Diabetes Typ 1 erkennen und behandeln
Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunkrankheit. Betroffene müssen Insulin spritzen und den Energiegehalt ihrer Nahrung richtig einschätzen, um Folgeerkrankungen zu vermeiden.
In Deutschland behandeln Ärzte rund sechs Millionen "Zuckerkranke" - davon sind allerdings nur fünf Prozent Typ-1-Diabetiker. Das entspricht einer Häufigkeit von 18 von 100.000 Menschen. Während Diabetes mellitus Typ 2 zum sogenannten Wohlstandssyndrom gehört, kommt Typ-1-Diabetes eher einem Schicksalsschlag gleich. Die Autoimmunkrankheit kann in jedem Alter ausbrechen: Häufig tritt sie schon im Kinder- und Jugendalter auf, aber jeder zweite Betroffene ist über 30.
Ursache ist ein Autoimmunprozess
Bei zehn Prozent der Betroffenen liegt Typ-1-Diabetes in der nahen Verwandtschaft - die Gene spielen also eine Rolle. Aber auch Umweltfaktoren können nach heutigem Wissensstand dazu führen, dass der Körper die Insulin-bildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Normalerweise bildet das Immunsystem Antikörper gegen schädliche körperfremde Substanzen. Beim Diabetes Typ 1 greifen diese Antikörper fälschlicherweise die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse an. Dadurch verlieren sie ihre Fähigkeit, Insulin zu produzieren. Experten gehen davon aus, dass in Deutschland zehn Prozent der Typ-2-Diabetiker in Wirklichkeit Typ-1-Diabetiker sind. Bei ihnen wurden die Antikörper nicht bestimmt.
Vitamin-D-Mangel und häufige Atemwegsinfektionen im Kindesalter werden als mitauslösend vermutet. Auffallend ist, dass Diabetes Typ 1 gehäuft gemeinsam mit anderen Autoimmunerkrankungen auftritt, etwa Hashimoto-Thyreoiditis, Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) oder Magenschleimhautentzündung (Typ-A-Gastritis).
Symptome: Schlappheit, häufiges Wassserlassen
Ständiger Durst und häufiges Wasserlassen, auch nachts, gehören zu den ersten Anzeichen von Diabetes Typ 1. Denn der Zucker, den die Zellen nicht mehr aufnehmen können, wird letzten Endes über die Nieren ausgeschieden und bindet dabei viel Wasser. Viele Betroffene fühlen sich außerdem schlapp und kraftlos, weil die aufgenommene Nahrungsenergie nicht in den Muskel- und Gehirnzellen ankommt.
Durch hohe Blutzuckerspiegel kommt es bei vielen Diabetikern zu Verengungen der kleinen und später auch großen Blutgefäße. Damit einher gehen Nervenschädigungen (Polyneuropathie) oder Netzhauterkrankungen. Die starken Blutzuckerschwankungen führen langfristig zu gravierenden Folgen: etwa häufige Infekte oder eine schlechte Wundheilung, besonders an den unteren Extremitäten. Der "diabetische Fuß" mit nicht mehr heilenden Entzündungen ist eine gefürchtete Spätfolge.
Weitere mögliche Symptome von Diabetes Typ 1
- Wachstumsstörung, Bettnässen, Gewichtsabnahme (bei Kindern)
- Müdigkeit, Schwäche, Schwindel
- Sehverschlechterung, wechselnde Sehstärke
- trockene Haut, Juckreiz
- abwechselnd Appetitlosigkeit und Hungerattacken
- Potenzstörungen/Libidoverlust
- Muskelkrämpfe
- schlecht heilende Wunden
- Übelkeit, Bauchschmerzen
- Nierenschwäche, Nierenversagen
- Harnwegsinfekte
- Menstruationsstörungen, verminderte Fruchtbarkeit bei Frauen
- Psychische Veränderungen wie aggressives Verhalten
Diagnose durch Bestimmung mehrerer Blutzuckerwerte
Der Arzt bestimmt den Blutzuckerwert. Man unterscheidet zwischen Nüchternblutzucker und Gelegenheitsblutzucker. Der normale Nüchternblutzucker beträgt höchstens 100 Milligramm pro Deziliter. Bei höheren Nüchternblutzucker-Werten besteht der Verdacht auf Diabetes mellitus. Zusätzlich werden ein Glukose-Toleranztest durchgeführt und der sogenannte Langzeit-Blutzucker bestimmt: Das Glyko-Hämoglobin im Blut gibt Auskunft über die durchschnittliche Blutzucker-Konzentration der vergangenen sechs bis acht Wochen.
