Statine: Wirkung und Nebenwirkungen der Cholesterinsenker
Statine sind Cholesterinsenker. Als Medikamente werden sie gegen hohes Cholesterin, zum Schutz vor Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall eingesetzt. Doch sie können massive Nebenwirkungen haben.
Statine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die gegen zuhohe Cholesterinwerte im Blut eingesetzt werden. In Deutschland nehmen fast fünf Millionen Menschen regelmäßig Statine gegen ihren zu hohen Cholesterinspiegel ein. Hohe Cholesterinwerte, vor allem des sogenannten LDL-Cholesterins ("low density lipoprotein") gelten als Risikofaktor für Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und damit für Herzinfarkt und Schlaganfall. "Verkalken" Gefäße, also bilden sich dort Ablagerungen, besteht die Gefahr, dass sich Teile dieser Ablagerungen (Plaques) ablösen, zum Herzen oder Gehirn wandern und dort einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen.
Statine sind also extrem wichtige Medikamente. Doch vor der Statineinnahme sollten Nutzen und Risiko von Nebenwirkungen sorgfältig abgewogen werden - denn diese Nebenwirkungen können massiv sein. Beispielsweise erhöhen Statine das Risiko für Diabetes um rund 38 Prozent.
Cholesterin ist nicht per se schädlich
Tatsächlich braucht der Körper Cholesterin zum Aufbau von Zellen und für Stoffwechselvorgänge im Gehirn. Cholesterin ist Ausgangsstoff für die Produktion von Gallensäuren zur Fettverdauung und beteiligt an der Bildung verschiedener Hormone. Den größten Teil des lebensnotwendigen Cholesterins stellt der Körper aber in der Leber selbst her. Nur 15 bis 20 Prozent nimmt er über Nahrung auf.
Statine im Überblick: Die Wirkstoffe der Cholesterinsenker
Es gibt derzeit auf dem deutschen Markt sieben verschiedene Statine (Stand: Januar 2025). Wirkstoffe dieser Cholesterinsenker sind:
- Atorvastatin
- Fluvastatin
- Lovastatin
- Pitavastatin
- Pravastatin
- Rosuvastatin
- Simvastatin
So wirken Statine
Statine wirken entzündungshemmend, stabilisieren gefährliche Ablagerungen (Plaques) in Gefäßwänden und senken den Cholesterinspiegel im Blut. Diese positiven Effekte entstehen dadurch, dass Statine ein Enzym (HMG-CoA-Reduktase) dabei hemmen Cholesterin aufzubauen. So entsteht weniger Cholesterin in den Zellen. Die Folge: Mehr LDL-Cholesterin wird aus dem Blut aufgenommen, dessen Cholesterinspiegel sinkt und es richtet keine Schäden an Gefäßwänden an. Zudem können Statine die Konzentration des "guten" HDL-Cholesterins (high density lipoprotein) im Blut erhöhen. HDL-Cholesterin transportiert - anders als LDL-Cholesterin - Cholesterin aus den Organen und Gefäßwänden zurück zur Leber.
Nebenwirkungen: Statine erhöhen Risiko für Diabetes
Eine Therapie mit Statinen kann das Risiko erhöhen, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, weil Statine die Wirksamkeit des körpereigenen Insulins herabsetzen. Dieses Risiko wird aber als relativ klein angesehen und kann zum Beispiel durch entsprechende Lebensstilveränderungen wie gesunde Ernährung und Bewegung reduziert werden. Eine Studie aus den Niederlanden mit Probanden zwischen 55 und 75 Jahren kam zu dem Ergebnis, dass diejenigen, die Statine einnahmen, ein um 38 Prozent höheres Diabetes-Risiko hatten. Die Ergebnisse besagten im Detail: Wenn das Risiko eines Menschen, in den nächsten zehn Jahren an Diabetes zu erkranken, bei fünf Prozent liegt, erhöht es sich durch Statineinnahme auf etwa 6,5 bis 7 Prozent.
