Ein Hüftknochen mit Einblick in poröses Gewebe © fotolia.com Foto: crevis

Osteoporose: Symptome erkennen, frühzeitig Therapie einleiten

Stand: 24.10.2024 20:56 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Osteoporose ist eine Volkskrankheit: In Deutschland sind über 5,6 Millionen Menschen betroffen, vor allem Frauen. Doch der Knochenschwund bleibt oft unerkannt. Was sind die Symptome und welche Therapie hilft?

Osteoporose, auch Knochenschwund genannt, tritt vor allem mit zunehmendem Alter auf. Besonders häufig betroffen von der Erkrankung sind Frauen. Über 22 Prozent der Frauen in Deutschland leiden an Osteoporose, bei den Männern sind es über sechs Prozent. Mit steigendem Alter nimmt die Häufigkeit zu. So sind Studien zufolge bei den über 70-jährigen Frauen sogar 45 Prozent betroffen.

Bei einer Osteoporose nimmt die Dichte der Knochen ab und auch ihre Qualität, das heißt, ihre Mikrostruktur verschlechtert sich. Die Knochen werden porös und brechen leichter. Viele Betroffene wissen jedoch nichts von ihrer Erkrankung. Denn Osteoporose verursacht in der Regel zunächst keine Schmerzen. Die spüren Betroffene oft erst, wenn die Erkrankung so weit fortgeschritten ist, dass Knochen brechen. Und selbst dann wird Osteoporose nicht immer erkannt oder richtig behandelt.

Osteoporose erkennen: Die wichtigsten Symptome

Durch Osteoporose bedingte Knochenbrüche werden Fragilitätsfrakturen genannt. Bereits bei einem leichten Stoß, einem Sturz aus dem Stand oder sogar bei einfachen Alltagsaktivitäten wie dem Vornüberbeugen bricht der fragile Knochen. Typisch sind Brüche nahe des Hüftgelenks (Oberschenkelhals), Oberarmfrakturen und Frakturen am Handgelenk (Radius-Frakturen). Durch Osteoporose kann es auch zu einer Veränderung am Rücken kommen. Die Wirbelkörper sacken dabei in sich zusammen. Das kann zunächst unbemerkt und ohne Schmerzen vonstattengehen. Mit der Zeit wird jedoch eine verringerte Körpergröße deutlich und es kann zu chronischen Rückenschmerzen, einem Rundrücken und auch zu Wirbelbrüchen kommen.

Weitere mögliche Symptome: Osteoporosebäuchlein, Tannenbaumhaut und Hohlkreuz

Deutliche Anzeichen für Osteoporose in der Wirbelsäule sind: 

  • Größenverlust um mehr als vier Zentimeter innerhalb eines Jahres
  • typische Körperform mit Buckel, Hohlkreuz und Osteoporosebäuchlein (vorgewölbter Unterbauch)
  • Verringerung des Rippen-Becken-Abstandes
  • unsicheres Gangbild
  • Verkürzung des Rumpfes
  • Tannenbaumhaut: charakteristische Hautfalten am Rücken, die an einen Tannenbaum erinnern und durch die Abnahme der Körperhöhe entstehen.

Ursachen von Osteoporose: Veränderungen im Knochenstoffwechsel

Knochen bestehen aus einem Eiweißgerüst, in dem die Mineralstoffe Kalzium und Phosphor eingelagert sind - das verleiht ihnen die Härte. Knochen sind niemals "fertig", sondern ständig im Umbau. Die Umbauarbeiten am Knochengewebe übernehmen spezielle hormongesteuerte Zellen, die sogenannten Osteoblasten und Osteoklasten. Bei jungen Erwachsenen überwiegt der Knochenaufbau durch die Osteoblasten, mit 30 Jahren ist dann die höchste Knochendichte erreicht. Anschließend überwiegt der Knochenabbau durch die Osteoklasten und die Knochendichte sinkt pro Jahr um circa 0,5 Prozent. Der rein altersbedingte Verlust kann bei betagten Menschen zur sogenannten senilen Osteoporose führen. Bei krankhafter Osteoporose geht der Abbau schneller. Bei Frauen steigt das Risiko in den Wechseljahren nach der Menopause stark an, da dann das schützende Hormon Östrogen fehlt. Mediziner sprechen dann von postmenopausaler Osteoporose.

