Hände halten ein Modell eines menschlichen Herzens. © Colourbox

Herzinsuffizienz: Symptome, Diagnose und Therapie

Stand: 21.05.2024 07:37 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Jedes Jahr müssen in Deutschland mehr als 460.000 Menschen wegen einer Herzschwäche ins Krankenhaus. Typische Symptome werden oft leichtfertig abgetan. Dabei steigert die frühe Therapie die Lebenserwartung.

Herzschwäche gehört zu den häufigsten Todesursachen. Dennoch wird eine chronische Herzschwäche mitunter lange nicht ernst genommen oder sogar übersehen - vor allem bei Frauen. Allzu oft neigen Betroffene dazu, die typischen Symptome wie Luftnot und Leistungsschwäche als Alterserscheinungen abzutun.

Herzschwäche bedeutet, dass die Pumpleistung des Herzens nachgelassen hat. Deshalb gelingt es dem Herzen nicht, den Organismus mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Je nachdem, welche der beiden Herzkammern überwiegend betroffen ist, lässt sich die Erkrankung in Rechtsherz- und Linksherz-Insuffizienz differenzieren. Treten beide Formen der Herzschwäche gemeinsam auf, sprechen Mediziner von einer globalen Insuffizienz.

Ursachen der Herzinsuffizienz sind vielfältig

Der Herzschwäche können die verschiedensten Ursachen zugrunde liegen:

  • Eine systolische Herzschwäche (verminderte Auswurfleistung) kann zum Beispiel nach einem Herzinfarkt oder einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) entstehen, wenn Herzmuskelgewebe zerstört und durch eine Narbe ersetzt wird. Auch Gefäßverengungen, wie etwa bei der koronaren Herzkrankheit (KHK), fördern die systolische Herzschwäche.
  • Eine diastolische Herzschwäche (Störung der Füllungsphase durch verminderte Dehnbarkeit) wird oft durch hohen Blutdruck oder Gefäßschäden bei Diabetes ausgelöst: Der Herzmuskel versteift sich und kann nicht mehr richtig entspannen. In Deutschland leiden nach Angaben der Herzstiftung bis zu fünf Prozent der über 70-Jährigen daran. Besonders Frauen sind oft von dieser Form der Herzschwäche betroffen. Experten vermuten, dass Hormone und die feineren Blutgefäße dabei eine Rolle spielen.
  • Auch häufig auftretende Herzrhythmusstörungen können zur Entwicklung einer Herzschwäche führen.

Herzschwäche durch ATTR-Amyloidose

Eine mögliche Ursache einer Herzschwäche kann auch die sogenannte ATTR-Amyloidose sein. Dabei lagern sich fehlgefaltete Eiweißmoleküle im Herzmuskel ein. Oft leiden die Betroffenen Jahre vor der Entwicklung der Herzschwäche an einem beidseitigen Karpaltunnelsyndrom mit schmerzenden, kribbelnden oder tauben Händen. Dieses frühe Symptom bietet die Chance, die Erkrankung rechtzeitig genug zu entdecken, um ihr Fortschreiten durch effektive Therapien zu bremsen.

Symptome: Schnelle Erschöpfung und Luftnot bei Belastung

Bei einer Herzschwäche schafft der Herzmuskel es nicht mehr, genügend Blut zu pumpen. Die Folgen sind einerseits Blut- und Sauerstoffmangel in den zu versorgenden Geweben und Organen, andererseits kommt es zu Blut- und Wasser-Stauungen in den Organen und Geweben vor den Herzkammern. So können sich etwa bei Linksherz-Insuffizienz Wasseransammlungen in der Lunge (Lungenödem) oder neben der Lunge (Pleuraerguss) bilden, die das Atmen schwer machen. Um besser Luft zu bekommen, schlafen Herzinsuffiziente oft lieber mit leicht erhöhtem Oberkörper, später schlimmstenfalls sogar im Sitzen.

Symptome der Herzschwäche nehmen schleichend zu

Meist beginnen die Beschwerden schleichend, sodass Betroffene die Erkrankung zunächst gar nicht bemerken. Häufig sind sie lediglich schneller erschöpft und führen das beispielsweise auf schlechteren Schlaf zurück. Warnzeichen sind:

  • ungewohnte Leistungsschwäche, zum Beispiel beim Treppensteigen
  • Atemnot - anfangs bei Anstrengung, im späteren Stadium auch schon in Ruhe
  • ein andauerndes Schwächegefühl
  • nächtliches Wasserlassen
Weitere mögliche Symptome bei Linksherz-Insuffizienz:
  • Husten ("Herzhusten")
  • rasselnde oder brodelnde Atemgeräusche
Weitere mögliche Symptome bei Rechtsherz-Insuffizienz:
  • Schwellungen durch Wassereinlagerungen (Ödeme), vor allem dicke Knöchel oder Beine, geschwollener Bauch
  • Gewichtszunahme binnen weniger Tage (durch die Ödeme)
  • Völlegefühl, Appetitlosigkeit.

