Stand: 24.01.2022 23:20 Uhr

Chat: Adipositas, Schuppenflechte, Parodontitis

Die Ernährungs-Docs: Anne Fleck. © NDR Foto: Jupp Tautfest
Ernährungsmedizinerin Dr. Anne Fleck praktiziert in Hamburg.

Essen als Medizin: Wie packe ich selbst so eine Ernährungsumstellung an? Was hilft bei Adipositas - und wie kann ich bei Schuppenflechte meine Haut beruhigen? Welche Ernährungsfehler sollte ich bei Parodontitis vermeiden? Um diese Themen ging es am Montag, 24. Januar, um 21.15 Uhr in Folge 51 der Ernährungs-Docs. Nach der Sendung hat Dr. Anne Fleck Ihre Fragen im Chat beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen.

Dorothea: Mich würde interessieren, ob zu der empfohlenen Zuckermenge von 25 Gramm täglich auch der Zucker in Gemüse (zum Beispiel in Paprika) und Obst dazugerechnet werden muss?

Dr. Anne Fleck: Da der Zucker in echten und ehrlichen Lebensmitteln - wie Gemüse und Obst - mit Ballaststoffen und Faserstoffen ummantelt ist, hat er einen langsamen Blutzuckerreiz. Die Zuckermengen beziehen sich auf die eher klassischen Zuckersorten. Gemüse ist wegen des fehlenden Fruchtzuckers noch "besser" als fruktosereicheres Obst. Es gilt die zeitlose Wahrheit: "Die Dosis macht das Gift!"

Jonas: Ich backe seit ein paar Monaten eigenes Brot aus Dinkel- und Roggenkörnern mit verschiedenen Saaten. Ist dies ein guter Ersatz zu gekauftem Brot? Ist eigenes Müsli, aus Dinkel-, Roggen- und Gersten-Flocken mit verschiedenen Saaten und Nüssen geeignet, um Schuppenflechte zu mildern? Wie kann man am besten Weizenkeimöl in die Ernährung integrieren?

Fleck: Selbst gebackenes Brot hat sicher viele Vorteile gegenüber Fertigprodukten mit gegebenenfalls Zusatzstoffen. Problem bei allen Getreideprodukten: Sie enthalten viel Omega-6, sind also entzündungsfördernd. In der Regel wird hierzulande sehr viel Getreide konsumiert, morgens Brot, mittags Brot und so weiter. Besser: Mahlzeiten mit hohem Gemüse- und Ballaststoffanteil, gesunden Eiweißen und Fetten. Gerne auch in Form von Nüssen und Kernen. Bei Schuppenflechte profitieren Sie sehr von Algenölen (Leinöl mit DHA/EPA) mit Weizenkeimöl-Zusätzen, weil das Vitamin E des Weizenkeimöls sehr positiv auf die Haut wirkt und die Algenöle stark antientzündlich wirken.

Alina: Welche Entzündungsparameter im Blut sind bei Hauterkrankungen relevant? Gibt es da mehr als das CRP [C-reaktives Protein]?

Fleck: Danke für die spannende Frage. Als Verfechter der modernen Präventivmedizin setze ich in der Praxis auf innovative Marker, zum Beispiel hs-CrP, Calprotectin, eventuell Interleukine. Klinische Zeichen einer Entzündung in der Anamnese helfen mir auch bei meiner Detektivarbeit weiter, das sind Zeichen wie gehäuftes Nasenlaufen, Juckreiz der Haut oder der Ohren, trockene, juckende Augen. All das sind meiner Erfahrung nach in der Summe ebenfalls Hinweise.

Susanne: Eine Frage zur Ernährung bei Schuppenflechte: Wodurch kann der Fisch ersetzt werden, da ich Fisch absolut nicht esse?

Fleck: Gerade bei der universell sinnvollen antientzündlichen Ernährung (auch zur Vorsorge von Herzinfarkt zum Beispiel) empfehlen sich die langkettigen Omega-3-Fettsäuren DHA/EPA. Als Alternative zu fettem Fisch sind vor allem Algenöle etabliert, das heißt zum Beispiel Leinöl plus DHA/EPA aus Algen. Wichtig ist die Produktion unter Licht-, Hitze- und Sauerstoffausschluss ("omega-safe" oder Oxyguard"), damit die Öle nicht oxidiert sind. Ein Öl in einer dunklen Flasche ist noch kein Garant für Qualität! Vor allem frisch gepresste Öle aus hochwertigen Produktionen vom Hersteller sind vielversprechend in der klinischen Anwendung und beweisen einen guten Therapieerfolg.

