Stand: 27.11.2019 10:10 Uhr

Chat-Protokoll: Hormontherapie in den Wechseljahren

Gynäkologin Maret Bauer im Studio.
Die Gynäkologin Dr. Maret Bauer hat Fragen zum Thema im Chat beantwortet.

Hormontherapie zur Linderung der Wechseljahresbeschwerden erhöht das Brustkrebsrisiko - das zeigt eine aktuelle Ausweitung mehrerer großer Studien. Abhängig von der Art der Hormone und der Dauer der Einnahme variiert demnach die Gefahr, an Brustkrebs zu erkranken. Das erhöhte Risiko besteht offenbar sogar noch länger als angenommen - selbst ein Jahrzehnt nach Absetzen der Medikamente.

Die Gynäkologin Dr. Maret Bauer hat im Visite Chat Fragen zum Thema Hormontherapie beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen:

Inge: Gilt die Gefahr auch für bioidentische Hormone wie bei Progesteroncreme? Und für wie gefährlich halten Sie Femiloges oder Remifemin?

Dr. med. Maret Bauer: Progesteroncreme ist hinsichtlich Sicherheit und Nebenwirkung nicht untersucht. Femiloges und Remifemin sind gute Alternativen zur Hormontherapie und haben keine bekannten Risiken in Bezug auf Brustkrebs.

KS: Haben Oekolp Vaginalzäpfchen auch einen Effekt auf das Brustkrebsrisiko?

Bauer: In korrekter Dosierung haben Oekolp Zäpfchen kein erhöhtes Brustkrebsrisiko.

Andrea: Was kann ich gegen Wassereinlagerungen am Beginn der Wechseljahre machen? Leide besonders unter dicken Händen.

Bauer: Wassereinlagerungen liegt meist ein Östrogenüberschuss zugrunde. Hier kann man eine Therapie mit natürlichem Progesteron als Gegenspieler versuchen.

Lillischu: Wie hoch ist der Nutzen einer Antihormontherapie, wenn man Brustkrebs hatte? Letrozol und Exemestan haben erhebliche Nebenwirkungen (starke Knochen und Gelenkschmerzen, Depressionen). Studien zur Wirksamkeit einer Antihormontherapie sprechen nicht dafür, sich den Nebenwirkungen für fünf Jahre auszusetzen. Wie sehen Sie das?

Bauer: Der Nutzen von Antihormonen wie Letrozol oder Exemestan ist eindeutig belegt für das krankheitsfreie Überleben bei Brustkrebs, sodass der Nutzen die Nebenwirkungen bei Weitem überwiegt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Nebenwirkungen unter der Antihormontherapie wirkungsvoll zu behandeln.

Frau: Welche Therapie bei vorzeitigen Wechseljahren mit 30 Jahren?

Bauer: Bei Wechseljahren in so einem jungen Alter liegt ein eindeutig krankhafter Zustand vor, sodass ich unbedingt eine Therapie mit Hormonen bis zum zirka 50. Lebensjahr empfehle. Die Risiken in Bezug auf Brustkrebs treffen auf Ihren Fall nicht zu, sondern beziehen sich auf eine Hormontherapie bei Wechseljahresbeschwerden im natürlichen Menopausenalter.

Emma: Ich bin 55 Jahre alt und nehme seit fast zwei Jahren Hormonspray und Tabletten. Meine Wechseljahrbeschwerden haben deutlich nachgelassen. Ist es ratsam, eine Pause einzulegen?

Bauer: Ja, ein Auslassversuch ist auf jeden Fall sinnvoll. Vielleicht brauchen Sie die Hormone gar nicht mehr.

Claudia: Ich bin 53 Jahre alt und habe außer starkem Schwitzen und Schlafstörungen keine weiteren Probleme. Was kann man außer Hormonen noch nehmen?

Bauer: Sie können gern alternative Therapien ausprobieren, Traubensilberkerzenextrakt hat sich bei Hitzewallungen als hilfreich erwiesen. Das kann sich auch positiv auf die Schlafstörungen auswirken, da diese häufig von den Hitzewallungen herrühren.