Stellt der Arzt Diabetes mellitus fest, untersucht er Augenhintergrund, Urin, Blutdruck, Nerven und Füße. Zudem bestimmt er Blutfett- und Nierenwerte.
Therapie: Das Richtige essen, vorher messen und spritzen
Typ-1-Diabetiker müssen lebenslang Insulin spritzen. Man unterscheidet die sogenannte intensivierte und die konventionelle Insulintherapie. Die intensivierte Therapie ist aufwendig und mit Eigenverantwortung verbunden. Der Vorteil ist, dass der Patient seine Essenszeiten und -mengen selbst bestimmen kann. Vor allem Menschen mit unregelmäßigem Tagesablauf profitieren davon. Bei der konventionellen Insulintherapie spritzt sich der Betroffene zweimal täglich und isst zu fest vorgegebenen Zeiten festgelegte Mengen - der Tagesablauf richtet sich nach der Therapie.
Vorsicht mit Kohlenhydraten
Wichtig ist in beiden Fällen, den Energiewert der Nahrung einschätzen zu lernen. Und die Strategie heißt: Kohlenhydrate reduzieren - wenn, dann sollten sie generell zusammen mit Ballaststoffen auf den Tisch kommen, denn dann werden sie langsamer ins Blut aufgenommen. Das verhindert hohe Blutzuckerspitzen. Setzen Sie also auf viel Gemüse und Vollkornkornbrot statt Weißmehl und Zucker. Studien zeigen auch, dass der Blutzucker langsamer ansteigt, wenn zu (oder besser vor) einen kohlenhydrathaltigen Mahlzeit Eiweiß aufgenommen wird.
Zum Frühstück empfehlen sich also beispielsweise eine Portion Rührei oder Haferflocken, denn im Hafer steckt reichlich Beta-Glucan: ein Ballaststoff, der den Blutzuckerspiegel senken hilft.
Versteckte Kohlenhydrate in Fertiggerichten und Getränken
Wichtig zu wissen: Auch Fast Food und Fertigprodukte enthalten oft große Mengen an Kohlenhydraten, und nebenbei auch noch an ungesunden Fetten. Diese Gerichte sollten höchstens einmal pro Woche auf den Tisch kommen. Denn gerät auch noch der Fettstoffwechsel aus den Fugen, dann wird es gefährlich fürs Herz. Ebenso ungünstig ist das regelmäßige Glas Wein oder Bier am Abend: Alkohol ist eine Kalorienfalle und hemmt überdies die Fettverbrennung. Bewegung hilft dagegen, Blutzuckerspitzen abzufangen.
Der Erfolg der Therapie wird anhand des Langzeitblutzuckers bestimmt. Die Kontrolluntersuchungen übernehmen der Hausarzt oder die Diabetes-Ambulanz. Eine erfolgreiche Therapie mit einem gut eingestellten Blutzuckerspiegel lindert die Symptome und verbessert somit die Lebensqualität der Betroffenen. Folgeerkrankungen und damit eine häufig verkürzte Lebenserwartung werden verhindert oder zumindest verzögert. Kinder und Jugendliche entwickeln sich körperlich, geistig und seelisch normal.