Miriam: Kann man Weizenkeimöl einfach pur zu sich nehmen oder eher in Verbindung mit der Nahrung?

Fleck: Es lässt sich auch gut mit anderen Ölen in Salat, zum Beispiel in Kombination mit Olivenöl, mischen oder pur einnehmen. Oft werden Öle besser zum Essen vertragen.

Oliver: Früher haben Sie immer die Proteinshakes bei besonders Übergewichtigen vorgeschlagen (zumindest in den ersten zwei Wochen). Das scheint in der heutigen Sendung anders zu sein. Warum? Auch das Intervallfasten heißt jetzt Nachtfasten. Warum?

Fleck: Der gesündeste Weg zur langfristig erfolgreichen Gewichtsreduktion ist der Weg mit einfachen und ehrlichen Lebensmitteln. Shakes sollten nicht Mittel der ersten Wahl sein, sondern den Ausnahmefällen, nach strenger Indikation, vorbehalten sein. Shakes mit Süßungsmitteln sind nach neuestem Stand der Forschung kritischer zu bewerten.

Bettina: Ist es besser, am Abend Haferflocken mit Joghurt und zuckerarmen Obst zusätzlich mit einem EL Leinöl statt Brot zu essen? Welche Menge an Haferflocken darf es sein?

Fleck: Haferflocken sind ein perfektes Sleep-Food, wegen der hohen Eiweißdichte. Allerdings wäre es besser auf die Obstbeilage zu verzichten, denn die meisten Menschen schlafen besser mit Verzicht auf Rohkost.

Sabine: Mein Partner und ich richten uns schon lange nach Ihrer Ernährung. Leider habe ich aktuell ein anderes Problem, was mich ziemlich belastet: Sodbrennen. Insbesondere Gebratenes löst starkes Sodbrennen aus. Was kann ich aktiv dagegen tun?

Fleck: Das freut mich sehr! Letzte Woche gab es eine Folge zu Reflux, noch mal reinschauen ... Außerdem kein langes Intervallfasten, das kann Reflux sogar befeuern. Alles Gute!

Unbekannt: Es wird immer angeraten, weniger Brot zu essen. Ich gehe dabei immer davon aus, dass Weizenmehlprodukte gemeint sind. Ich backe mein Brot selber, vornehmlich mit Dinkel und Roggen. Dieses Getreide wird von mir sogar selber gemahlen und dann verbacken. Wie sieht es denn mit dem Verzehr dieser Brote aus? Kann ich davon ausgehen, dass diese weniger problematisch sind? Oder soll man auch weniger davon verzehren?

Fleck: Getreide allgemein, also auch Dinkel und Roggen, haben einen hohen Kohlenhydratanteil und liefern Omega-6 (proentzündliche Komponente). Daher ist allgemein der Tipp der antientzündlichen Strategie: mehr Gemüse, gesundes Fett und Eiweiß - weniger Getreide (insbesondere Weizen). Sie können natürlich auch Ihr Brot genießen, nur nicht als Hauptdarsteller auf dem Teller, und auch abwechseln.

SIMONE: Wenn ich faste, darf ich dabei trinken?

Fleck: Natürlich! Viel Wasser, in etwa 30-40 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht, und zuckerarme Getränke (also kein Milchkaffee)!

Angi P: Ich liebe Ihr Doc Fleck-Frühstück! Bei Gewichtsproblemen - sollte man da lieber auf die Haferflocken und auch auf die Banane verzichten?

Fleck: Klasse! Das ist eine perfekte antientzündliche und darmgesunde Rezeptur, die sich für alle Krankheiten und zur Prävention eignet. Wenn Sie zunehmen wollen, können Sie Haferflocken hinzufügen, denn Fett und Kohlenhydrate fördert die Gewichtszunahme, die viele sogar wünschen. Wenn nicht, dann bitte ohne Getreideflocken! Alles Gute für Sie!

