POTS: Frau liegt nach Kreislaufschwäche im Bett und hält sich den Kopf. © IMAGO/ Zoonar.com Foto: Robert Kneschke

POTS: Was steckt hinter dem Posturalen Tachykardiesyndrom?

Stand: 17.03.2025 12:21 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Das Posturale Tachykardiesyndrom, kurz POTS, ist eine Sonderform der Kreislaufschwäche, die vor allem in aufrechter Körperposition besteht. Das Syndrom hat verschiedene Symptome. Welche Therapie hilft?

von Ursula Stamm

In Deutschland sind etwa 0,2 Prozent der Bevölkerung vom POTS betroffen: Das sind rund 166.000 Menschen. Die Dunkelziffer ist vermutlich deutlich höher. Die Erkrankung tritt häufig nach viralen Infekten auf. Bekannt geworden ist das POTS auch als ein Symptom von Long Covid. Es gibt aber auch andere Auslöser wie Unfälle, schwere Operationen oder eine Schwangerschaft.

Was genau ist das Posturale Tachykardiesyndrom?

POTS ist eine Störung des autonomen Nervensystems. Das ist der Teil des Nervensystems, der zum Beispiel Atmung, Verdauung, Herzfrequenz, aber auch die Funktion des Kreislaufs reguliert. Die Funktion des autonomen Nervensystems können wir - wie der Name schon sagt - nicht bewusst steuern. Erkrankungen, die diesen Teil des Nervensystems beeinträchtigen, werden unter dem Begriff Dysautonomie zusammengefasst. Beim Posturalen Tachykardiesydrom leiden Betroffene an einer Kreislaufschwäche, die vor allem in aufrechter Position (Orthostase) besteht. Der Körper ist in diesem Fall nicht in der Lage, den Kreislauf an die aufrechte, also orthostatische, Position anzupassen. Diese Form der Dysautonomie bezeichnen Experten als Orthostatische Intoleranz. Hinzu kommen Symptome wie beschleunigter Herzschlag, Benommenheit und Schwindel.

Symptome: Wie erkennt man POTS?

Das Hauptsymptom des POTS ist eine Kreislaufschwäche im Sitzen und im Stehen. Diese macht sich durch Beschwerden bemerkbar wie Herzrasen, Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen und gelegentliche kurze Bewusstseinsverluste (Synkopen).

Die Herzfrequenz ist deutlich erhöht und liegt bei Durchführung des sogenannten Schellong-Tests um mehr als 30 Schläge pro Minute höher beziehungsweise bei mindestens 120 Schlägen pro Minute. Der Blutdruck sinkt beim POTS gar nicht oder nur wenig ab. Der Schellong-Test ist ein Stehttest, bei dem der Patient oder die Patientin zunächst liegt und danach schnell aufstehen muss. Der Arzt oder die Ärztin misst Puls und Herzfrequenz beim Liegen als auch nach dem Aufstehen. Die Messungen des Schellong Tests werden sowohl zur Diagnose einer orthostatischen Hypertonie als auch zur Diagnose von POTS hinzugezogen.

Neben der Kreislaufschwäche im Sitzen und Stehen kann es beim Posturalen Tachykardiesyndrom noch zu weiteren Beschwerden kommen, wie:

Die Ursachen: Auslöser von POTS

Ein Posturales Tachykardiesyndrom entsteht häufig nach Virusinfektionen wie Pfeiffersches Drüsenfieber (Epstein-Barr-Virus), Influenza oder Covid-19. Bekannt geworden ist das POTS auch als Begleiterkrankung von Long Covid. Auch nach einer Gehirnerschütterung, nach schweren Unfällen und Operationen sowie nach einer Schwangerschaft kann die Erkrankung auftreten.