Neue Leitline: Individuelles Risiko für Knochenbrüche ist entscheidend

Die aktuelle medizinische Leitline stellt die Ermittlung des individuellen Knochenbruch-Risikos in den Mittelpunkt der Diagnostik und Therapie der Osteoporose. Die Messung der Knochendichte bleibt ein wichtiger Baustein, die Werte sollen aber nicht allein über die Behandlung entscheiden. Basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen werden 101 Faktoren genannt, die das Knochenbruch-Risiko erhöhen können. Die 33 wichtigsten Faktoren gehen in die Risikoberechnung ein.

Während einige Faktoren und Erkrankungen direkt negativ auf den Knochenstoffwechsel wirken, erhöhen andere Faktoren vor allem das Sturzrisiko. Gemeinsam bestimmen sie das Risiko für einen Knochenbruch. Zu den Faktoren gehören unter anderem:

  • Alter
  • weibliches Geschlecht
  • frühe Menopause
  • Rauchen
  • erheblicher Alkoholkonsum
  • Wenn schon ein Osteoporose-typischer Knochenbruch aufgetreten ist.
  • Diabetes Typ 1 und Typ 2
  • Überfunktion der Schilddrüse
  • Erkrankungen der Nebenschilddrüse
  • Untergewicht, Gewichtsabnahmen, Mangelernährung
  • Darmerkrankungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
  • Magenverkleinerung
  • Kalzium-Mangel und Vitamin-D-Mangel
  • Medikamente wie Kortison, Opioide oder Magensäure-Mittel (Protonenpumpenhemmer)
  • entzündliches Gelenkrheuma
  • Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz
  • neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose, Demenz (Alzheimer)
  • allgemeine Sturzneigung
  • Gehhilfen, Immobilität
  • allgemeine Gebrechlichkeit

Basisdiagnostik bei Risikofaktoren ab der Menopause oder dem 50. Lebensjahr

Bei Frauen nach Eintritt der Menopause und bei Männern ab 50 Jahren soll eine erste Einschätzung des Riskos erfolgen. Ergibt sich ein erhöhtes Risiko für eine Wirbelkörper- oder Schenkelhals-Fraktur, kann eine DXA-Knochendichtemessung empfohlen werden. Ab einem Alter von 70 Jahren, wenn das Sturzrisiko erheblich steigt, ist eine Basisdiagnostik auch generell - unabhängig von weiteren Risikofaktoren - empfohlen. Dazu gehören unter anderem eine klinische Untersuchung sowie eine Blutuntersuchung und gegebenenfalls bildgebende Diagnostik zum Frakturausschluss. Außerdem empfiehlt die aktuelle Leitlinie, dass bei einem Sturz mit Knochenbruch anschließend immer gezielt nach Osteoporose-Zeichen gefahndet werden soll. Bislang blieb es oftmals dem Zufall überlassen, ob nach Behandlung des Bruches eine Osteoporose als Ursache erkannt und behandelt wurde.

DXA: Knochendichtemessung zur Diagnose

Die DXA-Knochendichtemessung (auch: DEXA) ist eine spezielle Röntgenmethode (Osteodensitometrie). Die Abkürzung steht für die englischen Bezeichnung "Dual Energy X-Ray Absorptiometry". Sie misst den Mineralsalzgehalt an den Oberschenkelknochen und der Lendenwirbelsäule und ermöglicht eine Verlaufskontrolle der Behandlung.

