"Welttag der Roma": Shlica Weiß über Empowerment und Erinnerungskultur
Shlica Weiß engagiert sich seit Jahren mit vielfältigen Projekten gegen Antiziganismus und für Chancengleichheit sowie gesellschaftliche Teilhabe von Sinti und Roma - nicht nur am 8. April, dem "Internationalen Tag der Roma".
Der 8. April ist ein weltweiter Gedenk- und Aktionstag, der auf die anhaltende Diskriminierung und Verfolgung der Roma aufmerksam macht. In diesem Jahr ist es ein besonderer Tag: 80 Jahre nach dem Holocaust, in dem Hunderttausende Sinti und Roma Opfer des nationalsozialistischen Völkermords wurden. Zusätzlich ruft der "Welttag der Roma" dazu auf, die Kultur und den Beitrag der Sinti und Roma zur Gesellschaft zu würdigen. Die Sozialpädagogin, Kinderbuchautorin und Filmemacherin Shlica Weiß gehört selbst der Sinti-Gemeinschaft an und engagiert sich auf vielen Ebenen für Empowerment und Erinnerungskultur gleichermaßen.
Frau Weiß, was bedeutet dieser 8. April für Sie persönlich?
Shlica Weiß: Dieser Tag bedeutet für mich Empowerment und Erinnerung zugleich. Es ist zum einen das Erinnern an den Holocaust und an die Diskriminierung, die leider immer noch da ist. Es ist aber auch Empowerment, weil wir unsere Kultur feiern.
Empowerment, wie sieht das genau aus?
Weiß: Empowerment bedeutet für mich die Stärkung meiner Menschen. Ihnen zu sagen, ihr seid gut so, wie ihr seid. Dass ich heute Empowermentarbeit leisten kann, verdanke ich der Bürgerrechtsarbeit, die in den 70er-Jahren begonnen hat.
Sie engagieren sich seit Jahren gegen Antiziganismus, d.h gegen eine Form des Rassismus, die sich gegen Sinti und Roma richtet. Sie engagieren sich aber auch für Chancengleichheit, wie sehen ihre Projekte genau aus?
Weiß: Ich engagiere mich gegen Antiziganismus, aber auch gegen Rassismus generell, ich grenze da nicht aus. Ich nehme an unterschiedlichen Projekten teil, zum Beispiel an dem Projekt "Welche Stimme haben wir?". Das ist ein Projekt der KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Hamburg, bei dem es um Nachfahren und Nachfahrinnen von Holocaust-Überlebenden geht. Es gibt aber auch Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen, mit Schulen und Behörden. Ich organisiere und konzipiere Fachtage, Kurse und Workshops zur Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland und zum Thema Antiziganismus.
Sie sind außerdem Kinderbuchautorin und Filmemacherin und setzen sich auch in Geschichten mit diesen Themen auseinander. In Ihrem Film "Nicht von schlechten Eltern" stellen sich viele erfolgreiche Sinti und Roma vor und erzählen von ihrer eigenen Biografie. Was sind das für Menschen?
Weiß: Diese Menschen sind in erster Linie Sinti und Roma, die einen erfolgreichen Bildungsweg absolviert haben, und das ist tatsächlich etwas, das man erwähnen sollte: dass dieser Film aufgrund der antiziganistischen Erfahrungen, die ich selbst machen musste, entstanden ist. Man sagte mir, dass wir uns ja gar keine Bildung für unsere Kinder wünschten. Ich habe daher bewusst nur erfolgreiche Bildungswege präsentiert, weil es für mich wichtig ist, positive Bilder von uns in die Welt zu tragen, weg von der Einseitigkeit.
Sie haben auch ein Kinderbuch geschrieben, das im Herbst erscheinen wird. Mögen Sie darüber etwas erzählen?
Weiß: Es ist eine One-Voice-Geschichte, die von zwei Sinti-Kindern handelt, von einem Held und einer Heldin, zwei aktive und positiv handelnde Personen.
Das Gespräch führte Franziska von Busse.
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