Atorvastatin und Rosuvastatin: Studie untersucht Nebenwirkungen
Mit dem Risiko für Diabetes Typ 2 beschäftigt sich auch die sogenannte LODESTAR-Studie. In dieser Studie wurden die Statine Atorvastatin und Rosuvastatin in Hinblick auf ihre Wirksamkeit (Absenken des LDL-Cholesterins) und das Ansteigen des Risikos für Diabetes Typ 2 sowie die Entstehung eines Grauen Stars (Katarakts) untersucht. Dabei zeigte sich, dass Rosuvastatin den LDL-Cholesterinspiegel im Blut etwas stärker absenkt als Atorvastatin. Dafür ist die Risikozunahme für die Entstehung von Diabetes Typ 2 bei Rosuvastatin auch höher (7,2 Prozent) als bei Atorvastatin (5,3 Prozent). Das gilt auch für das Risiko einer Kataraktoperation (Rosuvastatin: 2,5 Prozent, Atorvastatin 1,5 Prozent).
Muskelschmerzen als Nebenwirkung von Statinen
Eine weitere häufige Nebenwirkung von Statinen sind Muskelbeschwerden, konkret Muskelschmerzen (Statin-Myopathie) und Muskelkrämpfe. Wie genau eine Statintherapie die Arbeit der Muskelzellen beeinflusst, hat ein Team um Prof. Simone Spuler vom Berliner Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin erforscht und kam zu folgenden Ergebnissen: "Mithilfe funktioneller Analysen konnten wir bestätigen, dass die Entwicklung, das Wachstum und die Teilung der Skelettmuskelzellen durch die Statine beeinträchtigt werden", beschreibt Spuler. Sie und ihr Team fanden einen Weg, um die negativen Effekte der Cholesterinsenker auf Muskelzellen einzudämmen: "Die Gabe von Omega-3- oder Omega-6-Fettsäuren machte die Wirkungen von Simvastatin und Rosuvastatin teilweise rückgängig", berichtet die Wissenschaftlerin.
Auch das Nahrungsergänzungsmittel Coenzym Q10 konnte in kleineren Studien gegen Muskelschmerzen helfen, ohne dass ein Wechsel des Statins in der Therapie nötig wurde. Hintergrund: Statine stören die Energieversorgung in Muskelzellen, reduzieren so auch Q10 und bewirken Muskelbeschwerden. Eine große wissenschaftliche Studie über die Wirksamkeit von Q10 gibt es aber bisher nicht. Manchmal kann es helfen, nach einer Pause in der Therapie von etwa sechs Wochen auf ein anderes Statin umzustellen oder andere Lipidsenker einzusetzen, etwa Ezetimib, Bempedoinsäure oder PCSK9-Hemmer.
Eine extrem seltene Nebenwirkung von Statinen ist die Rhabdomyolyse: ein Verfall von Muskelzellen und Muskelfasern. Rhabdomyolyse tritt schätzungsweise bei ein bis drei Fällen unter 100.000 Patienten auf, die mindestens ein Jahr lang Statine einnehmen. Rhabdomyolyse lässt sich früh an diesen Symptomen erkennen:
- extreme Muskelschmerzen
- ausgeprägte Muskelschwäche
- bräunlich gefärbter Urin
- Fieber
- Unwohlsein und Erbrechen
Weitere Nebenwirkungen von Statinen
Zu den eher seltenen Nebenwirkungen der Statineinnahme gehören Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen und erhöhte Leberwerte.
Eine Gewichtszunahme durch Statine wird vermutlich nicht durch das Medikament selbst hervorgerufen, sondern dadurch, dass Patienten und Patientinnen sich weniger gesundheitsbewusst ernähren, weil sie auf den Effekt des Medikaments setzen. Das zeigt unter anderem eine US-amerikanische Studie von 2014.
