Migräne: Symptome, Ursachen und Behandlung
Migräne mit oder ohne Aura setzt Betroffene außer Gefecht. Die genauen Ursachen sind nicht bekannt. Tabletten und andere Medikamente können Schmerzattacken vermeiden und die Symptome lindern.
Mehr als nur Kopfschmerzen: In Deutschland sind rund 10 bis 15 Prozent der Menschen von Migräne betroffen - Frauen häufiger als Männer. Auch Kinder können Migräne haben.
Was ist Migräne?
Migräne ist eine neurologische Erkrankung mit wiederkehrenden heftigen Kopfschmerz-Attacken, die von weiteren belastenden Symptomen begleitet werden. Die Dauer der einzelnen Anfälle beträgt drei bis 72 Stunden, also bis zu drei Tage. Körperliche Belastung verstärkt die Symptome. Betroffene müssen in der Regel Bettruhe einhalten, am besten in einem kühlen, abgedunkelten Raum. Migräne kann den Alltag von Betroffenen gerade bei häufigen Attacken erheblich einschränken.
Typische Symptome bei Migräne
Der heftige Migräne-Kopfschmerz wird von weiteren typischen Beschwerden begleitet:
- anfallsartige Kopfschmerzen
- stechende, drückende, pochende, pulsierende Kopfschmerzen
- Beginn oft einseitig
- Übelkeit
- Erbrechen
- Lichtempfindlichkeit
- Geräuschempfindlichkeit
Migräne mit Aura
Etwa ein Viertel der Menschen mit Migräne haben bereits vor der Kopfschmerz-Attacke neurologische Symptome, was als sogenannte Aura bezeichnet wird. Dazu können gehören:
- Sehstörungen (Flimmern vor den Augen, Gesichtsfeldausfälle sogenannte Skotome, vorübergehende einseitige Blindheit)
- Gefühlsstörungen und Kribbeln in Armen oder Beinen
- Wahrnehmungsveränderungen: Dinge erscheinen anders als sonst.
- Sprachstörungen
- Schwindel
- Hörminderung
Diese Phase der Aura beginnt in der Regel rund eine Stunde vor dem Migräneanfall und dauert zwischen fünf und 60 Minuten.
Vestibuläre Migräne
Unter vestibulärer Migräne verstehen Fachleute Schwindelattacken mit Übelkeit und Erbrechen. Der Schwindel hält meist für wenige Minuten bis viele Stunden an. Nach dem Schwindel folgen oft die für Migräne typischen Symptome wie einseitiger Kopfschmerz mit Licht- und Lärmempfindlichkeit.
Ursachen von Migräne
Die Ursachen von Migräne sind noch nicht restlos geklärt. Die Veranlagung ist genetisch bedingt. Viele Betroffene scheinen eine besonders hohe Aufmerksamkeit für verschiedenste Reize und eine schnelle Reizverarbeitung zu haben, was das Nervensystem irgendwann überlastet. Insgesamt handelt es sich um eine neurobiologisch bedingte Funktionsstörung des Gehirns. Im Verlauf einer Attacke kommt es wahrscheinlich zu entzündlichen Vorgängen an den Blutgefäßen im Gehirn. Auch die Verarbeitung von Schmerzsignalen spielt vermutlich eine Rolle.
Migräne-Trigger: Das können Auslöser sein
Bei manchen Menschen können Anfälle durch sogenannte Trigger ausgelöst werden. Trigger beschreiben Situationen, in denen es wahrscheinlicher ist, dass Betroffene eine Attacke erleiden. Ein Migränetagebuch kann helfen, die persönlichen Trigger zu identifizieren. Zu den häufigen Triggern gehören:
- grelles Licht
- starker Lärm
- Wettereinflüsse
- Unregelmäßigkeiten im Tag-Nacht-Rhythmus
- hormonelle Schwankungen
- Übermüdung
- Überanstrengung
- Stress und Ärger
- unregelmäßiges Essen
- Alkohol
- Reizstoffe in bestimmten Lebensmitteln (oft Histamine, Konservierungsstoffe oder der Geschmacksverstärker Glutamat)
Spezielle Nahrungsmittel sind nur selten Auslösefaktoren für Migräne. Früher glaubte man, dass zum Beispiel Schokolade und Käse potente Auslöser der Migräne sind. Heute weiß man, dass der Heißhunger auf hoch kalorienhaltige Speisen oft ein Frühsymptom der Migräne darstellt, also bereits zum Anfall gehört. Dieser Heißhunger wird wahrscheinlich durch ein Energiedefizit in den Nervenzellen ausgelöst.
Diagnose von Migräne
Sind es "nur" Kopfschmerzen oder ist es Migräne? Für die Diagnose macht die Ärztin oder der Arzt eine körperliche Untersuchung und benötigt eine detaillierte Beschreibung der Beschwerden, die während eines Anfalls auftreten. Entscheidend sind Angaben, wo genau der Schmerz sitzt und wie lange er anhält. Ebenfalls wichtig ist der Abstand zwischen den Attacken und eventuelle Begleitsymptome. Ein Kopfschmerz-Fragebogen und -Tagebuch (in Papierform oder als App) erleichtern die Diagnose. Bei mehr als 15 Tagen pro Monat mit einseitigen Kopfschmerzen samt Begleitsymptomen sprechen Fachleute von chronischer Migräne.