Garbo: Trotz Progesterontabletten vaginal und einer Therapie mit Estradiol- und DHEA-Creme (wegen Nebennierenrindenschwäche) habe ich ziemliche Beschwerden wie Hitzewellen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen. Was kann ich noch tun?

Bauer: Ich empfehle, die Dosierung zu überprüfen. Hitzewallungen könnten in Ihrem Fall sowohl durch eine Über- als auch Unterdosierung der Estradiolcreme hervorgerufen werden. Gegen die Schlafstörungen hilft es am besten, wenn Sie das Progesteron oral nehmen.

Sonnenschein: Bin 40 Jahre, habe seit fünf Monaten keine Menstruation und laborchemisch den hormonellen Status einer Fünfzigjährigen. Hormonersatztherapie empfohlen und wenn ja, wie?

Bauer: Das hängt davon ab, ob Sie Beschwerden haben. Wenn Sie keine Beschwerden haben, würde ich nicht dringend mit Hormonen therapieren wollen.

C.M.: Was halten Sie von Hormonbestimmung im Speichel statt im Blut für Progesteron und Estradiol?

Bauer: Im Speichel liegen die Hormone in aktiver Form vor, sodass eine gute Aussage über deren Wirkung möglich ist. Zu beachten ist dabei, dass Laboranalysen im Speichel nicht von den Krankenkassen übernommen werden.

Bommel: Sind Hormone möglich, wenn Brustkrebs vor 15 Jahren bestand?

Bauer: Eine Hormontherapie nach einer Brustkrebserkrankung, egal wie lange sie her ist, sollte nur nach Ausschöpfung alternativer Therapien und bei großem Leidensdruck durchgeführt werden. Dies gilt nicht für die Gabe von vaginalem Estriol.

Laila: Ich bin seit vier Jahren in den Wechseljahren und nehme keine Hormone, weil ich nicht zunehmen möchte. Gibt es ein Hormon, mit dem man nicht zunimmt?

Bauer: Ja! Man nimmt nämlich nicht durch die Hormontherapie zu, sondern durch den veränderten Stoffwechsel in den Wechseljahren.

Blume: Welche Gefahr birgt der regelmäßige Genuss von Sojaprodukten als Risikopatientin (hormoneller Brustkrebs vor 17 Jahren) wie etwa Sojaflocken in Müsli?

Bauer: Zur Sicherheit von Sojaprodukten nach Brustkrebserkrankung existieren leider keine Daten. Ich denke jedoch, dass eine moderate Ernährung mit Sojaprodukten keinen nachteiligen Einfluss auf die Brustkrebserkrankung haben sollte.

Kako: Wegen großer Probleme nach der Entfernung des zweiten Eierstocks nehme ich seit zwei Monaten niedrig dosierte Hormone (Östrogengel und Progesteron-Kapseln). Entgegen der Packungsbeilage der Progesterone sagte mein Arzt mir, ich solle sie durchgehend einnehmen. Ist das in Ordnung?

Bauer: Ja, das können Sie gerne so machen.

Momo02: Ich hatte vor drei Jahren eine Thrombose nach einer OP und aktuell eine Schilddrüsenüberfunktion. Darf ich Östrogenhormone als Tablette einnehmen?

Bauer: Ich würde von einer Östrogentablette abraten wegen des Thromboserisikos. Wenn eine Indikation zu einer Hormontherapie besteht, sollte diese möglichst über die Haut durchgeführt werden (Gel, Pflaster, Spray).

Begro: Ich hatte meine Mens, bis ich 57 Jahre alt war. In den Wechseljahren war ich des Öfteren klatschnass am ganzen Körper. Was passiert, wenn man die Jahre einfach "mitlebt" anstatt behandelt? Birgt das ein Risiko?

Bauer: Nein, das birgt kein Risiko.

Sabine: Ich bin seit zehn Jahren in der Menopause und habe heftige Hitzewellen, schlafe keine Nacht mehr durch und die genitalen Auswirkungen sind schlimm. Ich hatte vor 20 Jahren Brustkrebs. Kann ich Hormone nehmen?

