Entzündeter Knoten, ähnlich einem Pickel, auf rasierter Haut (Bild: IMAGO/YAY Images) © IMAGO/YAY Images

Akne inversa: Ursachen und Behandlung schmerzender Knoten

Stand: 21.09.2024 22:50 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Akne Inversa ist eine Hautkrankheit, bei der sich Haarfollikel immer wieder entzünden, schmerzende Knoten und Abszesse bilden. Meist sind Achseln und Intimbereich betroffen. Die Behandlung lindert Schmerzen.

von Lucia Hennerici (rbb), Julia Richter (BR)

Bei der Hautkrankheit Akne inversa (manchmal auch Acne inversa geschrieben) bilden sich an bestimmten Hautstellen immer wieder schmerzhafte Knoten, Pusteln und Abszesse - also kleine Eiterhöhlen oder Eiterbeulen. Am häufigsten tritt Akne inversa an Hautstellen der Achseln, Leisten und im Intimbereich auf und für Betroffene sind die schmerzenden, entzündeten Knoten auch gerade aufgrund ihrer Lage besonders belastend. Die schmerzenden Hautstellen schränken die Lebensqualität ein.

Heilen kann man Akne inversa bisher nicht, aber die Symptome behandeln: Eine optimale Behandlung kann aber die Schmerzen lindern und den wiederkehrenden Verlauf der chronischen Hauterkrankung verlangsamen.

Akne inversa: Drei Fakten auf einen Blick

Frauen sind deutlich häufiger von Akne inversa betroffen als Männer. Meist tritt die Krankheit zwischen Pubertät und Menopause (Wechseljahre) auf.

Narbenbildung durch schweren Verlauf

Durch die wiederkehrenden Entzündungsprozesse der Haut kommt es bei Akne inversa (von Ärztinnen und Ärzten auch Hidradenitis suppurativa genannt) ebenfalls zur Bildung von Fisteln und zu Vernarbungen. Bei einem schweren Verlauf der Erkrankung werden bestimmte Hautstellen durch die Vernarbung regelrecht verhärtet und unbeweglich.

Was ist Akne inversa (Hidradenitis suppurativa)?

Bei Akne inversa kommt es immer wieder zur Entzündung von Haarfollikeln unter der Haut, also an Strukturen von Haut und Bindegewebe um eine Haarwurzel herum. Besonders betroffen davon sind in der Regel die Hautpartien der Achseln, an den Leisten und im Genitalbereich und / oder Afterbereich. Etwas seltener entstehen die Entzündungen und Abszesse auch an Hautfalten unter der Brust oder im Bereich des Bauchraumes.

Haarfollikel: Kern des Problems bei Akne inversa

Das Haarfollikel selbst wird manchmal auch kleinstes menschliches Organ genannt - ein Follikel produziert ein Haar und umgibt die Haarwurzel und den ersten Teil des Haares trichterförmig. Man könnte auch sagen: Das Haarfollikel ähnelt in der Form einer Vase, in der anstelle einer Blume das Haar samt Haarwurzel ruht. Diese komplexe Hautstruktur versorgt das Haar mit Sauerstoff und Nährstoffen. Teil der Haarfollikel sind Nervenenden und feine Muskeln, die das Haar zur Gänsehaut aufstellen können, und Drüsen - speziell Talgdrüsen - die Haut und Haar "schmieren" und schützen sollen. Genau hier entsteht aber das Problem bei Akne inversa - auch wenn der Grund noch nicht abschließend geklärt ist: Einfach gesagt verstopfen bei Patientinnen und Patienten mit Aknne inversa die Talgdrüsen der Haarfollikel durch einen Entzündungsprozess. Medizinisch spricht man bei diesem Verschluss von einer Okklusion.

Platzdruck im Gewebe verursacht die Schmerzen bei Akne inversa

Das führt dazu, dass sich Druck aufbaut und der Haarfollikel anschwillt. Weil Nerven und Nervenenden im Haarfollikel liegen, sind die meist erbsengroßen Schwellungen (Knoten) sehr schmerzhaft und druckempfindlich. Besonders an Stellen, die durch Reibung der Haut viel Druck abbekommen (beispielsweise an den Hautfalten der Achseln), brechen dann die Haarfollikel auf, Talg und eventuell Eiter fließen ins umliegende Gewebe. Kommt es zur Eiterbildung, sprechen Ärzte auch von einem Abszess. Wird der Platzdruck im Gewebe durch die Entzündung zu groß, bilden sich manchmal auch Zysten (Hohlräume im Gewebe) oder Fisteln, also eine Art Gewebegang, ähnlich einem Rohr. Über Fisteln versucht der Körper die Flüssigkeit abzuleiten. Im Fall der Akne inversa führen die Fisteln oft an die Hautoberfläche und dort zu einer Art nässendem, pickelartig anmutendem Knoten.

