von Ulrich Kühn

Was sind wir doch für ein unbedeutendes Ameisengewimmel! Wenn die Erhabene Göttlichkeit ihren Fuß hebt und wieder auf den Boden setzt, genau auf den Flecken Erde, auf dem wir leben wollen: Wer sollte sie daran hindern?

Niemand offenbar. Denn die Erhabene Göttlichkeit erlässt ihre Regeln selbst. Sie gelten stets nur für andere, nach der Maxime: Mein Wille geschehe. Die Göttlichkeit will nämlich ihren Spaß und vor allem ihr Geld. Nicht die Kleinbeträge, mit denen wir Ameisen unser Leben fristen und für unsere Rente sparen. Und nicht den Spaß, den wir Ameisen meinen, wenn wir mal Atem schöpfen im Pressdruck der rasenden Zeit. Die Erhabene Göttlichkeit lebt in ihrer eigenen Welt, und Ruhe findet sie erst, wenn globusweit die Knie gebeugt sind: Mein ist die Kraft und die Herrlichkeit.

Donald Trump ist lächerlich, insofern er Gott sein will

Ein Mann mit gelblichen Haaren im unförmigen Sakko hält ein Dokument hoch, auf dem in fetter Tinte seine riesige Unterschrift zu sehen ist - US-Präsident Donald Trump © Evan Vucci/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Evan Vucci
Indiz für ein großes Ego ist allein schon die enorme Unterschriftsgröße auf allen Dokumenten, die der 47. Präsident der USA stolz in die Kameras hält.

Donald Trump ist lächerlich, insofern er Gott sein will. Er kann ja strampeln und toben, dieses Ziel erreicht er nie. Im Innersten spürt er sie doch, seine Sterblichkeit. Und das macht ihn lebensgefährlich: Um sich dennoch göttlich zu fühlen, greift er nach jeder Gelegenheit, Gott zu spielen auf Teufel komm raus: Geheiligt werde mein Name.

Das kann albern harmlos wirken. Wer den Dunst des Geheiligten abstrahlen will, schlägt bei "Trump Fragances" zu. Den Flakon des Dufts "Victory 47" krönt eine goldene Trump-Ganzkörperstatue, "reiche, maskuline Duftnoten" mit "raffiniertem, langanhaltendem Finish" für 199 US-Dollar. Alternativ wählen Trump-Anbetende das Wässerchen "Fight, Fight, Fight" für Patrioten, die nie aufgeben. Auf diesem Flakon reckt der Erhabene die Faust, alles riecht hier nach dem Attentat, das seine Heiligwerdung besiegelt hat: Mein Reich komme.

Viel Geld für ein Hauch von nichts

Man könnte darüber lachen: So viel Geld für einen Hauch von nichts, wie symbolisch-entlarvend, die Gier, der Mangel an Substanz! Und niemand muss das kaufen, lasst ihm seinen peinlichen Spaß.

Was gehen mich eure Ameisen-Existenzen an?

Wenn es nur albern harmlos wäre. Was der tobende Gott-Spieler mit den Zöllen veranstaltet, ist von anderer, teuflischer Qualität. Es ist ein Spiel mit dem Schicksal von Millionen. Treu, brav, vertrauensvoll schieben Menschen ihr Erspartes in ETFs, weil man es ihnen geraten hat. Dann tritt dieser Gottspieler auf, senkt den Daumen, hebt ihn wieder: Rentenrücklagen schmelzen binnen Stunden dahin und sind urplötzlich binnen Minuten zurück.

Wie es ihm gefällt: Euer täglich Brot gebe ich euch heute, und morgen ess’ ich es auf, wenn ich will. Was gehen mich eure Ameisen-Existenzen an? Ich weiß, dass ich damit spielen kann, das allein ist wichtig. Denn ich und mein Amerika und meine ergebenen Freunde, das ist alles, was zählt. "Du grinsest gelassen über das Schicksal von Tausenden hin", klagt Faust Mephisto an, mit dem er nur leider diesen Pakt geschlossen hat, um, koste es, was es wolle, seine Ruhe zu finden.

Amerika muss seinen Pakt mit dem Möchtegern-Allmächtigen aufkündigen. Man setze ihn zur Ruhe und drücke ihm Dostojewski in die Hand, damit er im Leben einmal was liest: "Der Spieler", oder "Aufzeichnungen aus einem Totenhaus" mit dem berühmten Zitat: "Geld ist geprägte Freiheit". Der Satz gilt für alle. Nicht nur für einen Möchtegern-Gott und seine Clique von Profiteuren. Die uns für Ameisen hält - und einzig für relevant, wenn es ihr selbst an die Börse geht.

Anmerkung der Redaktion: Liebe Leserin, lieber Leser, die Trennung von Meinung und Information ist uns besonders wichtig. Meinungsbeiträge wie dieser Kommentar geben die persönliche Sicht des Autors wieder. Kommentare können und sollen eine klare Position beziehen. Sie können Zustimmung oder Widerspruch auslösen und auf diese Weise zur Diskussion anregen. Damit unterscheiden sich Kommentare bewusst von Berichten, die über einen Sachverhalt informieren und unterschiedliche Blickwinkel möglichst ausgewogen darstellen sollen.

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Ulrich Kühn, Claudia Christophersen und Alexander Solloch. © NDR Foto: Christian Spielmann

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Unsere Kolumnisten lassen die Woche mit ihren Kulturthemen Revue passieren und erzählen, was sie aufgeregt hat. Persönlich, kritisch und gern auch mit ein wenig Bösartigkeit gespickt. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NachGedacht | 11.04.2025 | 10:20 Uhr

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