Alexandra: Kann Soja eine negative Auswirkung auf das Hautbild haben?

Fleck: Soja ist individuell verträglich, da es schwer verdaulich ist. Darunter kann langfristig auch das Hautbild leiden.

Rolie: Meine Tochter hat die Schuppenflechte fast am ganzen Körper. Was kann sie dagegen tun? An Übergewicht kann es nicht liegen, denn sie wiegt mit 36 Jahren gerade mal 46 Kilogramm. Sie hat auch schon sehr viel ausprobiert. Aber ich habe das Gefühl, dass es immer mehr wird.

Fleck: In diesem Fall ist unbedingt das Prinzip der antientzündlichen und darmgesunden Ernährung angeraten, wie ich sie in meinem Ansatz empfehle und die wir auch in Folgen darstellen. Also viel Gemüse, Obst, Kräuter, gutes Fett, Nüsse, Kerne, Samen, Eiweiß (zum Beispiel fetter Fisch), Geflügel, in Maßen auch Fleisch aus Weidetierhaltung, in Maßen Getreide, Milch nach Verträglichkeit und gute Fette aus Algenöl. Alles Gute.

PetraSu: Kann ich auch Weizenkeimöl verwenden, auch wenn ich eine Glutenunverträglichkeit habe?

Fleck: Weizen enthält im gesamten Korn Gluten. Das daraus gewonnene Öl ist aber glutenfrei.

Anja: Ich würde gerne wissen, ob Intervallfasten notwendig ist, um bei Schuppenflechte abzunehmen? Und ob häufige kleinere Mahlzeiten auch dem Zweck dienen.

Fleck: Wichtig! Intervallfasten ist nicht für jedermann uneingeschränkt zu empfehlen. Und selbstverständlich können Sie sogar sehr, sehr gut abnehmen, ohne sich an extrem lange Intervalle zu halten. Eine Essenspause von zwölf Stunden ist bereits effektiv. Mit drei Hauptmahlzeiten pro Tag und wenig bis keinen Snacks. Achten Sie auf die kluge Zusammenstellung der Mahlzeiten und auf Kohlenhydrat-, Zucker- und Süßstoffreduktion. Viel zu oft wird unterschätzt: Menschen mit Migräne, Reflux und Neigung zu Gallensteinen sollten nicht extrem fasten. Achten Sie auf Ihre Körperintuition! Jeder ist anders.

Clipper: Empfehlen Sie bei Schuppenflechte nur den Verzicht auf Weizen oder ergibt es Sinn, komplett auf glutenhaltige Produkte zu verzichten? Wie sieht es mit Milchprodukten aus?

Fleck: Das hängt auch von den individuellen Verträglichkeiten und anderen etwaigen Co-Krankheiten ab. Wer bereits eine Autoimmunkrankheit hat, profitiert oft auch von glutenfreier beziehungsweise ‑reduzierter Ernährung. Dasselbe gilt für Milch. Weizenfreies Essen ist ein Anfang. In meiner Praxis empfehle ich den Menschen folgenden Selbstversuch: Einmal 10 bis 14 Tage auf Gluten- und Milchprodukte zu verzichten, dann wieder schrittweise einführen an einzelnen Tagen hintereinander und sich selbst beobachten. Dieser Tipp bringt oft Erstaunliches zu Tage. ;-)

Margot: Darf ich als Hashimoto-Kranke Algenöl essen?

Fleck: Das Algenöl (zum Beispiel Leinöl mit DHA/EPA und Zusatz von Weizenkeimöl) kann verzehrt werden, denn die DHA/EPA-Fettsäuren werden nur "aus Algen gewonnen". [Anm. d. Red.: Es enthält kein Jod.]

Elmo: Was ist wichtiger: Gewicht oder Bauchumfang?

Fleck: Der Bauchumfang ist ein guter Indikator, Sie können durch viel Muskulatur auch ein großes Gewicht haben, denken Sie etwa an Vitali Klitschko.

