Stand: 19.09.2023 12:00 Uhr

Chat: Adipositas, Gastritis Typ C, Kinderrheuma

Porträt von Ernährungs-Doc Jörn Klasen © ZS Verlag Foto: Claudia Timmann
Jörn Klasen ist Internist, Arzt für anthroposophische Medizin und Heilpädagoge. Er praktiziert am Klinikum Stephansplatz in Hamburg.

Essen als Medizin: Wie packe ich selbst so eine Ernährungsumstellung an? Was hilft bei Adipositas, also starkem Übergewicht? Was muss ich bei Gastritis beachten? Wie lassen sich mit der Ernährung Rheuma-Beschwerden lindern - auch schon beim Kind? Um diese Themen ging es in Folge 66 bei den Ernährungs-Docs. Nach der Sendung hat Dr. Jörn Klasen Ihre Fragen zu den Themen der Sendung im Chat beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:

Lina: Ich wiege 60 Kilogramm und bin 1,66 Meter groß. Nur schaffe ich es nicht, den Bauchumfang von 95 Zentimeter zu reduzieren. Ich bewege mich regelmäßig. Wir machen lange Radtouren, auch Fahrradurlaube mit täglich gut 80 Kilometern. Mein Frühstück besteht aus "Overnights" [kalter Haferbrei] mit Haferflocken, Joghurt, Leinöl und frischem Obst. Das Abendessen bereitet mir Schwierigkeiten: Kann ich hier auch zu Haferflocken mit Joghurt greifen? Lässt sich zur besseren Sättigung vielleicht auch Eiweißpulver unterrühren?

Dr. Jörn Klasen: Sie sollten, bei drei Mahlzeiten am Tag, einmal am Tag warm essen. Sie sollten viel gedünstetes Gemüse essen.

Susanne: Mir wurde vor 15 Jahren die Gallenblase entfernt. Kann ich trotzdem intervallfasten nach der 16:8-Methode?

Klasen: Ja!

Friedrich: Ich bin Musiker mit Schwerpunkt Jazz und Tango. Seit Dezember habe ich die Diagnose Polyneuropathie. Nein, ich bin kein Alkoholiker, trinke gar nichts. Ich habe keine Chemo hinter mir und auch keinen Diabetes. Ich habe im letzten Jahr wegen Ernährungsallergien mein Essen komplett umgestellt: sehr viel Gemüse, wenig Fleisch und sehr viel Obst. Ich trinke ausschließlich Tee und Wasser, sehr selten Kaffee. Kuchen habe ich fast komplett weggelassen. Der Vitamin-B12-Wert kegelt hin und her. Im Krankenhaus wurde jetzt eine geringgradige Gastritis festgestellt. Was tun?

Klasen: Ja, ein Vitamin-B12-Mangel kann zur Polyneuropathie führen. Es muss geklärt werden, ob Sie eine Typ-A-Gastritis haben. Dann kann Ihnen der "Intrinsic Factor" [ein Glykoprotein aus der Magenschleimhaut] fehlen, und Sie können kein Vitamin B12 aufnehmen. Es muss dann regelmäßig injiziert werden.

Karin: Ich bin verzweifelt! Ich habe Schmerzen und MS [multiple Sklerose]. Anscheinend auch Fibromyalgie, und ich bin übergewichtig. Ich nehme bis zu sieben Tabletten am Tag. Ich möchte nicht mehr so weitermachen und frage mich nun, was ich ernährungstechnisch machen könnte.

Klasen: Sie brauchen eine Behandlung durch einen Ernährungsmediziner, den Sie unter www.bdem.de finden können.

Pina: Ich habe vor Kurzem an einer Gastritis Typ B gelitten und sollte mich entsprechend ernähren. Kein Zucker, kein Weizen, kein Schweinefleisch oder Milchprodukte. Ich leide zudem an Untergewicht. Wie soll ich mich jetzt ernähren? Eher der Gastritis entsprechend oder den Empfehlungen zum Untergewicht. Ich bin ratlos!

Klasen: Der Keim Helicobacter pylori muss beseitigt werden durch eine antibiotische Behandlung. Danach essen Sie nach den Empfehlungen für Untergewicht.

Bozena: Ich habe seit vielen Jahren Verdauungsprobleme mit täglichen Bauchschmerzen, Bauchkrämpfen und Durchfällen. Mein Bauch ist ständig gebläht. Ich bin wegen Reflux in Behandlung. In meiner Kindheit wurde ich über eine längere Zeit mit Antibiotikum behandelt. Zudem habe ich eine Endometriose, weswegen ich bereits einmal operiert wurde. Außerdem habe ich verschiedene Allergien, die sich an verschiedenen Körperstellen in unterschiedlicher Weise zeigen. Ich kaufe sehr selten fertige Lebensmittelprodukte. Des Weiteren habe ich Gelenkschmerzen am Knie, an den Fingerknöcheln und Zehengelenken. Ich vermute, dass meine Beschwerden hauptsächlich mit meinen Darmproblemen zusammenhängen. Ich würde gern einen Mikrobiom-Test machen lassen. Können Sie mir einen Test empfehlen? Auf was soll ich bei Internetangeboten achten?