NYHA-Stadien

Für die Schwere einer Herzschwäche gilt auch in Deutschland die Einteilung der New Yorker Herzvereinigung (New York Heart Association - NYHA) als Gradmesser.

  • Stadium I: Alltägliche körperliche Belastungen verursachen keine unangemessene Erschöpfung, Atemnot oder Rhythmusstörungen.
  • Stadium II: Alltägliche körperliche Belastungen wie etwa Treppensteigen führen zu merklicher Erschöpfung, Atemnot oder zu Herzrhythmusstörungen.
  • Stadium III: Schon geringe körperliche Belastungen verursachen Erschöpfung, Rhythmusstörungen oder Atemnot. Keine Beschwerden in Ruhe.
  • Stadium IV: Bei allen körperlichen Aktivitäten und auch in Ruhe treten Beschwerden auf.

Herzecho: Sichere Diagnostik per Ultraschall

Die Kurve eines EKG © Colourbox Foto: Marian Vejcik
Das EKG zeigt, ob Probleme mit dem Herzen vorliegen.

Nach dem Aufnehmen der Krankengeschichte und dem Abhören von Herz und Lunge wird der Arzt ein Ruhe-EKG schreiben. Es erlaubt Rückschlüsse darauf, ob etwa Herzrhythmusstörungen vorliegen oder ob ein früherer Herzinfarkt als Ursache für die Beschwerden infrage kommt.

Die entscheidende Untersuchung bei der Diagnostik der Herzschwäche ist das Herzecho (Echokardiografie). Dabei untersucht der Kardiologe das schlagende Herz per Ultraschall, misst die Dicke der Muskulatur, die Funktion der Herzklappen und den Blutfluss im Herzen.

Wie viel Blut gelangt aus der Herzkammer in den Kreislauf?

Beim Herzecho wird insbesondere die sogenannte Ejektionsfraktion (EF, Auswurffraktion) ermittelt - ein wichtiger Wert, der angibt, wie viel Prozent des Blutes bei einem Herzschlag aus der maximal gefüllten Herzkammer tatsächlich in den Kreislauf gelangen. Der Normalwert liegt bei etwa 55 bis 70 Prozent, denn auch nach einem kräftigen Herzschlag bleibt immer eine bestimmte Menge Blut in der Kammer zurück. Eine Ejektionsfraktion unter 50 Prozent weist auf eine Pumpschwäche des Herzens hin, bei Werten unter 40 Prozent ist die Pumpleistung des Herzens erheblich eingeschränkt.

Hinweise auf Herzprobleme geben auch Blutwerte

Einen Hinweis auf eine Herzerkrankung liefert auch der Laborwert BNP (B-natriuretisches Peptid). Das Peptidhormon wird bei Herzschwäche gebildet und lässt sich im Blut messen - ähnlich wie das Troponin beim Herzinfarkt. Der Normalwert des BNP ist alters- und geschlechtsabhängig. Frauen haben in der Regel einen höheren Wert als Männer, mit zunehmendem Alter steigt die Konzentration. Als normal gelten maximal 100 ng pro Liter Blutplasma. Den Test kann der Hausarzt durchführen.

Als noch besserer Indikator gilt der Eiweißmarker NT-proBNP. Er eignet sich sehr gut als Nachweis einer Herzschwäche, wird aus Sicht von Experten aber vor allem aus Kostengründen zu selten bestimmt. Ist der NT-proBNP-Wert nicht erhöht, ist eine Herzschwäche auszuschließen.

Eine hochauflösende Ultraschalluntersuchung kann Narben eines abgelaufenen Infarkts zeigen. Auch Katheteruntersuchungen der Herzkranzgefäße zum Ausschluss von Durchblutungsstörungen oder eine Gewebeentnahme aus dem Herzmuskelgewebe zum Ausschluss einer Myokarditis können Hinweise auf die Ursache einer Herzschwäche geben.

Frühe Therapie steigert die Lebenserwartung

Beginnt die Behandlung rechtzeitig, steigt die Lebenserwartung von Herzschwäche-Patienten Studien zufolge im Schnitt um rund zehn Jahre. In jedem vierten Fall erholt sich das Herz sogar komplett. Oft aber kommen Betroffene in die Notaufnahme, deren Herzschwäche bereits entgleist (dekompensiert) ist. Dann führt eine extreme Überwässerung in der Lunge schon in Ruhe zu Luftnot. Nach einer solchen akuten Verschlechterung erlangt das Herz seine alte Leistungsfähigkeit kaum mehr zurück.

