Hyperhidrose: Behandlung bei Schwitzen und Schweißausbrüchen

Stand: 13.07.2024 10:33 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Bei Hyperhidrose schwitzen Betroffene etwa in den Achseln, an den Händen oder Füßen stark - auch ohne Hitze oder Sport. Ursachen und Behandlung von extremem Schwitzen und Schweißausbrüchen.

von Elena Zelle-Möhlmann

Beim Sport, bei Hitze oder auch vor Aufregung – jeder Mensch schwitzt. Zum Glück! Denn das schützt den Körper vor Überwärmung. Die Schweißdrüsen geben das wässrige Sekret ab und der Schweiß verdampft auf der Haut. Das kühlt den Körper. Dafür können täglich mehrere Liter Schweiß nötig sein. Manche schwitzen aber ganz ohne Einflüsse von außen übermäßig stark. Etwa ein bis zwei Prozent der Menschen in Deutschland sind vom krankhaften Schwitzen, der sogenannten Hyperhidrose, betroffen.

Ursachen für übermäßiges Schwitzen und Schweißausbrüche

Die Erkrankung Hyperhidrose ist dadurch gekennzeichnet, dass Betroffene stark schwitzen, ohne dass sie gerade Sport treiben oder es draußen heiß ist. Das Schwitzen steht bei ihnen also nicht im Zusammenhang mit der Regulation der Körpertemperatur. Menschen mit Hyperhidrose haben aber nicht mehr oder größere Schweißdrüsen.

Stattdessen werden diese bei ihnen durch das vegetative Nervensystem zu stark stimuliert. Bei der sogenannten primären Hyperhidrose gibt es dafür keinen erkennbaren Grund. Diese Form ist oft erblich bedingt. Die sekundäre Hyperhidrose hingegen tritt im Zusammenhang mit verschiedenen Erkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion, Parkinson oder Tumorerkrankungen auf. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann übermäßiges Schwitzen mit sich bringen. Dazu zählen zum Beispiel Betablocker oder Antidepressiva. Ebenso können hormonelle Veränderungen etwa in der Pubertät oder in den Wechseljahren zu extremem Schwitzen oder Schweißausbrüchen führen.

 

VIDEO: Starkes Schwitzen: Was hilft? (5 Min)

Kopf, Hände, Achseln und Füße häufig von starkem Schwitzen betroffen

Neben der Ursache unterscheiden Medizinerinnen und Mediziner Hyperhidrose auch danach, ob nur manche Körperregionen betroffen sind oder der gesamte Körper. Ist der ganze Körper betroffen, sprechen Fachleute von der generalisierten Hyperhidrose. Sind einzelne Körperstellen wie häufig die Stirn, die Hände, die Achseln oder die Füße betroffen, wird das in der Fachsprache fokale Hyperhidrose genannt. Wer unter den Armen stark schwitzt, ist von der sogenannten axillären Hyperhidrose betroffen. Hyperhidrose an den Händen nennt man in der Fachsprache palmare Hyperhidrose. Sind die Füße betroffen, sprechen Fachleute von der plantaren Hyperhidrose. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, der gegebenenfalls an eine Dermatologin überweist.

Untersuchungen beim übermäßigen Schwitzen: Diagnose der Hyperhidrose

Die Diagnose stellt die Ärztin oder der Arzt nach einem eingehenden Gespräch (Anamnese) und einer körperlichen Untersuchung. Ergänzend sind auch Tests möglich. Bei der Gravimetrie wird mithilfe von Filterpapier die abgesonderte Schweißmenge in einem vorher festgelegten Zeitraum aufgenommen und gewogen. Allerdings gibt es keine durch Leitlinien festgelegten Grenzwerte für diesen Test. Als grober Richtwert für die Diagnose einer axillären Hyperhidrose gilt allgemein ein Wert von mindestens 50 mg Schweiß pro Minute. Bei Hyperhidrose an den Händen oder Füßen gelten Werte ab 20 bis 30 mg Schweiß pro Minute als richtungsweisend. Der Jod-Stärke-Test hilft, die betroffenen Stellen genauer einzugrenzen, indem die Haut mit einer Jodlösung beträufelt und anschließend mit Stärkepulver bestäubt wird. Der schwitzende Hautbereich setzt sich dann dunkel von seiner Umgebung ab.

