Hüft-TEP: Alles Wissenswerte für die Hüft-OP

Stand: 22.07.2024 05:50 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Hüftprothesen (Hüft-TEPs) werden hierzulande häufig eingebaut. Eine Hüft-OP birgt aber Risiken. Seit Juli können Patienten eine Zweitmeinung zum Nutzen der Prothese einholen. Alle Infos zum künstlichen Hüftgelenk.

von Elena Zelle-Möhlmann

Rund 255.000 künstliche Hüftgelenke wurden in Deutschland im Jahr 2022 eingesetzt. Die Materialien, aus denen die Prothesen sind, verbessern sich ebenso stetig wie die Operationstechniken. Dennoch: Eine Hüft-OP ist ein großer Eingriff, der Risiken birgt und Einschränkungen mit sich bringt. Auch wenn es klare Kriterien gibt, wann eine OP sinnvoll ist, ist die Entscheidung "Hüftprothese - ja oder nein?" keine leichte. Deshalb können Patientinnen und Patienten seit Juli 2024 eine Zweitmeinung dazu einholen - in einem standardisierten, kassenfinanzierten Verfahren.

Arthrose als Ursache von Hüftschmerzen

Die Kugelgelenke in den Hüften sind im Alltag enormen Belastungen ausgesetzt. Solange noch genügend puffernde Knorpelmasse und Gelenkflüssigkeit zwischen Hüftkopf und Hüftpfanne vorhanden ist, lässt sich das Gelenk schmerzfrei bewegen. Doch durch zu hohe oder falsche Belastung oder schlicht durch altersbedingte Abnutzung kommt es zu einem Knorpelabrieb im Hüftgelenk, zur Arthrose (medizinisch: Coxarthrose). Der Gelenkspalt verengt sich, bis schließlich Knochen direkt auf Knochen reibt. Dies kann zu Entzündungsreaktionen und heftigen Schmerzen führen.

Auch angeborene Fehlstellungen, sogenannte Dysplasien, oder Verletzungen können Auslöser für Hüftschmerzen und Verschleiß sein. Wichtig zu wissen: Schmerzen und andere Beschwerden mit der Hüfte können ihren Ursprung zum Beispiel auch im Rücken haben oder muskulär bedingt sein. Dies gilt es abzuklären.

Wann ein künstliches Hüftgelenk infrage kommt

Häufig nehmen die Hüftschmerzen und Beschwerden schleichend zu, wobei sich schmerzhaftere Phasen und weniger schmerzhafte oder gar schmerzfreie abwechseln. Da sich der Verschleiß im Hüftgelenk nicht rückgängig machen lässt, kann am Ende eine Hüft-OP unvermeidbar sein. Wann das der Fall ist, legt die Leitlinie, nach der Ärztinnen und Ärzte sich bei der Behandlung richten sollen, fest. Demnach kommt eine Hüftprothese dann infrage, wenn die konservative Behandlung über mindestens drei Monate nicht geholfen hat, wenn das Röntgenbild starken Verschleiß zeigt und wenn die Patientin oder der Patient starke Schmerzen hat und im Alltag eingeschränkt ist.

Hüftprothese: Ärztliche Zweitmeinung einholen

Möglich ist dieses Zweitmeinungsverfahren bei Ärztinnen und Ärzten, die einer der folgenden Fachrichtungen angehören und eine entsprechende Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung eingeholt haben: Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädie, Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie oder Physikalische und Rehabilitative Medizin. Zweitmeinungsberechtigte Fachärztinnen und Fachärzte in der Nähe lassen sich über die Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung finden.

Zweitmeinung als Mittel gegen überflüssige Hüft-OPs

Hintergrund der neuen Regelung ist auch die immer wiederkehrende Kritik, dass viele Hüft-OPs in Deutschland vorschnell durchgeführt werden. Insbesondere sollen andere Ursachen für die Hüftschmerzen ausgeschlossen werden, bei denen ein Gelenkersatz nicht sinnvoll ist. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob bereits an alle nicht-operativen Maßnahmen zur Behandlung gedacht wurde. Bislang war es nur bei einigen Krankenkassen möglich, sich in Sachen Hüftprothese eine zweite Meinung einzuholen. Auch der Ablauf des Zweitmeinungsverfahrens war nicht einheitlich geregelt.