Symptome und Erscheinungsformen bei Akne inversa

Typisch für diese Hautkrankheit sind:

  • pickelartige Knoten, meist erbsengroß, können aber auch die Größe einer Haselnuss erreichen
  • Pusteln
  • Abszesse (mit Eiterbildung, die zu einer Schwellung der Haut führt)
  • Zysten
  • Fisteln.

Damit einhergehen diese Symptome:

  • massive Druckempfindlichkeit und Schmerzen
  • Nässen der Knötchen
  • unangenehmer Geruch beim Austritt von Flüssigkeit und Eiter
  • Narbenbildung

Besonders im Achselbereich können sich entzündete Knoten auch "verbinden" und - mit oder ohne Bildung von Fisteln - zu einer Art größerer Entzündungsfläche werden. Vor einem erneuten Schub der Akne inversa (teilweise bis zu 48 Stunden zuvor) berichten einige Betroffene von einem Drücken oder Jucken an entsprechender Stelle oder einer Erwärmung der entsprechenden Hautpartie.

Klassifikation der Symptome nach Hurley

Je nach Schweregrad und Erscheinungsbild wird die Akne inversa in drei Stadien nach Hurley eingeteilt (diese Kategorisierung wird beispielsweise auch bei Psoriasis verwendet):

  • Stadium 1 (mild): Einzelne Abszesse bilden sich, allerdings ohne Fistelgänge und Narbenbildung.
  • Stadium 2 (mittelschwer): Bildung von einem Abszess oder mehreren, weit auseinander liegenden und wiederkehrenden Abszessen mit Fistelgängen. Es kann zur Narbenbildung kommen.
  • Stadium 3 (schwer): Mehrere Abzesse gehen ineinander über und verfügen über mehrere Fistelgänge. Es kommt zur Narbenbildung und einem großflächigen Befall einer Hautregion.

Ursachen und Auslöser für Akne inversa

Die genauen Ursachen von Akne inversa sind bisher nicht vollständig geklärt. Allerdings gibt es einige Triggerfaktoren, die die Hautkrankheit verstärken oder auslösen können.

Wichtige Risikofaktoren für Akne inversa

  • Rauchen
  • Übergewicht
  • Neigung zu starkem Schwitzen (Hyperhidrose)
  • Besiedlung mit dem Bakterientyp Staphylococcus aureus
  • Rasur (besonders an Achseln und im Intimbereich)
  • Mechanische Reibung (etwa durch Bewegung, Kleidung oder an Hautfalten)

Warum Akne inversa immer wieder kommt

Die Trigger für Akne inversa stehen in Wechselwirkung zu anderen Krankheiten und Gesundheitsfaktoren. Die vielleicht wichtigste Ursache dafür, dass Hidradenitis suppurativa (Akne inversa) immer wieder aufflammt und zu Entzündungen führt, liegt im Immunsystem der Betroffenen begründet: Durch Fehlregulationen scheint es hier zu einer Überaktivierung zu kommen. Einige Experten und Expertinnen vermuten, dass das vor allem für den angeborenen Teil des Immunsystems gilt, was eine genetische Veranlagung erklären würde. Sicher ist das allerdings nicht. Eine bestimmte Form von T-Helferzellen steht in Verdacht, die Entzündungen ohne echten Einsatzgrund für das Immunsystem auszulösen und weiter zu befeuern. Konkret sollen das Th17-Zellen sein, die entsprechende Botenstoffe freisetzen.

Behandlung: Was tun bei Akne inversa?

Akne inversa gehört bisher zu den chronischen Hautkrankheiten, die nicht heilbar sind. Allerdings kann die Lebensqualität durch eine zielgerichtete und vor allem frühe Behandlung stark gesteigert werden. Eine effektive Behandlung der Erkrankung und ein informierter Umgang mit den Symptomen kann Betroffenen außerdem dabei helfen, eine Verschlechterung der Krankheit (häufigere Schübe und höhere Schweregrade nach Hurley Scala) zu verhindern oder hinauszuzögern. Medikamente wie Antibiotika, monoklonale Antikörper (Immuntherapie) und Salben (auch für den Intimbereich) kommen beispielsweise zum Einsatz.