Extremes Schwitzen: Einteilung in drei Schweregrade

Tritt die Hyperhidrose unter den Achseln oder an den Händen und/oder Füßen auf, kann sie in drei Schweregrade eingeteilt werden:

  • Leichte Form: Die Haut ist an den betroffenen Stellen deutlich feuchter. In den Achseln bilden sich Schwitzflecken mit einem Durchmesser von fünf bis zehn Zentimeter.
  • Mäßig starke Form: Es bilden sich Schweißperlen an den betroffenen Stellen, die Schweißflecken haben einen Durchmesser von 10 bis 20 Zentimetern.
  • Starke Hyperhidrose: Der Schweiß tropft, die Schwitzflecken unter den Armen sind größer als 20 Zentimeter und es schwitzen auch die Oberseiten der Finger beziehungsweise die seitlichen Kanten der Hände und/oder Füße.

Neben diesen messbaren Kennzeichen spielt in der Praxis aber auch eine Rolle, ob und inwieweit das Schwitzen die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt.

Behandlung der Hyperhidrose: Medikamente, Strom und Alternativen

Wird die Hyperhidrose durch Medikamente oder eine andere Erkrankung ausgelöst (sekundäre Form), dann wird diese Ursache behandelt. In der Folge legt sich im besten Fall auch das Schwitzen. Die Behandlungsmöglichkeiten der primären Hyperhidrose sind vielfältig: Die Therapiemethoden reichen von speziellen Deos oder Cremes über Gleichstrombehandlung, Botox-Spritzen, Medikamenten bis hin zu Operationen.

  • Deos und Cremes: Sogenannte Antiperspirante oder Antitranspirante können als Deo in den Achseln und als Creme an den Händen und Füßen aufgetragen werden. Die enthaltenen Aluminiumsalze verschließen die Schweißdrüsen vorübergehend. Eine andere Möglichkeit, wenn die Achseln betroffen sind, sind Anticholinergika. Wirkstoffe dieser Gruppe hemmen den körpereigenen Botenstoff Acetylcholin, der im Nervensystem Impulse weiterleitet.
  • Gleichstrombehandlung: Sind die Hände oder Füße betroffen, kommt die Gleichstrombehandlung (Leitungswasser-Iontophorese) infrage. Dabei werden die betroffenen Stellen mehrmals wöchentlich für 20 bis 30 Minuten in Stromwasser gebadet. Die Behandlung muss dauerhaft durchgeführt werden.
  • Botox-Spritzen: Vor allem für die die Achseln betreffende Hyperhidrose kommen Botox-Spritzen infrage. Die Injektion in 15 bis 20 Punkte unter der Achsel unterbricht die Nervenbahn zu den Schweißdrüsen für mehrere Monate. Die Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A gilt als eine der effektivsten Therapien bei fokaler Hyperhidrose. Die Behandlung ist grundsätzlich auch an anderen Körperstellen möglich, allerdings gibt es hierzulande für die Botox-Injektionen zur Behandlung von Hyperhidrose etwa an Händen oder Füßen keine Zulassung. Die Botox-Therapie wird nur in besonders schweren Fällen von den Krankenkassen übernommen, normalerweise müssen Betroffene die Behandlung selbst bezahlen.
  • Radiofrequenz, Mikrowellen, Ultraschall: Ziel dieser Behandlungen ist es, die Schweißdrüsen unter der Haut durch Wärme so zu schädigen, dass sie weniger Schweiß absondern. Da auch andere Haut- und Nervenstrukturen geschädigt werden können, ist die Behandlung nur für Hyperhidrose unter den Achseln zugelassen. Die Wirksamkeit ist noch nicht gut durch Studien belegt. Die Kosten müssen in aller Regel selbst getragen werden.
  • Medikamente: Die Behandlung mit Tabletten ist bei Hyperhidrose eher selten und wird kaum als dauerhafte Behandlung verordnet. Stattdessen können für bestimmte Situationen Anticholinergika das Schwitzen für einige Stunden reduzieren.
  • Chirurgische Therapien: Bei der axillären Hyperhidrose können mit verschiedenen sogenannten subkutanen Kürretage-Methoden die Schweißdrüsen abgetragen werden. Bei schwerer Hyperhidrose an den Händen oder am Kopf kommt die Thorakale Sympathektomie infrage: Dabei wird ein Nervenstrang des sympathischen Nervensystems in einem Eingriff unterbrochen. Bei extremen Schweißfüßen wird in der lumbalen Sympathektomie ein anderer Nervenstrang gekappt.

Expertinnen und Experten aus dem Beitrag

Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 16.07.2024 20:15

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