Das Ergebnis wird als T-Wert angegeben. Laut WHO-Definition gilt:

  • T-Wert zwischen 0 und -1: Knochendichte normal
  • T-Wert zwischen -1 und -2,5: verringerte Knochendichte (Osteopenie)
  • T-Wert von -2,5 und weniger: Osteoporose

Doch die DXA-Messung kann trügerisch sein: Zum einen ist sie nicht spezifisch für das Vorliegen einer Osteoporose, denn auch andere klinische Ursachen können zu einer verminderten Knochendichte führen. Zum anderen können Osteoporose-bedingte Frakturen auch auftreten, wenn der von der WHO definierte Wert von -2,5 noch nicht erreicht ist. Daher soll nach der Leitlinie von 2023 eine Behandlung nach dem Risiko-Score erfolgen, nicht allein nach DXA-Grenzwerten.

Knochendichtemessung: Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten?

Die Krankenkasse zahlt eine Knochendichtemessung, wenn sie medizinisch begründet ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn nach einem Knochenbruch ein Verdacht auf Osteoporose besteht, wenn eine Osteoporose bereits diagnostiziert ist oder wenn ein konkreter Befund besteht, der mit Medikamenten behandelt werden soll. Die Messung wird in einigen Praxen auch zur Früherkennung als sogenannte individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) angeboten. Patientinnen und Patienten müssen die Kosten von rund 50 bis 80 Euro dann selbst tragen.

Vorbeugung und Therapie von Osteoporose

Bei Osteoporose gibt es in der Therapie zwei Bausteine: die Basistherapie sowie die spezifische medikamentöse Therapie. Die Elemente der Basistherapie können bereits das Risiko senken und auch zur Vorbeugung genutzt werden. Dazu gehören knochengesunde Ernährung, eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D, ohne welches das Kalzium nicht wirken kann, sowie angepasste Bewegungstherapie für den Knochenerhalt, um Muskelkraft, Gleichgewichtssinn, Reaktionsgeschwindigkeit und Koordination zu verbessern. Gute Anlaufstellen für passende Aktivitäten sind Osteoporosesportgruppen oder Selbsthilfegruppen

Ernährungsempfehlungen bei Osteoporose

  • Untergewicht vermeiden
  • genügend Eiweiß zum Muskelerhalt
  • Kalziumquellen: Milchprodukte, Nüsse, Samen, dunkelgrünes Gemüse (Grünkohl, Brokkoli), Beeren, Kiwi, Trockenfrüchte, Soja, kalziumreiche Mineralwassersorten
  • Kalziumtabletten nach ärztlicher Rücksprache bei Kalziummangel, der nicht über die Ernährung ausgeglichen werden kann

Therapie mit Medikamenten: Abhängig von Frakturrisiko

Beträgt das errechnete Frakturrisiko für die kommenden drei Jahre mehr als fünf Prozent, ist laut Leitlinie eine spezifische medikamentöse Osteoporose-Therapie empfohlen, unabhängig von der Knochendichtemessung. Liegen besonders starke oder irreversible Risikofaktoren vor, ist eine medikamentöse Therapie auch schon ab einem Risiko drei Prozent angeraten.

Bisher kommen vor allem Wirkstoffe zum Einsatz, die die erhöhte Knochenabbaurate bremsen (Antiresorptiva). Dazu gehören die sogenannten Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat) und Denosumab, ein Antikörper, der unter die Haut gespritzt wird und die Osteoklasten bremst. Als Nebenwirkung kann es zu Kiefernekrosen kommen. Für Frauen steht zusätzlich der Wirkstoff Raloxifen zur Verfügung, ein selektiver Östrogen-Rezeptor-Modulator (SERM). Die Antiresorptiva können über einen langen Zeitraum verschrieben werden und das Frakturrisiko senken.

Spritzen zum Knochenaufbau

Nach Osteoporose-bedingten Knochenbrüchen oder bei besonders hohem Frakturrisiko kommen neuere Wirkstoffe zum Knochenaufbau infrage (Osteoanabole Therapie). Der Wirkstoff Teriparatid kann über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren gespritzt werden. Romosozumab wird ebenfalls unter die Haut gespritzt. Eingesetzt wird es für ein Jahr zum Knochenaufbau nach Frakturen bei Frauen nach den Wechseljahren.

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Das Erste | Brisant | 20.10.2024 | 17 Uhr

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