Klasen: Sie sollten eine Mikrobiom-Analyse nur gemeinsam mit einem Ernährungsmediziner machen und nicht über Selbsttest-Angebote im Internet.

Julia: Ich nehme zu, obwohl ich mich gesund ernähre und wenig esse. Ich habe sehr viel Stress. Mein Arzt sagt nach ausführlichen Gesprächen und Untersuchungen, dass der Stress mich zunehmen lässt. Mein Körper hätte zu viel Cortisol. Was kann ich dagegen tun?

Klasen: Einerseits sollten Sie sich regelmäßig bewegen. Das baut Stress ab. Andererseits wäre es gut, Meditation, Achtsamkeitsübungen oder Yoga zu erlernen, damit Sie besser mit Stress umgehen können.

Fischerin: Esse ich beim Intervallfasten nach der 16:8-Methode nur zwei Mahlzeiten, oder kann ich dabei eine Zwischenmahlzeit einplanen?

Klasen: In den acht Stunden, in denen Sie essen dürfen, können Sie auch drei Mahlzeiten zu sich nehmen.

Susanne - Wolfsburg: Ich habe seit geraumer Zeit Magenprobleme. Es begann mit leichter Übelkeit, Schwäche, Schwindel und ab und zu Sodbrennen und Magendruck. Es wurde eine Eisenmangelanämie festgestellt. Bei einer Magenspiegelung im Juni 2023 wurde unter anderem eine gering aktive helicobacterassoziierte Gastritis festgestellt. Meine Frage: Muss der Helicobacter zwingend mit Antibiose behandelt werden? Ich habe Anfang September eine Ernährungstherapie begonnen und hoffe, ohne Antibiotika auszukommen.

Klasen: Wenn Helicobacter eindeutig nachgewiesen wurde, sollte er antibiotisch behandelt werden.

Stefanie: Ich habe einen Reizmagen. Meine Ernährung habe ich jetzt seit August angepasst und umgestellt. Ich merke auch eine deutliche Verbesserung. Wie lang kann es ungefähr dauern, bis ein Reizmagen mit guter Ernährung verschwindet?

Klasen: Wenn es sich nur um einen Reizmagen und nicht auch um einen Reizdarm handelt, etwa zwölf Monate.

Jasmin: Ich bin 35 Jahre alt und habe es durch Ernährungsumstellung und 30 Kilogramm Gewichtsabnahme in die Diabetes-Remission geschafft. Die Diagnose ist sehr frisch, Medikamente habe ich nie genommen. Reagiert mein Körper nun wieder normal, wenn ich wieder gelegentlich Zucker esse? Oder kommt er trotz Remission nicht so gut klar wie ein Körper, der nie Diabetes hatte?

Klasen: Wenn Sie wirklich nur gelegentlich Zucker essen, wird ihr Körper wieder normal reagieren.

Mascha: Nach einer Helicobacter-Gastritis vor vier Jahren, insbesondere am Mageneingang, habe ich das Problem, dass ich morgens ein Brennen im Rachen merke. Ich ernähre mich seit vielen Jahren sehr konsequent nach den Ernährungs-Docs-Empfehlungen und habe das Bett in Schräglage gestellt. Reflux scheint es nicht direkt zu sein. Ich esse auch sehr früh am Abend. Kann es mit meinem Pankreas-Divisum [angeborene anatomische Veränderungen der Bauchspeicheldrüse] zusammenhängen?

Klasen: Wenn die Funktion des Pankreas in Ordnung ist, wird das Divisum keine Rolle spielen.

Peggy: In einer Klinik für Naturheilkunde wurde mir wegen einer Psoriasis-Arthritis die vegane Ernährungsweise empfohlen. Mein Rheumatologe sagt, es ist zu viel Stress für den Körper. Auch in einem Buch der Ernährungs-Docs steht etwas anderes drin. Was ist nun korrekt? Weizenmehl, Zucker und Schweinefleisch esse ich seit vier Jahren weitestgehend nicht mehr. Was kann ich meinem Körper Gutes tun?

Klasen: Ziel ist eine antientzündliche Ernährung, wie sie von uns beschrieben wurde. Vegan essen ist nicht notwendig.

Marion: Ich habe aufgrund meiner vielen Medikamente eine Gastritis Typ C entwickelt. Leide unter anderem an primärer FSGS [fokal segmentale Glomerulosklerose] und Gicht. Ich nehme 20 mg Pantoprazol. Auf Schokolade, Lakritz und viel Kaffee verzichte ich mittlerweile. Rund 90 % meiner Ernährung ist vegetarisch. Ich merke aber, dass ich auf Lebensmittel, die ich zum Beispiel heute gut vertrage, beim nächsten Mal heftig reagiere. Gibt es so etwas wie eine Tagesform bei der C-Gastritis? Ist es ein immerwährendes Probieren, was ich vertrage und was nicht?