Zu den häufigsten Irrtümern über Statine - unter anderem bezüglich ihrer Nebenwirkungen - informieren die Deutsche Herzstiftung e.V. und die European Society of Cardiology.
Wechselwirkungen: Das sollten Patienten zur Einnahme von Statinen wissen
Die gleichzeitige Einnahme von Statinen mit anderen Arzneimitteln, aber auch mit bestimmten Lebensmitteln, kann zu unerwünschten Wechselwirkungen führen. Insbesondere für Simvastatin, Atorvastatin und Lovastatin gilt Vorsicht bei der gleichzeitigen Gabe von Calciumantagonisten (Verapamil, Diltiazem, Amlodipin), die zur Blutdrucksenkung eingesetzt werden. Das gilt auch für Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen (Amiodaron), für bestimmte Antibiotika (Erythromycin, Clarithromycin) und für bestimmte HIV-Medikamente (HIV-Protease-Inhibitoren).
Auf den Verzehr von Grapefruitsaft sollte bei einigen Statinen verzichtet werden, weil das Medikament dann nicht richtig abgebaut werden und es öfter zu Muskelschmerzen und anderen Nebenwirkungen kommen kann. Das gilt auch hier insbesondere für die Statine Simvastatin, Atorvastatin und Lovastatin.
Alkohol und Statine vertragen sich ebenfalls nicht gut, weil Statine den Leberstoffwechsel ungünstig beeinflussen können und dadurch die Gefahr von Muskelschäden steigt. Hinzu kommt: Alkoholkonsum erhöht den Anteil von LDL-Cholesterin sowie anderer Blutfettwerte wie Triglyceride.
Vitamin D kann Wirksamkeit von Statinen verbessern
Wichtig ist auch, die Wirkung von Statinen durch ausreichend Vitamin D zu unterstützen. Vitamin D ist bei vielen Menschen in Monaten mit wenig Sonne reduziert und sollte insbesondere bei nachgewiesenem Mangel substituiert werden.
Wer sollte Statine einnehmen?
Ob Statine verordnet werden, ist abhängig davon, wie stark die individuellen Risikofaktoren des Patienten oder der Patientin im Vergleich zu den Nebenwirkungen von Statinen sind. Je mehr Risikofaktoren bestehen, desto eher sollten Statine verschrieben werden. Wichtigste Fragen sind dabei:
- Hatte der Patient oder die Patientin bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall?
- Leidet der Patient oder die Patientin bereits an einer koronaren Herzerkrankung?
- Gibt es entsprechende Vorerkrankungen in der Familie (Herzinfarkt, koronare Herzerkrankungen, Schlaganfall)?
Weitere Risikofaktoren sind:
- Diabetes
- Bluthochdruck
- Rauchen
- starkes Übergewicht (Adipositas).
- Veranlagung zur erhöhten Cholesterinwerten (familiäre Hypercholesterinämie)
Das persönliche Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich in einem ersten Schritt mithilfe von Online-Tests bestimmen. Das Ergebnis sollte aber immer mit dem Hausarzt besprochen werden. In der Regel ist die Wirksamkeit der Statine wichtiger als das Diabetes-Risiko, das sich durch Sport und gesunde Ernährung begrenzen lässt. Wichtig ist jedoch, den Blutzuckerspiegel regelmäßig kontrollieren zu lassen.
Statine können früher verordnet werden
Im Dezember 2024 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der auch die Zweckmäßigkeit von Therapien beurteilt, die Verordnungsmöglichkeit für Statine verändert. Patienten, deren Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall in den nächsten zehn Jahren bei mindestens zehn Prozent liegt, können nun mit Statinen beziehungsweise anderen Medikamenten zur Senkung ihres Cholesterinspiegels behandelt werden. Zuvor lag die Grenze bei 20 Prozent. Ein hohes Risiko besteht auch dann, wenn ein Diabetes Typ 1 sowie eine familiäre Hypercholesterinämie vorliegt.
Statine: Fragen und Antworten (FAQ)