Herzschwäche mit Medikamenten behandeln

Üblich und vielfach bewährt ist eine Kombinationstherapie verschiedener Medikamente zur Verbesserung von Symptomen und der Prognose. Zu den eingesetzten Mitteln gehören:

  • ACE-Hemmer
  • Sartane (AT1-Hemmer)
  • Beta-Blocker
  • Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA)
  • Ivabradin
  • Angiotensin-Rezeptor/Neprilysin-Inhibitor (ARNI, Sacubitril +Valsartan)

Welche Medikamente ärztlich verschrieben werden, hängt auch von eventuellen Begleiterkrankungen ab. Studien zeigen, dass die kombinierte Behandlung mit einem Beta-Blocker, einem MRA, einem ARNI und einem sogenannten SGLT2-Hemmer bei Herzschwäche besonders effektiv ist. Experten bezeichnen dieses Wirkstoffquartett deshalb gern als die "Fantastischen Vier".

So wirkt die Kombination aus Sacubitril und Valsartan

Die Wirkstoffkombination aus Sacubitril und Valsartan wird auch Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) genannt. Sie wirkt über die Niere und wird seit 2016 eingesetzt. ARNI kommt bei der Behandlung von Herzschwäche in Betracht, wenn Erkrankte mit systolischer Herzinsuffizienz im Stadium zwei bis vier trotz der bisherigen Einnahme eines ACE-Hemmers und eines Betablockers keine Verbesserung erfahren und weiter unter Symptomen leiden.

Antidiabetika bei Herzschwäche

Dass bestimmte Antidiabetika bei chronischer Herzschwäche helfen können, fanden Mediziner zufällig heraus. Bei der Behandlung von Diabetes-Kranken fiel auf, dass ein neuer Wirkstoff auch deren Herzschwäche verbesserte. Warum die Medikamente doppelt wirken, ist bislang nicht erforscht. Doch eine Studie zeigt, dass auch an Herzschwäche Erkrankte ohne Diabetes von einem bestimmten Diabetes-Medikament profitieren, dem sogenannten SGLT-2-Hemmer.

Diuretika bei Wasseransammlungen durch Herzinsuffizienz

Gegen Wasseransammlungen werden zudem Diuretika (Entwässerungsmittel) eingesetzt. Hier ist es wichtig, dass begleitend regelmäßig der Mineralhaushalt (insbesondere Kalium) überwacht wird. Vereinzelt kommt Digitalis (Herzglykosid) infrage. Je nach Vor- und Begleiterkrankungen kann nicht jeder Wirkstoff bei jedem Betroffenen eingesetzt werden. Die Behandlung richtet sich danach, was das Herz geschwächt hat, denn die Herzschwäche ist eine Systemerkrankung.

Bewegung bessert Prognose bei Herzschwäche

Zu den wichtigsten Säulen der Therapie, vor allem bei Linksherzschwäche, gehört regelmäßige Bewegung - in Absprache mit dem behandelnden Arzt. Sie kann das Herz stärken und wirkt zugleich positiv auf den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel. Betroffene sollten ihre Belastungsgrenze kennen und nicht zu ambitioniert trainieren. Von geeignetem Training - zum Beispiel in einer Herzsportgruppe - profitiert nicht nur der Herzmuskel, sondern auch die Skelettmuskulatur. Die Forschung legt nahe, dass sportlich trainierte Skelettmuskeln effektiv zur Herzgesundheit beitragen.

Ausdauertraining bei Herzschwäche besonders hilfreich

Forscher haben in Gewebeproben von Herzschwäche-Betroffenen und Gesunden die Aktivierung des sogenannten Ubiquitin-Proteasom-Systems (UPS) untersucht, das für den Abbau von Muskeleiweißen zuständig ist. Bei den Herzschwächepatienten wiesen sie dabei unabhängig vom Alter eine Aktivierung des UPS im Skelettmuskel nach und fanden im Gewebe zudem erhöhte Werte des Enzyms MuRF1, das defekte Eiweiße in der Zelle für den Abbau kennzeichnet. Die Studie zeigte weiter, dass ein vierwöchiges Ausdauertraining die Menge des MuRF1 im Skelettmuskel der Herzschwächepatienten normalisierte. Die Studienteilnehmer ließen sich dafür vor und nach dem vierwöchigen Training kleine Muskelproben aus den Oberschenkeln entnehmen, die dann im Labor analysiert wurden.