Vorbereitung: Was ist vor der Hüft-OP wichtig?

Damit die Operation möglichst ohne Komplikationen verläuft, kann man im Vorfeld einiges tun. So sollte man sechs Wochen vor dem Eingriff mit dem Rauchen aufhören und auf Alkohol verzichten, das trägt zu einer guten Wundheilung bei. Bei Ernährungsproblemen, insbesondere bei Mangelernährung, ist eine fachkundige Beratung sinnvoll. Wer Vorerkrankungen wie Diabetes oder Herzerkrankungen hat, sollte das frühzeitig bei Ärztin oder Arzt ansprechen. Gleiches gilt für regelmäßig einzunehmende Medikamente.

Auch für die Fitness sollte man vor der OP etwas tun: zum Beispiel mit physiotherapeutischen Übungen zur Kräftigung der Muskeln und zum Erlernen von Bewegungsabläufen, die nach der OP wichtig sind. Außerdem sind leichte sportliche Aktivitäten wie Radfahren oder Walken sinnvoll, um die Ausdauer zu erhalten. Auch Lungentraining kann sinnvoll sein, um die Operation gut zu überstehen. Ziel dieser sogenannten Prähabilitation (Präha) ist es, nach dem Eingriff nicht bei Null anfangen zu müssen, um wieder beweglich und mobil zu werden. In einigen Fällen lässt sich durch die Präha eine OP aufschieben.

Hüft-TEP und Co.: So läuft die Hüft-OP ab

Bei der Hüft-OP werden Gelenkpfanne und Hüftkopf durch ein künstliches Hüftgelenk ersetzt. Das wird Hüft-Totalendoprothese oder kurz Hüft-TEP genannt. Nicht immer ist ein kompletter Gelenkersatz nötig. Es gibt auch Teilprothesen, die nur den Teil des Gelenks ersetzen, an dem der Knorpel defekt ist. Wie bei jedem Eingriff kann es auch bei der Hüft-OP zu Komplikationen kommen. Möglich sind ein starker Blutverlust, Wundinfektionen, Thrombosen und Nervenverletzungen. Beim Einbau des künstlichen Gelenks kann es zu Rissen oder Brüchen im Oberschenkelknochen kommen. An der Operation oder ihren Folgen sterben deutlich weniger als einer von 100 Menschen. Der Eingriff dauert normalerweise etwa eine bis eineinhalb Stunden. Danach bleiben Patientinnen und Patienten fünf bis zehn Tage im Krankenhaus.

Bei der Suche nach einer geeigneten Klinik für die Operation ist die Plattform www.endocert.de hilfreich. Dort sind zertifizierte Zentren zu finden, die sich verpflichten, beim Einsetzen künstlicher Gelenke bestimmte Qualitätsvorgaben einzuhalten.

Was Patienten direkt nach der Hüft-OP erwartet

Nach dem Eingriff gilt es, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Die ersten Schritte mit der neuen Hüftprothese sollten am besten noch am Tag der OP erfolgen. Zum einen werden bei dieser Belastung die Prothesenteile in den Knochen gedrückt und können besser einheilen. Zum anderen beugt eine schnelle Mobilisierung Komplikationen wie Thrombosen, Schwellungen und Lymphödemen vor. Zudem haben Betroffene eine bessere Lebensqualität, wenn sie selbst zur Toilette gehen können.

Reha: Nachsorge einer Hüft-OP

Nach dem Krankenhausaufenthalt steht die Rehabilitation (Reha) an - üblicherweise stationär, aber auch ambulant ist sie möglich. In der Reha oder auch Anschlussheilbehandlung geht es darum, sich an das künstliche Gelenk zu gewöhnen, die Muskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern.