Viele Betroffene haben ein verringertes Blutvolumen (Hypovolämisches POTS) und damit verbunden auch eine verringerte Anzahl von roten Blutkörperchen. Das erklärt zum einen die Kreislaufprobleme, aber auch die Minderversorgung des Körpers mit Sauerstoff, die zu typischen Symptomen wie Müdigkeit und Kurzatmigkeit führen kann. Experten und Expertinnen unterscheiden weitere Ursachen des POTS wie:

  • Neuropathisches POTS: Nervenstörungen in Beinen, Füßen, Händen sowie in den großen Bauchvenen. Dadurch "versackt" das Blut in den unteren Extremitäten und der Körper reagiert mit einem beschleunigten Herzschlag (Tachykardie).
  • Hyperadrenerges POTS: Gesteigerte Ausschüttung des "Stresshormons" Noradrenalin im Sitzen und Stehen, das verursacht Tachykardie, Zittrigkeit und vermehrte Ängste.
  • Autoimmunes POTS: In Studien konnte festgestellt werden, dass von POTS Betroffene häufiger auch unter einer Autoimmunerkrankung leiden.
  • Aktivierte Mastzellen bei POTS: Eine erhöhte Mastzellaktivierung, die mit einer erhöhten Ausschüttung von Histamin verbunden ist.

Welche Therapien helfen beim Syndrom?

Die Therapie des Posturalen Tachykardiesyndroms ist abhängig von der Ursache. Es gibt eine ganze Reihe von Erkrankungen, die häufig zusammen mit POTS auftreten, wie Multiple Sklerose, Borreliose, Diabetes, bestimmte Herzklappenerkrankungen und verschiedene Autoimmunerkrankungen. In diesen Fällen ist es wichtig, die Grunderkrankung gut zu behandeln. Das kann die Symptome des POTS abschwächen.

Oft ist eine ursächliche Behandlung des Posturalen Tachykardiesyndroms aber nicht möglich, weil der Auslöser nicht in allen Fällen herausgefunden werden kann. Dann helfen nur symptomlindernde Therapien und Medikamente. Hier kommen verschiedene Wirkstoffe infrage, unter anderen:

  • Betablocker (zur Reduktion der Herzfrequenz)
  • Ivabradin (zur Reduktion der Herzfrequenz ohne Einfluss auf den Blutdruck)
  • Fludrocortison (zur Erhöhung des Blutvolumens)
  • Midodrin (zur Verbesserung der "Gefäß-Engstellung")

Wenn beispielsweise eine Virusinfektion POTS ausgelöst hat, kann diese nachträglich nicht mehr behandelt werden. Vorbeugend helfen in diesen Fällen Impfungen, zum Beispiel gegen Covid-19 oder Influenza.

Hausmittel unterstützen die Behandlung

Es gibt verschiedene Maßnahmen und Hausmittel, die Betroffenen helfen die Symptome zu lindern:

  • Ausreichend trinken (mindestens 2,5 bis 3 Liter am Tag)
  • Ein großes Glas Wasser direkt nach dem Aufstehen getrunken, hilft, den Kreislauf anzukurbeln
  • Aktivierung der Muskelpumpe durch überkreuztes Stehen, Fäuste ballen, Füße beim Sitzen höherstellen
  • Salzaufnahme erhöhen, auf acht bis zwölf Gramm am Tag
  • Kompressionsstrümpfe oder Kompressionsstrumpfhose tragen
  • Mit erhöhtem Kopfende im Bett schlafen
  • Alkohol und schwere Mahlzeiten meiden

Lebensstil anpassen: Blutkreislauf verbessern

Vielen Betroffenen hilft es auch, ihren Lebensstil anzupassen. Dazu gehören:

  • Für einen guten Schlaf sorgen
  • Ein angepasstes Trainingsprogramm, das nicht zu Überanstrengung führt: Das kann ein Training im Sitzen oder Liegen sein, das besonders die Oberschenkelmuskulatur und die Wadenmuskulatur anspricht. Geeignet sind aber auch Wassergymnastik, Schwimmen und kardiologische Reha-Programme
  • Trigger vermeiden: wie Dehydrierung, Hitze, große Mahlzeiten, Alkohol, Lärm und allgemeiner Stress
  • Entspannungsübungen: wie Yoga, Autogenes Training, Qi Gong, progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Kann POTS auch wieder verschwinden?

Bei etwa der Hälfte der Betroffenen gehen die Beschwerden innerhalb von ein bis drei Jahren von selbst zurück. In 80 bis 90 Prozent der Fälle zeigt sich eine Besserung der Beschwerden unter der Kombination aus Lebensstilveränderungen und Medikamenten. Allerdings kommt es auch hier immer wieder zu wechselnden Phasen der Krankheitsaktivität. Bei einem kleinen Teil stark betroffener Patienten und Patientinnen bleibt das POTS aber bestehen und schränkt sie in ihrem Alltag zum Teil so stark ein, dass sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen können.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 18.03.2025 | 20:15 Uhr

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