Bauer: Eine vaginale Therapie für die Trockenheit ist auf jeden Fall möglich. Bezüglich der Therapie der Hitzewallungen müsste eine individuelle Risikoabwägung stattfinden. Ich schlage vor, dass Sie diese Frage noch einmal mit Ihrem behandelnden Arzt beziehungsweise Ihrer Ärztin erläutern. Eine Hormontherapie ist nach individueller Risikoabwägung und ausreichender Aufklärung auch nach einer Brustkrebserkrankung denkbar.

Rosanna: Gibt es eine Altersgrenze, ab wann mit der Hormontherapie begonnen werden kann?

Bauer: Eine Hormontherapie kann dann durchgeführt werden, wenn durch Hormonmangel bedingte Beschwerden auftreten. Eine Altersgrenze dafür gibt es nicht.

Sylilei: Ist der Hautverfall des Körpers mit Hormontherapie rückgängig zu machen oder nur aufzuhalten?

Bauer: Leider nein ...

Gerlinde: Kommen die Beschwerden nicht wieder, vielleicht sogar verstärkt, wenn die Hormontherapie beendet wird?

Bauer: Möglicherweise können die Beschwerden kurzfristig nach dem Absetzen wieder auftreten. Aber dann besteht auch die Chance, dass sie sich von alleine nach kurzer Zeit wieder geben, sodass keine weitere Hormontherapie nötig ist.

Regina: Ich hatte Eierstockkrebs, habe keine Hormontherapie wegen des Brustkrebsrisikos gemacht. Meine Scheidenschleimhaut trocknet aus. Was kann ich dagegen tun?

Bauer: Eine vaginale Estriol-Therapie können Sie ohne Bedenken durchführen.

Britta-K: Ich bin 51 Jahre alt und leide unter starker hormoneller Migräne, die immer häufiger auftritt. Hormone sind laut einem Bluttest kaum noch messbar. Mein Gynäkologe hat mir jetzt ein Östrogenspray morgens und abends und eine Verödung der Gebärmutterschleimhaut angeraten, da ich auch noch starke Blutungen habe, anstelle von Progesteron, da ich vor einem Monat eine Thrombose erlitten habe. Ist das alles sinnvoll?

Bauer: Sie sind leider ein komplexer Fall, in dem mehrere Risiken (Thrombose, Migräne) zusammenkommen. Eine Schleimhautverödung ersetzt keine Progesteron-Therapie bei gleichzeitiger Therapie mit Östrogenen. Ich würde Ihnen aufgrund der frischen Thrombose aktuell generell von einer Hormon-Therapie abraten.

Cardi: Ich bin 71 Jahre und nehme Hormonpflaster Estramon 25. Würden Sie das empfehlen, ich würde die Pflaster gerne weiter nehmen?

Bauer: Wenn Sie keine weiteren Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall und Thrombose haben, zum Beispiel Übergewicht, Rauchen, Bluthochdruck etc., kann man die Therapie fortführen. Sie müssen sich dabei jedoch über das Brustkrebsrisiko bewusst sein, das mit Dauer der Therapie ansteigt.

Gitta: Ich bin 56 Jahre alt und leide unter sexueller Unlust, Schlafstörungen und depressiver Verstimmung, habe aber keine Hitzewallungen. Was raten Sie mir?

Bauer: Sie könnten einen Therapieversuch mit DHEA (ein Androgen) probieren.

Julia: Ich bin 53 Jahre und habe keine ausgeprägten Wechseljahresbeschwerden. Allerdings ist bei mir eine Osteopenie festgestellt worden. Ist eine Hormontherapie sinnvoll?

Bauer: Eine Osteopenie ist keine Indikation zur Hormontherapie. Bewegung, Vitamin D und kalziumreiche Ernährung wären hier die besseren Alternativen.

Alice: Kann man durch eine gezielte Untersuchung feststellen, ob man eine Hormontherapie benötigt?

Bauer: Die Therapiebedürftigkeit richtet sich nach Ihren Beschwerden, nicht nach Hormonwerten oder Ähnlichem.

Dieses Thema im Programm:

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