Sylvia: Ich leide seit meiner Kindheit unter Schuppenflechte. Habe immer etwas größere oder kleinere Herde. Als Kind und Jugendliche war ich stark untergewichtig. Jetzt liege ich mit dem BMI im oberen Bereich des Normalgewichts. Ich esse viel Gemüse, doch leider keine Besserung. Derzeit habe ich was an der Kopfhaut, es wird immer mehr.

Fleck: Mein Tipp für Sie: mehr Kräuter, antientzündliche Gewürze, wie zum Beispiel Kurkuma, Koriander, Zimt, Kardamom, und andere. Außerdem wichtigstes Puzzlestück: Die langkettigen Fettsäuren DHA/EPA aus Fisch oder - einfacher umzusetzen - täglich etwas hochwertiges Algenöl mit Weizenkeimöl-Zusatz.

Maya: Was kann ich machen, wenn ich eine Sucht auf Süßes habe? Es ist meist abends. Gibt es eine alternative und gesündere Möglichkeit, die eine Person auch befriedigen würde?

Fleck: Sie sollten unbedingt aktiv werden. Was Sie beschreiben, ist ein Fingerzeig: Sie könnten in eine Insulinresistenz und gegebenenfalls einen Diabetes mellitus rutschen. Mein Tipp: drei Mahlzeiten, dabei sattessen, aber nicht erst abends. Hochwertige Fette und Eiweiße integrieren, die sättigen, und Bitterstoffe aus Ernährung zuführen: zum Beispiel Salate, Kräuter wie Petersilie, Chicorée, Rauke, Löwenzahn. Und mein Praxistipp: täglich zwei bis dreimal Bitterstoffe als Spray auf die Zunge sprühen, auch im "Notfall". Das hemmt Heißhunger und stärkt die schlank machende und gesund erhaltende Darmflora. Bittersprays sollten ohne Alkohol und Konservierungsstoffe sein.

Kira: Sollte man bei Parodontitis auf Kohlenhydrate eher verzichten?

Fleck: Verzichten wird gegebenenfalls ein harter Schritt. Aber deutlich reduzieren wäre ein guter Tipp. Kohlenhydrate kann der Körper sogar selbst herstellen, aus Eiweißen und Fetten.

Sarah: Ich habe eine Kuhmilchunverträglichkeit und suche Ersatzprodukte zum Kochen, die ich an Stelle von Sahne oder Joghurt verwenden kann. Haben Sie hierfür eine Empfehlung?

Fleck: Versuchen Sie es doch mal mit Produkten aus Hafer oder Soja.

Maria: Ich habe gelesen, dass der Genuss von Zitrusfrüchten einen Psoriasis-Schub auslösen kann. Sind Sie auch dieser Ansicht, und durch was kann man zum Beispiel den Zitronensaft, der in vielen Rezepten vorkommt, sinnvoll ersetzen?

Fleck: Zitrusfrüchte sind histaminhaltig und können bei chronischen Entzündungskrankheiten und auch Infektionskrankheiten Krankheitsschübe triggern. Die Dosis ist jedoch stark individuell unterschiedlich. Eine maßvolle Dosis Zitronensaft zum feinen Abschmecken wird von den meisten Menschen mit dieser Problematik noch gut toleriert. Ausprobieren ist die Devise!

Susi: Stimmt es, dass man durch Umstellung auf Low Carb Haarausfall bekommen kann?

Fleck: Jeder Ernährungsansatz muss ausgewogen sein und individuell (!) passen. Das gilt auch für die vorgestellten Empfehlungen in der Sendung. Oft liegt ein Haarausfall an verschiedenen Ursachen, zum Beispiel Eiweißmangel aus der Ernährung, Eisen-, Zink- und Biotinmangel. Auch die Schilddrüsenfunktion sollte bei hartnäckigen Problemen getestet werden.

Clipper: Sind die sogenannten "Cheatdays" in Ordnung, oder werfen sie einen nur zurück?

Fleck: "Cheatdays" sind nicht wirklich "zurück", aber es war die Entscheidung der Patientin und für sie hat dieser Weg funktioniert. Manche wirft es etwas zurück, manchen hilft das Gefühl, auf nichts zu verzichten. Das Beispiel zeigt, wie schön es ist, wenn sich Menschen auf ihren Weg machen!

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Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 24.01.2022 | 21:15 Uhr

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