Ernährung bei Herzschwäche: Übergewicht reduzieren, Untergewicht vermeiden

Stark übergewichtige Menschen (BMI über 35) mit Herzschwäche sollten ihr Gewicht reduzieren, denn das erschwert dem Herz die Arbeit: Es muss mehr pumpen. Das Abnehmen sollte allerdings behutsam erfolgen - nicht radikal. Denn eine allzu schnelle Gewichtsabnahme bedeutet Stress für das Herz. Experten empfehlen die sogenannte Mittelmeerkost: viel Gemüse, wenig Fleisch.

Untergewicht und insbesondere den Verlust von Muskelmasse sollten herzschwache Menschen unbedingt vermeiden. Ärztlich wird oft regelmäßiges Wiegen empfohlen. Denn plötzliche Extra-Kilos können auch von Wassereinlagerungen durch die nachlassende Pumpkraft herrühren. Eine schnelle Gewichtszunahme, zum Beispiel zwei Kilogramm über Nacht, sind ein wichtiges Warnzeichen.

Herzpflaster: Gezüchtete Herzmuskelzellen können unterstützen

Herzgewebe, welches zum Beispiel beim Herzinfarkt untergeht, ist endgültig verloren. Um das Gewebe wieder zu beleben, haben Forschende künstliche Herzmuskelzellen aus sogenannten pluripotenten Stammzellen gezüchtet und zu flachen Läppchen zusammengefügt.

Die Zell-Läppchen mit bis zu 800 Millionen Herzmuskelzellen werden ähnlich wie ein Pflaster auf abgestorbene Herzmuskelbereiche aufgenäht. Der minimal-invasive Eingriff dauert bis zu fünf Stunden. Das Ziel: Die Zell-Pflaster verwachsen mit dem Herzgewebe, Blutgefäße wachsen in das neue Gewebe, sodass die transplantierten Zellen mit dem Herz schließlich im Gleichtakt schlagen und die Herzfunktion gestärkt wird.

Erste Ergebnisse sind vielversprechend, aber die Erfahrungen sind noch zu gering, um eine genaue Wirksamkeit abschätzen zu können. Die Forschenden stehen noch am Anfang: Bisher wurden zwölf Personen im Rahmen einer Studie operiert. In einer zweiten Phase sollen weitere 35 Menschen dazukommen.

Und es gibt Gefahren: Die Operation ist mit entsprechenden Risiken wie Blutungen oder Infektion verbunden. Und das neue Gewebe kann vom Körper abgestoßen werden. Deshalb müssen Operierte langfristig Medikamente (Immunsuppressiva) einnehmen, um Abwehrreaktionen des Körpers zu unterdrücken.

Technik gegen Herzschwäche: Herzschrittmacher und Co

Die moderne Medizin bietet Betroffenen zudem bereits mehrere erprobte technische Hilfsmittel zur Behandlung der fortgeschrittenen Herzinsuffizienz.

  • Oft ist das geschwächte Herz krankhaft vergrößert und die elektrischen Impulse für das Zusammenziehen werden nur verzögert über den Herzmuskel geleitet, sodass die verschiedenen Teile des Herzens nicht mehr koordiniert zusammenarbeiten und weitere Leistung verloren geht. Im EKG entstehen dann sogenannte breite Kammerkomplexe. Sie geben einen Hinweis, ob der Betroffene von einer Implantation eines Drei-Kammer-Herzschrittmachers profitieren kann, der die Arbeit der verschiedenen Herzanteile wieder synchronisiert (Re-Synchronisationstherapie).

  • Bei Erkrankten, die besonders gefährdet sind, lebensbedrohliche Rhythmusstörungen zu entwickeln, wird manchmal ein Kardioverter-Defibrillator (ICD) implantiert.

  • Ein völlig neues Wirkprinzip hat der CCM-Unterstützer. Das schrittmacherähnliche Gerät führt nicht zu einer Rhythmusveränderung wie ein Schrittmacher, sondern unterstützt die Herzarbeit, indem er den Kalziumstoffwechsel im Herzmuskel positiv beeinflusst. Dafür gibt der CCM-Unterstützer zwischen den einzelnen Herzschlägen starke Stromimpulse in die Herzwand ab, bis zu hundertmal stärker als bei anderen Schrittmachern.

  • Menschen mit schwerer diastolischer Herzschwäche kann neuerdings der Einsatz einer Metallspange helfen. Damit wird ein künstlicher Kurzschluss ("Shunt") zwischen den beiden Herzvorhöfen gebildet, um Herz und Lunge zu entlasten.

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