Heilpraktiker: Darauf sollten Sie achten
Alternative Therapieverfahren liegen im Trend: Mehr als die Hälfte der Deutschen hat mindestens schon einmal einen der mehr als 40.000 Heilpraktiker in Deutschland aufgesucht. Doch warum tun die Menschen das? Welche Ausbildung hat ein Heilpraktiker und wie finde ich heraus, ob der Gesundheitsdienstleister auch wirklich seriös ist? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum gehen Menschen zum Heilpraktiker?
Der ganzheitliche Ansatz ist einer der Hauptgründe, dass Menschen einen Heilpraktiker aufsuchen: Sie behandeln nicht nur einzelne Symptome, sondern sehen den Menschen als Ganzes und setzen auf alternative, naturkundliche Heilmittel sowie die Selbstheilungskräfte des Körpers. Auch die ausführliche Befassung mit dem Patienten trägt dazu bei, dass alternative Heilmethoden so populär sind. Denn während sich ein Arzt in Deutschland durchschnittlich acht Minuten Zeit nimmt, dauert das Erstgespräch beim Heilpraktiker, die sogenannte Anamnese, rund eine Stunde. Ein weiterer Grund für den Boom bei der Naturheilkunde ist die Zunahme chronischer Schmerzerkrankungen. Weil deren Ursachen nicht immer eindeutig zu diagnostizieren und die Beschwerden nicht immer einfach zu behandeln sind, nehmen viele die Hilfe von Heilpraktikern in Anspruch.
Was ist im Heilpraktikergesetz geregelt?
Heilpraktiker üben die Heilkunde aus, ohne als Arzt oder Psychotherapeut approbiert zu sein. Ihre Tätigkeit ist im Heilpraktikergesetz aus dem Jahr 1939 geregelt. Sie müssen medizinische Grundlagen von der Anatomie über die Neurologie bis hin zur Biochemie kennen. Eine fundierte Heilpraktiker-Ausbildung kann rund drei Jahre dauern. Allerdings gibt es auch unseriöse "Heiler", die nur einen Crashkurs absolviert haben. Die gesetzlichen Vorgaben für die Ausbildung sind lax.
Was ist Heilpraktikern erlaubt?
Heilpraktiker haben bei der Behandlung ihrer Patienten umfangreiche Rechte. Die Ausübung dieser Heilmethoden und Tätigkeiten ist ihnen erlaubt:
- Verfahren der Naturheilkunde oder der Alternativmedizin anzuwenden, zum Beispiel Akupunktur, Schröpfen, Bioresonanztherapie, Aromatherapie, Phytotherapie, Behandlung mit Blutegeln, Homöopathie, Kinesiologie
- eine Praxis zu gründen
- Injektionen und Infusionen zu verabreichen
- offene Wunden zu behandeln
- Aderlasse zu verabreichen
- Eigenbluttherapien durchzuführen
- Krebs zu behandeln
Was ist Heilpraktikern verboten?
Die Ausübung dieser Heilmethoden und Tätigkeiten ist Heilpraktikern verboten:
- meldepflichtige Infektionskrankheiten zu behandeln
- Medikamente selbst herzustellen oder rezeptpflichtige Medikamente zu verordnen
- Zahnheilkunde auszuüben
- Geburtshilfe zu leisten
- Blutabnahmen und Untersuchungen bei Straftaten vorzunehmen
- den Tod eines Menschen festzustellen
- Röntgenuntersuchungen durchzuführen
Gibt es schwarze Schafe in der Branche?
Während die meisten Heilpraktiker ihren Beruf verantwortungsvoll ausüben, gibt es unter ihnen auch immer wieder schwarze Schafe, die dem Ruf der gesamten Branche schaden. Schlagzeilen machte ein Heilpraktiker in Nordrhein-Westfalen, der im Sommer 2016 Krebspatienten mit einem Wirkstoff behandelte, der zwar nicht grundsätzlich verboten, aber nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Drei der Patienten starben. Der Heilpraktiker wurde vom Landgericht Krefeld 2019 wegen fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren Haft verurteilt - auf Bewährung. Die Patienten, die sich ihm anvertraut hatten, trieb die Angst vor den Nebenwirkungen einer Chemotherapie in sein "Biologisches Krebszentrum".
Wie verläuft die Ausbildung zum Heilpraktiker?
Es gibt keine staatlich vorgeschriebene Ausbildung zum Heilpraktiker. Die gesetzlichen Hürden, um Heilpraktiker zu werden, sind denkbar niedrig: Heilpraktiker benötigen einen Hauptschulabschluss und müssen mindestens 25 Jahre alt sein. Sie benötigen eine gültige Aufenthaltserlaubnis, dürfen keine Vorstrafen haben und müssen ein Gesundheitszeugnis vorlegen. Die Schulen verfolgen kein einheitliches Ausbildungskonzept: Während einige eine dreijährige Ausbildung mit 3.000 Unterrichtsstunden anbieten, gibt es auch 10-monatige Crashkurse für besonders Eilige. Welches naturheilkundliche Wissen ein angehender Heilpraktiker lernen muss, ist nirgendwo festgelegt. Auch Lehrpläne und definierte Ausbildungsinhalte gibt es nicht.