Klasen: Welche Nahrungsmittel Sie möglicherweise nicht vertragen. sollten Sie mit einem Ernährungsmediziner austesten.

Tina: Wie gesund sind Kartoffeln als Pellkartoffeln, gedünstet, mit Blick auf den angeblich hohen glykämischen Index der Kartoffel? Wie sollte man sie am besten essen und mit welchen anderen Lebensmitteln beziehungsweise Beilagen?

Klasen: Kartoffeln sollten Sie am besten kochen und dann erkalten lassen. Wenn Sie sie beispielsweise am nächsten Tag essen, enthalten sie viel resistente Stärke, die sehr gut für Ihr Mikrobiom ist.

Nina: Seit einigen Monaten leide ich an einem Reflux. Zudem verspüre ich andauernd stechende Schmerzen im Magen. Kann dies auch ein Indiz für eine Gastritis Typ C sein?

Klasen: Ja, das kann ein Hinweis auf eine Gastritis sein, egal ob Typ A, B oder C.

Regula: Darf ich beim Intervallfasten während der Fastenzeit aromatisierten Früchtetee trinken, der Süßkraut enthält?

Klasen: Ja, das können Sie.

Babsi52: Ich leide an Adipositas und habe alle Krankheiten des Kandidaten Ronald Haller zuzüglich Fibromyalgie und Polymyalgia rheumatica. Durch Intervallfasten nahm ich vor drei Jahren etwa zehn Kilogramm ab, aber aufgrund der Einnahme von Kortison nehme ich nicht weiter ab. Mein HbA1C-Wert liegt bei 7,2 Prozent. Ich habe unglaublichen Süßhunger und finde keinen Weg, das zu steuern. Wie könnte ich weiter abnehmen?

Klasen: Indem Sie regelmäßig Bitterstoffe nehmen gegen den Süßhunger und sich viel bewegen.

Anne: In einer Folge der Ernährungs-Docs mit einer Migräne-Patientin sollte die Dame auf Milch verzichten. In den Rezepten bei Migräne stehen aber Rezepte mit Quark?

Klasen: Verarbeitete Milch ist bei Migräne positiv zu bewerten, also anders als Kuhmilch direkt.

Ben: Spricht etwas dagegen, den Stuhl auch ohne Magenbeschwerden auf Helicobacter-pylori-Antigen testen zu lassen, um dann gegebenenfalls eine Eradikation [komplette Auslöschung eines Krankheitskeimes] durchzuführen, um sein Magenkrebsrisiko zu senken?

Klasen: Lieber Ben, es spricht nichts dagegen.

Andrea: Was kann man tun, wenn sich aufgrund von Reflux die Magenschleimhaut über Jahre schon teilweise verändert hat. Gibt es die Möglichkeit, dies wieder umzukehren?

Klasen: Nicht die Magenschleimhaut verändert sich durch den Reflux, sondern die Schleimhaut der Speiseröhre. Wenn die Änderung nicht zu weit fortgeschritten ist, kann sie sich zurückbilden.

Edeltraut: Wie viele Kohlenhydrate darf ich bei einem Diabetes-Wert von 7,1 Prozent täglich essen?

Klasen: Grundsätzlich sind komplexe Kohlenhydrate das Richtige. Wie viele Sie davon essen sollten, besprechen Sie am besten mit ihrem Diabetologen

Kerstin: Mein Rheumatologe sagt immer, bei mir besteht der Verdacht auf Psoriasis-Arthritis. Der typische Rheumawert ist im Blut nicht vorhanden, dafür immer leicht erhöhte Entzündungswerte und Entzündungen in verschiedenen Gelenken und Schleimbeuteln. Er schlägt mir vor, mit den rheumatischen Basismedikamenten zu beginnen. Ich habe aber Bedenken, diese einzunehmen, da ja nur der Verdacht auf Rheuma besteht. Was würden Sie mir empfehlen?

Klasen: Zunächst sollten Sie eine antientzündliche Ernährungsform beginnen, wie sie im Beitrag bei der siebenjährigen Vivien beschrieben wurde. Vielleicht suchen Sie sich dazu auch eine Fachkraft für ernährungsmedizinische Beratung.

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Gemüse und Pizza jeweils auf einer Gabel aufgespießt. © Fotolia.com Foto: freshidea

Qualifizierte Ernährungsberater (VDOE)

Der Berufsverband der Ernährungswissenschaftler bietet eine Suchfunktion für zertifizierte Ernährungsberater bundesweit. extern

Einkaufswagen mit Obst und Gemüse gefüllt © Fotolia Foto: Sven Grundmann

Diätassistenten (VDD)

Der VDD ist der Verband der Diätassistenten in Deutschland. Auf seiner Website kann man nach Experten für eine Diättherapie oder Ernährungsberatung suchen. extern

Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 18.09.2023 | 21:00 Uhr

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