Wehmut auf Plattdeutsch: Die "Buddenbrooks" am Ohnsorg-Theater
Das Ohnsorg-Theater in Hamburg bringt aus Anlass des 150. Geburtstages von Thomas Mann "Die Buddenbrooks" auf die Bühne - auf Plattdeutsch in einer Bühnenversion von John von Düffel. Bei der Premiere gab es Jubel und langen Applaus.
Das Ohnsorg kann auch Tragödie. Diese Buddenbrooks erwecken das weltbekannte Drama um die Lübecker Kaufmannsfamilie neu zum Leben. "Heirate doch diesen Bendix Grünlich", säuselt Birte Kretschmer als herrliche spießige, fromme Konsulin Buddenbrook ihrer Tochter Tony, gespielt von Laura Uhlig, ins Ohr. Die hat ihren eigenen Kopf, spricht erst noch von "Tüddelkram". Aber wir wissen es: Am Ende macht sie es doch - für die Familie.
Alles im grünen Bereich
Der Abend erzählt im Kern die Geschichte der drei Buddenbrook-Geschwister Thomas, Tony und Christian. Die von Katrin Reimers gestaltete Bühne dreht sich - mal sind wir im Wohnzimmer, mal im Kontorhaus der Buddenbrooks, mal am Strand von Travemünde. Von der Decke hängen riesengroße, übermenschliche Schwarz-Weiß-Portraits der Buddenbrook-Ahnen.
Es ist ein Familienmuseum und auch so etwas wie ein Geisterhaus, durch das die Damen in Träumen aus Brokat und Spitze, von Stephanie Kniesbeck entworfen, rauschen. Das Ganze aber - typisch Ohnsorg - mit Augenzwinkern: In einer Nische hängt ein Thomas Mann Portrait, und in Bendix Grünlichs Hamburger Wohnung sind die Polstermöbel und Bilderrahmen grün.
Buddenbrooksche Geschwister-Dynamik auf den Punkt
Marco Reimers spielt den Vorzeigesohn Thomas Buddenbrook, der so sehr perfekter Kaufmann sein und seinem Vater, gespielt von Oskar Ketelhut, in Sachen Würde in nichts nachstehen möchte, mit feiner, tragischer Note. Flavio Kiener dagegen als schwarzes Schaf und Playboy Christian singt und steppt. Wie ein Komet schillert und leuchtet Kiener erratisch auf der Bühne - mal witzig, mal mit dem Wahnsinn im Blick. Ganz stark gespielt!
Regisseur Marc Becker bringt die Geschwister-Dynamik so gekonnt auf den Punkt, dass man die vielen kostbaren Nebenfiguren des Romans - wie etwa Sesemi Weichbrodt - nicht weiter vermisst. Es sind die Buddenbrooks in a nutshell!
Ohnsorg-Variante auch für Nicht-Plattsnacker geeignet
Colin Hausberg spielt Tonys Loser-Ehemänner wunderbar überzeichnet: Grünlich mit karikaturhaftem Backenbart und Alois Permaneder in grüner Tracht. In diesen Comic Relief-Momenten merkt man, wie sie im Ohnsorg aus der Lamäng witzig sein können. Julia Kemp als zerbrechliche, etwas blasierte Gerda und Robert Eder als übervergnügter Bankier Kesselmeyer komplettieren das Ensemble.
Der Abend ist mit zwei Stunden und 40 Minuten für Ohnsorg-Verhältnisse einigermaßen lang, aber so rund inszeniert und von Cornelia Ehlers und Christiane Ehlers mit so klarem, selbstverständlichem Plattdeutsch versehen, dass man sich auch als Nicht-Plattsnacker schnell reinhören kann.
Ohnsorg-Theater: Das meistunterschätzte Theater der Region?
Eigentlich sind Komödien das Kerngeschäft des Ohnsorg-Theaters. Aber immer wieder stehen auch ernste Stücke und Weltliteratur als wichtige Facette auf dem Programm. Inszenierungen wie diese zeigen auch den Wert des Plattdeutschen. Die Liebe zur niederdeutschen Sprache beschränkt sich bisweilen auf die Heiterkeit darüber, dass "Plüschmoors" so etwas wie "Hummel" bedeuten kann - nach dem Motto: "Ach, die Sprache ist so niedlich!"
Hier erlebt man auf der Bühne nun auch tragische Momente, Tiefen und Abgründe, und die Sprache trägt das alles. Das mag in der 532. Wiederholung von "Tratsch im Treppenhaus" zu Silvester im kollektiven Gedächtnis ein bisschen untergehen. "Die Buddenbrooks" zeigen wieder einmal, dass das Ohnsorg das vielleicht meistunterschätzte Theater in der Region ist.
Wehmut auf Plattdeutsch: Die "Buddenbrooks" am Ohnsorg-Theater
Die Inszenierung zeigt wieder einmal: Das Ohnsorg Theater im Hamburg ist das vielleicht am meisten unterschätzte Theater in der Region.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ort:
-
Ohnsorg Theater
Heidi-Kabel-Platz 1
Hamburg 20099
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