Tabletten: Behandlung leichterer Migräneattacken mit Schmerzmitteln
Die Leitlinie zur Therapie von Migräne der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) empfiehlt bei akuten Attacken, möglichst früh Medikamente einzunehmen. Denn grundsätzlich gilt: je früher der Zeitpunkt der Einnahme, desto besser die Wirkung. Bei leichten bis mittleren Migräneanfällen helfen klassische Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, bekannt als Aspirin, Paracetamol oder Ibuprofen.
Spezielle Medikamente gegen stärkere Migräneanfälle: Triptane
Wirksame Medikamente zur Therapie mittelschwerer bis schwerer Migräneattacken sind die Triptane. Diese spezifischen Migränemedikamente wirken auf Rezeptoren der geweiteten Blutgefäße im Gehirn, die sich daraufhin wieder verengen. Außerdem verhindern sie die Aktivierung entzündungsauslösender Eiweißstoffe. Allerdings erhalten nur wenige Patientinnen und Patienten mit Migräne diese speziellen Migräne-Tabletten zur Behandlung ihrer Attacken, je nach Erhebung etwa 10 bis 20 Prozent
Triptane mit den Wirkstoffen Almotriptan, Naratriptan und Sumatriptan gibt es als Tabletten in kleiner Packung rezeptfrei in der Apotheke. Voraussetzung: Die Migräneerkrankung wurde ärztlich bestätigt. Größere Packungen sowie die Wirkstoffe Eletriptan, Frovatriptan, Rizatriptan und Zolmitriptan gibt es nur auf Rezept. Triptane helfen bei Migräneanfällen mit und ohne Aura und sollten zu Beginn der Kopfschmerzphase eingenommen werden.
Triptane dürfen bei bestimmten Vorerkrankungen - wie zum Beispiel nach Herzinfarkten und Schlaganfällen - theoretisch nicht eingesetzt werden und es gibt mögliche Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit oder Engegefühle in der Brust. Doch ihr Nutzen überwiegt in den meisten Fällen die Nebenwirkungen. Allerdings ist darauf zu achten, dass 20 Tage im Monat komplett frei von der Einnahme von Schmerz- und Migränemitteln bleiben. Schmerzmittel und/oder Triptane dürfen an maximal zehn Tagen im Monat angewendet werden, sonst kann sich zusätzlich ein sogenannter medikamenteninduzierter Kopfschmerz entwickeln.
Tabletten, Spritzen oder Infusionen: Vorbeugende Behandlung
Wenn eine Patientin oder ein Patient an vier oder mehr Tagen im Monat Migräne hat oder wenn die Behandlung mit Triptanen keine ausreichende Besserung von Anfällen bietet, gibt es die Möglichkeit, die Migräne vorbeugend zu behandeln. Die Dauertherapie lässt die Migräneattacken in der Regel nicht gänzlich verschwinden, aber die Abstände der Anfälle können vergrößert werden.
Zur Prophylaxe mit Tabletten kommen unter anderem Betablocker, Antidepressiva oder Mittel gegen Epilepsie infrage. Bevor moderne Antikörper zur Migräneprophylaxe verschrieben werden können, muss mindestens eine der Tablettentherapien versucht werden, manchmal auch mehrere. Migräne-Antikörper werden alle vier Wochen unter die Haut gespritzt und richten sich gegen CGRP - das steht für Calcitonin Gene-Related-Peptide, ein Molekül, das an der Entstehung von Migräneattacken beteiligt ist. Eine neue Wirkstoffgruppe, die sogenannten Gepante, sollen verhindern, dass sich überhaupt CGRP-Proteine bilden. Sie sollen nicht nur vorbeugend wirken, sondern auch bei akuten Migräneattacken. Botulinumtoxin (kurz: Botox) kann Patientinnen und Patienten mit chronischer Migräne helfen.
Hilft eine Behandlung mit Piercing?
In den sozialen Medien kursieren Gerüchte, dass ein Ohr-Piercing (Daith-Piercing) gegen Migräne helfen soll. Es wird im Bereich des Ohrknorpels an einem der Akupunkturpunkte, die zur Migränebehandlung genutzt werden, gesetzt. Hilft das wirklich? Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) betont: "Das Verfahren beruht auf keiner nachvollziehbaren pathophysiologischen Grundlage." Außerdem gebe es keine wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit belegen. Mehr noch: Das Piercing könne sich entzünden und gerade im Bereich des Ohrknorpels sei das Risiko für eine gestörte Wundheilung höher. Die DMKG rät daher vom Daith-Piercing gegen Migräne ab - ähnlich steht es auch in der Leitlinie, nach der Ärztinnen und Ärzte sich bei der Behandlung richten sollen.
Bewegung, Entspannung und Ernährung gegen Migräne
Wer Tagebuch über seine Migräneattacken führt, kommt so möglicherweise den individuellen Triggern auf die Spur - und kann sie meiden. Regelmäßiger Ausdauersport wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren sowie Entspannungsverfahren, zum Beispiel Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training, können den Stresspegel verringern und helfen, Migräneattacken vorzubeugen. Für viele Patientinnen und Patienten hilfreich ist Regelmäßigkeit. Das gilt für Schlafens- und Aufwachzeiten aber auch für Mahlzeiten. Hetze, Unregelmäßigkeit, Naschen und Überspringen von Mahlzeiten können Migränebeschwerden verschlimmern. Neben einer Ernährung mit vorwiegend naturbelassenen Lebensmitteln ist es vor allem wichtig, mindestens 1,5 Liter täglich zu trinken.
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