In den meisten Fällen ist der Einsatz der Hüftprothese erfolgreich: Ein künstliches Hüftgelenk lindert die Beschwerden bei mehr als 90 von 100 Menschen mit fortgeschrittener Arthrose deutlich und verbessert die Beweglichkeit. Aber: Bis zu Zehn von 100 Patientinnen und Patienten haben weiterhin Probleme.

Worauf es im Alltag mit künstlicher Hüfte ankommt

Schon vor dem Eingriff empfiehlt es sich, Stolperfallen zu Hause zu beseitigen, um Stürzen nach der OP vorzubeugen. In den ersten zwei Wochen nach dem Eingriff muss die Wunde verheilen. Etwa sechs Wochen dauert es in der Regel, bis man ohne Gehilfen zurechtkommt. Damit das künstliche Hüftgelenk nicht auskugelt, wird häufig empfohlen, in den ersten drei Monaten die Beine nicht zu überschlagen, das betroffene Bein nicht zu stark nach innen zu drehen, abzuspreizen oder um mehr als 90 Grad anzuwinkeln. Außerdem sollte man das Tragen oder Schieben von schweren Gegenständen vermeiden. Nach drei Monaten geht man davon aus, dass die Hüftprothese belastbar ist.

Sport mit Hüftprothese

Sport und Bewegung sind wichtig - auch mit einem künstlichen Gelenk. Möglich sind Sportarten, die mit einer niedrigen Belastung einhergehen. Dazu zählen zum Beispiel Radfahren, Walken, Wandern, Tanzen, Schwimmen und Ski-Langlauf. Ob man Sportarten mit höherer Belastung, wie zum Beispiel Joggen, Fußball oder Tennis nachgehen kann, hängt auch davon ab, ob man den Sport vor dem Eingriff schon gemacht hat. Am besten mit der Ärztin oder dem Arzt klären, was im Einzelfall gilt.

Wie lange hält ein künstliches Hüftgelenk?

Die Haltbarkeit einer Hüftprothese hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem vom Material, vom Gewicht und vom Alter der Betroffenen. Gewechselt werden muss das künstliche Hüftgelenk zum Beispiel, wenn sich die Prothese lockert, bei Infektionen oder Knochenbrüchen. Nach zehn Jahren sind noch etwa 95 Prozent der eingesetzten Prothesen intakt. Etwa 85 Prozent halten länger als 20 Jahre.

Behandlung ohne Hüft-OP: Bewegung ist wichtig

Fest steht: Bei Arthrose ist eine Hüftprothese nie die erste Behandlungsoption. Nur bei Notfällen wie einem Knochenbruch muss sofort operiert werden. Zunächst soll die sogenannte konservative Therapie die Beschwerden lindern. Wichtig ist vor allem regelmäßige Bewegung, denn dadurch wird Gelenkflüssigkeit durch den Knorpel gepumpt und die Muskulatur gestärkt. In der Physiotherapie werden unter fachkundiger Anleitung die Muskeln gekräftigt, das betroffene Gelenk bewegt und durch Schonhaltung verkürzte Muskeln gedehnt. Außerdem lernen die Patientinnen und Patienten geeignete Übungen für zu Hause.

Mit Schmerzmitteln Hüftprothese verzögern

Entzündungshemmende Schmerzmittel mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Diclofenac können helfen, trotz Schmerzen in Bewegung zu bleiben. Wegen ihrer Nebenwirkungen sollten sie aber nur in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin eingenommen werden. Auch Spritzen ins Hüftgelenk mit dem Wirkstoff Kortison können den Schmerz für einige Wochen lindern, langfristig schwächt das Kortison aber die Knochen. Zwischen einer Kortison-Injektion und einer OP zum Gelenkersatz muss deshalb ein größerer zeitlicher Abstand eingehalten werden.

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NDR Fernsehen | Visite | 23.07.2024 20:15 Uhr

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