Platt trifft Arabisch: Gemeinsames Projekt von Ohnsorg und Lichthof Theater
Das Lichthof in Bahrenfeld ist eine hippe Experimentierbühne - das Ohnsorg DIE Hamburger Institution für Plattdeutsch. Jetzt arbeiten beide Bühnen zusammen: Das Stück "Dat Leven vun de Liven" feiert am Freitag Premiere.
Hier begegnen sich nicht nur Theaterwelten, sondern auch Sprachen. Die Palästinenserin Lamis Ammar hat extra Plattdeutsch gelernt: "Jetzt kann ich die fünfte Sprache, also bin ich die erste Palästinenserin, die auf Plattdeutsch spielt." Ihr Plattdeutschlehrer ist Peter Nissen: "Dat lange "a", wat dat im Hochdütsch nicht givt, dat kriegt se hin, det fund ich so spannend", sagt er. "Ohne Peter könnte ich gar kein Plattdeutsch sprechen", erwidert Ammar.
Und das in einem Stück mit dem typischen Lichthof-Geschmack:
"Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt" Zitat aus "Dat Leven vun de Liven"
Was heißt das eigentlich genau, auf "gut Deutsch"? Was ist Sprache?
"Jede Sprache beinhaltet eine Vorstellung der Vergangenheit der Gegenwart und der Zukunft. Eine Sprache beinhaltet außerdem eine Art zu denken und zu sein, zu handeln und zu tun!" Zitat aus "Dat Leven vun de Liven"
"Dat Leven vun de Liven" über aussterbende Sprachen
Klar ist: Wir bewegen uns im Hochdeutschen wie Fische im Wasser, die gar nicht mehr danach fragen, was das ist: Wasser. Für Lamis Ammar ist es Arabisch. Es gibt aber auch Sprachen, die sterben. Sie sind die Exoten - so wie Livisch, die Sprache des Küstenvolks der Liven. Das sind noch knapp 250 Menschen in Lettland.
"Was ist das, wenn da etwas verschwindet? Was fehlt, wenn so eine Sprache stirbt?", fragte sich der Regisseur Helge Schmidt und ist eine Woche lang durch Lettland gereist, um die letzten Liven zu treffen: "Ich hielt das für ein recht singuläres Ereignis, dass eine Sprache stirbt. Über das Livische kam ich dann zum Plattdeutschen und so auch zum Ohnsorg."
Zusammenarbeit von Ohnsorg und Lichthof Theater
Denn im Ohnsorg Theater wird traditionell auf Plattdeutsch gespielt - eine Sprache, die zwar nicht stirbt, aber: "in vielleicht 70 Jahren kann das durchaus passieren, dass das Plattdeutsche dann auch dahin kommt", fürchtet Anke Kell. Sie ist Dramaturgin am Ohnsorg. "Es hat damit angefangen, dass Helge gefragt hat, ob wir Lust haben, mit ihm zusammenzuarbeiten. Klar - die plattdeutsche Sprache war natürlich die Angel, die er ausgeworfen hat, wo wir dann angebissen haben! Und das Thema: Wo geht die Sprache hin, wenn immer weniger Leute die Sprache sprechen - das hat uns total interessiert!"
Das Stück ist fast ganz auf Platt und spielt in einem luftig-federleichten Raum aus hellen Stoffen, auf die Videos von Wolken und vorbei sausenden Schwalben projiziert werden. Hier geht das vierköpfige Ensemble auf eine Entdeckungsreise zu den seltensten Sprachen. Selten wie der Moselapollofalter:
"Der Moselapollofalter ist weltweit nur im Moseltal anzutreffen." Zitat aus "Dat Leven vun de Liven"
Plattdeutsches Theater zum Mitdenken und Mitforschen
Die Stücke von Helge Schmidt sind Abende zum Mitdenken und Mitforschen. Sie sind aber auch immer sinnlich und mit viel Humor erzählt. "Das ist eine völlig andere Arbeit, als das, was ich seit vielen Jahren mache. Es gibt nicht die Figur im klassischen Sinne - das hat mich einfach gereizt im Vorfeld", sagt Birte Kretschmer-. Sie ist festes Mitglied des Ohnsorg-Ensembles. Für sie ist das Besondere am Plattdeutschen: Es "geht Umwege", lässt sich Zeit. "Ick glöv dat Plattdütsch in beten wat lansgamer is, n beten umständlicher."
Ein Abend über Sprache und ein lohnenswertes Experiment darüber, wieso ein einfaches "Moin!" klingen kann wie ein seltener Schmetterling im Moseltal. Eben höchst schützenswert!
"Die entscheidende Frage lautet also nicht: Wo kommst du her? Sondern: Wo wollen wir zusammen hin?" Zitat aus "Dat Leven vun de Liven"
Platt trifft Arabisch: Gemeinsames Projekt von Ohnsorg und Lichthof Theater
Das Lichthof in Bahrenfeld und das Ohnsorg arbeiten jetzt zusammen: Das Stück "Dat Leven vun de Liven" feiert am Freitag Premiere.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Lichthof Theater
Mendelssohnstraße 15 B
22761 Hamburg - Preis:
- 8 bis 24 Euro