Wie werden Heilpraktiker geprüft?
Ihre Prüfung legen angehende Heilpraktiker bei den örtlichen Gesundheitsämtern ab, sie besteht aus einem Multiple-Choice-Test aus 60 Fragen und einer einstündigen, mündlichen Befragung beim Amtsarzt. Dabei geht es um medizinische Grundlagen, das Erkennen von Krankheitsbildern sowie Gesetze und Hygienevorschriften. Nicht geprüft werden dagegen praktische Fähigkeiten sowie Kenntnisse über Naturheilkunde. Die Prüflinge sollen nachweisen, dass sie genügend medizinische Grundkenntnisse haben, um bei der Untersuchung von Patienten eine zentrale Frage verantwortungsvoll beantworten zu können: Liegt eine Erkrankung oder Symptomatik vor, die der Heilpraktiker nicht selbst behandeln darf? In diesem Fall muss ein Heilpraktiker den Patient an einen Arzt oder ins Krankenhaus verweisen. Außerdem soll laut einer gesetzlichen Leitlinie aus dem Jahr 2018 festgestellt werden, ob von den angehenden Heilpraktikern eine "Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung im Allgemeinen oder der Patientinnen und Patienten im Besonderen ausgehen kann".
Gibt es Kritik an der Heilpraktiker-Ausbildung?
Viele Heilpraktikerverbände setzen sich für eine umfassende Ausbildung ein. Auch bei Ärzten stoßen die laxen Regeln für die Ausbildung auf Kritik: Eine 17-köpfige Expertengruppe forderte im August 2017 im "Münsteraner Memorandum" eine umfassende Reform der Heilpraktiker-Ausbildung. Sie schlugen vor, den staatlich geschützten Beruf des Heilpraktikers abzuschaffen oder an dessen Stelle spezialisierte Fachheilpraktiker einzuführen. Diesen Beruf könnten dann nur Menschen mit vorheriger Heilberufsausbildung erlernen - also beispielsweise Ergotherapeuten, Krankenpfleger oder Logopäden. Die Politik dürfe nicht länger hinnehmen, dass sich Alternativmediziner nach einer kurzen, weitgehend unregulierten Ausbildung als staatlich anerkannte Heilpraktiker bezeichnen dürften, schrieben die Mediziner im "Ärzteblatt". Das erwecke bei Patienten den Eindruck, Heilpraktiker seien eine gleichwertige Alternative zu Ärzten, die ein langjähriges Studium absolviert hätten. "Die staatlichen Vorgaben bedürfen einer dringenden Regulierung", betont auch der ehemalige Leiter des Gesundheitsamtes Hamburg-Altona, Dr. Johannes Nießen, im NDR WissensCheck. Es sei höchste Zeit, das veraltete Gesetz zu modernisieren.
Wie erkenne ich, ob ein Heilpraktiker seriös ist?
Es gibt keinen festen Kriterienkatalog, nach dem die Seriosität eines Heilpraktikers beurteilt werden kann. Ein guter Anhaltspunkt kann die Mitgliedschaft in einem Heilpraktikerverband sein. Der Heilpraktiker sollte vorliegende medizinische Diagnosen in seine Arbeit mit einbeziehen und einen nachvollziehbaren Therapieplan vorlegen. Zudem sollte sich der Heilpraktiker ausreichend Zeit nehmen, um Beschwerden und ihre Vorgeschichte zu erfassen, und er sollte den Patienten umfassend über die Kosten der Behandlung aufklären. Vorsicht ist angebracht, wenn der Heilpraktiker die Schulmedizin komplett ablehnt, nur eine Therapieform als die einzig richtige anpreist und eine Heilungs-Garantie abgibt. Auch wenn sofortige Bezahlung verlangt wird, sollten Patienten wachsam sein. Bestenfalls informieren sich Patienten vorab, welche Behandlungsverfahren für ihre Beschwerden geeignet sind - und suchen dann gezielt nach einem Heilpraktiker, der diese Therapie anbietet. Auch Empfehlungen von Bekannten, Nachbarn und Freunden können bei der Suche helfen.
Was kostet eine Behandlung beim Heilpraktiker?
Heilpraktiker sind nicht wie Ärzte an eine Gebührenordnung gebunden, das "Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker" gibt nur eine Orientierungshilfe - letztlich ist das Honorar Verhandlungssache.
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