Behandlungsmöglichkeiten bei Akne inversa

Allgemein finden sich in den Leitsätzen zur Behandlung von Akne inversa folgende Optionen für Therapien:

  • Subkutan, also unter die Haut gespritztes, (systemisches) Adalimumab, Secukinumab und Bimekizumab - also Antikörper
  • Orale (systemische) Kombination von Antibiotika (Clindamycin und Rifampicin)
  • Orale (systemische) Hormontherapie mit Ethinylestradiol / Cyproteronacetat: Beide Medikamente werden sonst auch als Pille zur Schwangerschaftsverhütung eingesetzt. Hier sollen sie Androgenen und damit der Testosteronsensibilität entgegenwirken. Das nennt sich antiandrogene Therapie - es gibt zwar Indizien, dass sie wirksam sein kann, randomisiert kontrollierte Studien fehlen aber bisher
  • Lokale Therapie auf der Haut mit einprozentiger Clindamycin-Lösung
  • Orale (systemische) Behandlung mit Tetracyclin, einem Breitbandantibiotikum.
  • Radikale chirurgische Entfernung des befallenen Gewebes (Exzision)
  • Chirurgische Entfernung einzelner Läsionen
  • Ablative LASER-Exzision (Gewebeentfernung durch abtragenden Laser).

Welcher Schweregrad braucht welche Behandlung?

Grundsätzlich richtet sich die Behandlung konkret am Schweregrad der Erkrankung (Stadium nach Hurley) aus.

Stadium I nach Hurley

Diese leichte Form der Akne inversa kann mit Salben beziehungsweise Cremes behandelt werden. Es wird etwa zweimal am Tag eine lokale Therapie der Haut mit einprozentiger Clindamycin-Lösung empfohlen. Im Fall von Läsionen können Ärztin oder Arzt außerdem intraläsionale Kortikosteroid-Injektionen in die Gewebeschädigungen spritzen. Betroffene können nach ärztlicher Absprache über kurze Intervalle Antibiotika einnehmen.

Ist Akne inversa vererbbar?

Die genauen Ursachen für Hidradenitis suppurativa sind noch unbekannt. Allerdings gibt es einen Zusammenhang mit dem Hormonsystem und dem Immunsystem der Betroffenen (wie bei Autoimmunerkrankungen typisch, daher wird die Hautkrankheit als "systemisch" beschrieben). Fest steht allerdings: Akne inversa betrifft deutlich mehr Frauen als Männer (die Zahlen schwanken zwischen dreimal und fünfmal so häufig). Und die Erkrankung tritt etwa in der Zeit kurz nach der Pubertät und vor der Menopause auf.

Außerdem gehen die meisten Experten, beispielsweise auch der Deutschen Gesellschaft für Dermatochirurgie e. V., davon aus, dass es einen wichtigen genetischen Zusammenhang gibt, da in einigen Familien die Diagnose Akne inversa gehäuft beobachtet wurde. Wie groß diese genetische Disposition ist, ist bisher umstritten, einige Forscherinnen und Forscher gehen von etwa 40 Prozent aus. Als sicher gilt allerdings auch in denLeitlinien zur Behandlung von Akne inversa, dass es um polygenetische Faktoren geht: Mehr als ein Gen ist verantwortlich für das erhöhte Risiko, eine Hidradenitis suppurativa zu entwickeln. In jedem Fall sollte im Rahmen der Diagnose über Hautkrankheiten in der Familie gesprochen werden.

Zusammenspiel: Akne inversa und die Psyche

Beziehungen zwischen der chronisch-entzündlichen Hautkrankheit und dem psychischen Zustand der Betroffenen sind wechselseitig: Schmerzen und nässende Knoten belasten die Lebensqualität. Riecht das austretende Sekret auch noch unangenehm, führt das bei vielen Betroffenen zu Scham, manchmal zu sozialem Rückzug. Hinzu kommt, dass Akne inversa bisher nicht heilbar ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur logisch, dass die Depression zu den psychischen Krankheiten gehört, die mit Hidradenitis suppurativa stark assoziiert sind. Umgekehrt ist für viele chronische Hautkrankheiten - und eben auch für diese - bekannt, dass sie vom psychischen Zustand der Betroffenen befeuert werden können. Das gilt vor allem für jede Form von Stress. Eine psychologische Behandlung und / oder die Unterstützung durch eine Selbsthilfegruppe kann daher auch faktisch der körperlichen Gesundheit Betroffener dienen.

 

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